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Veröffentlicht am 06.02.2022

Starkes erstes Drittel, aber danach lässt es leider sehr nach

Die Klänge der Freiheit
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Von der Autorin Tessa Harding alias Tara Haigh habe ich bereits einige Romane gelesen, die eher in die Richtung Landscape Roman gehen. Mit "Die Klänge der Freiheit" hat sie nun andere Töne angeschlagen, ...

Von der Autorin Tessa Harding alias Tara Haigh habe ich bereits einige Romane gelesen, die eher in die Richtung Landscape Roman gehen. Mit "Die Klänge der Freiheit" hat sie nun andere Töne angeschlagen, die mir sehr gut gefallen haben. Allerdings nur bis sich wieder eine Liebesgeschichte in den Roman geschlichen hat. Warum? Das möchte ich euch erzählen....

Wir begegnen 1943 der jungen Inge, die mit ihrem Vater in Nürnberg wohnt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Annemarie hat sie soeben die Ausbildung zur DRK-Schwester abgeschlossen. Während ihr Vater bereits die drohende Niederlage der Deutschen sieht, ist Inge davon überzeugt, dass der Sieg an Deutschland geht. Als Einsatzort wünscht sie sich Afrika und ihre Freundin Frankreich, denn während des Kurses wurde ihnen versprochen, dass die Rotkreuz-Schwestern nicht an die Front geschickt werden. Doch ihr Einberufungsbefehl sieht ganz anders aus: Das Ziel ist Charkow in Russland, direkt an der Ostfront.
Im Lazarett angekommen muss Inge feststellen, dass ihr Vater mit vielen seiner skeptischen Anmerkungen zu ofiziellen Propaganda recht hatte. Vom Endsieg ist weit und breit nichts zu sehen, die Rote Armee rückt immer näher und im Lazarett herrscht Chaos und furchtbares Leid. Die Verwundeten werden bei ihrer Ankunft je nach Verletztung "sortiert", Ärzte und Schwestern arbeiten ohne Unterlass und zusätzlich fehlt es an allen Ecken und Enden an medizinischen Material. Inge kommt sehr schnell an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Nur ihre Violine gibt ihr für kurze Zeit Hoffnung. Als sie im Musikzimmer der ehemaligen Schule spielt, hören die verletzten Soldaten im Keller ihre Musik. Ab diesen Zeitpunkt soll sie zweimal täglich für die Verletzten spielen. Als Oberstleutnant Heinrich Preuss mit einem Streifschuss ins Lazarett eingeliefert wird, möchte dieser nur von Inge gepflegt werden. Kurz vor seiner Genesung bietet ihr der Oberstleutnant an, sie zu seinem nächsten Einsatzort in Italien mitzunehmen. Er erklärt ihr direkt, dass die Rote Armee kurz vor Charkow steht und sie im Lazarett nicht mehr sicher sein wird. Inge nimmt trotz großer Gewissenskonflikte sein Angebot an....

Und genau hier hat sich leider die Geschichte für mich total geändert. Der Abschnitt in Russland wurde von Tara Haigh absolut fesselnd erzählt und das Grauen des Krieges hat mich von der ersten Seite an gepackt. Die Einsätze an der Front und im provisorischen Lazarett hat die Autorin sehr realitätsnah und glaubhaft dargestellt. Unvorstellbare Situationen und menschliches Leid haben mich tief berührt. Als Leser erkennt man sehr schnell, dass nicht nur die Soldaten an der Ostfront von Hitler und seinen Schergen verheizt wurden, sondern auch die RDK-Schwestern, die der Wehrmacht unterstellt sind. Sie wurden eingezogen wie Soldaten und bereits im Unterricht auf die Rassenideologie eingeschworen. Im Gegensatz zu den Versprechungen bei der Ausbildung landete fast die Hälfte von ihnen in der Hölle der Ostfront. Bis hierhin hätte ich 5 Sterne vergeben.
Doch angekommen in Italien spürt man vom Krieg kaum mehr etwas und die Geschichte ändert sich vollkommen. Während die Deutschen an der engsten Stelle des Stiefels Schutzwälle errichten, lebt Inge mit Oberstleutnant Heirnich Preuss und der deutschen Dolmetscherin Maria im Ort Cassino unterhalb des Klosters Montecassino, das Mutterkloster aller Benediktinerklöster, in dem sich unermessliche Kunstschätze befinden.
Dort lernt Inge den Italiener und Widerstandskämpfer Lorezo kennen und ab diesen Zeitpunkt steht die Liebesgeschichte im Vordergrund. Obwohl aus der naiven und verträumten Inge in Russland eine starke verantwortungsbewusste und hilfsbereite Frau geworden ist, steht sie mit ihrer Liebe zu Lorenzo nun zwischen den Mächten, denn die Italiener wenden sich von Hitler ab und wechseln die Seiten. Eine Liebe zum Feind im Hause eines deutschen Nationalsozialisten erscheint unmöglich.....
Leider hat mich hier die Geschichte dann verloren. Während das erste Drittel an der Ostfront sehr anschaulich und realitätsnah geschildert wird, hätte man auf die Liebesgeschichte gut verzichten können. Wirklich sehr schade!

Fazit:
Der Roman beginnt sehr stark mit realitätsnahen Schilderungen an der Ostfront, die mich sehr berührt haben. Doch ab dem Zeitpunkt, als die Handlung nach Italien wechselt, die fast 2/3 des Buches einnimmt, hat mich die Geschichte verloren, die zu einer Liebesgeschichte mutiert und der Krieg nur mehr zum Randschauplatz wird. Sehr schade nach diesem wirklich starken Beginn....

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Veröffentlicht am 28.01.2022

Magische Welten

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Endlich hat Kerstin Gier wieder einen Roman veröffentlicht und sogar ich, die nicht so oft Jugendbücher und noch weniger Fantasy liest, war sehr gespannt darauf. Gut, dass meine Bücherei das Buch da hatte ...

Endlich hat Kerstin Gier wieder einen Roman veröffentlicht und sogar ich, die nicht so oft Jugendbücher und noch weniger Fantasy liest, war sehr gespannt darauf. Gut, dass meine Bücherei das Buch da hatte und so kam es bei mir nach Weihnachten mit nach Hause.

Der erste Band der neuen Trilogie startet spannend. Quinn ist auf der Geburtstagfeier seines besten Freundes Lasse eingeladen, als ihn ein fremdes Mädchen mit blauen Haaren anspricht. Durch sie zieht er die Aufmerksamkeit gruseliger Wesen auf sich und es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd durch die umliegenden Straßen. Quinn wird dabei schwer verletzt und liegt einige Zeit im Krankenhaus. Als er entlassen wird, sitzt er im Rollstuhl und sieht plötzlich surreale Dinge, wie sprechende Statuen oder grinsende Skelettschädel.
Quinn ist ein allseits beliebter und cooler Typ, der plötzlich durch seinem Unfall und sein komisches Verhalten zum Außenseiter wird. Er weiß nicht mit wem er über seine fantastischen Wahrnehmungen und bösen Träume sprechen soll. Da kommt Matilda ins Spiel. Sie ist das Nachbarmädchen aus der unsympathischen Nachbarsfamilie, die er ständig mit ihrer Cousine verwechselt und der er schon einige Streiche gespielt hat. Matilda schwärmt schon lange für Quinn, doch sie ist so gar nicht sein Typ. Sie bietet sich an, seinen Rollstuhl zu schieben und ihn bei seiner Suche nach den gruseligen Wesen zu unterstützen. Mit der Zeit vertraut er sich ihr an, denn Matilda bringt einiges an "Fantasywissen" aus ihren Büchern mit. In einer mystischen Welt voller schicksalhafter Prophezeiungen und Rätsel steht sie ihm bei...

Die Edelsteinreihe habe ich wirklich gefeiert, die Silber Trilogie war mir etwas zu kindlich. Mit dieser Reihe trifft Kerstin Gier wiederum die eher jüngere Zielgruppe, ähnlich wie bei "Silber".
Der Auftaktband der "Vergissmeinnicht" Trilogie beginnt richtig spannend, flacht aber sehr schnell ab. Es gibt eine ziemlich lange Einführung, viele Details und Hintergrundinformationen. Erst zum Ende hin wird es wieder richtig fesselnd und gemeinsam lösen Quinn und Matilda endlich einige Rätsel...natürlich nicht alle, denn wir haben die magische Welt ja erst betreten und haben noch weitere Bände vor uns. Das Ende macht auf jeden Fall neugierig auf die Fortsetzung.

Quinn ist zu Beginn ein nicht unbedingt sympathischer Charakter. Er verhielt sich Matilda oft nicht sehr loyal gegenüber, hat sie fast gemobbt und sehr oberflälich über Matildas Familie gedacht. Er entwickelt sich aber sehr schnell weiter und wird langsam zum Sympathieträger.
Matilda ist ein introvertiertes Mädchen, das gerne liest und sich auf ein magisches Abenteuer mit Quinn einlässt. Natürlich spielt hier auch die Liebesgeschichte zwischen den beiden eine Rolle, die manchmal fast ein bisschen kitschig daherkommt. Aber ich gehöre auch nicht der Zielgruppe an ;)

Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Quinn und Matilda erzählt. Der Ton ist sehr jugendlich und einfach. Kerstin Giers Humor dringt immer wieder durch und hat mich oft zum Schmunzeln gebracht. Wer die Edelstein-Trilogie kennt (wer kennt sie wohl nicht?) trifft auch auf eine ähnliche mystische Figur, die ich damals in dieser Reihe sehr liebgwonnen habe. Lasst euch überraschen!

Noch ein Wort zum traumhaften Cover! Der Fischer Verlag hat hier wieder Großartiges geleistet. Es ist nicht nur außen ein absoluter Hingucker, sondern auch auf den Innenseiten. Dazu kommt der tolle farbige Buchschnitt.... absolut gelungen!

Fazit:
Ein neues magisches Abenteuer für Kerstin Gier Fans, das hier vorallem die jüngeren Leser wieder begeistern wird. Ich habe das Buch gerne gelesen, aber an die Edelstein Trilogie kann es nicht anschließen, die wohl auch wirklich Jung und Alt lieben.

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Zum Entspannen und Träumen

Winterleuchten am Liliensee
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Es ist schon eine Weile her, dass ich diesen Roman von Elisabeth Büchle gelesen habe, aber im Moment passt er perfekt in die Zeit. Außerdem überlege ich gerade, ob ich mir nicht auch den zweiten Band in ...

Es ist schon eine Weile her, dass ich diesen Roman von Elisabeth Büchle gelesen habe, aber im Moment passt er perfekt in die Zeit. Außerdem überlege ich gerade, ob ich mir nicht auch den zweiten Band in den nächsten Monaten kaufen soll, der "Fühlingsfunkeln am Liliensee" heißt.

Unsere Protagonistin Lisa ist ohne Mutterliebe aufgewachsen. Nach ihrem Tod wird sie von Charlotte Vogel, einer Freundin ihrer Mutter eingeladen, die mit ihrer Familie im Schwarzwald wohnt. Die junge Frau, die an Selbstzweifeln leidet, hofft auf eine schöne Zeit in den Bergen und etwas Ablenkung. Bei ihrer Ankunft sind ihr jedoch nicht alle Hausbewohner wohl gesonnen. Die drei Söhne von Charlotte sind skeptisch und Lisa gegenüber alles andere als aufgeschlossen. Dabei würde sie die junge Frau am liebsten mit einem ihrer Söhne verkuppeln, damit sie endlich unter die Haube kommen. Für Charlotte wäre ihr mittlerer Sohn Georg der geeignete Kandidat. Sie versucht alles, um Georg von Lisa zu überzeugen. Großvater Johann ist jedoch anderer Meinung: Er setzt auf seinen ältesten Enkel Robert und schießt bei Charlottes Verkupplungsversuchen gehörig dazwischen. Das kann nur zu einem heillosen Durcheinander führen. Ein gemeinsamer Ausflug in die Berge endet nicht wie geplant, denn Robert und Lisa werden von einem Schneesturm überrascht und müssen sich in eine Hütte flüchten, wo sie nun gemeinsam festsitzen…

Ähnliche Situationen hat sicher schon jeder in einem Buch gelesen - egal, ob ein Gewitter, Platzregen oder Schneesturm....ein typisches Ereignis für eine Lovestory. Ein Klischee, bei dem ich immer öfter mit den Augen rollen muss und der auch bei diesem Buch Abzüge in der Bewertung bringt.
Jedoch hat Elisabeth Büchle ihre Charaktere so wunderbar lebendig angelegt, dass man mit ihnen mitfühlt und ihnen wirklich nahe kommt. In dieser auswegslosen Situation müssen Robert und Lisa versuchen sich gegenseitig zu vertrauen und sich zu öffnen..
So erfährt auch der Leser mehr über Lisas Schicksal, die ohne Mutterliebe aufgewachsen ist. Einzig ihre Großtante Camille hat dem Kind etwas Liebe entgegengebracht, doch ein Familienleben ist Lisa unbekannt. Bei den Vogels wird ihr das einmal mehr schmerzlich bewusst. Gleichzeitig genießt sie den dort gelebten Zusammenhalt und das liebevolle Miteinander.
Robert knabbert seinerseits an einer schlechten Erfahrung und lässt seitdem keine Frau näher an sich heran. Da soll auch Lisa keine Ausnahme sein. Er ist eher griesgrämig und ein Einzelgänger. Georg hingegen ist ein offener und fröhlicher junger Mann, Charlotte eine warmherzige Frau, die nur das Beste für ihre Familie möchte. Sie kann dabei aber auch furchtbar nerven.

Die Naturbeschreibungen rund um das Forsthaus und den See sind sehr bildhaft und gelungen. Auch die Szenen in der Schutzhütte am Berg, mit Massen an Schnee, konnte ich mir zu jeder Zeit vorstellen.

Elisabeth Büchles Romane erscheinen im christlichen Gerth Medien Verlag. Ich bin nicht sehr gläubig und trotzdem lese ich Romane aus diesem Verlag (und vom Francke Verlag) sehr gerne. Dabei habe ich schon einige Schätzchen entdeckt. Der christliche Aspekt ist nicht vordergründig im Roman zu finden, taucht aber immer wieder auf. Es geht dabei aber um Fragen, über die sich jeder Mensch Gedanken machen sollte, wie zum Thema Familie oder Zusammenhalt, aber auch gegen Vorurteile Menschen gegenüber, über die wir nicht viel wissen oder über die wir wegen Äußerlichkeiten urteilen.

Neben den ernsteren Themen fand ich auch den Humor wunderbar. Vorallem, wenn Großvater Johann mit allerlei Tricks versucht Lisa und Robert zusammenzubringen und Charlottes Ideen zu manipulieren.

Fazit:
Ein warmherziger und atmosphärischer Wohlfühlroman mit einigen klischeehaften Szenen. Nicht wirklich etwas Neues, aber man weiß, was man bekommt. Zum Entspannen und Abtauchen perfekt geeignet.

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Veröffentlicht am 23.12.2021

Ein neuer Anfang

Nordlichtträume am Fjord
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Oftmals ist es wichtig in welcher Lesestimmung man sich gerade befindet, wie man eine Geschichte schlussendlich bewertet. Bei "Nordlichtträume am Ford" war der Zeitpunkt für mich perfekt, denn meine Tochter ...

Oftmals ist es wichtig in welcher Lesestimmung man sich gerade befindet, wie man eine Geschichte schlussendlich bewertet. Bei "Nordlichtträume am Ford" war der Zeitpunkt für mich perfekt, denn meine Tochter befand sich zur selben Zeit, als ich die Geschichte las, in Lappland. Der Roman beginnt zwar im Sommer und geht erst später auf Weihnachten zu, aber bringt das winterliche Gefühle in der zweiten Hälfte sehr gut rüber. Während ich also von Nordlichtern las, bekam ich zeitgleich wunderschöne Fotos auf meine Handy, die mir meine Tochter aus dem schwedischen und norwegeischen Lappland schickte. So gefiel mir die Lektüre gleich viel mehr.

Unsere Hauptprotagonistin Annabelle lebt in Hamburg, ist schwanger von einem One-Night-Stand und antwortet nach der Trennung von ihrem Freund und dem Verlust ihres Jobs auf eine Internetanzeige. In einem abgelegenen Hof in Elvasund, Norwegen, wird eine Hilfe gesucht. Die Marketingexpertin wünscht sich erstmal Ruhe und eine Auszeit. Der ziemlich kühle Empfang in Norwegen verunsichert sie allerdings sehr, denn die Besitzerin des Hofes weiß von keiner Anzeige und möchte keine Hilfe. Trotzdem bleibt Annabell nach der langen Autofahrt ertsmals auf dem Hof bei Berit und hilft aus. Besonders angetan hat es ihr die alte Spinnerei der Familie, die jedoch stillgelegt ist. Berits Mann wollte sie restaurieren und als Museum für die Allgemeinheit öffnen. Auch der pensionierte Tierarzt Thorbjörn, der mit Berit befreundet ist, versucht sie schon seit einiger Zeit zu überreden, der Genossenschaft beizutreten und die Spinnerei für Touristen zu öffnen. Für Annabell genau das Richtige... außerdem ist da noch Schäfer Bjarne, der ihr nicht aus dem Kopf geht. Doch sie trägt das Kind eines anderen unter ihrem Herzen....
Zusätzlich kann sich Annabell nicht mit ihrer Zukunft als Mutter identifizieren.Schon als Kind war sie die meiste Zeit auf sich alleine gestellt und nun befürchtet sie, dass sie ihrem Kind keine Mutterliebe entgegenbringen kann, da sie diese selbst nie kennengelernt hat. Bei Annabelle brauchte ich ein bisschen länger um mit ihr warm zu werden....

Auch Bjarne hat seit seiner Kindheit Probleme wegen seiner Stotterei. Von den Mitschülern verspottet und vom eigenen Vater nicht akzeptiert, hat er auch noch heute Schwierigkeiten mit der Sprache. Trotz seines Sprachfehlers ist er ein herzensguter und aufrichtiger junger Mann. Er hat mir besonders gut gefallen und die größte Entwicklung durchgemacht.

Julie Larsen hat ihren Figuren Leben eingehaucht. Neben den beiden Hauptprotagonisten, die beide ihr Päckchen zu tragen haben, sind auch die Nebenfiguren gut gezeichnet. Birte, die mürrische Hofbesitzerin, die das Herz am rechten Fleck hat, ihre Tochter Camilla und deren Kinder Linnea und Liam, sowie der lebenslustige Tierarzt Thorbjörn und Bjarnes Freund Ole.

Die Geschichte mit Annabelle und Bjarne beginnt langsam und plätschert leider an manchen Stellen vor sich hin. Es fehlte mir etwas an Spannung. Bemängeln muss ich auch noch, dass Annabelle in zwei Wochen super norwegisch spricht und es dann vor Ort perfektionieren möchte. Ich kenne niemanden, der in zwei Wochen eine Sprache spricht, die er vor Ort anwenden kann und nur mehr perfektionieren muss...

Die Landschaftsbeschreibungen der Naturschönheiten wurden von der Autorin sehr bildgewaltig beschrieben. Zusätzlich mit den Fotos meiner Tochter bekam ich großes Fernweh. Auch Sitten und Bräuche wurden immer wieder miteinbezogen und besonders süß sind die Szenen mit dem Lämmchen Loki.

Fazit:
Alles in allem eine nette Lektüre, die an manchen Stellen etwas zu sehr vor sich hin plätschert. Hingegen konnten mich die wunderschön dargestellten Landschaftsbeschreibungen und das norwegische Flair vollkommen überzeugen. Ein lockerer Roman, der vorallem Reiselust weckt, aber keine Weihnachtsgeschichte, wie das Cover vielleicht vermuten lässt.

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Veröffentlicht am 03.12.2021

Lässt mich zwiegespalten zurück

Ein Baum wächst in Brooklyn
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Der Einstieg fiel mir sehr schwer. Hätte ich nicht gemeinsam mit Livia gelesen, hätte ich das Buch wieder zur Seite gelegt, so wie Jamie. Ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten, denn Betty Smith ...

Der Einstieg fiel mir sehr schwer. Hätte ich nicht gemeinsam mit Livia gelesen, hätte ich das Buch wieder zur Seite gelegt, so wie Jamie. Ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten, denn Betty Smith schreibt sehr detailverliebt und ausschweifend. Doch so schnell gab ich nicht auf und das war gut so!
Wir lernen die elfjährige Francie kennen, die in ärmlichen Verhältnissen in Brooklyn aufwächst. Nach diesen ersten 72 Seiten hatte ich trotzdem das Gefühl nicht wirklich mehr über das Mädchen erfahren zu haben.
Im zweiten Abschnitt fand ich dann endlich in die Geschichte. In einem Rückblick erfahren wir mehr über Katies deutschstämmige Einwandererfamilie und wie sich Francies Eltern Katie Rommely und Johnny Nolan kennenlernen. Die bildhaft erzählten Hintergründe und die sehr gute Beschreibung der beiden Charaktere haben mich in ihre Geschichte abtauchen lassen und ich hatte ein perfektes Bild der Figuren vor meinen Augen. Das Leben holt die beiden Turteltäubchen nach der Hochzeit sehr rasch ein. Katie wird schwanger und Johnny arbeitet als singender Kellner. Als Francie zur Welt kommt, ist Johnny nicht aufzufinden. Sein unregelmäßiges Einkommen und sein eher unruhiger Geist helfen nicht dazu bei regelmäßig Essen auf den Tisch zu bekommen. Johnny ist einen Tag himmelhoch jauchzend und am nächsten zu Tode betrübt. Die fehlende Perspektive und die unterschiedlichen Charaktere lassen schnell erkennen, dass sich die große Liebe bald abnützen wird. Katie weiß, dass sie zwar einen hübschen und liebenswerten Mann geheiratet hat, der aber charakterschwach ist und zum Trinker wird. Knapp ein Jahr nach Francie kommt Cornelius, genannt Neeley, zur Welt und es bleibt an Katie für die Beiden zu sorgen....

Betty Smith wurde 1944 mit diesem Roman für den Pulitzer Preis nominiert. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass es der Autorin gelungen ist, ein hervorragendes Zeitbild der damaligen Lebensumstände zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Brooklyn darzustellen. Dazu hilft sicher auch, dass sie selbst zu dieser Zeit in diesem Teil New Yorks aufgewachsen ist. Sie versteht es aber auch hervorragend die Träume und Wünsche, Gedanken und Gefühle der Nolans wiederzugeben. Aus Francie wird ein Bücherwurm, der es an Freunden fehlt. Sie ist eine Außenseiterin, die bald die fixe Idee hat, einmal eine große Schriftstellerin zu werden. Neeley ähnelt äußerlich seinem Vater und hat keinerlei Schwierigkeiten Anschluss zu finden. Er hat den Charme von Johnny geerbt und ihm fliegt auch das Herz seiner Mutter zu. Katie ist streng und oftmals auch etwas unfair ihrer Erstgeborenen gegenüber. Sie will aus ihren Kindern anständige Menschen machen und legt dabei sehr viel Wert auf Bildung. Sie erkennt, dass diese der Schlüssel für ein besseres Leben ist. Doch Bildung kostet Geld.

Während Francie eine sehr gute Schülerin ist, erledigt Neeley nur das Notwendigste. Francie erfährt jedoch keinerlei Rückhalt und oftmals hatte ich das Gefühl sie aufmuntern und in die Arme nehmen zu müssen. Von ihr wird erwartet, dass sie auf viele Dinge verzichtet, denn sie sei stark genug. Die Stimmung des Buches fand ich häufig als erdrückend und wehmütig. Dann aber gab es auch wieder einge skurille Situationen, bei denen ich den Kopf schütteln, aber auch lauthals auflachen musste. Besonders Sissy, die Tante von Francie, die nie Lesen und Schreiben gelernt hat, und dennoch die Emanzipierteste von allen Rommelys ist, sorgt für Lacher. Trotzdem versucht auch sie für Francie und Neeley die Wichtigkeit von Büchern und Bildung zu vermitteln.

Die Charaktere sind sehr lebendig und äußert gelungen dargestellt. Ich finde, dass diese sehr anschauliche Darstellung der Figuren genau den Charme des Romanes ausmachen. Man fühlt sich inmitten der Nolans und erlebt alle guten und schlechten Zeiten hautnah mit.
Doch dann kam der letzte Abschnitt und dieser hat mich, genauso wie der Anfang, enttäuscht. Das Ende ist ein klein bisschen offen gelassen und das bei über 600 Seiten. Einiges wird nicht auserzählt, was ich sehr schade fand. Und wer mich kennt, der weiß auch, dass ein halb offenes Ende mich rasend macht und deshalb auch meine Bewertung herabschraubt. Sorry!


Fazit:
Ein Roman, den ich unbedingt lieben wollte, der mich aber etwas zwiespältig zurück lässt. Die Geschichte wird mir sicherlich in Erinnerung bleiben, denn die Autorin hat das Leben der Nolans sehr eindringlich und lebendig erzählt. Vorallem der Anfang war mir aber zu ausschweifend und das Ende hat michetwas enttäuscht zurück gelassen. Dazwischen fand ich eine oftmals zu Herzen gehende Geschichte, die mir trotzallem gut gefallen hat.

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