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Veröffentlicht am 07.12.2021

Wirft gesellschaftlich relevante, problematische Themen auf

Reality Show
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In ihrem Roman „Reality Show“ bringt Anne Freytag an einem Heiligabend in nicht allzu ferner Zukunft die Zuschauer gemeinsam vor einer unplanmäßigen, ungewöhnlichen Sendung, die auf allen Programmen läuft, ...

In ihrem Roman „Reality Show“ bringt Anne Freytag an einem Heiligabend in nicht allzu ferner Zukunft die Zuschauer gemeinsam vor einer unplanmäßigen, ungewöhnlichen Sendung, die auf allen Programmen läuft, vor dem Fernseher zusammen. In einer Liveausstrahlung werden sie Augenzeuge eines irreal erscheinenden Gerichts, dessen Richter sie selbst sein sollen. Dazu wurden zehn Personen in Deutschland ausgewählt, die den größten Einfluss in verschiedensten Branchen haben, wodurch ihre Macht auch bei der Bevölkerung zum Tragen kommt. Sie sind angeklagt, ihre Stellung in der Gesellschaft nur unter Ausnutzen von Menschen, Ressourcen oder Gesetzeslücken erlangt zu haben. Die Zuschauer entscheiden, wer von ihnen und wie bestraft werden soll.

Zu Beginn des Romans baut Anne Freytag schnell Spannung auf. Es gibt durchaus Ähnlichkeiten zwischen den fiktiven angeklagten Figuren und realen Personen in der Öffentlichkeit. Daher war es interessant zu verfolgen, wie Anklage, Verteidigung und Verurteilung durch die Zuschauer nun erfolgen sollten. Vor allem stand aber auch die Frage im Raum, wer die Show veranlasst hat und warum. Die Sendung verlangte einige Jahre Vorbereitung und konnte nur von mehreren Personen unter strengster Geheimhaltung ausgeführt werden.

In kurzen Kapiteln werden die zehn Angeklagten einzeln vorgestellt, wie sie gerade den Heiligabend verbringen, meist im Kreis der Familie. Es folgen Rückblicke auf die Vorbereitung des Abends mit Blick auf die einzelnen Täter. Im Laufe der Planungen haben sie sich ab einem bestimmten Zeitpunkt Decknamen gegeben. Dazwischen werden auch beispielhaft Zuseher vorgestellt, die gerade die Sendung vor dem Fernseher verfolgen. Der Kreis der handelnden Personen wurde immer zahlreicher. Verbunden mit den Zeitsprüngen und den Pseudonymen war es schwierig der Handlung zu folgen. Die aufgebaute Spannung versandete wieder. Meiner Meinung nach waren es zu viele angeklagte Machtmenschen.

Den Grundgedanken des Romans fand ich ansprechend. Anne Freytag betrachtet ganz verschiedene Themen wie Fast Fashion, Datenverkauf, Missbrauch von Sportlerinnen und Erwerb jüdischen Eigentums in Zeiten des Nationalsozialismus. Durch ihre Protagonisten übt sie Gesellschaftskritik am sozialen Machtgefüge. Gerne hätte ich noch mehr über das Für und Wider des Tuns der Angeklagten erfahren. Stattdessen baute die Autorin die Hintergründe für die Entstehung der Show weiter aus, was aber auch richtig und wichtig war. Durch die Beschreibung der Reaktionen der Zuschauer spricht sie an, welche Ideale heute vorherrschen und wie beeinflussbar jeder aufgrund einer guten Darstellung von Argumenten ist ohne die Gründe der Gegenseite zu kennen, was mich erschreckt hat.

Anne Freytag spielt in ihrem Roman „Reality Show“ mit der Sensationslust der Menschen und ist damit am Puls der Zeit. Die Autorin wirft unterschiedliche, gesellschaftlich relevante, problematische Themen auf, die mich als Leserin nachdenklich stimmten. Die Umsetzung der Sendung ist überspitzt dargestellt, die Konstruktion der Geschichte mit einer hohen Anzahl Personen, die die Überschaubarkeit der Handlung einschränkten, konnte mich aber nicht vollends überzeugen.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Historischer Roman mit vielen Fakten hinter der die Liebesgeschichte zurückbleibt

Monschau
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Der Roman „Monschau“ von Steffen Kopetzky führte mich als Leserin nicht nur in die gleichlautende Stadt in der Eifel, sondern auch zu einem wenig bekannten geschichtlichen Thema, denn 1962 brachen dort ...

Der Roman „Monschau“ von Steffen Kopetzky führte mich als Leserin nicht nur in die gleichlautende Stadt in der Eifel, sondern auch zu einem wenig bekannten geschichtlichen Thema, denn 1962 brachen dort in einem Vorort die Pocken aus. Die Erzählung basiert auf realen Geschehnissen.

Zunächst erkrankt die Tochter eines Mitarbeiters des größten Arbeitgebers in der Region, einem Stahlbauunternehmen, der vor kurzem von Montagearbeiten in Indien zurückgekehrt ist. Nach einigem Hin und Her wird das Kind zur weiteren Versorgung im örtlichen Krankenhaus aufgenommen. Bald schon wird deutlich, dass sie hochansteckend ist. Man beginnt, betroffene Personen und diejenigen, aus deren Umfeld in Quarantäne zu schicken. Für das Werk, in dem der Montagearbeiter beschäftigt ist, beginnt eine schwierige Zeit, denn die Ansteckungsgefahr unter den Kollegen ist hoch und die Produktion droht stillzustehen. Aus Düsseldorf wird der Dermatologe Prof. Dr. Günter Stüttgen zu Hilfe gebeten, der sich mit seinem Assistenten umgehend auf den Weg macht. Zufällig kehrt Vera, die Erbin des Stahlbauunternehmens, für mehrere Tage nach Hause zurück und überlegt, welchen persönlichen Beitrag sie im Kampf gegen die Krankheit leisten kann.

Vieles erinnerte mich an die Anfänge der heutigen Corona-Pandemie im Kreis Heinsberg. Glücklicherweise nahm der Ausbruch der Pocken in Monschau einen milden Verlauf und konnte später eingedämmt werden, ohne sich drastisch auszubreiten. Steffen Kopetzky ändert in seiner Geschichte die meisten Namen der historisch verbürgten Figuren eventuell, weil ihm das mehr Spielraum zum Ausgestalten der Charaktere lässt. Auch den Ortsnamen und das betroffene Unternehmen hat der Autor geändert.

Dank seiner sehr guten Recherche basiert sein Roman auf vielen Fakten. Seine Figuren baut er bis in die Kindheit hinein aus und blickt auf diese Weise zurück bis auf Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Auch außerhalb der Beschreibung über die Begebenheiten während des Pockenausbruchs im Eifeldorf versorgt Steffen Kopetzky die Leserinnen und Leser mit Informationen zum damaligen Zeitgeschehen. Dadurch liest sich die Erzählung fast wie ein Sachbuch.

Zwischen zwei Protagonisten entwickelt sich allmählich eine Beziehung, die jedoch nur am Rande spielt und mich nicht berühren konnte, was wohl auch daran lag, dass die aufkeimende Liebe eine Nähe aufgrund der Verhinderung einer Ansteckung kaum zulässt. Insgesamt blieb der Roman leider hinter meinen Erwartungen an ihn deutlich zurück. Die Erzählung konnte mich an keiner Stelle richtig packen. Ich empfand die gegebenen Informationen zu ausschweifend und die beschriebenen Gefühle der Liebesgeschichte nicht tiefgehend und glaubhaft genug. Meiner Meinung nach ist das Zusammenspiel zwischen fiktionalisierter Realität und Fakten zwar leicht lesbar, hat mich aber nicht angesprochen.

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Einfühlsames Porträt der politischen Theoretikerin Hanna Arendt

Was wir scheinen
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Der Name Hannah Arendt fällt im Literaturbetrieb immer mal wieder, so dass ich mir schon länger vorgenommen hatte, mich mit dem Namen hinter der Person zu beschäftigen. Daher sprach mich der Roman „Was ...

Der Name Hannah Arendt fällt im Literaturbetrieb immer mal wieder, so dass ich mir schon länger vorgenommen hatte, mich mit dem Namen hinter der Person zu beschäftigen. Daher sprach mich der Roman „Was wir scheinen“ von Hildegard E. Keller besonders an. Doch zunächst suchte ich im Internet nach Fotos, um während des Lesens ein Bild der Protagonistin vor Augen zu haben. Tatsächlich fand ich ein Video von Hannah Arendt mit ihrem Gespräch aus 1964 mit Günter Gaus. Danach blieb mir auch ihre Stimme und ihre Ausdrucksweise beim Lesen ständig präsent.

Hildegard E. Keller zeichnet in ihrem Roman ein detailliertes Bild von Hannah Arendt. Als Leserin begleitete ich die politische Theoretikerin, die nie als Philosophin bezeichnet werden wollte, auf ihrer letzten Reise im Sommer 1975 nach Tegna in der Schweiz. Dort verbringt sie, nur einige Monate vor ihrem frühen Tod durch Herzinfarkt, einige erholsame Wochen. Die Autorin wählt einen auktorialen Erzählstil. Immer wieder lässt sie deutlich werden, wie viel Kraft die Verteidigung ihrer Ansichten Hannah Arendt kostet und wie sehr sie die Ruhe in Tegna genießt, auch zum Nachdenken. Neben den alltäglichen Verrichtungen, die Hildegard E. Keller durch ihre Beschreibungen lebendig gestaltet, lässt sie Hannah Arendt sich an ihre einzelnen Lebensstationen erinnern, hauptsächlich seit ihrer Immigration mit ihrem zweiten Ehemann Heinrich Blücher und ihrer Mutter in die USA. Aber immer wieder flackert auch ein Gedanke an noch frühere Zeiten auf. Dabei werden ihre Meinungen zu verschiedenen Aspekten deutlich, mit denen sie sich tiefgehend auseinandergesetzt hat.

Religion war in der Kindheit der Protagonistin nie ein Thema, aber schon früh fand sie Zugang zu philosophischen Schriften. Wer sich auf diesem Gebiet auskennt, wird deutlich mehr Freude an diesem Roman haben als andere Leser. Gerade so wie jeder sich an seine Freunde und Bekannten erinnert, denkt Hannah an diese nur mit ihrem Vor- oder Spitznamen. Dadurch wurde es für mich erschwert, ihre Gedanken nachzuvollziehen, da ich nicht immer wusste, welche Person gemeint war, das erschloss sich mir erst im weiteren Verlauf. Sie kannte interessante Persönlichkeiten auf mehreren Kontinenten mit denen sie sich gerne konstruktiv austauschte, was auch in zahlreichen Dialogen im Buch verdeutlicht wird.

Hanna Arendt war durch ihre eigene Arbeit unabhängig von Ehepartner und Familie und blieb sich immer selbst treu. Sie vermied es, in der Öffentlichkeit zu stehen, konnte es aber nicht verhindern, dass sie durch ihre journalistische Tätigkeit im Rahmen des Eichmann-Prozesses an Bekanntheit hinzugewann und durch ihre energisch vertretene Meinung heftiger Kritik ausgesetzt war. Dieser Umstand nimmt im Buch zum Ende hin einen großen Umfang ein.

Im Roman wird die Handlung immer wieder durch Zitate von Hannah Arendt unterbrochen, so dass ich mir selbst auch ein Bild ihres klugen und denkscharfen Wissens machen konnte. Der Buchtitel ist einem ihrer Gedichte entnommen. Zwischen den drei Kapiteln ist ein Märchen von ihr zu lesen, das gefüllt ist mit Metaphern und an das sie durch manche Erfahrungen in Querverbindungen immer wieder erinnert wird.

Hildegard E. Keller zeichnet in ihrem Roman „Was wir sind“ dank ihrer ausgiebigen Recherche ein einfühlsames Portrait der Theoretikerin Hannah Arendt, in der sie deren Konzepte, Betrachtungsweisen und Auffassungen zu den verschiedensten philosophischen und politischen Themen herausstellt. Der Roman ist anspruchsvoll und erfordert einiges an Lesezeit, auch um die verschiedenen philosophischen Ansichten nachzuvollziehen. Wer sich dem Denken von Hannah Arendt wie ich gerne annähern möchte, dem empfehle ich gerne diesen Roman.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Gelungener Anfang, nutzt durch das mystische Ende das Potential nicht aus

Bergsalz
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Der Roman „Bergsalz“ von Karin Kalisa verbindet Gegenwart und Vergangenheit auf ungewöhnliche Weise. Die Autorin greift dazu weit zurück, bis zum Vorgang der Vereinödung im Allgäu im 16. Jahrhundert. Hierzu ...

Der Roman „Bergsalz“ von Karin Kalisa verbindet Gegenwart und Vergangenheit auf ungewöhnliche Weise. Die Autorin greift dazu weit zurück, bis zum Vorgang der Vereinödung im Allgäu im 16. Jahrhundert. Hierzu unterbricht eine Geschichte immer wieder die Kapitel, die im Jetzt spielen. Die Verbindung beider Handlungsebenen wird erst zum Ende des Buchs deutlich. Der Titel nimmt Bezug auf den Inhalt des Romans, denn er nennt ein lebensnotwendiges und völkerübergreifend bekanntes Lebensmittel, dass für jeden so wichtig ist wie Gemeinschaft.

Viele Jahre später erlebt die dörfliche Einsamkeit eine neue Bedeutung, denn nun sind es die Mütter und Ehefrauen, die in den kleinen Dörfern nach dem Auszug der Kinder und dem Tod oder der Scheidung allein in ihren Häusern zurückbleiben. Und obwohl Haus neben Haus im Ort steht, sind sich die Nachbarn fremd geworden, jeder hat sein Wirkungsfeld gegen andere abgegrenzt und abgesichert, auch die inneren Mauern sind mit den Jahren gewachsen.

Doch eines Tages steht in einem 500-Seelen Dorf in der Voralpenregion Johanna, noch nicht lange verwitwet, vor der Tür ihrer alleinstehenden Nachbarin Franzi und bittet diese um Mehl. Franzi begreift schnell, dass es hier nicht darum geht, ein fehlendes Lebensmittel zu erfragen. Kurz entschlossen lädt sie Johanna zu ihrem Mittagsmahl ein. Aber dann klingelt es nochmal und die Nachbarin Elisabeth kommt ihr Paket abholen. Auch für sie ist noch genug zu essen da. Daraus entwickelt sich eine Bewegung, die schließlich die Möglichkeit aufgreift, im stillgelegten Dorfgasthof für die dort inzwischen ansässigen Flüchtlinge und alle Interessierten zu kochen

Es ist schön zu verfolgen, wie sich aus der Graswurzelbewegung zunehmend etwas Großes entwickelt und das Miteinander auch auf politischer Ebene auf diese Weise Gehör findet. Berührt verfolgte ich, wie immer mehr Personen sich in den Dienst der gemeinsamen Sache stellten und nach ihren eigenen Fähigkeiten entsprechend Hilfe leisteten. Erfreut stellte ich fest, dass sich auch die jüngere Generation und die Migranten zum Mittun angesprochen fühlten und die gelungene Zusammenarbeit letztlich das Dorf attraktiver machte.

Aber im letzten Viertel des Buchs verliert der Roman seine Basis und schweift ab von der immer größer werdenden Aktion des Miteinanders jenseits von Herkunft, Alter und Geschlecht bis sie sich in einer mystischen Beschreibung verliert. Ich fand das unpassend fand und denke, dass es eine andere Möglichkeit gegeben hätte, die damit gewollte Aussage realistischer darzustellen. Gerne hätte ich mehr über das gemeinsamen Aktivitäten und dem Austausch zwischen den Kulturen erfahren.

„Bergsalz“ von Karin Kalisa ist ein Roman mit gelungenem Anfang über die Kraft der Gemeinschaft, die dabei hilft Einsamkeit zu überwinden, der leider sein Potenzial nicht voll ausschöpft.

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Veröffentlicht am 08.04.2020

Erst spät aufkommende hintergründige Spannung mit kurzem stürmischen Abschluss

Sieben Lügen
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Im Buch „Sieben Lügen“ beschreibt die Engländerin Elizabeth Kay die Freundschaft zweier Frauen, die einen Mord nach sich zieht. Siebenmal lügt die Protagonistin Jane Black ihre Freundin Marnie Gregory ...

Im Buch „Sieben Lügen“ beschreibt die Engländerin Elizabeth Kay die Freundschaft zweier Frauen, die einen Mord nach sich zieht. Siebenmal lügt die Protagonistin Jane Black ihre Freundin Marnie Gregory an, wobei die letzte Lüge in ihrer Beziehung alles verändert.

Jane und Marnie lernen sich als elfjährige am ersten Schultag in der weiterführenden Schule kennen. Das ist jetzt 18 Jahre her. Inzwischen betreibt Marnie berufsmäßig einen Food-Blog. Jeden Freitag lädt sie Jane zum Essen ein. Während Marnie in der Küche steht und ihre Kochaktivitäten auf Video aufzeichnet, verbringt Jane Zeit mit Marnies Freund Charles. Jane als Ich-Erzählerin verbirgt nicht, dass sie Charles nicht besonders gut leiden kann und schon auf den ersten Seiten erfuhr ich, dass er bald sterben wird. Zwar fragte ich mich nun, was zu seinem Tod führen wird, doch nimmt das Wissen darum, einen Teil der Spannung.

Zunächst erschien es so, als ob Jane sich mit ihrer Erzählung an mich als Leserin wenden würde. Allerdings konnte ich einige Bemerkungen nicht richtig einordnen. Erst ganz zum Ende hin erfuhr ich, wem sie ihre Geschichte tatsächlich erzählt und ihre Äußerungen fanden ihren passenden Platz darin.

Über die ersten Kapitel hinweg baute sich leider wenig Spannung auf. Immer wieder kehren Janes Gedanken in die Vergangenheit zu verschiedenen Szenen, die von ihr und Marnie handeln. Auf diese Weise konnte ich verstehen, dass die beiden eine besonders enge Freundschaft pflegen. Marnie ist selbstbewusst und aktiv, während Jane sich gern in den Schatten von Marnie stellt und auf ihre Anregungen wartet. Aber im Laufe der Zeit hat sich gezeigt, dass es Situationen gibt, in denen Marnie die Hilfe von Jane benötigt. Jane hat in ihrer Kindheit wenig Liebe erfahren, Marnie bietet ihr eine Konstante im Leben, ist für einige Zeit ihr Fels in der Brandung.

Doch Charles ist nicht der erste Mann, der sich in das Leben der beiden Frauen drängt. Es ist erst drei Jahre her, dass Jane ihren Ehemann Jonathan bei einem Unfall verloren hat. Sie hat ihn mit 22 Jahren kennen gelernt und ist schon wenig später aus der gemeinsamen Wohnung mit Marnie aufgezogen, damit sie mit Jonathan zusammenleben kann. Inzwischen ist Jane selbstbewusster geworden und darum ist sie bereit, für ihre große Liebe das aufzugeben, was ihr bisher als Ankerpunkt diente. Jane erinnert sich gerne an die schöne gemeinsame Zeit, während sie findet, dass Charles nicht zu Marnie passt. Doch das sagt sie ihr nicht, ganz im Gegenteil. Nach Janes Meinung beginnt so der Weg in die Krise ihrer Freundschaft. Jane ist ein wandelbarer Charakter und vermutlich ergibt sich ihre Abneigung Charles gegenüber allein aus dem Umstand, dass er die Rolle von Marnie in Janes Leben verändert.

Jedem Kapitel im Buch ist eine Lüge zugeordnet. Erst bei der vierten Lüge kommt mehr Thrill auf, durch den Umstand einer Einmischung durch eine Außenstehende. Hier zeigt die Autorin, welche Möglichkeiten, aber auch Gefahren die Sozialen Medien heute bieten. Zwar ist das ein geschickter Zug, die Spannung zu steigern, jedoch fand ich diesen Handlungsstrang der Geschichte und die Reaktionen darauf von Jane und Marnie teils zu konstruiert.

„Sieben Lügen“ von Elizabeth Kay ist eine Geschichte über eine komplizierte Freundschaft zweier junger Frauen mit einigen Höhen und Tiefen. Die Konstruktion der Handlung konnte mich leider nicht vollständig überzeugen.

Eine hintergründige Spannung kommt erst im Laufe der Erzählung auf. Janes Lügen führen schließlich zu einem kurzen stürmischen Abschluss.

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