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Veröffentlicht am 17.12.2021

Sag, dass es dir leid tut!!!

Tränennacht
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Ein Serienkiller geht um in Sacramento. Er zwingt seine Opfer, sich bei ihm zu entschuldigen, dann ritzt er ihnen Buchstaben in die nackte Haut und tötet sie. Auch die junge Daisy Dawson verfolgt er, doch ...

Ein Serienkiller geht um in Sacramento. Er zwingt seine Opfer, sich bei ihm zu entschuldigen, dann ritzt er ihnen Buchstaben in die nackte Haut und tötet sie. Auch die junge Daisy Dawson verfolgt er, doch sie weiß sich zu wehren, und bevor der Angreifer flüchtet, gelingt es ihr, ihm ein silbernes Medaillon vom Hals zu reißen. Dessen Gravur entspricht haargenau der Tätowierung, die FBI-Agent Gideon Reynolds unfreiwillig auf der Brust trägt. Die Spur führt Daisy und Gideon direkt in die Schusslinie des Serienkillers – und zur geheimnisvollen Church of Second Eden…


"Tränennacht" ist ein Thriller und der erste Band aus der Sacramento-Reihe von Karen Rose, der am 02.11.2021 als Hörbuch in der gekürzten Ausgabe im Argon Hörbuch-Verlag erschienen ist. 20 Stunden und 45 Minuten werden von der Sprecherin Christiane Marx gesprochen, dessen Stimme sich den verschiedenen Atmosphären in dieser Handlung hervorragend angepasst hat. Sie spricht klar, spannend und teilweise leicht rauchig, was perfekt zu diesem Thriller und dessen Inhalt passt. Auch die Protagonisten konnte ich durch ihre perfekt imitierten Stimmlagen sehr gut unterscheiden, jeder einzelne hat sich dadurch sehr klar hervorgehoben. Es hat mir Spaß gemacht, ihr zuzuhören und diese stellenweise brutale Geschichte zu verfolgen. Der Thriller hat eine Menge Überraschungen parat, die mich richtig gefesselt und in den Bann gezogen haben. Besonders wenn der psychopathische Serienkiller, der hier sein Unwesen treibt, zu Wort kommt. Er ist relativ schnell präsent, seine Gedanken und Handlungen konnte ich somit gut mitverfolgen. Dass er ein Problem mit seiner Schwiegermutter hat, war mir schnell klar. Aber was sie genau für eine Rolle in seinem Leben gespielt hat, wurde im Laufe der Handlung immer deutlicher. Mit der Zeit wurden einige Geheimnisse offenbart, die nichts für schwache Nerven sind. Auch seine Schilderungen über die entführten Frauen, die er im Anschluss foltert und tötet, wurden ausgiebig erwähnt. Die Gründe für sein abartiges Handeln wurden gegen Ende detailliert offenbart, auch das gesamte Ausmaß seines schrecklichen Treibens, welches auch komplett offenbart wurde, hat mich geschockt. Dies ist ein Serienmörder, der seine Taten ordentlich plant, sehr durchdacht vorgeht und ein Meister der Täuschung ist. Wenn aus seiner Perspektive geschrieben wurde, bekam ich regelmäßig Gänsehaut. So jemanden möchte man im realen Leben wirklich nicht begegnen. Den Satz "Sag, dass es dir leidtut." wiederholt er wie ein Mantra, seine Opfer quält er damit auch psychisch, weshalb er sie bis zu ihrem Tod bis an ihre Grenzen bringt. Ihm unterläuft ein schwerer Fehler und es beginnt eine nervenaufreibende Verfolgungsjagd.

Neben dem Killer sind Daisy Dawson und der FBI-Agent Gideon Reynolds die Hauptprotagonisten. Beide Charaktere werden sehr tiefgründig und vor allem lebendig beschrieben, wie sich ihre Beziehung zueinander aufgebaut hat, konnte ich Stück für Stück miterleben. Jeder hat eine nicht so schöne Vergangenheit, doch die Gegenwart schweißt sie immer mehr zusammen. Obwohl Reynolds' Aufgabe darin bestand, sie zu schützen, entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die einen großen Raum eingenommen hat. Anbahnende Romanzen bin ich aus vorherigen Büchern der Autorin gewohnt, hier war mir dieser Handlungsstrang jedoch zu viel des Guten. Diese Abschnitte haben den eigentlichen Fall mehrmals in den Hintergrund gedrängt, weshalb der Spannungsbogen oft darunter gelitten hat. Sie werden ausschweifend und detailliert erzählt, genau wie ich mir mehrmals die Wiederholung aus Reynolds' Vergangenheit anhören musste. Logisch, dass er seinen Freunden und engen Menschen aus seinem Umfeld sein Leid, welches er als Kind erfahren musste, endlich offenbart. Aber das hätte die Autorin auch abkürzen können, sodass ich nicht jedes Mal dieselbe Geschichte hören musste, die ich irgendwann schon fast auswendig kannte. Ich hätte mir dafür mehr Informationen aus der geheimnisvollen Sekte "Church of Second Eden" gewünscht. Sie wurde oft erwähnt, jedoch wurden auch in diesem Punkt mehrfach nur bekannte Details wiederholt.

Neben dem eigentlichen Fall und der anbahnenden Liebesgeschichte wurde auch Daisys' Vergangenheit durchleuchtet. Ihre Beziehung zu ihrem Vater war ein Thema, welches ebenfalls sehr präsent war. Viele Familiendramen und die fieberhafte Suche nach dem Serienmörder haben sich abgewechselt, sodass ich einige Abschnitte als sehr langatmig empfunden habe. Das hat ermüdend gewirkt und der Spannung wirklich weh getan. Auf die ständigen Wiederholungen hätte ich oftmals verzichten können, denn manchmal war ich mir nicht sicher, ob ich einen Liebesroman oder einen Thriller höre. Dass diese Geschichte temporeich ist, kann ich nicht behaupten, denn den spektakulären Mordfällen wurde meiner Meinung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Gegen Ende hin hat Karen Rose nochmal richtig Gas gegeben und mich haben actionreiche und spannende Hörminuten erwartet. Aber ehrlich gesagt war ich auch froh, als das Hörbuch sein Ende erreicht hat. Noch eine Liebesszene hätten meine Ohren nicht mehr ertragen. Der Hergang und die Auflösung um das Geheimnis des Medaillons und Reynolds' Tattoo empfand ich als gut durchdacht und geschickt konstruiert, jedoch kann ich für "Tränennacht" leider nicht mehr als drei Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 05.12.2021

Eine nervige Helikoptermutter, gefangen zwischen Anspannung und Wahn!

Ein dunkler Abgrund
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Tess ist sicher, dass ihre kleine Tochter ein schreckliches Verbrechen beobachtet hat. Doch wer glaubt schon einem Kind…

Ihre dreijährige Tochter ist für Tess das Wichtigste auf der Welt. Doch seit der ...

Tess ist sicher, dass ihre kleine Tochter ein schreckliches Verbrechen beobachtet hat. Doch wer glaubt schon einem Kind…

Ihre dreijährige Tochter ist für Tess das Wichtigste auf der Welt. Doch seit der Trennung von Poppys Vater kann sie nicht mehr ständig in ihrer Nähe sein, um auf sie achtzugeben. Als sie eines Tages unter all den bunten, fröhlichen Kinderzeichnungen ein Bild aus schwarzer Kreide findet – eine Zeichnung so simpel und brutal, dass Tess sie nicht verstehen kann –, da ist sie sicher, dass Poppy während des Wochenendes beim Vater etwas Furchtbares mitansehen musste. Niemand will ihr glauben, denn handelt es sich nicht bloß um die Krakelei eines Kindes? Doch eine Mutter kennt ihre Tochter. Und Tess wird die Wahrheit herausfinden. Ihre Suche führt sie in ungeahnte dunkle Abgründe, und bald ist nicht nur ihr eigenes Leben in Gefahr, sondern auch das ihres Kindes...


"Ein dunkler Abgrund" ist ein Thriller des englischen Autorenduos Nicci French, der am 1. November 2021 im C. Bertelsmann Verlag erschienen ist. Hinter Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Dies war mein erstes Buch der Autoren und der Klappentext hat mich unheimlich neugierig gemacht. Eine verstörende Zeichnung, die von einem dreijährigen Mädchen namens Poppy stammt, soll ein schreckliches Verbrechen widerspiegeln. Da diese Zeichnung in der Obhut des Vaters entstand, schrillen bei Tess sofort die Alarmglocken. Verständlich, dass sie sich große Sorgen um ihre Tochter macht, aber als kurze Zeit später noch vulgäre Schimpfwörter und unruhige Nächte des Mädchens hinzukommen, ist sich Tess sicher, dass Poppy was Schreckliches beobachtet hat. Tess dreht meiner Meinung nach viel zu übertrieben durch, um an Antworten zu gelangen. Sie beschuldigt alle möglichen Menschen und unterstellt Dinge, für die es keine Beweise, noch nicht einmal Indizien gibt. Ihr Ex-Mann, ihre Freundinnen und dessen Männer, ihr aktueller Freund und sogar der Bruder der Frau ihres Ex-Mannes werden verdächtigt, Schuld an Poppys' Verhalten zu haben. Sie spioniert Leute aus, bricht in Häuser ein und stalkt permanent die Polizei- ein Verhalten, was mir einfach zu übertrieben dargestellt wurde. Jeden hat sie als potenzielle Gefahr angesehen, den Unterschied zwischen Wahn und Realität konnte sie schnell nicht mehr erkennen.

Es wird aus Tess' Perspektive geschrieben, ihre Liebe zu ihrer Tochter wurde sehr deutlich erläutert. Doch ihr Verhalten konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen. Auch wenn es eine Geschichte ist, dies war mir dann doch zu übertrieben. Sie hat sich nicht nur wie eine Wahnsinnige aufgeführt, ihr Verhalten wurde immer lächerlicher und irgendwann hatte ich genug von ihren Verschwörungstheorien. Ich würde die Handlung eher in die Kategorie Spannungsroman einordnen, denn ich habe sie nicht als Thriller empfunden. Es gab spannende Momente, das will ich auch gar nicht bestreiten. Aber einen konstanten Spannungsbogen konnte ich für mich persönlich nicht feststellen. Mir haben die Nervenkitzel und die Gänsehautmomente gefehlt. Auch hat mich das ganze nicht wirklich gepackt und in den Bann gezogen. Tess' hysterisches Verhalten hat einfach dafür gesorgt, dass es eine teilweise langatmige Geschichte war, die einige Wiederholungen enthielt. Ihre Nachforschungen, Gedanken und Handlungen waren für mich an manchen Stellen einfach nicht nachvollziehbar.

Den lockeren und flüssigen Schreibstil empfand ich als sehr angenehm, denn so ließ sich das Buch schnell durchgelesen. Auch weil ich gehofft hatte, dass mich doch noch spektakuläre Wendungen erwarten. Am Ende hin wurde mir etwas mehr geboten, als Tess wieder etwas Sensationelles herausgefunden hat. Diese Wendung kam für mich nicht allzu überraschend, da ich hier schon eine Vermutung hatte, womit ich dann auch richtig lag. Dass sie zu ihrer letzten Handlung einen Verbündeten ergattern konnte, hat mich jedoch überrascht. Generell war mir Tess' als Protagonisten sehr unsympathisch, die sich durch ihr irres und distanziertes Verhalten keine Sympathiepunkte ergattern konnte. Ihr war es auch ziemlich egal, wen sie im Verdacht hatte. Wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, dann ist sie diesen Weg dank ihres Bauchgefühls oft unüberlegt gegangen. Sie ist eine Helikoptermutter wie es im Buche steht, ich wurde mit ihr bis zum Schluss einfach nicht warm. Genauso unsympathisch wurde ihre Tochter beschrieben. Ein gutes Beispiel für die Redewendung "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm".

Die komplette Geschichte bestand aus ihrem Irrsinn, den ich begleitet habe. Ob sie wirklich um ihr und das Leben ihrer Tochter bangen musste, weil Poppy ein düsteres Bild gemalt hat und somit in Tess' Augen zur Zeugin einer Straftat wurde, war bis kurz vor Ende unklar. Deshalb wurde sie gleichzeitig zur Stalkerin, eifersüchtige Ex-Freundin und Detektivin, die mit ihren immer absurderen Ideen ihre Mitmenschen auf die Nerven gegangen ist. Was sie mit ihnen gemacht hat, war schon Psychoterror. So einer Person möchte ich im realen Leben nicht begegnen. Insgesamt habe ich mir anhand des Klappentextes etwas rasanteres und spannenderes vorgestellt, selbst das Finale hat mich nicht positiv umstimmen können. Deshalb bin ich etwas enttäuscht. "Ein dunkler Abgrund" ist nicht schlecht, jedoch hat mich die Geschichte nicht vom Hocker gehauen. Tess' hat mit ihrer nervigen und irren Art den größten Teil dazu beigetragen. Ich hatte den Eindruck, als ob permanent der Teufel hinter ihr her gewesen war. Die Atmosphäre, die hätte aufkommen müssen, war für mich leider nicht spürbar. Das einzige, was deutlich bei mir angekommen ist, war Tess' Anspannung, da sie in jeder Ecke eine unglaubwürdige Gefahr gesehen hat. Von mir gibt es diesmal enttäuschenderweise nur 2,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Ein sachlich geschilderter und detaillierter True-Crime-Fall über den skrupellosesten Serientäter der deutschen Nachkriegsgeschichte!

Der Todespfleger
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Am 20. September 2021 ist der erschütternde Kriminalfall vom Todespfleger Niels Högel von den beiden Journalisten Marco Seng und Karsten Krogmann als True-Crime-Roman im Goldmann-Verlag erschienen. In ...

Am 20. September 2021 ist der erschütternde Kriminalfall vom Todespfleger Niels Högel von den beiden Journalisten Marco Seng und Karsten Krogmann als True-Crime-Roman im Goldmann-Verlag erschienen. In "Der Todespfleger: Warum konnte Niels Högel zum größten Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte werden?" wird dieser Fall eines deutschen Serienmörders, der von 1999 bis Mitte 2005 als Krankenpfleger in Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst tätig war und dort zahlreiche Morde beging, chronologisch aufgerollt. Dies ist die größte Mordserie in der bundesdeutschen Kriminalgeschichte, insgesamt leiteten die Behörden in 332 Fällen Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachts ein. Unglaublich, dass solche unfassbaren Taten jahrelang ungehindert ausgeübt worden sind, obwohl es immer wieder Gerüchte und Auffälligkeiten gab. Doch der Todespfleger hat diese schrecklichen Taten nicht ausüben können, weil er ein besonders intelligentes Kerlchen ist. Nein, er konnte ungeniert morden, da der Oberstaatsanwalt in Oldenburg im Jahr 2015 trotz eindeutiger Hinweise keine Anklage erhoben und Ermittlungen verschleppt haben soll. Aber auch Reaktionen der betroffenen Kliniken und Klinikmitarbeiter werden hier gut zur Sprache gebracht, die ich einfach nicht verstehen kann. Trotz eindeutiger Beweise wurden die Zusammenhänge fehlender Medikamente und Reanimation, die Högel somit verursacht hat, in seinen Schichten ignoriert. Dass in seiner Nähe auffällig oft Patienten sterben und dieser Umstand aus Angst, der Klinik zu schaden vertuscht hat, ist einfach ein Skandal, der nicht in Worte zu fassen ist.

Diese schreckliche Geschichte ist erschütternd und abgrundtief grausam. Obwohl nichts von der Seite des Täters rüberkam, hat sich bei mir während des Lesens eine Menge Wut und Hoffnungslosigkeit aufgestaut. Dies ist ein Kriminalfall, den man nicht vergisst. Die Kaltblütig und Dreistigkeit Högels wurde von den Autoren sehr klar beschrieben. Ich wusste schon vor dem Buch vieles aus den Medien über diesen Justiz- und Krankenhausskandal. Wirklich neue Informationen habe ich leider nicht erhalten, denn wer sich schon oft über diese traurige und wahre Geschichte informiert hat, den wird das hier Geschriebene nicht groß überraschen. Trotz alledem ist diese Tatsache, die sich dieser Skandal viele Jahre ereignet hat, unsagbar erschütternd, skrupellos und grausam. Höger, der wehrlose Patienten tot spritzt, nennt seine Taten Manipulationen. Für den Kick und vor allem für Anerkennung seiner Kollegen rechtfertigt er sein Verhalten, doch ich bin mir sicher, dass dies nur eine Ausrede ist. Dass es über ein Jahrzehnt gedauert hat, dass er endlich gestoppt wurde, haben die Autoren chronologisch festgehalten. Mir fiel es an manchen Stellen schwer, der Chronologie zu folgen, da die Kapitel der Zeitsprünge aus den verschiedenen Jahren sehr sprunghaft waren. Am Ende gibt es noch einmal eine kurz zusammengefasste Chronologie, die die wichtigsten Ergebnisse der Jahre festhält.

Der Schreibstil ist flüssig und authentisch, einige Einblicke aus den Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen haben das Motiv von Högel näher beschrieben. Auch Zeugenaussagen kamen zwischendurch vor, die nicht allzu viel Raum eingenommen haben. Karsten Krogmann und Marco Seng berichten sachlich und neutral. Ich habe jedoch ab und zu gemerkt, dass sie diese Taten nicht kaltlassen, denn zwischen den Zeilen konnte ich deutlich spüren, dass das Geschehene nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist. Außerdem wird wahrheitsgemäß und frei von jeglicher Sensationsgier geschrieben. Die Autoren haben alle Fakten, die ihnen zur Verfügung standen, in diese Handlung eingebracht. Von einer Krimihandlung habe ich wenig festgestellt, für mich war der Inhalt des Buches eher ein sachlich geschilderter und detaillierter True-Crime-Fall über den skrupellosesten Serientäter der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Högels Taten wurden mehrfach geschildert, der Fall wird von Anfang bis Ende aufgerollt. Die Autoren gehen der Frage nach, wie Högel so lange unbemerkt töten konnte. Sie liefern erschütternde Einblicke in das Rechtssystem und geben zuletzt den Angehörigen der Opfer eine Stimme. Das schockierende Psychogramm von Högel wird erläutert, was mich jedes Mal fassungslos gemacht hat. Die Autoren waren erst ab 2014/2015 und 2018/2019 live bei den Gerichtsverhandlungen mit dabei. Um Antworten auf unzählige Fragen zu erhalten, sprachen sie seit 2014 mit dutzenden Menschen: Angehörigen der Opfer, mit Überlebenden, mit Pflegekräften und Ärzten, Ermittlern, Gutachtern und Juristen. Einige kommen zu Wort und immer noch wollen viele bis zum Ende hin nichts von den Verbrechen gemerkt haben. Gespräche, die von Zeugen geschildert wurden, wurden als Dialog wiedergegeben. Es wurde versucht, so oft und so gut es geht, die Zeit an den Orten der jeweiligen Geschehen zu erörtern.

Högel selbst kommt nicht zu Wort, sodass ich über seine persönlichen Gedanken und Handlungen nichts erfahren habe. Das war die Aufgabe des Psychogramms. Jedoch hätte es mich wahnsinnig interessiert, wenn ich etwas über seine Gedankengänge erfahren hätte, auch wenn sie niemals zu verstehen oder entschuldigen sind. Aber da Marco Seng und Karsten Krogmann nie mit Högel gesprochen haben, war dies ein Punkt, den ich vermisst habe. Dass Högel ein Lügner ist, wurde während der gesamten Handlung immer deutlicher. Ich habe gemerkt, dass die Autoren des Buches keine Krimiautoren, sondern Journalisten sind. Dies ist nicht schlimm, wer jedoch einen Krimi mit einer (leider) wahren Begebenheit erwartet, wird enttäuscht sein. Der Fall Högel ist aber auch beispielhaft, denn als die Justiz endlich und viel zu spät ihren Job machte, zeigte sie jedoch, was sie kann. Der hier aufgeführte Kriminalfall lässt einen nicht kalt, denn er bleibt auf jeden Fall für immer im Hinterkopf.

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Sieben skandinavische Noir-Kurzgeschichten, die mich nicht alle überzeugen konnten!

Eifersucht
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"Eifersucht" von Jo Nesbø enthält sieben skandinavische Noir-Kurzgeschichten, die alle das Motiv Eifersucht durchleuchten. Jede Geschichte offenbart eine skurrile Handlung, die bis auf eine, in der Ich-Erzählperspektive ...

"Eifersucht" von Jo Nesbø enthält sieben skandinavische Noir-Kurzgeschichten, die alle das Motiv Eifersucht durchleuchten. Jede Geschichte offenbart eine skurrile Handlung, die bis auf eine, in der Ich-Erzählperspektive geschrieben wurde. Das Buch ist am 1. November 2021 im Ullstein-Verlag erschienen, welches mein erstes Buch des Autors war. Das Hardcover enthält einen blauen Buchschnitt, was sehr gut zum Cover passt und mir, obwohl es relativ schlicht gehalten ist, ebenfalls super gefällt.

Zum Inhalt: Sieben Storys - ein Motiv!
Der Athener Ermittler Nikos Balli, ein Spezialist für das Mord-Motiv Eifersucht, ist seit dem Verlust seiner großen Liebe ein Getriebener. Auf der Insel Kalymnos soll er einen Vermissten finden, Julian. Er und sein Zwillingsbruder Franz waren in dieselbe Frau verliebt, Helena, Tochter eines Gastwirts der Insel. Es kam zum Streit, und seitdem hat man Julian nicht mehr gesehen. Sein Handtuch wurde am Strand gefunden, ist der junge Mann beim morgendlichen Schwimmen ertrunken? Balli ermittelt und stößt auf immer mehr Beweise, dass Franz seinen Bruder ermordet hat – aber dann wird Julian gefunden, gefesselt und entkräftet in einer Höhle. Doch wo ist Franz? Balli muss all sein Gespür aufbringen, seine eigene schmerzvolle Erfahrung, um den Kampf der Zwillinge um Helena zu stoppen ...

Die längste Geschichte um den Ermittler Nikos Balli, die den Titel "Eifersucht" trägt, ist die längste von allen, die mir zugleich auch am besten gefallen hat. Hier haben mich ständig überraschende und unvorhersehbare Wendungen erwartet, insgesamt hat mich diese Eifersuchts-Story richtig gefesselt und gepackt. Der Autor hat mich gut durchdacht und geschickt durch die Handlung getrieben. Balli, der sich auf Kalymnos in einem Netz aus Lügen, Intrigen und Geheimnissen befindet, hat mich spannend unterhalten. Was anfänglich nur nach einer Suche eines Vermissten aussieht, lässt Ballis' Vergangenheit allmählich wieder hochkommen, die nach und nach eine erschreckende Wahrheit ans Tageslicht bringt. Ein Ermittler, der Täter versteht, wenn es um starke Gefühle der Eifersucht geht. Alle sieben Erzählungen sind auf jeden Fall atmosphärisch und psychologisch nachvollziehbar, dramatische Entwicklung kommen hier nicht zu kurz.

Dass Eifersucht verschiedene Gefühle erwecken kann, wurde in allen Geschichten sehr deutlich. Doch wie es so weit kam, dass sie sogar tödlich sein können, konnte ich aus jeder Handlung herauslesen. Jede Geschichte endet mit einer verständlichen Pointe, die mit dem Motiv Eifersucht übereinstimmen. Leider haben mich nur vier der sieben Kurzgeschichten wirklich angesprochen. Der Schreibstil des Autors ist zwar gut lesbar, manche Eifersuchtsgeschichten konnten mich leider überhaupt nicht fesseln. Einiges kam mir viel zu langatmig vor und der Autor hat viel um den heißen Brei herumgeredet. Mir wäre es lieber gewesen, wenn er in einigen Situationen schneller auf den Punkt gekommen wäre. Obwohl es sich um Kurzgeschichten handelt, hat sich manches deshalb wie Kaugummi in die Länge gezogen. Besonders die, wo es um einen Autor geht, ist mir diese Langatmigkeit besonders stark aufgefallen. Der Fall von Nikos Balli ist länger als der Rest, insgesamt teilen sich die sieben Geschichten 272 Seiten. Da mich nicht alle Geschichten gepackt haben, vergebe ich drei Sterne!

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Ein grausames Spiel und eine Extremsituation in der Kölner Kanalisation!

Stadt des Zorns
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Am 13. September 2021 ist der Thriller "Stadt des Zorns" von Marc Meller erschienen, der im Ullstein-Verlag (ich habe den Thriller als E-Book gelesen: Ullstein eBooks) erschienen ist. Dieser Escape-Room-Thriller ...

Am 13. September 2021 ist der Thriller "Stadt des Zorns" von Marc Meller erschienen, der im Ullstein-Verlag (ich habe den Thriller als E-Book gelesen: Ullstein eBooks) erschienen ist. Dieser Escape-Room-Thriller ist die Fortsetzung von "Raum der Angst". Obwohl ich ein Fan von Exit Games bin, konnte mich die Fortsetzung nicht komplett überzeugen, was beim Vorgänger schon der Fall war. Aber meine Neugier auf diesen Psychothriller war so groß, dass ich diesem hier eine Chance gegeben habe.

Zum Inhalt: Eine ganze Stadt wird zum Escape-Room. Er nennt sich Janus und hat alles perfekt geplant: Blockierte Straßen und Schienen, eine Stadt im Chaos, Menschen in Todesangst. Aber was aussieht wie ein Anschlag, ist in Wirklichkeit ein Spiel. Und du hast nur eine Chance zu überleben: Du musst besser sein als er, seinen Fallstricken ausweichen und alle Rätsel lösen, um von einem Raum in den nächsten gelangen. Denn Janus hat ein Meisterwerk geschaffen: eine ganze Stadt als Todesfalle. Hannah weiß, was das bedeutet, sie hat als Einzige Janus' letztes Exit-Game überlebt. Hauptkommissar Kappler versucht, Hannah zu retten und den Killer zu stoppen. Doch das Spiel, das in den Katakomben der Stadt beginnt, übersteigt ihre schlimmsten Alpträume...

Den Anfang fand ich unheimlich spannend, da es einen rasanten Einstieg gab, der mir unheimlich gut gefallen hat. Nur leider konnte sich der Spannungsbogen meiner Meinung nach nicht halten, da sich langweilige und unnötige Längen eingeschlichen haben, die mir die Spannung genommen haben. Hier kam für mich das Escape-Room Feeling nicht besonders gut rüber. Der erste Teil hat mich mit spannenden, brutalen und mysteriösen Rätseln unterhalten, was hier nicht der Fall war. In diesem Band gab es diese zwar auch, jedoch nicht so intensiv. Die Atmosphäre, die dazu gepasst hätte, kam einfach nicht rüber. Zahlreiche Diskussionen zwischen Hannah und einer Gruppe von Umweltaktivisten, die in Köln in einen großen Alptraum hineingeraten sind, haben mich irgendwann genervt. Dieses unnötige Geplänkel hat auch die Protagonisten nicht hervorheben können, da mich kein Charakter aus der Gruppe überzeugen konnte. Selbst Hannah konnte mich diesmal nicht überzeugen, denn hier habe ich deutlich gemerkt, wie sie nach dem Vorfall aus dem ersten Band abgestumpft ist. Ihre Gedanken und Handlungen fand ich teilweise unlogisch und überhaupt nicht mehr sympathisch. Keiner außer Hannah besitzt auch nur annähernd einen Funken Tiefe, sie waren für mich allesamt blasse Teilnehmer. Dafür, dass es für die Gruppe ein Wettlauf gegen die Zeit sein sollte, konnte ich dessen Angst und Zusammenhalt, die zwangsläufig entstehen muss, gar nicht bemerken. Es wurde ständig rumgezickt, von einer Ausnahmesituation habe ich nicht viel gemerkt.

Eine Gruppe von Umweltaktivisten, die Köln lahmlegt, verursacht totales Chaos, das zum sozialen Kollaps führt. Diese Situationen wurden gut beschrieben und ich konnte mir diese krasse Ausnahmesituation bildlich gut vorstellen. Doch dass die Aktivisten hinters Licht geführt wurden, damit haben sie nicht gerechnet. Sie haben gedacht, dass sie für eine gute Sache kämpfen, aber nur einer hatte Kontakt mit ihrem Auftraggeber. Dass es Janus war, erfahren sie in der Kanalisation von Hannah, die ebenfalls dort hingelockt wurde. Es herrscht permanentes Misstrauen zwischen der Gruppe und Hannah, denn sie glauben ihr anfangs nicht, dass ein hochintelligenter und psychotischer Killer hinter dem ganzen steckt. Jeder Ort, wo sie hingeführt werden, ertappt sich als Todesfalle, der man nur entkommen kann, wenn man Janus' Rätsel oder Aufgaben löst…

Authentisch ist die Handlung zwar nicht, jedoch gab es schon Stellen, die mir gut gefallen haben und wo ich überrascht wurde. Denn gerade kurz vor Ende wurde ich mit einer Wendung überrascht, die dem Autor gelungen ist. Was diesmal Janus' Ziel war und warum er Köln in Angst und Schrecken versetzt hat, wurde gut umgesetzt. Auch der Schreibstil gefiel mir wieder unheimlich gut, denn durch den lockeren und flüssigen Schreibstil konnte ich den Thriller sehr gut lesen, an den kurzen Kapiteln und den detaillierten Beschreibungen habe ich ebenfalls nichts auszusetzen.

Hauptkommissar Kappler, den ich schon aus dem ersten Band kenne, wurde gut dargestellt. Er tut alles dafür, Janus endlich in die Finger zu bekommen und Hannah zu retten, die er telefonisch nicht erreichen kann. Er stellt schnell eine Verbindung zu der Situation in Köln und Hannahs Verschwinden her, da sie dort bei ihrer Schwester zu Besuch ist. Obwohl Kappler in Köln gar nicht ermitteln darf, gibt er die Suche nach Hannah nicht auf. Auch sein eigenes Leben setzt er dabei aufs Spiel. Er und Hannah, diese Beziehung hat mich etwas verwirrt. Obwohl hier sehr deutlich zu verstehen war, dass diese nur auf freundschaftliche Ebene basiert, hatte ich das Gefühl, dass Kappler sich da in etwas verrannt hat. Seine Sorge um das Opfer Hannah war zwar nachzuvollziehen, doch für mich waren seine Sorgen um die Frau, die seit dem vorherigen Vorfall mit Janus nicht mehr die alte ist, zu extrem. "Stadt des Zorns" kann man gut ohne Vorkenntnisse des Vorgängerbands lesen. Um einige Situationen jedoch besser verstehen zu können, empfehle ich den ersten Thriller zuerst zu lesen. Für mich war das Buch nicht schlecht, jedoch hat mich der Inhalt auch nicht vom Hocker gehauen.

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