Starkes erstes Drittel, aber danach lässt es leider sehr nach
Die Klänge der FreiheitVon der Autorin Tessa Harding alias Tara Haigh habe ich bereits einige Romane gelesen, die eher in die Richtung Landscape Roman gehen. Mit "Die Klänge der Freiheit" hat sie nun andere Töne angeschlagen, ...
Von der Autorin Tessa Harding alias Tara Haigh habe ich bereits einige Romane gelesen, die eher in die Richtung Landscape Roman gehen. Mit "Die Klänge der Freiheit" hat sie nun andere Töne angeschlagen, die mir sehr gut gefallen haben. Allerdings nur bis sich wieder eine Liebesgeschichte in den Roman geschlichen hat. Warum? Das möchte ich euch erzählen....
Wir begegnen 1943 der jungen Inge, die mit ihrem Vater in Nürnberg wohnt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Annemarie hat sie soeben die Ausbildung zur DRK-Schwester abgeschlossen. Während ihr Vater bereits die drohende Niederlage der Deutschen sieht, ist Inge davon überzeugt, dass der Sieg an Deutschland geht. Als Einsatzort wünscht sie sich Afrika und ihre Freundin Frankreich, denn während des Kurses wurde ihnen versprochen, dass die Rotkreuz-Schwestern nicht an die Front geschickt werden. Doch ihr Einberufungsbefehl sieht ganz anders aus: Das Ziel ist Charkow in Russland, direkt an der Ostfront.
Im Lazarett angekommen muss Inge feststellen, dass ihr Vater mit vielen seiner skeptischen Anmerkungen zu ofiziellen Propaganda recht hatte. Vom Endsieg ist weit und breit nichts zu sehen, die Rote Armee rückt immer näher und im Lazarett herrscht Chaos und furchtbares Leid. Die Verwundeten werden bei ihrer Ankunft je nach Verletztung "sortiert", Ärzte und Schwestern arbeiten ohne Unterlass und zusätzlich fehlt es an allen Ecken und Enden an medizinischen Material. Inge kommt sehr schnell an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Nur ihre Violine gibt ihr für kurze Zeit Hoffnung. Als sie im Musikzimmer der ehemaligen Schule spielt, hören die verletzten Soldaten im Keller ihre Musik. Ab diesen Zeitpunkt soll sie zweimal täglich für die Verletzten spielen. Als Oberstleutnant Heinrich Preuss mit einem Streifschuss ins Lazarett eingeliefert wird, möchte dieser nur von Inge gepflegt werden. Kurz vor seiner Genesung bietet ihr der Oberstleutnant an, sie zu seinem nächsten Einsatzort in Italien mitzunehmen. Er erklärt ihr direkt, dass die Rote Armee kurz vor Charkow steht und sie im Lazarett nicht mehr sicher sein wird. Inge nimmt trotz großer Gewissenskonflikte sein Angebot an....
Und genau hier hat sich leider die Geschichte für mich total geändert. Der Abschnitt in Russland wurde von Tara Haigh absolut fesselnd erzählt und das Grauen des Krieges hat mich von der ersten Seite an gepackt. Die Einsätze an der Front und im provisorischen Lazarett hat die Autorin sehr realitätsnah und glaubhaft dargestellt. Unvorstellbare Situationen und menschliches Leid haben mich tief berührt. Als Leser erkennt man sehr schnell, dass nicht nur die Soldaten an der Ostfront von Hitler und seinen Schergen verheizt wurden, sondern auch die RDK-Schwestern, die der Wehrmacht unterstellt sind. Sie wurden eingezogen wie Soldaten und bereits im Unterricht auf die Rassenideologie eingeschworen. Im Gegensatz zu den Versprechungen bei der Ausbildung landete fast die Hälfte von ihnen in der Hölle der Ostfront. Bis hierhin hätte ich 5 Sterne vergeben.
Doch angekommen in Italien spürt man vom Krieg kaum mehr etwas und die Geschichte ändert sich vollkommen. Während die Deutschen an der engsten Stelle des Stiefels Schutzwälle errichten, lebt Inge mit Oberstleutnant Heirnich Preuss und der deutschen Dolmetscherin Maria im Ort Cassino unterhalb des Klosters Montecassino, das Mutterkloster aller Benediktinerklöster, in dem sich unermessliche Kunstschätze befinden.
Dort lernt Inge den Italiener und Widerstandskämpfer Lorezo kennen und ab diesen Zeitpunkt steht die Liebesgeschichte im Vordergrund. Obwohl aus der naiven und verträumten Inge in Russland eine starke verantwortungsbewusste und hilfsbereite Frau geworden ist, steht sie mit ihrer Liebe zu Lorenzo nun zwischen den Mächten, denn die Italiener wenden sich von Hitler ab und wechseln die Seiten. Eine Liebe zum Feind im Hause eines deutschen Nationalsozialisten erscheint unmöglich.....
Leider hat mich hier die Geschichte dann verloren. Während das erste Drittel an der Ostfront sehr anschaulich und realitätsnah geschildert wird, hätte man auf die Liebesgeschichte gut verzichten können. Wirklich sehr schade!
Fazit:
Der Roman beginnt sehr stark mit realitätsnahen Schilderungen an der Ostfront, die mich sehr berührt haben. Doch ab dem Zeitpunkt, als die Handlung nach Italien wechselt, die fast 2/3 des Buches einnimmt, hat mich die Geschichte verloren, die zu einer Liebesgeschichte mutiert und der Krieg nur mehr zum Randschauplatz wird. Sehr schade nach diesem wirklich starken Beginn....