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Venatrix

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Veröffentlicht am 11.12.2021

Opulenter Mittelalteroman, der Fakten und Fiktion bestens verknüpft

Die Mission des Kreuzritters
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Ulf Schiewe entführt seine Leser diesmal in das Mittelalter nach Jerusalem. Der aktuelle Herrscher, König Baudoin II. (1075-1131 hat nur vier Töchter als Erben. Die älteste, Melisende (1105-1161), wird ...

Ulf Schiewe entführt seine Leser diesmal in das Mittelalter nach Jerusalem. Der aktuelle Herrscher, König Baudoin II. (1075-1131 hat nur vier Töchter als Erben. Die älteste, Melisende (1105-1161), wird zwar auf ihre Aufgaben als Regentin vorbereitet, soll aber der Tradition entsprechend verheiratet werden und ihrem Mann die Regierungsgeschäfte überlassen.

Die selbstbewusste Melisende denkt aber nicht daran den Grafen Foulques d’Anjou (1095-1143) zu heiraten, dessen Machtgelüste deutlich sichtbar sind. Trotzig schleicht sie sich mit wenigen Getreuen aus der Stadt Jerusalem, um zu ihrer Schwester nach Antiochia zu reisen. Blöderweise wird die Reisegruppe überfallen und Melisende als Geisel nach Schaizar, einer muslimischen Stadt, die vom Sultan ibn Munquidh regiert wird, verbracht. Um sie auszulösen, schickt König Baudouin II. den ihm treu ergebenen Tempelritter Raol de Montalban nach Schaizar. Man einigt sich auf eine Lösegeldsammlung und (erstaunlich) auf einen Nichtangriffspakt. Zunächst scheint die Rückkehr nach Jerusalem auch ohne weitere Schwierigkeiten zu gelingen, doch dann greift ein Verräter plötzlich in das Geschehen ein und erneut schweben Melisende und das Königreich von Baudouin II. in großer Gefahr.

Meine Meinung:

Schauplatz dieses historischen Romans ist der Nahe Osten, sprich das Heilihe Land. Autor Ulf Schiewe setzt sich hier kritisch mit den Eroberungsfeldzügen europäischer Herrscher im Nahen Osten auseinander. Unter dem Deckmantel, die „Heilige Stadt Jerusalem“ wieder für die Christenheit zu gewinnen, richten Generationen von Monarchen, Päpsten und (Kreuz)Ritter Gemetzel unter der dort lebenden Bevölkerung an. Jerusalem ist die Stadt, die drei Weltreligionen als heilig gilt: den Juden, den Christen und den Muslimen. Deshalb erfahren wir einiges über die muslimische Lebensart, die der europäischen in einigen Dingen doch überlegen scheint: der Wohnkomfort oder die Medizin.

Wie wir es aus den anderen historischen Romanen von Ulf Schiewe kennen, sind die historischen Hintergründe penibel recherchiert und Fakten mit Fiktion perfekt verknüpft. So haben Baudouin II., seine aufmüpfige Tochter und ihr Bräutigam, der Graf von Anjou, wirklich gelebt. Die Entführung und die Liebesbeziehung zu Raol de Montalban sind geschickt in den historischen Kontext eingebunden. Der fiktive Kreuzritter Raol ist einigen von uns aus anderen Werken des Autors bekannt.

Der Schreibstil ist fesselnd und die bildhafte Beschreibung der Landstriche, die durchquert werden muss, lässt vor uns ein umfassendes Gesamtbild der Ereignisse erstehen. Der Spannungsbogen wird während Melisendes gesamter Reise hochgehalten, vor allem wegen der überraschenden Wendungen.
Interessant sind auch die Details zu den Anfängen des Templerordens.

Das Cover hebt sich von den sonst für historische Romane üblichen pergamentbeigen Farben wohltuend ab.

Fazit:

Ein fesselnder Mittelalterroman, der im Heiligen Land spielt und großartig Fakten mit Fiktion verknüpft. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.12.2021

Ein Roman, auf den man sich einlassen muss

Stille Jahre
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„Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied, und für die Genossen war er diese Schwachstelle geworden. Am Ende werden sie irgendetwas gegen ihn ausgraben, ihn aus der Partei werfen und auch aus ...

„Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied, und für die Genossen war er diese Schwachstelle geworden. Am Ende werden sie irgendetwas gegen ihn ausgraben, ihn aus der Partei werfen und auch aus der Stelle. Das ist nur eine Frage der Zeit.“

Nach ihrem Roman „Hana“, der das NS-Regime zum Thema hat, spielt dieser neue Roman von Alena Mornštajnová in der kommunistischen Tschechoslowakei.

Worum geht’s?

Einer der Hauptdarsteller, Svatopluk Žák, ist das, was man gemeinhin als Parteisoldat bezeichnet. Er liebt Musik und Eva, selbst Pianistin, die ihm eine musikalische Tochter schenkt. Als Blanka betrunken einen Autounfall verursacht, wirft Svatopluk alle seine Prinzipien über Bord und hilft Blanka. Als das bekannt wird, legt Svatopluk alles seine Parteifunktionen zurück und übersiedelt mit Eva in die weit entfernte Provinz. Doch nicht nur räumlich zieht er sich zurück. Svatopluk geht in innere Emigration, da ihm sein Lebensinhalt entglitten ist.

Wenig später bekommt Eva eine weitere Tochter, Bohdana. Sie ist die zweite Hauptperson in diesem Roman, in dem man abwechselnd aus Bohdanas und Svatopluks Perspektive lesen kann. Bohdana wird nie sprechen lernen, ob ihr rein medizinisch nichts fehlt.

Bohdana Žáková beginnt über das schräge Verhältnis zwischen ihr, ihrem Vater und der Stiefmutter Béla nachzudenken. Als sie von ihrer sterbenden Großmutter mit dem Namen „Blanka“ angesprochen wird, beginnt sie heimlich zu recherchieren.

Meine Meinung:

Dieser Roman zeichnet sich durch eine stilistisch hochwertige Sprache aus, was durchaus der gelungenen Übersetzung von Raija Hauck zuzurechnen ist.


Bohdanas Unvermögen sprechen zu können, wirkt wie ein Symbol für die Sprachlosigkeit zwischen Vater und Tochter. Wäre Svatopluk ebenso unwirsch, grausam, wenn er statt einer zweiten Tochter, die ihn an die Verfehlungen im Zusammenhang mit der ersten erinnert, ein Sohn geboren wäre?

Fazit:

Ein Roman, auf den man sich einlassen muss. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.12.2021

Ein gelungener hist. Roman

Gold und Ehre
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Sabine Weiß entführt ihre Leser in das Amsterdam von 1650, in das sogenannte „Goldene Zeitalter“ der Freien Niederlande. Die schönen Künste erleben ihre Blütezeit, doch auf der politischen Bühne ziehen ...

Sabine Weiß entführt ihre Leser in das Amsterdam von 1650, in das sogenannte „Goldene Zeitalter“ der Freien Niederlande. Die schönen Künste erleben ihre Blütezeit, doch auf der politischen Bühne ziehen dunkle Wolken auf. Wilhelm II. von Oranien, der Statthalter, und die Regenten der Freien Provinzen sollten eigentlich zum Wohle der Bürger gemeinsam regieren. Doch die Adeligen und einige Bürgermeister sind einander nicht grün. Als Wilhelm II. jung stirbt und sein Sohn noch ein Säugling ist, wollen die Anhänger der Republik ihre Macht ausbauen. Doch sie haben ihre Rechnung ohne die mit dem Hause Oranien verbündeten Monarchien gemacht, die begehrlich auf den wohlhabenden Landstrich schielen. Soweit das historische Umfeld.

Benjamin Aard, Architekt und Sohn von Michiel Aard, ist vielseitig interessiert und gemeinsam mit seinem Cousin Theo, der gerne Medizin studieren möchte, führt er verschiedene Experimente durch. Als eines davon schief und eine Mühle in Flammen aufgeht, wird Benjamin von seinem Vater nach Hamburg geschickt, weil das Fehlverhalten seines Sohnes seiner Reputation und seinem Streben in den Stadtrat gewählt zu werden, schadet.

Hamburg ist zu jener Zeit eher provinziell. Fremde werden kritisch beäugt und so hat es der junge Niederländer nicht leicht, Fuß zu fassen. Er fällt auf falsche Freunde herein und trifft auf Lucia, die, um ihre Familie und den Steinehof zu retten, sich in Männerkleidung auf diverse krumme Geschäfte einlässt. Lucia ist klug und schleicht sich als Mann verkleidet in die, für Frauen verbotene Bibliothek. Sie ist auch geschäftstüchtig. Doch wie in dieser Zeit üblich, ist ihr das Führen eines Geschäftes verboten. Nur Männer sind dazu berechtigt.

Meine Meinung:

Sabine Weiß ist wieder ein opulenter historischer Roman gelungen. Er knüpft lose an „Krone der Welt“ an. So ist auch „Gold und Ehre“ in der Welt der Amsterdamer Architekten angesiedelt. Neben Michiel und Benjamin ist auch Daan, Michiels älterer Sohn Architekt. Doch der ist eher an Antje, der Dienstmagd, als an Bauprojekten interessiert. Michiel ist ein ungerechter Vater. Er hat nur seine Berufung in den Stadtrat im Auge und behandelt seine Söhne ungleich. Zudem gibt es ein Familiengeheimnis, dass erst im Laufe der Handlung gelöst wird.

Geschickt verknüpft Sabine Weiß Fakten und Fiktion. Neben den erfundenen Figuren dürfen wir Christina, der Ex-Königin von Schweden begegnen.

Die Story ist gespickt mit Intrigen, Schicksalsschlägen, Macht und Ohmacht sowohl in Hamburg und Amsterdam als auch in Nieuw Amsterdam, wohin es Theo verschlägt. Interessant auch der Einblick in die Medizin und die Seefahrt des 17. Jahrhunderts.

Der Schreibstil ist wie üblich opulent und bildhaft. Diesmal habe ich den Eindruck, dass der Verlag (?) darauf gedrängt hat, das Buch nicht allzu dick werden zu lassen. Die ersten zwei Drittel umfassen den Zeitraum von wenigen Jahren, während das verbleibende Drittel für rund zwanzig Jahre genügen muss. Das wirkt auf mich ein wenig ungleichgewichtig.

Für manche Leser, die sich für historische Romane und die Fakten, die dahinter stehen, interessieren, wird wohl der Griff zu weiterführender Literatur nötig sein. Denn, obwohl die Freien Niederlande (= „Republik der sieben vereinigten Provinzen“ (1579-1795) im Gegensatz zu den zuerst „Spanischen“ (1581-1713) und anschließend „Österreichischen Niederlanden“(1713-1795)) in Europa liegen, ist deren Geschichte nicht so geläufig wie die der Engländer, Schotten oder Burgunder. Da wäre ein kurzer Abriss der Geschichte mit Zeitstrahl hilfreich. Selbst ich, habe ein wenig nachlesen müssen, obwohl ich glaube, mich in europäischer Geschichte ganz gut auszukennen.

Es ist allerdings gut möglich, diese historischen Details auszublenden und sich auf die Liebesgeschichte von Benjamin und Lucia sowie auf den Bau des Michels in Hamburg, zu konzentrieren.

Fazit:

Ein gut gelungener historischer Roman, der auch die komplexe politische Situation des 17. Jahrhunderts beleuchtet. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.12.2021

Mut zur Einmischung

Der Engel von Warschau
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„Ihr müsst jetzt stark sein. Nein, stärker, Wir alle müssen so viel stärker sein als die da draußen … Dann werden wir das hier vielleicht überleben.“

Mit diesen und ähnlichen Sätzen versucht Irena Sendler ...

„Ihr müsst jetzt stark sein. Nein, stärker, Wir alle müssen so viel stärker sein als die da draußen … Dann werden wir das hier vielleicht überleben.“

Mit diesen und ähnlichen Sätzen versucht Irena Sendler der immer größer werdenden Zahl von Armen in der polnischen Stadt Warschau Unterstützung zu bieten. Irena ist Mitarbeiterin des Sozialamtes und ist es gewöhnt, um Hilfe zu betteln, egal bei wem. Daher hat sie ein dicht gewebtes Netzwerk, das sie nun, da die Deutschen die Stadt besetzen und alle Juden in ein Getto sperren, vortrefflich nützen kann.

Als Schlüsselerlebnis gilt, der Schmuggel eines kleinen jüdischen Mädchens aus dem Getto, das sie bei einer polnischen Familie unterbringt. Daraus entwickelt sich eine groß angelegte Rettungsaktion für zahlreiche Kinder. Babys und Kleinkinder lassen sich relativ leicht aus dem Getto schmuggeln und mit gefälschten Dokumenten versorgt. Um die Tarnung nicht auffliegen zu lassen, werden die Kinder oft getauft, was deren Eltern in Gewissenskonflikte bringt. Irena versteht dies und führt eine geheime Liste auf der die wahre Identität und der Tarnname aufgezeichnet sind.

Irena arbeitet rund um die Uhr und muss noch um das Leben ihrer großen Liebe Adam bangen, denn Adam ist Jude. Mehr als einmal steht das Unternehmen auf der Kippe und droht aufzufliegen. Als sie 1943 von den Deutschen verhaftet und zum Tod verurteilt wird, gelingt es anderen Untergrundaktivisten, sie freizukaufen. Dann muss sie untertauchen und kann nicht einmal dem Begräbnis ihrer Mutter beiwohnen.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman beruht auf wahren Begebenheiten und ist Teil der Reihe „starke Frauen der Geschichte“ aus dem Verlag Piper. Irena Sendler (1910-2008) hat tatsächlich wie beschrieben rund 2.500 jüdischen Kindern das Leben gerettet. Sie wird 1965 als „Gerechte unter den Völkern“ von Yad Vashem gewürdigt.
Irena Sendler wird häufig mit Oskar Schindler verglichen. Doch ich sehe hier gravierende Unterschiede. Während Schindler vermögend ist und durchaus vom NS-Regime profitiert, hilft Sendler selbstlos. Ohne die zahlreichen kleinen und größeren Hilfestellungen anderer wäre es Irena Sendler nicht gelungen, so viele Kinder zu retten. Das kommt in diesem Roman auch deutlich zur Sprache. Der Fokus liegt auf der Rettung der Kinder, obwohl Irena hier die treibende Kraft ist. So gibt es auch den einen oder anderen deutschen Soldaten, der davon überzeugt ist, Unrecht zu begehen und deshalb dezent wegsieht. Leider waren es viel zu wenige.

Fazit:

Für mich der bislang beste Roman aus der Reihe „Starke Frauen der Geschichte“. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 07.12.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Tanz bis ans Ende der Welt
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Tereza Vanek versteht es ausgezeichnet, mit ihren Büchern die Leser zu fesseln. Mit diesem hier tauchen wir in die Welt der „Goldenen Zwanziger Jahre“ ein, die so golden gar nicht waren. Oh, werden sich ...

Tereza Vanek versteht es ausgezeichnet, mit ihren Büchern die Leser zu fesseln. Mit diesem hier tauchen wir in die Welt der „Goldenen Zwanziger Jahre“ ein, die so golden gar nicht waren. Oh, werden sich einige denken, nicht schon wieder ein Buch aus dem Berlin dieser Zeit. Doch die Protagonisten überraschen. Worum geht’s also?

Klarissa erbt von ihrer Tante Anna ein Haus und findet ein Foto, auf dem Anna mit einer Chinesin abgelichtet ist. Neugierig geworden, begibt sie sich auf Spurensuche und taucht aus dem München der 1960er Jahre tief in die Vergangenheit der 1920er ein.

Zhang Penjun, Tochter einer wohlhabenden Familie, reist ohne deren Erlaubnis von Shanghai nach Berlin, um ihren Verlobten zu treffen. Auf dem Weg zu ihm wird sie bestohlen und muss dann noch feststellen, dass er mit einer Deutschen zusammenlebt.

Unmittelbar darauf lernt sie die Schuhverkäuferin Anna kennen, die sie unter ihre Fittiche nimmt. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, treten die beiden in Cabarets auf und feiern große Erfolge, bis die Nazis an die Macht kommen und alles Fremde aus Deutschland verbannen.

Meine Meinung:

Teresa Vanek ist ein fesselnder historischer Roman auf zwei Zeitebenen gelungen. Zum einen begeben wir uns nach Berlin in die Weimarer Republik und zum anderen in das konservative München der 60er Jahre, in dem die Studenten zu rebellieren beginnen.

Tereza Vanek, deren Bücher ich sehr gerne lese, fesselt ihre Leser mit den Schicksalen zweier Frauen von höchst unterschiedlicher Herkunft. Wer glaubt, bereits alles aus der Zwischenkriegszeit zu wissen, wird eines Besseren belehrt. Denn, dass es eine chinesische Community in Berlin gab, habe ich auch nicht gewusst.
Herrlich ist zu lesen, mit welchen Vorstellungen die junge Zhang Penjun, die sich in Deutschland Susan nennt, nach Europa kommt. Hier müssen alle Leute reich sein, man wohnt in großen Häusern und Bettler sowie Elend gibt es nicht. Schnell lernt sie die Realität kennen.

Der Schreibstil ist mitreißend und die Charaktere wachsen den Lesern bald ans Herz. Wir lernen sie mit allen ihren Stärken und Schwächen kennen.

Fazit:

Ein historischer Roman auf zwei Zeitebenen, der einen kaum loslässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.