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Veröffentlicht am 20.12.2021

Historisch sehr gut recherchierte und emotionale Geschichte

Eine Bibliothek in Paris
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„Ich lebe, um zu lesen.“ (S. 31) könnte auch von mir stammen, denn ich wollte nie etwas anderes als Bibliothekarin werden. Odile geht es 1939 ebenso. Sie hat die Bibliotheksschule abgeschlossen und bekommt ...

„Ich lebe, um zu lesen.“ (S. 31) könnte auch von mir stammen, denn ich wollte nie etwas anderes als Bibliothekarin werden. Odile geht es 1939 ebenso. Sie hat die Bibliotheksschule abgeschlossen und bekommt eine Stelle an der Amerikanischen Bibliothek (ALP). Bald fühlt sie sich dort wohler als zu Hause. Die Mitarbeiter sind wie eine kleine Familie, man weiß einiges voneinander und den Nutzern, empfiehlt sich Bücher passend zur Stimmung oder Lebenslage.
Doch mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges ändert sich vieles. Immer mehr junge Männer werden einberufen, Odiles Zwillingsbruder Rémy meldet sich sogar freiwillig. Ohne ihr „Gegenstück“ fühlt sie sich oft einsam und verloren, wären da nicht ihre große Liebe Paul und die neue Aufgabe der ALP. Sie richten einen „Soldier´s Service“ ein, schicken Bücherkisten in Lazarette und an die Front, um den Soldaten mithilfe von Literatur Fluchten aus dem grausamen Alltag zu bieten.
Doch dann besetzen die Deutschen Paris besetzen und mischen sich auch in den Bibliotheksalltag ein. Gewisse Bücher dürfen nicht mehr ausgeliehen werden – und gewisse Leute die Bibliothek nicht mehr nutzen. Also beschließen die Mitarbeiter, diesen Ausgeschlossenen die Bücher nach Hause zu bringen … „Bücher auszuliefern wird unser Akt des Widerstandes.“ (S. 281)

Montana 1983: Obwohl Odile schon seit 1945 in dem kleinen Örtchen Froid lebt, wird sie immer noch als Kriegsbraut und Fremde bezeichnet. Sie ist Witwe und lebt extrem zurückgezogen, fällt aber durch ihren französischen Akzent, die schicke Kleidung und das gekonnte Makeup auf. Für Lily, die 12jährige Nachbarstochter, macht sie das sehr interessant. Unter dem Vorwand, einen Schulaufsatz über Paris zu schreiben, kann sie Odile überreden ihr von früher zu erzählen … „Im Krieg sind Dinge passiert, über die keiner spricht, die so beschämend sind, dass wir sie in einem geheimen Friedhof vergraben und dann die Gräber für immer sich selbst überlassen haben.“ (S. 456)

„Eine Bibliothek in Paris“ zeigt ein sehr persönliches Bild von Paris und seinen Bewohner zur Besatzungszeit anhand vieler bewegender Einzelschicksale. Die Versorgungslage wird immer schlechter, die Menschen immer dünner, die anonymen Anzeigen immer schlimmer. Trotzdem hilft man sich, versorgt oder versteckt jüdische Mitbürger, leiht weiter verbotene Bücher aus. Man fragt nicht nach, woher der andere z.B. dringend benötigte Lebensmittel oder Medikamente hat, macht ihm dann nach Kriegsende aber Vorwürfe, dass mit den Deutschen fraternisiert wurde. Mir gefällt, dass alle Protagonisten Fehler oder Schwächen haben, niemand glorifiziert wird.

Odile stammt aus gutem Haus und soll nach dem Willen ihrer Eltern bald heiraten. Ihr Vater, ein Polizeikommissar, stellt ihr jeden Sonntag einen anderen, in seinen Augen passenden, Untergebenen vor und ihre Mutter hat ihre Aussteuer längst beisammen. Zwischen dem Polizisten Paul und ihr funkt es auch wirklich, aber heiraten will sie so schnell nicht – schon gar nicht während des Krieges und ohne ihren Zwillingsbruder.
Zu Beginn ist sie noch recht jung und unerfahren. Für sie sind die Dinge entweder Schwarz oder Weiß, die leisen Zwischentöne und Abstufungen im Zwischenmenschlichen muss sie erst lernen. Trotzdem hat sie mich sehr beeindruckt und ich habe sie für ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen bewundert.
40 Jahre später ist Odile immer noch eine Frau mit Vorbildfunktion. Sie hilft Lily (mithilfe von Büchern) beim Erwachsenwerden und findet dadurch selber zurück ins Leben. Das ist zwar sehr berührend, hat für mich aber mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun und ich hätte den zweiten Strang als Rahmenhandlung nicht gebraucht. Wobei mir die Parallelen zwischen dem kalten Krieg, der die Welt damals in Atem hielt, und dem 2.Wk gut gefallen haben.

4 Sterne und meine Leseempfehlung für diese historisch sehr gut recherchierte und emotionale Geschichte.

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Veröffentlicht am 07.12.2021

Sieben Sommersprossen

Sommersprossen – Nur zusammen ergeben wir Sinn
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„Manchmal wäre es leichter, ein Mensch zu sein, wenn es keine anderen Menschen gäbe.“ (S. 121) Allegra knüpft nur schwer Freundschaften. Ihre Mutter hat sie direkt nach der Geburt beim Vater zurückgelassen ...

„Manchmal wäre es leichter, ein Mensch zu sein, wenn es keine anderen Menschen gäbe.“ (S. 121) Allegra knüpft nur schwer Freundschaften. Ihre Mutter hat sie direkt nach der Geburt beim Vater zurückgelassen und ist verschwunden. Der Musikprofessor hat sie überwiegend allein aufgezogen, gilt als verschroben und hat sie seine Sicht der Dinge gelehrt, ihr die Augen für die Kleinigkeiten im Leben und die Wunder der Natur geöffnet. Besonders die Sterne am der Nachthimmel faszinieren sie, denn sie hat zwar die Haare und Hautfarbe ihrer spanischen Mutter geerbt, aber auch die unzähligen Sommersprossen ihres irischen Vaters. Auf ihrem linken Arm bilden sieben von ihnen den perfekten großen Wagen. „Ihre Gegenwart war tröstlich. Ich trug sie wie eine Rüstung.“ (S. 13) Als Kind hat Allegra die Punkte nur mit dem Finger verbunden, dann mit Stiften, später mit spitzen Gegenständen – tiefe Narben bilden jetzt das Abbild des Sternbildes. Wenn sie nervös oder einsam ist oder Kummer hat, zieht sie sie unablässig nach.

Sommersprossen heißen auf englisch Freckles – ihr Spitzname seit der Kindheit. Wenn man es im Deutschen falsch ausspricht, klingt es nach Freak – und genau so fühlt sich Allegra oft. Sie braucht ihre tägliche Routine, das fängt beim immer gleichen Frühstück an und setzt sich auf ihrer Runde fort (sie kontrolliert als Hilfspolizistin die Parkzettel von Autos). Wenn diese Routine gestört wird, verliert sie den Halt und die Kontrolle über ihr Leben.

„Es heißt, jeder Mensch ist eine Mischung der fünf Leute, mit denen er oder sie die meiste Zeit verbringt. Spricht nicht gerade für ihren Umgang, oder? Der hier ihr Kollege ist wohl einer davon. Ich frage mich, wer die anderen vier Versager in Ihrem Leben sind.“ (S. 66) So wird sie eines Tages vom Fahrer des gelben Ferrari beschimpft, der schon wieder keinen Parkschein gezogen hat. Dieser Spruch bringt sie aus dem Takt, denn sie muss feststellen, dass sie nur eine einzige Person benennen kann – ihren Vater. Sie hat in Dublin keine Bekannten, keinen Partner, nur Kollegen und belanglose One-Night-Stands. Oft geht sie mit Hobby-Künstlern ins Bett, denen sie vorher nackt Modell gestanden hat.

Aber Allegra ist kein Freak, sondern auf der Suche nach Antworten, ihren Wurzeln, ihrer Mutter. Warum hat die sie verlassen? War sie nicht gut genug? Nicht liebenswert? Allegra ist extra nach Dublin gezogen, um sie endlich kennenzulernen, traut sich aber nicht, sie auch anzusprechen. Die Frage nach den 5 Leuten macht ihr klar, dass sie ihrem Leben endlich eine neue Richtung und einen Sinn geben muss.

„Sommersprossen“ ist ein sehr leises, berührendes Buch, das traurig macht und zum Nachdenken anregt. Allegra ist keine sympathische, angepasste Protagonistin, dazu ist sie zu ruppig, eckig und kantig und ihr Alkohol- und Männerverschleiß zu bedenklich. Aber ihre Suche nach Halt und die poetische Sprache gehen ans Herz. Besonders ergreifend fand ich die Bilder der Künstler, die ein Spiegel des jeweiligen Zustandes ihrer Seele waren.

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Veröffentlicht am 01.12.2021

Das Haus der traurigen Frauen

Das Erbe der Blumenmalerin
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… wird das kleine Häuschen am Leuchtturm auf den Klippen von Madeira genannt, weil es den Bewohnerinnen, den Frauen der Familie Lanston, in allen Generationen Unglück zu bringen scheint.
1928 wird die ...

… wird das kleine Häuschen am Leuchtturm auf den Klippen von Madeira genannt, weil es den Bewohnerinnen, den Frauen der Familie Lanston, in allen Generationen Unglück zu bringen scheint.
1928 wird die Blumenmalerin Amelia dorthin abgeschoben, weil sie und ihre Schwester den gleichen Mann lieben.
1955 lebt Emma mit ihrer kleinen Tochter Grace hier. Sie ist verwitwet und das Geld wird immer knapper.
2012 sucht Laura dort Zuflucht. Auch sie hat vor kurzem ihren Mann verloren und damit den Halt im Leben. Schon immer haben die Zeichnungen ihrer Vorfahrin Amelias sie fasziniert und sie hofft, auf Madeira mehr über sie zu erfahren. Als sie in den Klippen eine Schatulle mit Briefen entdeckt, kommt sie einem ungeheuerlichen Familiengeheimnis auf die Spur, die sie zurück in ihre Heimat Cornwall führt …

Was gibt es besseres, als sich in diesen Zeiten und bei diesem Wetter auf eine schöne Insel zu träumen. Christiane Lind macht es ihren Leserinnen leicht, Madeira dank der farbenfrohen Beschreibungen förmlich vor sich zu sehen, die salzige Meeresluft im Gesicht und die rauen Felsen unter den Füßen zu spüren. Sie nimmt uns mit auf eine Reise durch fast 100 Jahre und 3 Generationen der Familie Lanston, vom Familiensitz Tristyans Manor in Cornwall über Madeira bis nach Paris und Amerika.
Doch nicht nur Madeira scheint den Frauen der Familie kein Glück zu bringen, auch in England lauern unglückliche Schicksale und dunkle Geheimnisse. Und nicht immer macht uns das, was wir uns wünschen, am Ende auch wirklich glücklich.

Amelia, Emma und Laura sind starke, selbstbewusste Frauen, die aus ihren Familien ausgebrochen sind, weil sie nicht so leben wollten, wie es für sie vorgesehen war, und Männer gewählt haben, die ihre Eltern nicht befürworteten. Sie sind ihren eigenen Weg gegangen, auch wenn der nicht immer leicht und oft mit großen Verlusten und Verzicht verbunden war.

Ich bin gern mit Laura auf die spannende Suche nach den zum Teil traumatischen Erlebnissen ihrer Vorfahrinnen gegangen, nur die die vielen Personen und Zeit- bzw. Ortssprünge waren etwas gewöhnungsbedürftig – mein Tipp, legt Euch beim Lesen einen Stammbaum an. Und auch wenn es mir an einigen Stellen etwas zu viel Drama war, kann ich „Das Erbe der Blumenmalerin“ allen Fans spannender Familiengeheimnisse empfehlen.

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Veröffentlicht am 15.11.2021

Das gallische Dorf

Rue de Paradis
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„… es ist ein Sturm. Ein fieser Sturm, sonst nichts. Wir haben schon schlimmere Sachen überstanden. … Wir schaffen das.“ (S. 14) sagt Philippe Deschamps, der Bürgermeister des kleinen Örtchens am Cap Ferret, ...

„… es ist ein Sturm. Ein fieser Sturm, sonst nichts. Wir haben schon schlimmere Sachen überstanden. … Wir schaffen das.“ (S. 14) sagt Philippe Deschamps, der Bürgermeister des kleinen Örtchens am Cap Ferret, in einer verhängnisvollen Nacht im März, als er das Dorf eigentlich evakuieren lassen soll. Aber dann würde herauskommen, dass die Häuser in der Rue de Paradies illegal in der Naturschutzzone gebaut wurden und er das möglich gemacht hat. Die Sturmflut lässt die Düne brechen und überflutet das Gebiet. Eine ältere Bewohnerin ertrinkt.
Mühsam bauen die Einwohner alles wieder auf. Doch ein halbes Jahr später kommt der Schock – auf Anweisung des Innenministeriums sollen alle Häuser in der Rue de Paradies abgerissen werden. Die Gefahr ist zu groß, dass sie bei der nächsten Sturmflut wieder absaufen. Alle Häuser? Nein, das des Bürgermeisters darf bleiben, weil es weiter oben steht. Die Emotionen kochen hoch. Commissaire Luc Verlain soll vermitteln und sie zur freiwilligen Umsiedlung überreden. Da kommt wieder ein Sturm auf, die Düne bricht ein weiteres Mal und der Bürgermeister wird ermordet. Abgeschnitten von der Außenwelt und auf sich allein gestellt, beginnt Luc noch in der Nacht, den Mord aufklären. Schnell stellt fest, dass der Tote viele Feinde hatte …

Alexander Oetker hat es geschafft, von Beginn an eine extrem dichte und bedrückende Atmosphäre zu schaffen und den Krimi in ein Kammerspiel zu verwandeln. Das liegt zum einen an der Lage des kleinen Örtchens, am Ende des Cap Ferret, zwischen dem Bassin d'Arcachon und dem Atlantischen Ozean. Und zum anderen an der Sturmflut, bei der man sofort die Bilder des Ahrtals vor Augen, die alles vernichtenden Wasser- und Schlammlawinen. Dann wird Luc zusammen mit den letzten Bewohnern auf engstem Raum eingeschlossen, das Wasser steigt, der Strom fällt aus, das Handynetz bricht zusammen. Von den ersten Gesprächen weiß er, dass alle ein Hühnchen mit dem Bürgermeister zu rupfen hatten. Er hatte ihnen gedroht, ihre dunkelsten Geheimnisse zu verraten, wenn sie nicht freiwillig gehen wollten. Und er wusste alles! Deschamps war ein smarter Typ, ein Menschenfänger der sein Gegenüber überzeugen oder einlullen konnte und damit erpressbar machte. Aber wer von ihnen hat jetzt die Nerven verloren oder die Gunst der Stunde genutzt, um ihn loszuwerden?

„Rue de Paradies“ ist bereits der fünfte Teil der Luc-Verlain-Reihe von Alexander Oetker, kann aber unabhängig von den ersten Bänden gelesen werden – wobei ihr da was verpassen würdet. Und obwohl ich diesmal relativ früh einen Verdacht bzgl. des Täters und Motivs hatte, hat es mich so gefesselt, dass ich das Buch am Stück bis kurz vor Mitternacht ausgelesen habe.
Neben dem wirklich spannenden Fall machen auch das gelungene Setting, die raue Küstenlandschaft, die landestypischen Gerichten und passenden Weine diese Reihe so perfekt für einen kriminellen Ausflug an Frankreichs Atlantikküste.

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Veröffentlicht am 13.11.2021

Die heimliche Königin Schwedens

Selma Lagerlöf - sie lebte die Freiheit und erfand Nils Holgersson
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„… wenn ich schreibe, dann passt zwischen die Welt und mich kein Blatt, dann bin ich nur noch eine dienende Hülle meiner Gedanken.“ (S. 32)
Selma Lagerlöf war eine Frau voller Widersprüche. Mit den Märchen, ...

„… wenn ich schreibe, dann passt zwischen die Welt und mich kein Blatt, dann bin ich nur noch eine dienende Hülle meiner Gedanken.“ (S. 32)
Selma Lagerlöf war eine Frau voller Widersprüche. Mit den Märchen, Sagen und Legenden ihrer schwedischen Vorfahren aufgewachsen, liebt sie alles Mystische und glaubt an die Trolle und Feen ihrer Heimat. Trotzdem strebt allem Neuen und Modernen zu, setzt sich für eine bessere Schulbildung, die Gleichberechtigung und das Frauenwahlrecht ein und liebt die Annehmlichkeiten moderner Technik. Sie war ein Vorbild für viele Frauen jeder Altersklasse und aus aller Herren Länder, erhielt und schrieb unzählige Briefe und unterstützte zeitlebens nicht nur ihre eigene Familie, sondern auch Freunde, Bekannte, ihre Angestellten und Bittsteller.

Charlotte von Feyerabend zeigt in ihrem Buch viel von Selmas privater Seite. Man kann ihr förmlich ins Herz und Hirn sehen, ist bei den Entstehungsprozessen ihrer berühmtesten Werke dabei und den Dramen, die die beiden Frauen ihres Lebens mit- und gegeneinander ausfechten.
Selma war schon immer anders, hielt sich nie für hübsch, wollte bereits als Kind ein Mann sein, der schöne Frauen lieben darf, und hinkte (wahrscheinlich aufgrund einer Kinderlähmung). Doch sie hat sich deswegen nie einschränken lassen, machte ihr Leben lang Gymnastik, reiste viel und las alles, derer sie habhaft werden konnte, um sich universell zu bilden.

„Kontrolle war eins ihrer Lebensmottos, neben dem starken Willen und dem Fleiß.“ (S. 13) Die Autorin zeichnet das Bild einer pflichtbewussten und disziplinierten Frau voller Träume und Ideen, die um ihre Unabhängigkeit von Männern und ihrem Brotberuf (sie war Lehrerin) kämpfte. Sie zeigt Selmas Ringen um Ideen und Anerkennung – auch monetäre (!), denn sie muss immer wieder auf ihr (Urheber-)Recht und eine angemessene Bezahlung drängen.
Auch die Dreiecksbeziehung zwischen Selma und ihren beiden Gefährtinnen wird sehr respektvoll beschrieben, obwohl da wohl ganz schön die Fetzen geflogen sind. Ich habe Selma für ihren Mut bewundert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten (Geld, gesellschaftliche Normen etc.) so zu leben, wie sie wollte. Zudem hat mich fasziniert, dass sie es wirklich geschafft hat, dass vom Vater durch Schulden verlorene Hofgut der Familie wieder zu erwerben und aufzubauen, und damit den Menschen der Umgebung Arbeit zu geben. Sie hat immer versucht, anderen zu helfen und machte sich auch gegen die Nationalsozilisten stark.

Der sehr poetische, etwas ausschweifende und bildliche Erzählstil erinnert an den Selmas und lässt Land und Leute zu ihrer Zeit lebendig werden, machte es mir aber z.T. etwas schwer, der Handlung zu folgen. Ich hätte mir an einigen Stellen auch noch mehr Details und Fakten gewünscht (z.B. über das Buch Nils Holgersson, das ja eigentlich als Schulbuch konzipiert war, und ihren gleichnamigen Adoptivsohn), aber da nur Fragmente ihres Lebens erzählt, einiges nur angerissen wird und zum Teil sehr große Zeitsprünge in der Handlung sind, was das wahrscheinlich nicht möglich.

Trotzdem ist „Selma Lagerlöf - sie lebte die Freiheit und erfand Nils Holgersson“ eine sehr empfehlenswerte Romanbiographie über eine beeindruckende Frau.

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