Wir schlüpfen in die Rolle einer Polizistin und kämpfen im gefährlichen Somorra gegen Verbrechen und Verschwörungen. Dies ist jedoch ein steiniger und gefährlicher Weg, der durchaus auch übernatürliche, fantasylastige Züge annimmt.
Somorra ist ein Spielbuch, in dem du selbst in die Rolle des Hauptcharakters eintauchst und für ihn Entscheidungen triffst. Je nach Entscheidung liest man immer wieder an verschiedenen Stellen im Buch weiter, somit ergeben sich verschiedene Handlungsstränge, und viele (unbedachte) Entscheidungen können dabei auch schnell in den Tod führen. Ich finde dieses Konzept richtig erfrischend, denn es lässt einen noch tiefer in die Story eintauchen und wirklich aufmerksam lesen und mitdenken. Oftmals sind es kleine Details im Text oder einfach logisches Denken, was einem dabei hilft, die (hoffentlich) richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber selbst wenn man sich falsch entscheidet und stirbt, muss man nicht gleich ganz aufhören, sondern kann an einem vorherigen Punkt der Story wieder einsteigen und mit einer diesmal (hoffentlich!) klügeren Entscheidung weiterspielen.
Das ganze Konzept ist dabei sehr clever durchdacht und erinnert mich an ein P&P-Abenteuer, nur ohne kompliziertes Auswürfeln von Werten und das man eben ganz allein spielen kann, oder aber auch ein Telltale-Game, nur eben in Buchform. Es macht einfach viel Spaß mitzurätseln und mitzufiebern, welche Entscheidungen wohl die richtigen sind und welche Gegenstände und Informationen (die man auf der Reise erhält) man an welcher Stelle am geschicktesten nutzen sollte. Damit baut sich eine gewisse Handlungsfreiheit und Raffinesse auf, die mir sehr gut gefallen hat.
Weiter zum Aufbau: Der ist nämlich gut durchdacht. Die Regeln werden anfangs verständlich geschildert, am Ende des Buchs finden sich dann einige nützlichen Infos, Verweise und Tabellen, in denen man seinen Fortschritt (zB Geld, Erfolge, Uhrzeiten) festhalten kann, damit man beim Ganzen Hin und Her sich nicht in Wirrwarr verstrickt (und das kann wirklich schnell passieren!). Diese Übersicht sowie noch einige andere Infos gibt’s übrigens auf der Homepage der Autoren auch nochmal zum Download, was für mich auch ein Plus ist, so muss man nämlich nicht ins Buch reinschreiben, kann es immer wieder spielen, und kann sich die Tabellen und Infos außerdem übersichtlich neben das Buch legen, um nicht immer wieder beim Lesen hin- und herblättern zu müssen. Damit komme ich aber schon zu meinem nächsten Punkt: Das Hin- und Herblättern. Es gibt insgesamt über 400 Möglichkeiten, zwischen denen man dann beim Lesen (je nach Entscheidungen) permanent hin- und herspringt. Diese sind oft auch nur kurze Abschnitte und viele Seiten weit auseinander, was es etwas chaotisch macht, und, wie ich finde, einen leider auch etwas aus der ganzen Atmosphäre herausreißt. Für mich ist das allerdings nur ein kleiner Kritikpunkt, denn ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, wie man das besser gestalten könnte, mit dem Medium Buch hat man eben doch begrenzte Möglichkeiten, da geht das weniger glatt als zB mit einem einfachen Mausklick. Man könnte zwar einzelne Abschnitte länger gestalten und das Hin- und Herblättern somit herunterschrauben, allerdings würde das auch die Entscheidungsmöglichkeiten (und wie ich finde damit auch den Spielspaß) herunterschrauben, doch genau das ist doch der Clou an diesem Format. Gerade die sehr vielen Möglichkeiten und Spielverläufe die es gibt will ich nämlich positiv hervorheben, denn das macht für mich das Konzept gerade erst so spannend und originell. Genau damit hebt es sich ja von einem normalen Roman ab.
Ich bin mir sicher, ich habe noch lange nicht alles gesagt, was es zu Somorra zu sagen gibt, aber ich kann nur jedem empfehlen, es einfach selbst mal auszuprobieren und reinzuschnuppern, weil so ein interaktiver Roman wirklich viel Spaß machen kann. Ich kann mir vorstellen, dass man das auch sehr gut zusammen mit Freunden spielen kann, in dem immer einer vorliest, und dann gemeinsam in der Gruppe abgestimmt wird, wie man sich entscheiden will. Ich bin sehr froh, dass ich auf die Somorra-Reihe gestoßen bin und werde die Autoren weiter im Auge behalten. Denn sie können gut schreiben, spannende Geschichten erfinden und innovative Spielkonzepte umsetzen. Gern mehr davon!