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Veröffentlicht am 15.09.2016

Überraschend, sensibel, bewegend

Winterhonig
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Von weitem erhob sich schließlich das dumpfe Dröhnen der amerikanischen Bomber. Allein an diesem Geräusch konnte Mathilda hören, wie tief sie flogen, doch der Hochnebel versperrte jede Sicht. Nur vage ...

Von weitem erhob sich schließlich das dumpfe Dröhnen der amerikanischen Bomber. Allein an diesem Geräusch konnte Mathilda hören, wie tief sie flogen, doch der Hochnebel versperrte jede Sicht. Nur vage konnte sie abschätzen, wie nah die Flieger bereits herangekommen waren, bevor sie die dunklen Schemen im Hochnebel ausmachte. Unter den Flugzeugen wackelte etwas, klobige Dinger, die mit einer eirigen Bewegung herunterfielen.
Bomben!
Noch bei diesem Gedanken folgte die erste Detonation.
--

INHALT:
Es ist der Sommer 1938, als Mathilda und Karl sich ineinander verlieben, nachdem sie lange befreundet waren - und es ist ebenjener Sommer, in dem er sie verlässt. Karl meldet sich freiwillig für die Wehrmacht und lässt Mathilda mit den Schrecken und Entbehrungen des Krieges zuhause zurück. Sie weiß nicht, dass es neben den fünf Jahren Altersunterschied noch etwas gibt, das ihre Liebe unmöglich macht - denn Karl hütet ein Geheimnis, das ihn zu Zeiten des Nationalsozialismus das Leben kosten könnte. So bangen beide umeinander, weit entfernt und nur verbunden durch verbotene Briefe, die sie sich schreiben. Und durch den Winterhonig, den er ihr einmal geschenkt hat und der sie immer an ihn erinnert.

MEINE MEINUNG:
Eigentlich dachte ich immer, um einen Historie-Roman zu mögen, muss man ein Fan des Genres sein - und das bin ich definitiv nicht. Eher versuche ich, diese Sparte nach Kräften zu ignorieren. Nach "Winterhonig" weiß ich nun aber, dass das vielleicht gar nicht notwendig ist, denn es kommt auf das Gesamtpaket an und das stimmt hier definitiv. Daniela Ohms besitzt einen wunderbaren, einnehmenden und detailreichen Schreibstil, der einen nicht nur das bäuerliche Leben der 40er kennen lernen lässt, sondern einen auch erschreckend realistisch in den Krieg entführt. Erzählt wird die Geschichte sowohl aus der personalen Sicht der Protagonistin als auch des Protagonisten, durchsetzt von den Briefen, die sie sich schreiben. Auch von Briefen innerhalb von Romanen halte ich normal gar nichts - hier fügt sich das aber wunderbar passend ein.

Mathilda ist eine Hauptfigur, die man sehr schnell in sein Herz schließt und gern auf ihrem schwierigen, entbehrungsreichen Weg begleitet. Als jüngstes von 10 Kindern hat sie es nicht einfach, wird teilweise sogar schlecht behandelt - und ist trotzdem ein offenherziges, liebevolles junges Mädchen. Abgesehen davon, dass sie ein bisschen zu viel weint, kann man sich vollständig mit ihr identifizieren. Auch Karl ist ein Sympathieträger mit seiner ruhigen, nachdenklichen Art und seiner immer währenden Hilfsbereitschaft. Die Faszination aller Mädchen kann man durchaus nachvollziehen. Aber auch an unterschiedlichen Nebenfiguren mangelt es nicht: Mathildas etwas grober und überforderter Vater, ihr wunderbar sanfter Bruder Joseph oder auch die freundliche und unterstützende Gutsbesitzerin Viktoria, sie alle zeichnen sich durch ihre ganz besonderen Eigenschaften aus. Und auch historische Persönlichkeiten kommen vor: So lernt man zum Beispiel die Brüder Boeselager in Aktion kennen, die auch in Wirklichkeit am Widerstand beteiligt waren.

"Winterhonig" spielt zur Zeit des 2. Weltkrieges und hat diesen daher natürlich auch zu einem großen Teil zum Thema. Aber der Roman handelt nicht nur von den Soldaten, ihren Kämpfen und ihren Toten, sondern auch von den Menschen, die nicht aktiv im Krieg sind - und diesen dennoch auf die ein oder andere Weise miterleben. Die Autorin macht auf einfühlsame Weise sehr deutlich, was für eine schwere Zeit das für jeden Bürger ist, der nicht vollkommen in Hitlers Fantasien aufgeht - und es gelingt ihr auch ebenso sensibel, das Ganze aus der Sicht eines Soldaten zu beschreiben, der für sein Überleben töten musste. Die Geschehnisse sind grausam und auch das nationalsozialistische Gedankengut spielt selbstverständlich eine Rolle, wenn Mathildas Familie davon auch weitestgehend unberührt bleibt. Es gibt viele Tote und viel Leid - und gerade deshalb ist es wohl auch gut, dass sich die Autorin dafür entschieden hat, dem Ganzen mit einer Liebesgeschichte einen zentralen und schöneren Faden zu geben.

Die Romantik ist weder kitschig noch steht sie zu stark im Vordergrund. Stattdessen entwickelt sie sich sehr langsam und wird immer wieder durch Rückblicke in Mathildas Kindheit näher beleuchtet - denn Karl und Mathilda kennen sich schon lange und anfangs war das nur eine unschuldige Freundschaft zwischen einem Kind und einem Jugendlichen. Die Art und Weise, wie die beiden miteinander umgehen, ist berührend und mitreißend, sowohl in jungen Jahren als auch später in denen voller Liebe und Leidenschaft. Natürlich ahnt man Karls Geheimnis, das schon im Klappentext angedeutet wird, auch wenn es sich dann doch ein wenig von den Vermutungen abhebt. Letztendlich geht es auch viel weniger um das Rätsel als um das Leben und Überleben selbst und die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft trotz der Schwierigkeiten. Bis zum Ende fesselt die Geschichte durchgehend und lässt auch danach noch eine Weile nicht los - denn nachdem man Mathilda und Karl über so eine lange Zeitspanne begleitet hat, mag man sie kaum noch loslassen. Und genau das macht ein gutes Buch aus.

FAZIT:
"Winterhonig" ist ein historischer Roman und damit einer, um den ich normal einen Bogen gemacht hätte. Wem es ähnlich ergeht, der sollte sich das vielleicht noch einmal überlegen - denn Daniela Ohms erzählt die (teilweise wahre) Geschichte so lebendig, einfühlsam und mitreißend, dass man nur begeistert sein kann. Unbedingt ausprobieren! 4,5 Punkte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wird dem Hype gerecht

Angelfall - Fürchtet euch nicht
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Plötzlich werden sämtliche Gedanken an den Kampf von einem Schuss zerrissen.
Er kommt von irgendwo jenseits der Menge, doch er ist nah genug, um sämtliche Anwesenden in jäher Lautlosigkeit erstarren zu ...

Plötzlich werden sämtliche Gedanken an den Kampf von einem Schuss zerrissen.
Er kommt von irgendwo jenseits der Menge, doch er ist nah genug, um sämtliche Anwesenden in jäher Lautlosigkeit erstarren zu lassen.
Zwei weitere schnell aufeinander folgende Schüsse.
Dann hallt ein Schrei durch die Wälder. Ein sehr menschlicher, entsetzter Schrei.
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INHALT:
Vor wenigen Wochen hat die Apokalypse begonnen - ausgelöst durch Engel, die die Menschen jagen und die Städte zerstören. Inmitten des Chaos' muss sich Penryn um ihre Schwester Paige und ihre Mutter kümmern und sie vor Hunger und Gefahr bewahren. Doch dann geraten die drei mitten in einen Kampf zwischen mehreren der Krieger - und diese entführen Paige! Nun muss sich Penryn gemeinsam mit Raffe, einem Engel, dem die Flügel genommen wurden, auf die Suche begeben. Doch sie weiß nie so recht, ob sie ihm wirklich trauen kann...

MEINE MEINUNG:
Susan Ees selbtverlegtes Debüt "Angelfall" sorgte in Amerika für Furore - und wurde prompt zu einem absoluten Bestseller. Kann ein so gehyptes Buch den Erwartungen überhaupt stand halten? Nun, man sieht an diesem Werk - es ist durchaus möglich! Erzählt wird die Geschichte dabei im Präsens aus der Ich-Perspektive von Penryn selbst, was dem Leser einen sehr genauen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle gibt. Der Schreibstil ist bildlich und detailreich, vermittelt einem auf schonungslose Weise die Brutalität der Apokalypse, und ist so unheimlich authentisch und atmosphärisch.

Penryn ist eine Protagonistin, in die ich mich von Anfang an hineinversetzen konnte. Durch die schrecklichen Dinge, die sie erleben musste, ist sie abgehärtet, aber auch eine glaubwürdige und völlig verständliche Verletzlichkeit schimmert immer wieder durch. Sie lebt immerzu in Sorge um ihre Familie und ist so absolut menschlich. Raffe ist als Engel in Mission natürlich sehr distanziert und eher wenig begeistert von dem Gedanken, Penryn helfen zu müssen. Zwischenzeitlich darf man jedoch hinter seine harte Fassade schauen und trifft dort auf einen jungen Mann, der sich gar nicht so sicher ist, was er nun eigentlich für eine Aufgabe hat. Die übrigen Charaktere sind aufgrund ihres wenigen Auftretens nicht ganz so großartig ausgearbeitet, überzeugen aber dennoch durch ihre Originalität - insbesondere natürlich Penryns paranoide und regelrecht gruselige Mutter.

Die Geschichte allerdings ist das, was es so richtig in sich hat. "Angelfall" handelt, wie es schon der Titel sagt, von Engeln - aber diese sind keine gutmütigen Wesen von großem Heldentum, sondern sie folgen Befehlen und rotten die Menschheit aus. Das geht mitunter ziemlich brutal zu, dadurch wird aber auch eine erschreckende und gleichzeitig faszinierende Realität geschaffen. Besonders schön ist es, dass in diesem Roman die Liebe einmal nicht im Vordergrund steht, sondern allenfalls noch eine kleine Prise mehr Adrenalin durch die Adern des Lesers jagt. Stattdessen geht es vor allem um die Suche nach Penryns Schwester - und die ist nicht nur nervenaufreibend, sondern auch spannend, mitreißend und grausam.

Denn nicht nur müssen die beiden ungleichen Gefährten mit allerlei Gefahren fertig werden, sie geraten auch noch in einen Zwiespalt zwischen Gut und Böse - denn sie können keinem vertrauen, nicht den übrigen Menschen, nicht dem jeweils anderen und auch nicht sich selbst. So kommt es zwischen den beiden zu einigen Wortgefechten und einem verst, die die Stimmung auflockern, sowie verständlichem Misstrauen, das sich nur langsam auflöst. Ansonsten ist der gesamte Roman sehr düster, bedrückend, einigermaßen blutig und so actiongeladen, dass man ihn einfach nicht mehr zur Seite legen mag. So muss das! Da ist es natürlich frustrierend, auf die deutsche Übersetzung des 2. Bandes warten zu müssen - aber das hält man nach diesem grandiosen Ende wohl auch noch aus.

FAZIT:
Susan Ees "Angelfall" ist einer der ganz wenigen Romane, der seinem Hype wirklich gerecht wird. Wer sich also davor fürchtet, seine Erwartungen hinterher enttäuscht zu sehen, braucht sich meiner Meinung nach wirklich keine Sorgen machen, denn das Buch ist unfassbar packend, brutal, grandios geschrieben und an einigen Stellen dezent, aber wunderbar gefühlvoll. Ich bin restlos begeistert und spreche eine totale Empfehlung aus. 5 Punkte!

Veröffentlicht am 15.09.2016

High Fantasy vom Feinsten

Blutrecht
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"Bringst du mich jetzt um? Ich glaubte, ihr Lumpenmäntel würdet so etwas nicht tun, solange es eine andere Möglichkeit gibt", ächzte der Wächter und hielt sich das gebrochene Knie.
"Nein, ich werde dich ...

"Bringst du mich jetzt um? Ich glaubte, ihr Lumpenmäntel würdet so etwas nicht tun, solange es eine andere Möglichkeit gibt", ächzte der Wächter und hielt sich das gebrochene Knie.
"Nein, ich werde dich nicht..."
Eine Rapierspitze bohrte sich in sein rechtes Ohr. Ich riss die Klinge hoch und erkannte erst dann, dass das Mädchen das getan hatte. Sie hatte die nutzlose Pistole weggeworfen, mein zu Boden gefallenes Rapier aufgenommen und es dem Mann in den Kopf gerammt.
Völlig unbewegt zog sie die Klinge wieder heraus, wischte das Blut am Gesicht des Wächters ab und reichte mir das Rapier mit dem Griff zuerst.
"Wir sollten laufen", sagte Aline.
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INHALT:
Einst wurden sie verehrt und geliebt: Die Greatcoats, die dem Volk im Namen des Königs Gerechtigkeit brachten und die Schwachen beschützten. Aber der König wurde ermordet, und seine Kämpfer haben tatenlos zugesehen - weshalb sie seitdem als Verräter gelten, als Feiglinge, als "Lumpenmäntel". Falcio val Mond jedoch möchte das ändern, will die Greatcoats wieder zu altem Ruhm zurückführen. Seine Mission ist gefährlich und möglicherweise tödlich, aber er weiß, dass er das seinem König und seinen Gefährten schuldig ist...

MEINE MEINUNG:
Sebastien de Castells "Blutrecht" ist High Fantasy vom Feinsten - mit einem männlichen Protagonisten, der aus der Ich-Perspektive und in leicht schnoddriger, aber detailreicher Sprache die blutigen, traurigen, erschreckenden Ereignisse erzählt. Dabei ist der Ton allerdings dennoch leicht, gar immer mal wieder humorvoll, und so wird der Leser so nicht mit der durch die grausamen Begebenheiten oft recht düsteren Grundstimmung erdrückt. Die meiste Zeit spielt der Roman in der Gegenwart der kreierten Welt, zwischenzeitlich wird jedoch auch in die Vergangenheit des Protagonisten geblickt.

Dieser heißt Falcio und ist der Erste Kantor der Greatcoats, derjenige, der zu Zeiten des Königs die Befehle geben durfte. Doch seitdem alles auseinander gebrochen ist, fühlt er sich schuldig und als hätte er bei allem versagt - bei dem König ebenso wie bei einer geliebten Person in der Vergangenheit. Daher ist er umso entschlossener, seine frühere Truppe wieder zu altem Ruhm zu führen. Sein Dickkopf macht ihn sehr sympathisch, und grade seine Fehler und falschen Entscheidungen lassen ihn so menschlich wirken. Und auch die Nebencharaktere können selbst dann überzeugen, wenn sie nicht einmal die Hälfte des Romans vorkommen. Da ist Kest, sein bester Freund und Fechtmeister erster Güte, der jedoch wenig von Gefühlen versteht, oder auch Brasti, ein weiterer Gefährte, der sich locker gibt, aber eine schwelende Wut in sich trägt. Ob es nun alte Bekannte oder neue Freunde und Feinde sind - die Figuren sind derartig gut entwickelt, dass es einem schwer fällt, sich wieder von ihnen zu trennen [und sei es auch nur, weil man sie tot sehen möchte].

Auch das Worldbuilding ist Sebastien de Castell außerordentlich gut gelungen - genau das, was ich von High Fantasy erwarte. Die magischen Aspekte werden hier übrigens äußerst klein gehalten, das Erschaffene ist in seiner Art jedoch so komplex und unterscheidet sich in den Details so fantasievoll von anderem Gelesenen, dass sich Fans des Genres hier sicherlich wohl fühlen werden. Schon nach kurzer Zeit kann man sich aufgrund der bildreichen und authentischen Beschreibungen kaum noch von der Geschichte losreißen. Das bedeutet jedoch auch, dass die grausamen Szenen in Einzelheiten beschrieben werden - die Fechtkämpfe, die Prügeleien und auch die Folterungen. Es ist nicht so blutig, wie man das erwarten könnte, aber manche Szenen erfordern doch durchaus einen gefestigten Magen. Dagegen werden Romantik Suchende hier nicht auf ihre Kosten kommen, denn diese bleibt fast komplett aus, etwas, das sehr erfrischend wirkt.

Faszinierend an dem Roman ist vor allem die Art, wie die vielen Probleme gelöst werden, an die Falcio - zeitweilig auch durch seine eigene Unbedachtheit und Impulsivität, die ihn immer wieder überkommen - gerät. Nicht immer funktioniert alles so, wie er sich das vorstellt, er hat jedoch einige Tricks auf Lager, die nicht nur originell sind, sondern auch immer wieder überraschen; genauso wie sein taktisches Vorgehen, mit dem er auch schwere Gegner besiegen kann. Bis zum Ende bleibt das Ganze so absolut spannend und lässt einen kaum zu Atem kommen, auch wegen der vielen Geheimnisse, von denen nicht viele aufgedeckt werden. Diese Geheimniskrämerei wirkt zwischenzeitlich fast schon übertrieben, sorgt jedoch auch dafür, dass man nach dem Ende schnellstmöglich weiterlesen möchte - und ist daher nur ein kleiner Kritikpunkt.

FAZIT:
Sebastien de Castell hat in "Blutrecht" eine faszinierende Welt geschaffen, die mit den gut ausgearbeiteten Charakteren, der spannenden Geschichte und den vielen Wendungen begeistert. Fans des High Fantasy-Genres sei dieser Roman unbedingt ans Herz gelegt! 5 Punkte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Düstere Geschichte rund um Edgar Allan Poe

Nevermore
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Heiseres Geflüster stieg auf der anderen Seite der Tür hoch. Es hörte sie an wie trockene Blätter, die über einem Feuer knisterten. Zuerst begann es ganz leise. So leise, dass Isobel sich nicht sicher ...

Heiseres Geflüster stieg auf der anderen Seite der Tür hoch. Es hörte sie an wie trockene Blätter, die über einem Feuer knisterten. Zuerst begann es ganz leise. So leise, dass Isobel sich nicht sicher war, was für eine Art Geräusch es war oder ob sie überhaupt etwas gehört hatte. Doch dann wurden die Stimmen deutlicher und zischten durch den Spalt unter der Tür. Irgendetwas lachte. Ein flinker Schatten bewegte sich so rasch und behände wie ein Tier.
Isobel fasste Varen am Arm. "Was ist los?"
Vorsichtig machte er ein paar Schritte nach vorne und stellte sich schützend vor sie. "Sie haben uns gefunden."
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INHALT:
Isobel ist eine beliebte Cheerleaderin mit einem gutaussehenden Freund und einer großen Clique. Als sie bei einem Schulprojekt dem Außenseiter und Goth Varen zugewiesen wird, ist sie danatürlich nicht sonderlich erfreut. Doch wider Erwarten verstehen sich die beiden gut, so gut, dass Isobel beginnt, Gefühle für ihn zu entwickeln. Aber Varen hat ein dunkles Geheimnis voller Abgründe und Dämonen und Isobel wird immer weiter darin verstrickt. Schatten manifestieren sich und sie ist sich nicht mehr sicher, wem sie eigentlich trauen kann. Schließlich ist sie die Einzige, die Varen noch retten kann - aber wie?

MEINE MEINUNG:
Der Einstieg in Kelly Creaghs Fantasyroman "Nevermore", dem ersten Teil einer Trilogie, gestaltet sich relativ typisch für ein solches Buch: Die beliebte, blonde Protagonistin wird einem Außenseiter für ein Projekt zugeteilt und stellt fest, dass dieser viel liebenswerter ist als gedacht. Nach kurzer Zeit allerdings wird schon klar, dass sich das Buch dennoch absolut abhebt - denn hier geht es weitaus düsterer zu als man es möglicherweise gewohnt ist. Auch der Schreibstil ist anders, voller wunderschöner, detailverliebter, aber keineswegs ermüdender, Beschreibungen erschafft die Autorin eine ganz eigene und faszinierende Welt, die völlig in den Bann zieht.

Isobel ist zwar eigentlich die stereotype, gutaussehende und beliebte Hauptperson, ihr Charakter jedoch ist da ganz anders. Von Anfang an ist sie absolut sympathisch, liebenswürdig und mutig. Eingangs sträubt sie sich noch dagegen, dass sie Varen so viel mehr mag als ursprünglich angenommen, dies wird aber nicht zu einem ewigen Monolog ausgebaut. Außerdem ist sie in der Tat clever, wenn sie auch beinahe nie auf das hört, was andere ihr sagen. Varen ist komplett untypisch: Weder der perfekte Sunnyboy, noch auf irgendeine konventionelle Art der Herzallerliebste. Stattdessen trägt er schwarz, hat ein Lippenpiercing und ist schweigsam. Doch trotzdem hat er eine Ausstrahlung und eine Art, die weibliche Leser - mich eingeschlossen - ungewollt zum Quietschen bringt.

Aber auch die Nebencharaktere lassen absolut nicht zu wünschen übrig. Im Laufe der Handlung freundet sich Isobel mit ihrer Spindnachbarin Gwen an, einem freundlichen, hilsbereiten und witzigen Mädchen, das es sich nicht nehmen lässt, sich des Öfteren mal in allerlei Dinge einzumischen. AuchIsobels Exfreund, der zwar rau ist und sich Varen gegenüber unmöglich verhält, überzeugt dadurch, dass trotzdem klar wird, dass er Isobel liebt und all dies nur aus diesem Grund tut. Jede der Figuren wurde mit festen Strichen gezeichnet und besitzt einen entsprechenden Platz im Buch, weshalb keine auch nur ansatzweise überflüssig oder eindimensional wirkt.

Die Geschichte selbst ist so ganz anders als man es von Fantasy-Jugendbüchern gewohnt ist und kann damit von Anfang an in den Bann ziehen. Zwar muss sich Isobel anfangs von ihren Vorurteilen und Freunden, die keine Freunde sind, lösen, doch danach überschlagen sich die Ereignisse. Sie lernt Varen kennen und seine Lebensumstände, erfährt, dass er eine Vorliebe für Poe und dessen Texte hegt sowie daran glaubt, dass ein Poltergeist in dem alten Buchladen haust, den die beiden aufsuchen. Dabei ist die Atmosphäre wunderbar geheimnisvoll, dicht und auch ein wenig gruselig, während immer wieder die Gedichte und Geschichten des alten Schriftstellers sowie sein Leben in die Handlung eingebunden werden. Vorwissen ist hier nicht nötig - es wird alles perfekt erklärt, sodass zu keiner Zeit Fragen aufkommen.

Die Liebesgeschichte entwickelt sich langsam, aber stetig, und die kribbelnden Gefühle von Isobel für Varen reißen den Leser komplett mit. Hier wird es nicht schnulzig oder gar kitschig und auf ein Liebesgeständnis muss lange gewartet werden - doch genau das ist es, was das Ganze so besonders macht. Aber auch die Story schreitet mit steigender Seitenzahl immer weiter voran, wird spannender, atemberaubender und bewegt sich kontinuierlich auf einem hohen Level der Schreibfähigkeit. Geschickt versteht es Kelly Creagh, einige Fragen zu beantworten und wieder neue aufzuwerfen, während sie Poes Welt und die Realität miteinander verbindet. Dies endet in einem überraschenden und schockierenden Ende, das nicht direkt ein Cliffhanger ist, aber den Leser so mitnimmt, dass das Warten auf Band 2 wie eine lange, lange Qual erscheint. Her mit dem im August diesen Jahres erschienenen "Enshadowed", denn ich kann es kaum noch erwarten!

FAZIT:
"Nevermore" hat wunderbare Charaktere, einen tollen Plot und ist wahnsinnig spannend - so spannend, dass ich den ganzen Wälzer an einem Tag gelesen habe. Von diesem wunderbaren Buch ist das Losreißen fast unmöglich! 5 Punkte, meine uneingeschränkte Empfehlung und ganz sicher eines der Highlights dieses Jahres!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Rae Carson in Höchstform

Die Feuerkrone
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Licht bricht sich auf einer stählernen Schneide, und ich reiße das Banner gegen das hässliche Glänzen hoch.
Etwas stößt gegen die Seide, gleitet ab, prallt gegen meinen Unterarm. Meine Haut teilt sich, ...

Licht bricht sich auf einer stählernen Schneide, und ich reiße das Banner gegen das hässliche Glänzen hoch.
Etwas stößt gegen die Seide, gleitet ab, prallt gegen meinen Unterarm. Meine Haut teilt sich, Schmerz fährt mir bis hinauf in die Schulter.
Ich lasse das Banner fallen, husche kriechend wie ein Krebs zurück, aber ich stoße gegen einen Sockel. Die Klinge stößt wieder zu.
Ich schreie, als sie von meinem Feuerstein abgleitet und in meinen Bauch fährt, als wäre ich aus Butter.
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INHALT:
Nachdem der Krieg gegen die Inviernos knapp gewonnen wurde, ist die junge Elisa, Trägerin des mächtigen Feuersteins, Königin und muss über ein ganzes Land herrschen. Doch immer wieder kommt es zu Aufständen und Angriffen auf ihr Leben - und es ist klar, dass die Inviernos noch lange nicht aufgegeben haben. Elisa muss sich erneut zum Kampf bereit machen. An ihrer Seite ist dabei immer ihr Leibwächter Hector, für den sie bald mehr als freundschaftliche Gefühle hegt. Doch ihrer beider Leben sind in höchster Gefahr...

MEINE MEINUNG:
"Der Feuerstein" ist der 2. Band der "Girl of Fire and Thorns"-Reihe von Rae Carson und schließt ein paar Monate nach den Geschehnissen des Vorgängers an. Viel davon wird nicht erklärt, weswegen es gut ist, sein Gedächtnis durch Zusammenfassungen noch einmal aufzufrischen - letztendlich ist es aber nicht allzu schlimm, nicht mehr den genauen Inhalt zu kennen, denn spätestens nach 50 Seiten ist man hier trotzdem total gefesselt. Der Schreibstil ist gewohnt eindringlich und schnörkellos schön und durch die Ich-Perspektive und das Präsens hat man das Gefühl, vollkommen dabei zu sein.

Elisa hat sich im letzten Teil langsam, aber stetig von einem wenig selbstbewussten, dicken und schwachen Mädchen in eine starke Heldin gewandelt. Anders, als es zum Ende hin rüber kam ist sie übrigens noch immer nicht perfekt - sie hat zwar Gewicht verloren, ist aber noch lange nicht schlank und schön. Das ermöglicht es einem als Leser sehr gut, sich weiterhin in sie hineinzuversetzen. Außerdem ist ihre Intelligenz ein wunderbarer Gegensatz zu den dümmlichen Protagonisten vieler anderer Jugendromane. Ebenso gefällt auch Hector selbst. Er ist ganz anders als Humberto, und überzeugt durch sein Pflichtbewusstsein, aber auch seinen liebevollen Umgang mit anderen Figuren. Und auch die Nebencharaktere sind erneut grandios gezeichnet, wissen immer wieder zu überraschen und lösen im Leser alle etwas aus - ob es nun Zuneigung ist, Hass, oder etwas dazwischen.

Nachdem Band 1 anfangs einige Zeit brauchte, um richtig loszulegen, dauert es hier nicht lange, bis sich Elisa einmal wieder in großer Gefahr befindet. Und diese kommt von allen Seiten: aus den engsten Kreisen, aus dem Volk und nicht zuletzt auch aus den Reihen der vielen Feinde des Landes. Die Spannung baut kaum jemals ab, und wenn doch, wird sie kurz darauf gleich wieder hoch getrieben. Elisa lernt langsam endlich, mit den Kräften ihres Feuersteins umzugehen, ebenso zeigt sich aber auch ihre Qualitäten als Königin. Man merkt, dass die Autorin sich nicht nur in den phantastischen Gebieten auskennt, sondern auch in denen des höfischen Geplänkels und der Intrigen. Wie im Vorgänger muss man sich aber auch hier im Klaren sein, dass die gesamte Bevölkerung im Buch einen starken Glauben an Gott besitzt und Elisas Kräfte beispielsweise ebenfalls von diesem herrühren - es wird also recht viel gebetet. Ich als Atheistin fand dies zwar zeitweilig befremdlich, aber nie wirklich störend, denn es gehört einfach zur Kultur.

Das High Fantasy-Setting wird in diesem Teil noch weiter ausgebaut, und überzeugt auf ganzer Linie. Zwar ist das Ganze nicht wirklich komplex, fasziniert aber insbesondere während der obligatorischen Reise durch die Details und Ideen. Und auch die Liebesgeschichte wurde wunderschön umgesetzt: Nicht nur entwickeln sich die Gefühle langsam und stetig, auch wirken sie glaubwürdig, da die beiden einander so sehr brauchen. Die Romantik übertritt nie ein gewisses Level, wodurch die Story immer im Vordergrund steht, dennoch kommt es zu einigen sehr niedlichen Momenten. Bis zum Ende bleibt der Roman auch sonst authentisch, fesselnd und originell - und der Schluss lässt dann sowieso keine andere Wahl, als den letzten Band zu lesen und sich bis dahin schon einmal alle möglichen Szenarien im Kopf auszumalen.

FAZIT:
Wo "Der Feuerstein" noch an einigen kleineren Stellen etwas unausgereift wirkte, läuft "Die Feuerkrone" nun zu absoluter Höchstform auf. Der High Fantasy-Roman ist spannend, ideenreich, mitreißend und wunderbar romantisch. Geniale Charaktere führen zu einem Leseerlebnis der besonderen Art. Band 3 ist bereits letztes Jahr im Englischen erschienen - ich hege also die Hoffnung, dass auch dieser schnellstmöglich übersetzt wird. Totale Leseempfehlung und 5 Punkte von mir!