Auf- und Abstieg des österreichischen "Wunderkinds"
KURZDer ehemalige Politiker Peter Pilz zeigt in diesem Buch den Aufbau der "Neuen Volkspartei" mit ihrem österreichischen Wunderkind und zweimaligem Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Das Cover des Buches ist ...
Der ehemalige Politiker Peter Pilz zeigt in diesem Buch den Aufbau der "Neuen Volkspartei" mit ihrem österreichischen Wunderkind und zweimaligem Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Das Cover des Buches ist natürlich sehr passend in der Farbgebung und durch das Konterfei von Sebastian Kurz.
Der Schreibstil des Autors ist sehr gut; er geht nicht immer chronologisch vor, sondern teilt das Buch in Themengebiete ein.
Warum der Aufstieg von Sebastian Kurz gelang, hat vielerlei Gründe. Das eine ist natürliche die Planung, die Kurz mit seinen "Buben" schon einige Zeit vorher betrieb. Dies wird perfekt in dem Buch beschrieben, wobei natürlich (noch) die Unschuldsvermutung gilt. Zum anderen - was im Buch nicht erwähnt wird und vielleicht auch nur meine eigene Meinung widerspiegelt - ist es die Tatsache, dass den Bundeskanzlern (bzw. den Spitzenkandidaten der Parteien) zuvor seit langem etwas fehlte - Charisma und Eloquenz. Alleine wenn ich an Schüssel, Gusenbauer, Faymann, Spindelegger oder "Django" Mitterlehner denke, zeigt dies dass die beiden oben erwähnten Eigenschaften total fehlte. Der erste, der beides wieder mitbrachte, war der SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern, der ja dann durch Sebastian Kurz abgelöst wurde, als der die Koalition platzen ließ.
Kurz selbst besaß natürlich auch Charisma und die Redegewandtheit wurde ihm durch vorgeschriebene Texte antrainiert. Auch in diesem Buch wird dies gut beschrieben. So merkte man schon immer in diversen Interviews, wie Kurz manchmal mantraartig immer die gleichen Antworten wiederholte - und wenn sie tausendmal nicht auf die Frage passte. Und - ebenfalls im Buch beschrieben - fehlte ihm noch etwas: politische Inhalte. Einige wenige Punkte wurden von der rechten FPÖ übernommen, mit denen er dann auch prompt in die Koalition ging - bis zum Ibiza-Video.
Und gerade dieses Ibiza-VIdeo, mit dem die Koalition platzte und Kurz damit auch endlich Kickl als Innenminister loswerden konnte, sollte ein großes Problem für die türkise Volkspartei werden. Nicht nur, dass Kurz als Bundeskanzler nach einem Misstrauensantrag abgesetzt wurde, begannen langsam auch die Ermittlungen gegen das türkise Netzwerk.
Zwar wurde Kurz und die Volkspartei wiedergewählt und ging eine Koalition mit den Grünen ein, allerdings mussten Kurz und Finanzminister Blümel "freiwillig" abtreten. Kurz hat mittlerweile einen Manager-Posten in Silicon Valley bei Thiel Capital bei einem Trump-Vertrauten - für einen jungen Mann ohne abgeschlossene Ausbildung (abgebrochenes Jus-Studium) keine schlechte Karriere. Dies wird im Buch alles natürlich noch nicht erwähnt, da es bereits erschien als Kurz noch Kanzler war.
Dabei war alles gut geplant: Wahlkampf mit vielen Spenden auch durch teilweise nicht sehr seriöse Millionäre und Firmen, dafür gab es dann gute Posten (siehe z.B. den mittlerweile ebenfalls zurückgetretenen ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Dann schaute man noch, dass man die Medien auf eine Linie brachte: der ORF wurde schwarz, Kronen-Zeitung und Kurier wurden zu einem Teil von René Benko gekauft etc. etc.
Ja und dann brauchte man natürlich auch noch die richtigen Ministerien und die Staatsanwaltschaft. Nur die WKStA konnte man nicht auf Plan bringen, denn die ermittelte in der SOKO Ibiza zwar primär gegen H.C. Strache und die FPÖ, allerdings bot das Ibiza-Video auch einige Aussagen über die ÖVP. Und letztendlich hat die FPÖ nur darüber geredet, die "Neue Volkspartei" hat es gemacht. Auch wenn die SOKO-Ermittler die Ermittlungen behinderten (wahrscheinlich durch die Nähe zu den Türkisen) führte dies zu Hausdurchsuchungen bei Schmid, Blümel und Kurz. Und was da an Chats rauskam ist zwar nicht wirklich beweisend für eine kriminelle Machenschaft, die Indizienlage ist allerdings doch sehr hoch. Dazu führten Falschaussagen (hier gilt natürlich ebenso die Unschuldsvermutung). So wusste Blümel zuerst nicht, ob er einen Laptop hatte, dann war seine schwangere Frau damit spazieren (wurde auch nicht im Buch erwähnt) und Kurz selbst wollte ein "Nein" seiner Aussage aus dem Protokoll mehrmals streichen lassen. Da nutzte dann auch die "Schredder-Affäre" nichts mehr. Und auch der Bundespräsident musste v.a. das Finanzministerium und Blümel dann auch zur Herausgabe von Daten zwingen.
Zwar wurde die SOKO Ibiza durch die ÖVP und ihrem Koalitionspartner beendet, aber die Ermittlungen auch wegen Falschaussagen geht weiter.
Zwar mussten einige wie Kurz und Blümel gehen, allerdings hat man doch noch einige Politiker der türkisen, die eine erfolgreiche Zurückverwandlung in die schwarze ÖVP verhindert. Der neue Bundeskanzler Nehammer, Wirtschaftsministerin Köstinger und Nationalratspräsident Sobotka, der übrigens als Beschuldigter selbst den SOKO-Ausschuss leitete, sind noch immer in der Politik in Top-Positionen.
Und wie betonte Kurz mehrfach, was das wichtigste für ihn ist - wichtiger als das Können für das eingeteilte Ressort - Loyalität. Die hat er zwar durch die meisten Landeshauptleute und die Bevölkerung verloren, aber noch immer gibt es viele Loyale. Ob er die auch in den USA findet?
Der Autor weiß natürlich auch wovon er redet: Zuerst war er bei den Grünen, dann gründete er seine Partei "JETZT - Liste Pilz", die es zur ersten Amtszeit Kurz´ auch in den Nationalrat schaffte. Zum anderen betreibt er die Online-Zeitung ZackZack, wo er - wie auch für dieses Buch - hervorragend recherchiert.
Quellenangaben und Erklärungen bilden den Abschluss des Buches.
Fazit: Erschütterndes Polit-Profil über den österreichischen Ex-Kanzler und sein türkises machtgeiles Team. 5 von 5 Sternen