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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.01.2022

Der Wunsch, wirklich Familie zu sein und die etwas andere Art, dass es so wird

Die Nelsons greifen nach den Sternen
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Von außen betrachtet sind die Nelsons eine ganz normale Familie, Vater, Mutter, die 12-jährigen Zwillinge Fitch und Bird und der ältere Bruder Cash. Doch für die drei Geschwister fühlt sich das gar nicht ...

Von außen betrachtet sind die Nelsons eine ganz normale Familie, Vater, Mutter, die 12-jährigen Zwillinge Fitch und Bird und der ältere Bruder Cash. Doch für die drei Geschwister fühlt sich das gar nicht so an. Die Eltern streiten jeden Tag und kümmern sich wenig um ihre Kinder. Es gibt nichts Gemeinsames. Nicht mal essen findet zusammen statt. Und so kämpfen sich die drei ganz allein, jeder für sich, mit ihren Problemen durchs Leben. Cash ist auf dem Weg zum zweiten Mal sitzen zu bleiben und der leicht aufbrausende Fitch verbringt seine Zeit mit Flipperspielen. Bird dagegen ist eher die ruhige vernünftige, die sich nie beschwert und die Dinge unter Kontrolle hat. Später einmal möchte sie Kommandantin von einem Space-Shuttle werden wie der Challenger, die bald ins Weltall starten wird und auf deren Start das ganze Land mit Spannung wartet. Und irgendwie darf sie schon diesmal dabei sein, denn ihre Klasse wird das Ereignis in der Aula vor dem Fernseher miterleben. Am 28. Janurar 1986 hebt die Rakete ab und dann passiert es. Und für Bird bricht eine Welt zusammen, ihre so mühsam aufrecht gehaltene desaströse kleine Welt. Aber tatsächlich gibt es jemanden, genau genommen zwei davon, die verstehen, dass ihre Schwester sie jetzt braucht. Und das ist nicht die einzige Erkenntnis, die ihnen allen dreien hilft, sich zusammen-zufinden zu ihrer eigenen Art von Familie. Dazu kommt noch jede Menge Quintessenz darüber, dass man für seine Träume kämpfen muss und so vielleicht wirklich seine Ziele erreicht, Schritt für Schritt.
Diese Geschichte ist nicht gerade lustig und auch nicht heile Welt. Das Leben ist oft schon für Kinder recht ernst und beschwerlich und die Erkenntnisse, die sie daraus ziehen, um damit trotzdem klar zu kommen, erwachsener wie die Erwachsenen selbst. Dieses Buch erzählt davon und das ist dann auch richtig spannend. Und am Ende gibt es da eine Menge Hoffnung, dass doch noch alles ziemlich gut wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.12.2021

Ein Klient aus der eigenen verdrängten Vergangenheit und das Fundament wackelt

Die falsche Zeugin
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Die Anwältin Leigh übernimmt einen neuen Fall und ihr angeklagter Klient gehörte einst zu ihrer eigenen Vergangenheit. Erfolgreich verdrängt hat sie diese traumatische Zeit, doch damit ist es nun vorbei. ...

Die Anwältin Leigh übernimmt einen neuen Fall und ihr angeklagter Klient gehörte einst zu ihrer eigenen Vergangenheit. Erfolgreich verdrängt hat sie diese traumatische Zeit, doch damit ist es nun vorbei. Denn die Angelegenheit führt sie auch wieder mit ihrer Schwester Callie zusammen, die im Gegensatz zu ihr nicht auf der Sonnenseite des Lebens gelandet ist. Und dann, man kann wohl sagen, die Geschichte entwickelt sich.
Ein spannender Thriller, ungeheuer packend in seinem Verlauf, mit Action und einer ordentlichen Portion Dramatik mit im Gepäck, genauso wie man es sich von einem Buch aus diesem Genre wünscht. Und die Autorin wählt für ihre Leser dabei wahrlich nicht die sanfte Tour. Wie die Dinge hier beschrieben werden, das kommt schon verdammt echt daher. Schonungslos und geradezu brutal, sozusagen voll ausgeleuchtet, erlebt man hier mit, was gerade Sache ist. Also für zartere Gemüter ist das schon eine kleine Herausforderung, aber es passt natürlich absolut zu dieser Geschichte. Und wo Slaughter draufsteht, ist, ganz ihrer Handschrift entsprechend, auch Slaughter drin.
Mir hat ihr neuestes Buch sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 19.12.2021

Eine gewaltige Geschichte in drei Ebenen durch die Zeit und am Ende passt alles zusammen

Wolkenkuckucksland
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Der Pulitzerpreisträger Anthony Doerr ist wahrhaftig ein Erzähler. Das hat er schon in seinen bisherigen Romanen und Erzählungen bewiesen und hier in diesem Wolkenkuckucksland zeigt er es uns Lesern wieder, ...

Der Pulitzerpreisträger Anthony Doerr ist wahrhaftig ein Erzähler. Das hat er schon in seinen bisherigen Romanen und Erzählungen bewiesen und hier in diesem Wolkenkuckucksland zeigt er es uns Lesern wieder, auf beeindruckende und höchst unterhaltsame Weise.
Dieses dicke mit toll gestaltetem Cover versehene Buch beherbert eigentlich drei Geschichten, deren Handlung in verschiedenen Zeitebenen spielt. Da ist das vergangene Byzanz im 15. Jahrhundert, Idaho im hier und jetzt und ein Raumschiff, die Argo, irgendwann in unserer Zukunft. Zu jedem dieser Zeiten und Orte gehören Menschen, ganz normale, aber dann doch irgendwie besondere Menschen, Menschen, die sich in ihrem Denken und Handeln aus den eingefahrenen Bahnen lösen und aufbrechen zu Neuem. Und immer werden sie in einer engen Beziehung von einem Tier begleitet.
Etwas braucht es schon, bis man als Leser Zugang zu diesem Erzählkonstrukt bekommt, aber die Personen, die man so kennenlernt, machen es einem leicht, sie mit Sympathie in sein Leserherz zu schließen und gerade ums Lesen und um Bücher geht es ja schließlich auch. Und während man sehr gut unterhalten 'so vor sich hin liest', schwebt da natürlich die Frage im Raum, was haben diese drei Geschichten miteinander zu tun, wo ist das Band, das alles zusammenfügt. Kann man am Ende von dem großen Ganzen, der einen Geschichte sprechen? Und, so viel sei verraten, ja, man kann. Der Autor fügt, sehr elegant, fein verwoben, tatsächlich alles zusammen, genreübergreifend, sehr überzeugend und absolut gelungen.
Es ist schon ein tolles 'Wolkenkuckucksland', das man sich hier erlesen kann und es hat viel Spaß gemacht.

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  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 12.12.2021

Der Kampf, zurück ins Leben, in sein Leben mit dem geschriebenen Wort

OMBRA
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Hanns-Josef Ortheil ist ein renommierter deutschsprachiger Schriftsteller, ein Mann, der mit und für das Wort lebt, für den Sprache ein ganz entscheidender Bestandteil seines Lebens ist. Und sein Leben ...

Hanns-Josef Ortheil ist ein renommierter deutschsprachiger Schriftsteller, ein Mann, der mit und für das Wort lebt, für den Sprache ein ganz entscheidender Bestandteil seines Lebens ist. Und sein Leben war voll, prall gefühlt mit Literatur und auch mit der Musik. Bis zu dem Tag, der ihn zu einer schweren Herzoperation zwang, mit vielen Wochen auf der Intensivstation, teilweise im Koma.
Dieses Buch nun ist die Geschichte, seine Geschichte zurück, zurück ins Leben, in eine Gegenwart, eine Existenz, die er so erst einmal schwer akzeptieren kann. Er ist traumatisiert von dieser Zeit, in der er schon um sein Leben kämpfen musste und er hat 'Einbußen' erlitten. Alles ist schwer, physisch und psychisch. Jeder Schritt muss bedacht sein. Alle Leichtigkeit, die Selbstverständlichkeit, ist verloren und die Fähigkeit zu schreiben, ganz real mit einem Stift einen Text aufs Papier zu bringen, sie ist ihm vorerst zumindest genommen. Er begibt sich in eine Rehaklinik. Jeden Morgen kommt er mit dem Zug, sein Zuhause ist nicht weit und er lernt, bekommt Gedankenanstöße, kommuniziert, ersetzt das Schreiben durch Bilder und ein Diktiergerät, ist das ein oder andere Mal fassungslos und gleichzeitig auch irgendwie fasziniert, was er nun ist und wer er (wieder) werden könnte.
Persönlicher kann ein Roman nicht sein, dieser Roman einer Wiedergeburt und vielleicht gerade deshalb löst er bei seinen Lesern etwas aus. Man will dabei sein, den Gedanken des Autors folgen, seine Empfindungen verstehen, Freude haben, wenn er selbst beginnt, wieder solche Gefühle zu entwickeln und sehr wohlwollend zu verfolgen, wenn er in seinen Gesprächen doch wieder mit dem Wort arbeitet, damit spielt und so seinem Gegenüber auch neue Erfahrungen bietet und manchmal auch eine Herausforderung.
Dieses Buch überrascht, gerade weil es einen nicht mehr loslässt und das ist schon irgendwie ein wenig faszinierend und sehr positiv besonders.
Ich kann es nur empfehlen.

Veröffentlicht am 21.11.2021

Die Geschichte einer toxischen queeren Beziehung, die die Autorin selbst erlebt hat

Das Archiv der Träume
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Carmen ist die Protagonistin dieser Geschichte. Es ist die Autorin selbst, Carmen Maria Machado, die sich hier in der Ich-Form (und manchmal auch im Du, zu sich selbst) offenbart, die ihre eigene erlebte ...

Carmen ist die Protagonistin dieser Geschichte. Es ist die Autorin selbst, Carmen Maria Machado, die sich hier in der Ich-Form (und manchmal auch im Du, zu sich selbst) offenbart, die ihre eigene erlebte toxische queere Beziehung mit uns Lesern teilt, ungeschönt, real und zutiefst persönlich.
Eigentlich verläuft die Geschichte wie aus dem Lehrbuch, es gibt das Kennenlernen, diese herrliche neue Liebe, Partnerschaft auf Augenhöhe. Doch dann gibt es die ersten 'Vorfälle', die Aussetzer, das Leidtun, das sich Entschuldigen. Und dann geht es weiter, die Kräfte verschieben sich und wie kann es nur geschehen, aus Carmen wird eine nicht nur gedemütigte, sondern zutiefst verunsicherte, verletzte, die Schuld bei sich selbst suchende und sich selbst verachtende Person. Diesem Spiel, dem Treiben ihrer Partnerin zuzusehen, zu erleben, was diese Beziehung aus einem machen kann, dass ist richtig schwer und es kommt einem so unfassbar vor, dass Carmen nicht schon längst gegangen ist, um sich selbst zu retten. Das tut sie dann ja letztendlich doch, aber viel zu spät und der Weg zurück zu einem Menschen, der sich selbst wertschätzt und auch wieder Vertrauen zu anderen aufbauen kann, der ist lang und braucht viel Kraft. Die Autorin geht diesen Weg, findet zurück in ein 'normales' Leben und dieses Buch spielt dabei eine ganz große Rolle. Es ist wie eine Therapie und wo andere nicht zuhören wollen, ihre Leser tun es. Und die Art, wie Carmen ihr Erleben zum Ausdruck bringt, die sehr eigene elementare Sprache, dieses Zusammenführen zu Sätzen, die es eigentlich so gar nicht gibt und die doch genau das vermitteln, was in ihr in diesem Augenblick gerade geschieht, das ist vielleicht manchmal etwas befremdlich und vom Lesefluss her auch mühesam, aber für sie selbst muss es genau so sein. Und ich hoffe, viele Leser können das auch so annehmen und Carmen so durch ihre Geschichte begleiten.
Ein sehr besonderes Buch über ein spezielles Thema, das in dieser Konstellation noch wenig Öffentlichkeit erfahren hat. Und so wie die Autorin selbst, hoffe ich, es hilft.