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Veröffentlicht am 29.11.2021

Abgründige, beklemmende Weihnachtszeit - absolut fesselnd

SCHWEIG!
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Einen Tag vor Weihnachten besucht Esther ihre jüngere Schwester Sue, die nach ihrer Scheidung allein in einem abgelegenem Haus im Wald lebt. Die Schwestern haben gravierende Probleme im Umgang miteinander, ...

Einen Tag vor Weihnachten besucht Esther ihre jüngere Schwester Sue, die nach ihrer Scheidung allein in einem abgelegenem Haus im Wald lebt. Die Schwestern haben gravierende Probleme im Umgang miteinander, ihr Verhältnis ist von Konflikten geprägt. Zuviel ist in der Vergangenheit passiert, das die Beziehung der beiden stark belastet. Während der Begegnung der Frauen kommen schreckliche Geheimnisse ans Licht und die Situation droht immer mehr zu eskalieren….

Autorin Judith Merchant schreibt angenehm flüssig und mühelos verständlich aus verschiedenen Perspektiven. Im Wechsel schildern Esther und Sue in der ersten Person ihre Sicht der aktuellen Geschehnisse, sie erinnern sich aber auch an zentrale Momente aus der Vergangenheit. Einige Kapitel lassen Esthers Mann Martin zu Wort kommen, allerdings wird hier nicht in der ersten, sondern in der dritten Person erzählt. Auch die Abschnitte um „das Mädchen“ sind in der dritten Person formuliert. Durch die kurzen Kapitel und den häufigen Perspektivwechsel liest sich die Geschichte sehr abwechslungsreich und interessant.
Sehr wirkungsvoll das schlichte Cover mit den überwiegend schwarz-weißen Bäumen, lediglich ein Baum ist rot, was an Blut und Gefahr erinnert und sehr gut zur bedrohlichen Atmosphäre des Buchs passt.

Die Beziehung der Schwestern ist wohl das, was gemeinhin als toxisch bezeichnet wird, alles andere als gesund. Im Laufe der Geschichte kommen immer mehr erschreckende Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht. Anfangs macht es den Eindruck, als sei nur Sue sehr labil und habe immense psychische Probleme, während Esther gefestigt, ausgeglichen und rational wirkt. Doch hier ist nichts, wie es scheint und ich wusste beim Lesen gar nicht mehr, wem ich trauen kann und wer von beiden Schwestern noch unberechenbarer, gefährlicher und wahnsinniger ist. Alle Charaktere haben Leichen im Keller, niemand ist sympathisch. Hier leidet man als Leser nicht mit den Figuren mit, sondern erliegt dem Sog der Geschichte.

„Schweig“ führt die Leserschaft in tiefste menschliche, seelische Abgründe. Die Entwicklungen lassen einen oft schaudern. Was kommt da noch alles ans Tageslicht? Wie endet dieses überaus konfliktgeladene, hochexplosive Treffen? Judith Merchant setzt immer wieder „noch einen drauf“, überrascht mit erstaunlichen Wendungen, schockiert mit jedem weiteren Satz mehr. Die Geschichte ist ausnahmslos fesselnd, die Spannung steigert sich bis zum Finale, das mit einem besonderen Knall aufwartet. Auch wenn „Schweig“ kein klassischer Psychothriller ist, eher eine Mischung aus Familiendrama und Psychogramm, geht es kaum packender. Der Handlung um die kranke, beklemmenden Schwesternbeziehung konnte ich mich nicht entziehen. Ich möchte definitiv noch mehr von dieser Autorin lesen.

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Ein typischer „Bronsky“: Tieftraurig, schräg-komisch, berührend - einfach grandios

Barbara stirbt nicht
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„Seine nächste Idee war, Karin anzurufen und zu fragen, wie man Kaffee kocht. Als Frau musste sie so was wissen.“

Walter Schmidt ist es gewohnt, dass seine Frau Barbara immer da ist und alle Aufgaben ...

„Seine nächste Idee war, Karin anzurufen und zu fragen, wie man Kaffee kocht. Als Frau musste sie so was wissen.“

Walter Schmidt ist es gewohnt, dass seine Frau Barbara immer da ist und alle Aufgaben im Haushalt erledigt. Doch eines Tages fühlt sich Barbara so müde, dass sie nicht mehr aufstehen kann. Wohl oder übel muss Walter nun selbst ran: Kaffee kochen, Frühstück machen, einkaufen…Da es Barbara auch in den nächsten Tagen nicht besser geht, ändert sich Walters Leben von Grund auf. Jeden Tag warten neue Herausforderungen auf ihn, gleichzeitig setzt er sich zwangsläufig mit seinem Leben und der Beziehung mit Barbara auseinander.

Alina Bronsky schildert die Geschichte aus Walters Sicht als auktoriale Erzählerin in der dritten Person. Sie schreibt direkt und klar, in einfachen Sätzen, teils in Umgangssprache. Die Autorin „spricht“ Walters Sprache, formuliert so, wie sich Walter ausdrücken würde, genau so, wie er denkt. Das macht die Geschichte für mich sehr authentisch.

Walter Schmidt, meist im Buch nur bezeichnenderweise Herr Schmidt genannt, ist alles andere als angenehm. Er selbst ist wie Barbara „Zugezogener“ mit osteuropäischen Wurzeln, lehnt aber alles nicht-deutsche erst einmal ab. Er denkt oft rassistisch, frauenfeindlich, stockkonservativ, zeigt sich als ein absoluter Ignorant. Ein Unsympath, der mir im Laufe des Buchs aber dennoch immer sympathischer wurde. Walter kann nicht aus seiner Haut, ist unglaublich unbeholfen und überspielt das mit Selbstbewusstsein, Sturheit und Strenge. Aber die Situation zwingt ihn, sich anzupassen, sich weiter zu entwickeln, Dinge zu tun, die er eigentlich nicht tun will, wie Kochen. Er wertet seine Frau Barbara permanent ab, kritisiert sie als „unscheinbar“ und nicht „robust“, doch es wird immer klarer, wie sehr er sie wirklich braucht und schätzt. Das erstaunt ihn selbst: „Barbara war perfekt, dachte er überrascht.“
Barbara, die wenig aktiv ins aktuelle Geschehen eingreift, ist eine warmherzige, geduldige, mitfühlende, sensible und tolerante Figur. Eine Sympathieträgerin, die im Leben viel geleistet hat und bei anderen sehr beliebt ist.
Das Verhältnis von Barbara und Walter wird klar und nachvollziehbar dargestellt. Wie die „alltägliche Zweck-Beziehung“ der beiden wirklich aussieht, überrascht Walter selbst am allermeisten. Die Autorin hat sich sehr gründlich mit ihren Charakteren auseinandergesetzt und eine interessante, intensive und eindrucksvolle Figurenkonstellation konstruiert.

„Barbara stirbt nicht“ ist ein außergewöhnliches Buch, das nahegeht und zum Nachdenken zwingt. Eine Geschichte, die deprimiert, aber auch gleichzeitig zum Lachen bringt, ist es doch urkomisch und schräg, wie Walter beispielsweise versucht, Kaffee zu kochen. Angesichts Walters Lebensuntüchtigkeit kann man als Leser nur fassungslos staunen und sich fragen, ob man lachen oder weinen soll. Alina Bronsky hat eine tragische Familiengeschichte verfasst und gleichzeitig eine besondere, bodenständige, fast „derbe“, aber tiefgründige Liebesgeschichte. Dass sich während Barbaras Krankheit etwas in Walter bewegt, dass er erkennt, was wirklich wichtig ist, wie er auf seine ganz eigene, unbeholfene Art versucht, Barbara glücklich zu machen, ist rührend. Und je mehr Walter betont, dass Barbara nicht stirbt, sondern gesund wird, desto deutlicher wird, dass er sich etwas vormacht. Manchmal weiß man eben leider erst, was man hat, wenn es zu spät ist. Ein absolut lesenswerter Roman mit unbequemer, streitbarer, herausfordernder Hauptfigur, der mich stark beeindruckt hat. Ein Roman, der Verständnis auch für solche Menschen aufbaut, die nicht den moralischen Ansprüchen der Mehrheit genügen. Vielleicht ist gerade aber das in unserer Gesellschaft besonders wichtig?

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Ein etwas anderes Ritterabenteuer mit drollig-liebenswerter Hauptfigur

Darius Dreizack - Ritterspiele auf Burg Waghalsig
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Der kleine Lindwurm Darius Dreizack erhält eine besondere Einladung, er darf die Ritterschule auf Burg Waghalsig besuchen. Jetzt hat er ganz schön Muffensausen, denn er ist überhaupt nicht geschickt und ...

Der kleine Lindwurm Darius Dreizack erhält eine besondere Einladung, er darf die Ritterschule auf Burg Waghalsig besuchen. Jetzt hat er ganz schön Muffensausen, denn er ist überhaupt nicht geschickt und auch nicht mutig so wie seine Geschwister. Eigentlich will Darius überhaupt kein Ritter werden. Der kleine Lindwurm verabscheut Kämpfe, viel lieber mag er Natur und Ruhe. Mit einem mulmigen Gefühl macht er sich auf den Weg zur Burg. Sofort trifft er auf den geschrumpften, aber selbstbewussten Ziegenbock Rüdiger von Hirtenkäse und Hüttenquark und kurz darauf auf Lonnhilde, genannt Lonni. Gemeinsam versuchen die drei auf Burg Waghalsig zu bestehen. Ob sie in 33 Tagen bereit für die ersten Ritterspiele sind?

Antje Szillat schreibt kindgemäß, gut verständlich und mit viel Wortwitz. Vor allem ihrer Figur Rüdiger legt sie immer wir sehr komische Ausdrücke wie „Schangedön“ oder den coolen Gruß „Bonschlonzo“ in den Mund. Beim Vorlesen machen diese Formulierungen besonders Spaß.
Susanne Göhlichs zahlreiche bunte, niedliche und motivierende Bilder ergänzen die Geschichte perfekt. Ihre Figuren muss man einfach mögen, sie sehen sehr drollig aus. Auf dem Vorsatzpapier ist eine Umgebungskarte von Burg Waghalsig abgedruckt. So können sich die Leser den Schauplatz der Handlung gleich besser vorstellen.
Die Kapitel haben eine „lesefreundliche“ Länge, für uns nicht zu lang und nicht zu kurz.
Zum Vorlesen eignet sich das Buch für Zuhörer ab fünf Jahren.

Mit Darius werden sich zurückhaltende, ängstliche Kinder sicher prima identifizieren können. Der kleine Lindwurm ist nett, höflich, freundlich, rücksichtsvoll und überhaupt nicht abenteuerlustig und draufgängerisch.
Schrumpfziegenbock Rüdiger ist wesentlich kleiner als Darius, sein Selbstbewusstsein ist aber so groß, dass es dicke für zwei reicht. Mit seiner lustigen Sprache sorgt er immer wieder für Schmunzler. Die dritte im Bunde ist Lonni, eine Mischung aus Rüdiger und Darius, sie zeigt sich aufgeweckt und offen für Herausforderung, aber gleichzeitig auch empathisch und verständnisvoll. Auf Burg Waghalsig treffen ziemlich viele originelle Figuren aufeinander: Trolle, ein- bis siebenköpfige Drachen, Kobolde oder Zentauren. Eine phantastische Gruppe!

Wird es Darius allen beweisen und schafft er die Zulassung zu den Ritterspielen?
Bis zu den Spielen vergeht eine aufregende, turbulente Zeit mit viel Training. Am Ende wartet eine besondere Überraschung auf Darius und die kleinen Leser.
„Darius Dreizack - Ritterspiele auf Burg Waghalsig“ ist nicht nur eine lustige, vor allem zum Ende hin spannende Geschichte, das Buch wartet auch mit einer schönen Botschaft auf: Rittersein bedeutet nicht nur Mut, Tapferkeit und Abenteuer. Echte Ritterlichkeit zeigt sich auch durch „Tugenden“ wie Freundlichkeit, Bescheidenheit, Rücksichtnahme und Empathie. Darius Dreizack ist eine phantasievolle, mitreißende Freundschaftsgeschichte mit liebenswerten, originellen Figuren, viel Wortwitz und gelungenen Illustrationen. Ein Buch für alle kleinen und großen Drachen- und Ritterfans, die manchmal mutig sind und manchmal auch Angst haben.

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Veröffentlicht am 29.10.2021

Weihnachten in Sommerby - ein Schneesturm, allerhand Aufregung und echtes Weihnachtsgefühl

Sommerby 3. Für immer Sommerby
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„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. ...

„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. Ich bin wieder hier!, denkt Martha. Ich bin tatsächlich wieder hier!“

Weihnachten in Sommerby! Mats, Mikkel und Martha freuen sich riesig, dass sie mit ihren Eltern die Feiertage bei Oma Inge verbringen dürfen. Doch Ruhe und Besinnlichkeit wollen sich zunächst nicht einstellen. Die Nachricht, dass die Steuermannsinsel verkauft werden soll, trübt das Glück. Was soll da nur mit Aylin, Enes und Dilara werden? Dann beginnt es auch noch zu schneien. Und zwar ziemlich heftig, Sommerby versinkt unter einer tiefen Schneedecke, es ist kein Durchkommen mehr. Dass so ein Schneesturm auch große Gefahr bedeutet, müssen Mikkel und Mats am eigenen Leib erfahren….

Kirsten Boie erzählt klar, direkt und kindgemäß, sie wechselt immer wieder die Perspektive, schreibt mal aus Mats, mal aus Mikkels, mal aus Marthas Sicht, gibt dann die Gedanken und Gefühle der Kinder wieder. Dabei formuliert sie so, wie Kinder eben reden. Der Sprachstil mag am Anfang gewöhnungsbedürftig sein, enthält er doch viele umgangssprachlichen Ausdrücke, er wirkt aber sehr authentisch. Die Geschichte lässt sich flüssig vorlesen. Auch wenn die Leser nicht direkt angesprochen werden, hatten meine Kinder und ich beim Lesen doch das Gefühl, dass die Geschichte nur für uns persönlich erzählt wird, als würden die Hauptfiguren exklusiv für uns das Geschehen schildern und immer wieder zusätzliche Erklärungen liefern, damit wir uns auch wirklich „mitten drin“ in der Handlung fühlen können.
Die hübsch gezeichneten Vignetten von Verena Körting am Anfang der Kapitel zeigen idyllische kleine Winter- und Weihnachtsmotive, strahlen Gemütlichkeit aus und versetzen in Weihnachtsstimmung.
Das Buch richtet sich an Leser aller Altersgruppe, ein Familienbuch. Da die Kapitel recht umfangreich sind und die Schrift normal groß gedruckt ist, eignet sich das Buch für Selberleser ab zehn Jahren. Aber auch jüngere Kinder werden beim Vorlesen Freude an der Geschichte haben. Sie werden sich allerdings eher für Mats und Mikkels Erlebnisse als für Marthas Gefühlschaos interessieren.

Die besonderen Charaktere machen die Sommerby-Reihe aus. Jeder Leser, je nach Alter, wird seine persönliche Lieblingsfigur finden. Da sind zunächst Mats und Dilara, die sich sehr gerne mögen, aber dennoch immer streiten müssen, was uns wiederholt zum Schmunzeln brachte. Die beiden erinnern fast an ein altes Ehepaar. Beide sind selbstbewusst, frech und aufgeweckt. Mikkel ist ein typisches Sandwichkind, so feinfühlig und rücksichtsvoll. Er hat ein großes Herz für alle, vor allem für Tiere, kann aber auch richtig wütend werden. Martha ist klug, kann gut einschätzen, was in anderen vorgeht. Sie bringt die Dinge oft auf den Punkt, scheint aber manchmal auch recht naiv. Martha steckt mitten in der Pubertät und im Gefühlschaos, sie weiß nicht genau, was sie gerade fühlt. Sie kümmert sich oft rührend um ihre kleinen Brüder, Mats und und Mikkel können sich immer auf Martha verlassen, auch wenn die typischen Geschwisterkabbeleien natürlich nicht ausbleiben. Und dann ist da natürlich die pragmatische Oma Inge, die stets zupackt und manchmal recht harsch und burschikos wirkt, aber ihre Enkel sehr liebt und das Herz am rechten Fleck hat. Mit ihrer Tochter Leonie gibt es einige grundlegende Konflikte, aber Inge zeigt sich durchaus lernfähig und kompromissbereit. Über ihren Schatten zu springen, fällt ihr allerdings schwer, weil sie genauso stur sein kann, wie ihre Tochter.


Da ist es wieder dieses ganz besondere Sommerby-Gefühl: Abenteuer und Aufregung und einerseits und eine ganz eigene Gemütlichkeit und ein spürbarer Zusammenhalt andererseits. In Sommerby werden Traditionen hochgehalten, es wird noch Plattdeutsch gesprochen. Am Ende gibt es sogar ein Glossar wichtiger Ausdrücke aus dem Plattdeutschen, was uns gut gefallen hat. Sommerby ist wie eine andere Welt, in Sommerby ticken die Uhren anders, die Natur spielt eine viel größere Rolle als in der Stadt, die Kinder erleben den Alltag hier viel intensiver. „Für immer Sommerby“ ist ein wunderbar weises Buch, in dem so viel steckt: erste Liebe, Gefühlschaos und Erwachsenenwerden. Es geht zudem um Freundschaft und Familie, um ganz verschiedenartige Beziehungen. Besonders das schwierige, konfliktbehaftete Verhältnis zwischen Mutter Inge und Tochter Leonie wird sehr realistisch dargestellt. Während die konservative Inge sparsam lebt, Traditionen pflegt, Kindern viel Eigenverantwortung übertragt und ihr Lametta seit Jahren aufhebt, geht Städterin Leonie mit der Zeit, braucht Internet, findet Veränderungen und Neues wichtig und notwendig und traut ihren Kindern oft wenig zu. Da treffen zwei sehr unterschiedliche Einstellungen aufeinander.
Aber Weihnachten ist die Zeit aufeinander zuzugehen. Und beide Frauen nähern sich auf leise, sachte Weise einander an. Auch der dritte Sommerby-Band war für uns wie Urlaub, eine perfekte Weihnachtsgeschichte, die daran erinnert, worum es an Weihnachten wirklich geht: Gemeinschaft, Liebe, Familie. Sommerby ist Glück zum Lesen. Diese Reihe können wir jedem, der manchmal mehr „Hygge“ im Leben braucht, nur empfehlen. Und wer braucht das nicht?

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Veröffentlicht am 18.10.2021

James Bond trifft auf Sherlock Holmes: Malvina ist zurück - ein fulminantes Krimi-Grusel- Abenteuer

Malvina Moorwood (Bd. 2)
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„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten ...

„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten für den neuen Pool wird ein Skelett gefunden und Opa Moorwood gerät unter Mordverdacht. Doch anstatt die Sache aufzuklären, macht sich Opa kurzerhand aus dem Staub. Also ist es Malvinas und Toms Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf noch mehr Geheimnisse, wie ein unheimliches Gedicht oder eine dubiose Männervereinigung. Die beiden schlittern in ein unglaubliches Abenteuer und schweben dabei nicht nur einmal in großer Gefahr.

Autor Christian Loeffelbein schreibt lebendig und für Kinder klar und gut verständlich aus Malvinas Sicht. Der aussagekräftige und authentische Erzählstil macht es der Leserschaft leicht, sich sofort ins Geschehen hineinzuversetzen. Julia Christians Bilder passen sehr gut zur Handlung. Die Illustrationen stellen manche Szenen und wichtige Gegenstände der Handlung dar, die gezeichneten Figuren sehen charakteristisch und originell aus und zeigen deutlich, was sie fühlen. In der Dunkelheit oder unter der Erde sind die Illustrationen weniger hell, vereinzelt sind ganze Seiten gräulich oder fast schwarz gefärbt, das schafft auch äußerlich eine besondere, düstere Atmosphäre.
Die Kapitel sind recht umfangreich, die Schrift ist nur minimal größer gedruckt als gewöhnlich. Die Geschichte eignet sich für Jungen und Mädchen ab neun Jahren, die im Lesen geübt und ausdauernd sind.

Malvina Moorwood bleibt sich auch im zweiten Band treu. Sie ist neugierig, aufgeweckt und reagiert spontan aus dem Bauch heraus. Mitunter kann sie ziemlich patzig werden, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht. Malvina glaubt im Gegensatz zu ihrem Freund Tom durchaus an Übersinnliches und Geister. Tom ist eher rational und dabei so clever, dass er fast jedes Rätsel knackt. Auf Tom kann Malvina jederzeit zählen, für sie lässt er alles stehen und liegen. Einen so zuverlässigen und treuen Freund wie Tom wird sich wohl jedes Kind wünschen.
Auch Malvinas bunte Familie ist wieder mit von der Partie: Opa, der vielleicht Dreck am Stecken hat, Tante Frieda mit ihrem Hang zum Spiritismus, Mama, die sich nach einem Leben in London sehnt, Papa, der sich heimlich mit einer fremden Frau eine Portion Tortellini teilt, die handysüchtigen Zwillinge Amalia und Georgina und Bruder Tristan, der im Reiten leider nicht ganz so talentiert ist wie sich sein Vater das wünscht. Auch Toms Vater, der Polizist Mr. Baxter, greift ins Geschehen ein, diesmal aber mit weniger Tomatenwitz. Hinzu kommen einige alte Männer, die mehr wissen oder nicht und ein ganz schön merkwürdiger, furchteinflößender dünner Mann. Ziemlich viele Figuren mit Geheimnissen….

Ist Opa wirklich ein Mörder? Was hat er noch zu verbergen? Tom und Malvinas Ermittlungen sind unheimlich spannend, stellenweise so gar nichts für schwache Nerven: Grusel, Gefahr und Geheimnisse, wo sie hinkommen und dabei ähnlich viel Action wie bei James Bond. Außerdem müssen Malvina und Tom so genau beobachten wie Sherlock Holmes und dabei ihre grauen Zellen ganz schön anstrengen. „Malvina Moorwood- Das Skelett im Schlossgarten“ ist ein schräges, phantasievolles, turbulentes und ziemlich witziges Krimiabenteuer zum Gruseln und Rätseln. Trotz fast satirischer Anspielungen auf verschiedene Genres, die auch Erwachsenen Spaß machen, hat das Buch seinen ganz eigenen individuellen Mix und Charme. Leichtfüßig werden auch Probleme wie Vorurteile, Gerüchte und psychische Erkrankungen thematisiert. Wer es humorvoll, aufregend und ein bisschen geisterhaft mag, wird die Reihe um Malvina Moorwood lieben, auch wenn die Hauptfigur durchaus ihre Fehler hat. Meine Kinder und ich sind jetzt noch größere Fans geworden und freuen uns schon auf die nächsten Herausforderungen für Malvina und Tom.

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