Das wohl bekannteste bürgerliche Trauerspiel
Emilia GalottiDer Prinz hat ein Auge auf die bürgerliche Emilia Galotti geworfen, ohne zu ahnen, dass diese bereits vergeben ist. Dies erfährt er erst, als es schon fast zu spät ist. Es ist der Tag der Hochzeit zwischen ...
Der Prinz hat ein Auge auf die bürgerliche Emilia Galotti geworfen, ohne zu ahnen, dass diese bereits vergeben ist. Dies erfährt er erst, als es schon fast zu spät ist. Es ist der Tag der Hochzeit zwischen Emilia und dem ihr Angetrauten. Doch auf dem Weg zur Eheschließung fallen die beiden einem vom Prinzen inszenierten Komplott zum Opfer und Emilia Galottis Zukünftiger stirbt. Als Emilias Vater davon erfährt, beschließt er, den Prinzen zu ermorden, richtet letztendlich aber seine eigene Tochter, um deren Ehre zu schützen.
Von vorne herein sei gesagt, dass ich ein großer Fan des bürgerlichen Trauerspiels bin, auch wenn diese meist im 21. Jahrhundert ihre Aktualität verloren haben. Das merkt man auch sehr stark bei diesem Werk von Lessing. Rückwirkend mag "Emilia Galotti" in seiner Entstehungszeit, den 1770er Jahren als politisches Mittel im Kampf gegen die übermächtige Herrschaft der Fürsten und die damaligen Ständekonventionen gut funktioniert haben. Allerdings hat ein junges Mädchen, dass freiwillig den Tod wählt, damit ihre Jungfräulichkeit und ihre Ehre geschützt bleiben, nicht mehr viel mit der Realität zu tun. Trotzdem ist und bleibt das Trauerspiel spannend. Tragik und das Bewusstsein darüber, dass mindestens eine:r der Protagonist:innen am Ende den Freitod wählen wird, drängen dazu weiterzulesen. Auch kann mich Lessing mit seiner Sprache überzeugen. Die Dialoge wirken keineswegs angestaubt und veraltet und machen beim Lesen immer noch Spaß. Kritik muss ich allerdings auch an den Protagonist:innen, allen voran Emilia Galotti, üben. Diese sind in meinen Augen wahrlich keine Sympathieträger:innen. Emilia war mir zu naiv und obwohl sie klug und intelligent gewirkt hatte, konnte ich ihr Handeln nicht immer nachvollziehen. Im Übrigen muss ich sagen, dass mich das Werk von den Figuren und der Handlung sehr stark an "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller erinnert. Der Vater, der meint alles besser zu wissen, die naive Tochter und der böse Handlanger, der am Ende alle Schuld in die Schuhe geschoben bekommt.
Wie dem auch sei, habe ich mich gut unterhalten gefühlt und kann Lessings Werk von Herzen weiterempfehlen, da es einen anschaulichen Einblick in den Geist und das Denken des 18. Jahrhunderts gibt.