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Veröffentlicht am 21.06.2023

Beschreibt das Leben von Claire Salles geborene Eiffel während der Planungs- und Bauphase des Wahrzeichens von Paris

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe
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In ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ beschreibt Sophie Villard den Bau des Wahrzeichens der Hauptstadt Frankreichs. Sie zeigt, welche wichtige Rolle Claire Salles dabei eingenommen ...

In ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ beschreibt Sophie Villard den Bau des Wahrzeichens der Hauptstadt Frankreichs. Sie zeigt, welche wichtige Rolle Claire Salles dabei eingenommen hat. Claire ist die Tochter des berühmten Ingenieurs Gustave Eiffel. Der Konstrukteur von Stahlbauwerken unterschreibt zu Beginn des Jahres 1887 einen Vertrag mit der Stadt Paris und wird damit beauftragt, den nach ihm benannten Turm für eine Weltausstellung zu bauen.
Zu dieser Zeit ist seine Tochter seit zwei Jahren verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Ihre Mutter ist gestorben als sie 14 Jahre alt war, ihr jüngster Bruder war damals ein Vierjähriger. Als ältestes Kind von fünf Geschwistern nahm sie aufgrund der häufigen Abwesenheit ihres Vaters, der Bauprojekte in ganz Europa und Südamerika begleitete, eine mütterliche Rolle für die Brüder und Schwestern ein. Dennoch hat sie ihren Vater zu einigen seiner Projekte begleitet und wurde später seine Sekretärin.
Die Handlung spielt im Zeitraum August 1886 bis zur Eröffnung des Eiffelturms im Mai 1889. Die Autorin bleibt dicht an der wahren Geschichte der Erbauung und bindet die verschiedenen Probleme in den Roman ein, die sich während der Planung und des Baus ergeben haben. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, damit das Bauwerk rechtzeitig zur Ausstellung beendet werden kann. Neben diversen Widerständen aus der Bevölkerung gesellt sich der Unmut der Arbeiter, die in schwindelnder Höhe einer großen Gefahr ausgesetzt sind. Darum stellen sie in unregelmäßigen Abständen ihre eigenen Forderungen.
Claire hat ein offenes Ort für die Sorgen aller Mitarbeiter des Unternehmens, aber sie sucht auch die Nähe zu ihrem Sohn. Gleichzeitig muss sie sich mit den Karriereplänen ihres Ehemanns auseinandersetzen, der sich seine Meriten, so wie ihr Vater, im Ausland verdienen möchte. Gerne hätte ich von Claire mehr über ihre Jugend, ihr Verhältnis zu den Geschwistern und dem Leben in einem großen Herrenhaus mitten in Paris gelesen, um zu erfahren, wie sie zu der selbstbewussten und dennoch zurückhaltenden jungen Frau wurde, die ihrem Vater klug zur Seite stand. Das Engagement von Claire im Umgang mit den Arbeitern fand ich lobenswert und sicher ungewöhnlich für eine Frau ihrer Zeit, aber ich fand es befremdlich, dass ihre Ansprechpartnerin mit wenigen Französischkenntnissen sich von Beginn an problemlos fließend mit ihr unterhalten konnte.
Unter Einbindung von kulturellen Elementen und wissenschaftlichen Entwicklungen lässt Sophie Villard in ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ die Zeit von 1886 bis 1889 lebendig werden und rundet damit das Bild von Claire Salle als verständige Tochter, Sekretärin und Vertraute von Gustave Eiffel ab.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Einfühlsame Beschreibung einer persönlichen Krise und ihrer Folgen

Morgen ist alles schön
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Amy Ashton, die Protagonistin im Roman „Morgen ist alles schön“ von Eleanor Ray, sammelt Dinge, die sie thematisch sortiert in Kartons verpackt. Inzwischen sind es so viele, dass sie kaum noch ein Stück ...

Amy Ashton, die Protagonistin im Roman „Morgen ist alles schön“ von Eleanor Ray, sammelt Dinge, die sie thematisch sortiert in Kartons verpackt. Inzwischen sind es so viele, dass sie kaum noch ein Stück Flur in ihrem Haus erkennt, beim Treppensteigen Stufen überschlagen muss und die Kleiderschranktür nicht mehr zu öffnen ist. Ihr Haus darf darum niemand außer ihr betreten. Die Covergestaltung deutet an, dass leere Flaschen, Vögel und Vasen mit zu ihrer Sammlung gehören. Es sind alles Gegenstände, die sie an eine Zeit erinnern, in der sie im gleichen Haus glücklich mit ihrem Freund und ihrer besten Freundin zusammenwohnte. Beide verschwanden vor elf Jahren von einem Tag auf den anderen. Aber bis heute hat Amy die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die sie zu ihr zurückkehren.

Amy, Ende 30 Jahre alt, hat Kunst studiert bis aus ihrem Nebenjob im Büro eine Vollzeitbeschäftigung wurde. In jeder Sache sieht sie eine eigene Schönheit, die von anderen nicht immer wahrgenommen wird. Die Autorin erklärt beispielhaft Amys Eindruck an einigen Gegenständen. Eines Tages bekommt Amy neue Nachbarn. Charlie, der ältere der beiden Söhne ist acht Jahre alt. Durch ihre spröde, abweisende Art lässt er sich nicht abweisen und Schritt für Schritt bekommt die von ihr um sich errichtete Mauer durch seine Hartnäckigkeit Risse.

Amy mag Charlie für seine Hilfsbereitschaft ihr gegenüber, die er aber auch zeigt, indem er sich um seinen jüngeren Bruder kümmert. Seine Altklugheit führt zu mancher amüsanter Szene. Sie fühlt sich Charlie verbunden, denn beide haben Verluste zu bewältigen und auch der Junge hat eine Sammelleidenschaft, wenn auch nicht so übertrieben wie Amy. Die beiden sind nicht die einzigen Figuren im Roman, die mir als Leserin sympathisch wurden. Zwischen ihnen gibt es nicht nur Einvernehmen, sie haben ebenfalls Ärgernisse zu überwinden. Aussprachen führen zu Verständnis füreinander, sorgen aber auch für Einsichten und Konsequenzen.

Erst ein zufälliger Fund von Amy bringt die Protagonistin dazu, ihre beständig wachsende Sammlung aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Die Kapitel im Jahr 2019 wechseln sich ab mit solchen auf einer zweiten Handlungsebene, die in der Zeit von 1998 bis 2008 spielen. Darin erfuhr ich mehr darüber, wie es zum Verschwinden von Amys Freund und ihrer besten Freundin kommen konnte. Das Zusammenleben mit den beiden war nicht immer einfach, aber alle drei hielten zueinander. Zum Ende hin gibt es eine überraschende Wendung mit der Erklärung, warum die beiden sich nicht mehr bei Amy gemeldet haben.

Der Roman „Morgen ist alles schön“ von Eleanor Ray zeigt, wie eine persönliche Krise sich in mancher Hinsicht hemmend auf das weitere Leben einer jungen Frau auswirkt. Durch ihr Verhalten und ihre Handlungen weckte Amy mein Mitgefühl beim Lesen. Der einfühlsame Schreibstil ist nicht nur bewegend, sondern auch unterhaltsam. Gerne empfehle ich den Roman weiter.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Emotionales bewegendes Leseerleben, welches nachdenklich stimmt

Wo die Wölfe sind
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Inti Flynn ist Biologin und Protagonistin sowie Ich-Erzählerin im Roman „Wo die Wölfe sind“, geschrieben von der Australierin Charlotte McConaghy. Sie leitet ein Projekt zur Wiederansiedlung von Wölfen ...

Inti Flynn ist Biologin und Protagonistin sowie Ich-Erzählerin im Roman „Wo die Wölfe sind“, geschrieben von der Australierin Charlotte McConaghy. Sie leitet ein Projekt zur Wiederansiedlung von Wölfen in Schottland, welches Teil einer Renaturierungsmaßnahme ist mit dem Ziel, den Klimawandel zu verlangsamen. Zu Beginn der Geschichte erzählt Inti beispielhaft eine Erinnerung, um den Lesenden zu verdeutlichen, dass sie unter Mirror-Touch-Synästesie leidet, einer neurologischen Störung bei der der eigene Körper das nachempfindet, was man bei anderen Lebewesen an Sinneswahrnehmung sieht.
Gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Aggie ist Inti auf zwei Kontinenten aufgewachsen, denn ihre Eltern leben seit langem getrennt. Der Vater ist Naturforscher und hat ihnen im kanadischen Vancouver die Liebe zur Natur nahegebracht. In Syndney in Australien arbeitet ihre Mutter als Ermittlerin bei der Polizei und beschäftigt sich in ihrem Kommissariat mit Missbrauchsfällen.
Nach einem furchterregenden Erlebnis an ihrer letzten Wirkungsstätte in Alaska freut Inti sich gemeinsam mit ihrer Schwester auf einen Neuanfang in Schottland. Während Aggie aufgrund der vergangenen Ereignisse zurückgezogen lebt, widmet sich Inti dem Wolfsprojekt. Dabei ist ihr klar, dass die wilden Tiere von den Anwohnern gefürchtet sind, die sich im Fall der Gefahr selbst verteidigen werden. Ein Zwischenfall gibt ihr Recht. Ihre eigene Liebe zu den Tieren treibt ungeahnte Auswüchse im Kampf um deren Leben, wobei sie von ihren eigenen Ängsten eingeholt wird.
Die Darstellung der Aussiedlung der Wölfe empfand ich als realistisch. Man spürt aus Intis Handlungen ihre Zuneigung zu den anpassungsfähigen Tieren. Gleichzeitig ist da aber auch ihr anhaltender Schmerz über das dramatische Geschehen in der Vergangenheit zu spüren, an dem sie sich eine Mitschuld gibt. Dabei geht es um den Missbrauch und Gewalt gegen Frauen. Durch die Tätigkeit ihrer Mutter hätte ich die beiden Schwestern sensibler für dieses Thema eingestellt gehalten, doch Inti wird sich über der Tragweite der physischen und psychischen Verletzungen erst bewusst als sie es über ihre Synästesie am eigenen Körper nachempfindet. In der kleinen Gemeinde in der Nähe des Wolfsreservats erspürt sie wieder einen Übergriff, der sie wütend, aber auch hilflos macht.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen menschliche Gefühle. Inti hat zu ihrer Schwester immer schon eine ganz besonders intensive Verbundenheit. Nicht immer war mir ihr Verhalten im Umgang mit Aggie verständlich. Beide leiden psychisch unter den vergangenen Geschehnissen. Zwar spricht die Autorin kurz an, dass professionelle Unterstützung hilfreich sein könnte, aber sie wird von den beiden nicht in Anspruch genommen.
Bei mir als Leserin warf die Erzählung die unterschiedlichsten Fragen auf, beispielsweise inwieweit wir als Menschen in die Natur eingreifen sollen. Welche Kriterien sollen wir dabei zugrunde legen? Sind es immer die „Richtigen“? Charlotte McConaghy betrachtet auch die Ansicht der ansässigen Landwirte, die ihre Schafe und Kühe frei weiden lassen.
Durch die Konstruktion der aktuellen Begebenheiten baut Charlotte McConaghy zunehmend Spannung auf, die sich zu einem furiosen Finale zuspitzt. Dabei halte ich den in der Fiktion geschilderten Umgang Intis mit ihrer eigenen Gesundheit und den Entschluss ihrer eigenen Schwester über ihr weiteres Leben für möglich, aber nicht wünschenswert.
Empathisch beschreibt Charlotte McConaghy in ihrem Roman „Wo die Wölfe sind“ die innere Zerrissenheit der Protagonistin Inti, die ein Projekt zur Auswilderung von Wölfen in Schottland leitet. Die dramatischen Erlebnisse in deren Vergangenheit werden immer mehr aufgedeckt und zeigen Inti als einen verstörten Charakter. Der Roman ist für feinfühlige Personen aufgrund bestimmter Darstellungen eher nicht geeignet und grundsätzlich ein emotionales bewegendes Leseerleben, das mich nachdenklich stimmte.

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Veröffentlicht am 29.03.2022

Fantasy für anspruchsvolle Lesende

Luyánta
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ie zwölfjährige Jolantha Seyfried ist die Protagonistin und Titelgeberin im Buch „Luyánta“ von Albrecht Selge. Am Beginn der Geschichte ist sie in unserer Welt, also der Erde, in den Sommerferien mit ihren ...

ie zwölfjährige Jolantha Seyfried ist die Protagonistin und Titelgeberin im Buch „Luyánta“ von Albrecht Selge. Am Beginn der Geschichte ist sie in unserer Welt, also der Erde, in den Sommerferien mit ihren Eltern und ihren beiden Brüdern auf einer Hüttenwanderung in Südtirol unterwegs. Jolantha hasst die Anstrengung, sie hasst die Unterbringung. Irgendwann nimmt sie ein Pfeifen wahr. Als Leserin erfuhr ich schon nach kaum mehr als zwanzig Seiten, dass man mit den Geräuschen tatsächlich Jolanta auf sich aufmerksam machen möchte.
Das Mädchen packt etwas zum Essen und eine Stirnlampe in ihren Beutel und macht sich auf die Suche nach denen, die da gepfiffen haben. Dabei gelangt sie immer höher ins Gebirge und tiefer in waldreiche Gegenden oder baumlose Ebenen, bis sie auf Murmeltiere trifft. Es erstaunt sie kaum, dass sie sich mit ihnen unterhalten kann. Unbemerkt ist sie in die unselbe Welt gelangt und wird hier schon dringend erwartet. Luyánta nennt man sie, denn so hat sie seit ihrer Geburt dort in der anderen Welt immer schon geheißen, Das Cover lässt im Ansatz erahnen, welche Flora- und Faunavielfalt in der unselben Welt zu finden ist, die unserer bekannten Erde ähnelt und doch ihren eigenen Charme entwickelt. Andreas Selge beschreibt sie detailverliebt, was zu einer gewissen Länge, vor allem im Mittelteil führt.
Die Geschichte basiert auf der Sage vom Reich der Fanes, die in Norditalien bekannt ist. In der Überlieferung wie auch im Fantasyroman Luyánta finden sich das Maultiergerippe und die Königstochter Dolasilla, die Adler, die Murmeltiere und natürlich die Fanesleute wieder. Der Autor stellt seine Erzählung vor einen modernen Hintergrund.
Luyánta ist eine Heranwachsende, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist. Die beiden Murmeltiere, von denen sie in die unselbe Welt gerufen wird, reden in einer lässigen Sprache miteinander. Sie verdeutlichen Luyánta, dass sie etwas besonderes ist und ihr eine bedeutende Aufgabe zukommt. Das Vertrauen in sie, treibt die Protagonistin an, dem Hilferuf zu folgen. Doch immer wieder hat sie Krisen, in denen sie an ihren Fähigkeiten zweifelt. Sie muss sich immer wieder Behaupten, Niederlagen verarbeiten und reift an dem Gelingen der an sie gestellten Aufgaben und Erwartungen.
Die Kapitel, in denen Luyánta im Mittelpunkt steht, werden immer mal wieder durch solche unterbrochen, in denen anderen Personen oder Tiere ihre Ansichten und Meinungen kundtun. Vor allem nutzt der Autor dabei die Möglichkeit, die nach Macht strebende Seite der unselben Welt darzustellen, während Luyánta auf ihrer Seite Diversität erfährt.
Den Übergang zwischen den beiden Welten zu Beginn des Buchs ist gelungen, aber die Auflösung der Herkunft von Luyánta fand ich wenig ausgeführt, vermutlich weil hier Platz für die eigene Fantasie gelassen werden sollte. Die Beschreibung der Wiederbegegnung mit den Familienangehörigen am Ende des bereits mit dem Titel angekündigten Jahrs in der unselben Welt hätte ich mir ausführlicher gewünscht.
Luyánta“ von Albrecht Selge ist eine Fantasy für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren, die aber auch Erwachsene anspricht. In einer teils poetisch anmutenden Sprache schafft der Autor basierend auf einer alten Sage eine moderne neue Welt. Die Lesenden begleiten die titelgebende Jugendliche auf ihrem Weg zur Selbstverwirklichung, der für einige unvorhergesehene Überraschungen und Wendungen bereithält. Die Fantasy ist für anspruchsvolle Lesende geeignet.

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Veröffentlicht am 07.12.2021

Wirft gesellschaftlich relevante, problematische Themen auf

Reality Show
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In ihrem Roman „Reality Show“ bringt Anne Freytag an einem Heiligabend in nicht allzu ferner Zukunft die Zuschauer gemeinsam vor einer unplanmäßigen, ungewöhnlichen Sendung, die auf allen Programmen läuft, ...

In ihrem Roman „Reality Show“ bringt Anne Freytag an einem Heiligabend in nicht allzu ferner Zukunft die Zuschauer gemeinsam vor einer unplanmäßigen, ungewöhnlichen Sendung, die auf allen Programmen läuft, vor dem Fernseher zusammen. In einer Liveausstrahlung werden sie Augenzeuge eines irreal erscheinenden Gerichts, dessen Richter sie selbst sein sollen. Dazu wurden zehn Personen in Deutschland ausgewählt, die den größten Einfluss in verschiedensten Branchen haben, wodurch ihre Macht auch bei der Bevölkerung zum Tragen kommt. Sie sind angeklagt, ihre Stellung in der Gesellschaft nur unter Ausnutzen von Menschen, Ressourcen oder Gesetzeslücken erlangt zu haben. Die Zuschauer entscheiden, wer von ihnen und wie bestraft werden soll.

Zu Beginn des Romans baut Anne Freytag schnell Spannung auf. Es gibt durchaus Ähnlichkeiten zwischen den fiktiven angeklagten Figuren und realen Personen in der Öffentlichkeit. Daher war es interessant zu verfolgen, wie Anklage, Verteidigung und Verurteilung durch die Zuschauer nun erfolgen sollten. Vor allem stand aber auch die Frage im Raum, wer die Show veranlasst hat und warum. Die Sendung verlangte einige Jahre Vorbereitung und konnte nur von mehreren Personen unter strengster Geheimhaltung ausgeführt werden.

In kurzen Kapiteln werden die zehn Angeklagten einzeln vorgestellt, wie sie gerade den Heiligabend verbringen, meist im Kreis der Familie. Es folgen Rückblicke auf die Vorbereitung des Abends mit Blick auf die einzelnen Täter. Im Laufe der Planungen haben sie sich ab einem bestimmten Zeitpunkt Decknamen gegeben. Dazwischen werden auch beispielhaft Zuseher vorgestellt, die gerade die Sendung vor dem Fernseher verfolgen. Der Kreis der handelnden Personen wurde immer zahlreicher. Verbunden mit den Zeitsprüngen und den Pseudonymen war es schwierig der Handlung zu folgen. Die aufgebaute Spannung versandete wieder. Meiner Meinung nach waren es zu viele angeklagte Machtmenschen.

Den Grundgedanken des Romans fand ich ansprechend. Anne Freytag betrachtet ganz verschiedene Themen wie Fast Fashion, Datenverkauf, Missbrauch von Sportlerinnen und Erwerb jüdischen Eigentums in Zeiten des Nationalsozialismus. Durch ihre Protagonisten übt sie Gesellschaftskritik am sozialen Machtgefüge. Gerne hätte ich noch mehr über das Für und Wider des Tuns der Angeklagten erfahren. Stattdessen baute die Autorin die Hintergründe für die Entstehung der Show weiter aus, was aber auch richtig und wichtig war. Durch die Beschreibung der Reaktionen der Zuschauer spricht sie an, welche Ideale heute vorherrschen und wie beeinflussbar jeder aufgrund einer guten Darstellung von Argumenten ist ohne die Gründe der Gegenseite zu kennen, was mich erschreckt hat.

Anne Freytag spielt in ihrem Roman „Reality Show“ mit der Sensationslust der Menschen und ist damit am Puls der Zeit. Die Autorin wirft unterschiedliche, gesellschaftlich relevante, problematische Themen auf, die mich als Leserin nachdenklich stimmten. Die Umsetzung der Sendung ist überspitzt dargestellt, die Konstruktion der Geschichte mit einer hohen Anzahl Personen, die die Überschaubarkeit der Handlung einschränkten, konnte mich aber nicht vollends überzeugen.

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