Anonym unterwegs im World Wide Web
CreepPhilipp Winklers dritter Roman „CREEP“ begleitet zwei junge Menschen, die sich mehr in ihrer digitalen Welt zuhause fühlen denn im normalen Leben.
Fanny arbeitet bei BELL in der Entwicklungsabteilung, ...
Philipp Winklers dritter Roman „CREEP“ begleitet zwei junge Menschen, die sich mehr in ihrer digitalen Welt zuhause fühlen denn im normalen Leben.
Fanny arbeitet bei BELL in der Entwicklungsabteilung, deren Überwachungskameras vermeintlichen Schutz vor Einbrechern und dgl. versprechen. Dafür bleibt die Privatsphäre auf der Strecke. Während Fanny in Deutschland Leute in ihrem Zuhause beobachtet, aus der Ferne an deren Leben teilnimmt, kapselt sich Junya im fernen Japan von der Außenwelt ab, schleicht sich dann aber nachts in böser Absicht in fremde Wohnungen. Auch er lebt im Netz, das Darknet ist ihm sehr vertraut.
Das World Wide Web ist allgegenwärtig, wir geben sehr viel Privates preis ohne darüber nachzudenken, dass es da draußen, in dieser wundervollen vernetzten Welt, sehr viel Düsternis gibt. Das moderne Kommunikationsmittel verbindet, setzt aber gleichzeitig zerstörerische Kräfte frei. Wollen wir wirklich ob der vermeintlichen Sicherheit die Totalüberwachung? Big Brother (und nicht nur er) is watching you.
Creep ist die alles verschlingende Pflanze, Creeper sind diejenigen, die sich der modernen Technik bedienen, anonym in das Leben der anderen eindringen. Philipp Winkler schärft mit seinem Roman den Blick, zeigt deutlich die Schattenseiten auf.
Was mich gleich so richtig genervt hat, war das verbissene Gendern. Zum einen ist der Lesefluss extrem gestört und zum anderen mag ich dieses Gutmenschentum überhaupt nicht. Unsere Sprache wird total verhunzt, egal ob in geschriebener oder in gesprochener Form. Sprache muss wachsen, sie verändert sich immer und das ist auch gut so. Aber nicht so - per Verordnung einzelner.
Richtig gut gefällt mir hingegen das Cover. Die dominante Schrift, die sich ins Dunkle so richtiggehend einbrennt - perfekt in Szene gesetzt.
Creep überspitzt unseren täglichen Konsum und das Bedürfnis, immer ein Stück weiter vorzudringen. Es ist ja so einfach, man ist nur einen Klick vom nächsten Kick entfernt. Fanny und Junya sind mir während des Lesens nicht sehr nahe gekommen, vor allem Junyas agieren war schon sehr befremdlich. Wie weit wollen wir gehen, wie viel von uns preisgeben?
Zwei Verlierer, gefangen im Netz, im dem alles möglich scheint. Durchaus nachvollziehbar, das Gendern hat viel verdorben.