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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2017

Grausam und überfrachtet, aber gut geschrieben

Totenengel
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Zum Inhalt:
Das Team um Eve Clay wird zu einer Inszenierung eines Mordes gerufen, die ihresgleichen sucht: Professor Lawson, ein höchstbetagter Wissenschaftler, wurde bestialisch hingerichtet und nach ...

Zum Inhalt:
Das Team um Eve Clay wird zu einer Inszenierung eines Mordes gerufen, die ihresgleichen sucht: Professor Lawson, ein höchstbetagter Wissenschaftler, wurde bestialisch hingerichtet und nach Art eines Kunstwerks des Malers Brueghel drapiert. Da Lawson Kunstprofessor war, liegt der Verdacht nahe, dass in seinen Forschungen die Schuld für seinen Tod liegen könnte. Oder ist doch eher der Grund in dem abgeschiedenen Leben zu finden, dass er nicht nur sich, sondern auch seiner Tochter Louise zumutete? Diese arbeitet ehrenamtlich in einem Refugium für geistig schwache Menschen. Und dort ist auch nicht alles Gold, was philanthropisch glänzt….

Mein Eindruck:
Das Buch von Robertson ist gut recherchiert und „künstlerisch“ wertvoll. Gut gefallen der rasante Stil (obwohl die Zeitangaben ins Unmögliche abdriften) und der Zusammenhalt im Polizei-Team, welches von gesunden Menschen ohne tiefere Abgründe geprägt ist. Roberts weiß seine Leser zu fesseln, seine Figuren sind ausdrucksvoll dargestellt, die Vergangenheit seiner Protagonistin Eve Clay ist interessant und findet einen gewissen Bogen zu dem jetzt zu bearbeitenden Fall.
Leider ist das Buch für meinen Geschmack zu überfrachtet mit tiefschürfenden Motiven, Soziopathen und sonstigen eher schwierig für Otto-Normalleser zu verstehenden Menschen. Außerdem ärgert mich persönlich das Frauenbild des armen, sich nicht wehren könnenden bzw. wollenden Häschens, welches bei vielen Nebenfiguren seine Anwendung findet. Die Gewalttaten bzw. das, was für die Nachwelt an Arrangement übrig bleibt, sind stellenweise sehr grausam geschildert, - die Anleihen bei Cody McFadyen oder Chris Carter fast überdeutlich. Und last but not least sind mir die Botschaft, dass der Zweck jedes Mittel heiligt und die Auflösung des Falls zu alttestamentarisch – um im Bild des religiösen Rächers zu bleiben.

Mein Fazit:
Ein eindringlicher Schreibstil und gute Hintergrundinformationen, jedoch zu blutrünstig und moralisch fragwürdig

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 11.06.2017

Idee top, Auflösung durchwachsen

Der Brief
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Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände ...

Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände – verheiratet mit einem Galeristen namens Victor in Paris. Als es nicht bei einem Schreiben bleibt, forscht Marie nach – zuerst bei Christine, die dadurch in einer Nervenheilanstalt landet, und später in Paris. Sie findet Victor, fühlt sich ihm auch sehr verbunden und schließlich verschieben sich die Realitäten.

Mein Eindruck:
Klappentext und Cover sind eine echte Wucht: Der Text verspricht eine mysteriöse Geschichte, das Cover zeigt die Zerrissenheit Maries mit einem Bild der Speicherstadt links und einer Paris-Ansicht rechts und zwei Frauen, gleich angezogen, die sich auf der Brücke entgegenkommen.
Der Stil der Story ist flüssig, man kann sich gut in die Personen hineinfühlen, deren Probleme sind zum größten Teil real und nachvollziehbar, - wenn man von den Komplikationen absieht, die durch den Schriftwechsel verursacht sind. Und hier zeigt sich die Krux der Geschichte, die letztendlich weder Fisch (wir finden eine glaubhafte Erklärung für die Vorkommnisse) und nicht Fleisch (wir driften in die Fantasy ab) ist. So mündet die Story in einem Ende, welches mich persönlich verwirrt und schlecht gelaunt das Buch zuklappen lässt, obwohl es einen sehr guten Ansatz, viel Fantasie und schöne Beschreibungen von Ländern und Leuten beinhaltet. Möglicherweise ist das Unbehagen meinerseits auch der Protagonistin geschuldet, die relativ selbstherrlich nur an ihrem eigenen Wohl interessiert ist, Scherben en Masse hinterlässt und nicht weiter als bis zur Nasenspitze denkt.

Mein Fazit:
Guter Beginn, Ende mit vielen Fragezeichen, 3 Sterne insgesamt für Idee, Cover und Stil

Veröffentlicht am 07.05.2017

Die Wölfin reißt das Rudel

Drei Meter unter Null
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Zum Inhalt:
Eine Frau erfährt ein furchtbares Geheimnis und beschließt, die verantwortlichen Personen zur ultimativen Rechenschaft zu ziehen. Sie lässt sich zur Kampfmaschine ausbilden und verfolgt kaltblütig ...

Zum Inhalt:
Eine Frau erfährt ein furchtbares Geheimnis und beschließt, die verantwortlichen Personen zur ultimativen Rechenschaft zu ziehen. Sie lässt sich zur Kampfmaschine ausbilden und verfolgt kaltblütig ihren Plan.

Mein Eindruck:
Eine Ich-Erzählerin, die sehr lange das Motiv für ihr Tun für sich behält und damit das Page-Turning forciert. So sitzt man und liest und wundert sich, wie ein so geliebtes Kind in ein Raubtier mutieren kann. Die Brüche in der Persönlichkeit ihrer Protagonistin weiß Marina Heib sehr intensiv darzustellen. Zuerst als Kind und Jugendliche einerseits Pippi Langstrumpf und Tarzan, andererseits werden andere misshandelt und schwer verletzt – immer ohne Folgen für die Hauptfigur. Dann wird aus dem fantasiebegabten Wesen plötzlich eine analytische, kühle Frau, die erst nach reiflicher Überlegung heiraten möchte, um nach überraschenden Informationen praktisch wieder ihr ganzes Leben auf den Kopf zu stellen und zur Mörderin zu werden, große darstellerische Fähigkeiten inklusive.
Das ist dann der Moment, an dem man der Geschichte und den Beweggründen der Protagonistin nur noch schwer zu folgen vermag, diese durchlebt fast zu viele Metamorphosen.
Allerdings – und das ist das große Plus von Heib – spannend ist ihre Geschichte und es ist ein Genuss, sich in der wohlgeformten Sprache zu verlieren, obwohl einem die Ich-Erzählerin fern bleibt und der Twist zum Schluss nicht unbedingt gefallen muss.

Aber das ist ja möglicherweise genau so gewollt!

Veröffentlicht am 22.04.2017

Familiendrama

Perfect Girl - Nur du kennst die Wahrheit
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Zum Inhalt:
Als 15jährige verursachte Zoe einen Autounfall, bei dem drei Jugendliche ums Leben kamen. Die Ehe ihrer Eltern zerbrach daran, die Mutter heiratete erneut, jedoch ohne ihren Ehemann Chris von ...

Zum Inhalt:
Als 15jährige verursachte Zoe einen Autounfall, bei dem drei Jugendliche ums Leben kamen. Die Ehe ihrer Eltern zerbrach daran, die Mutter heiratete erneut, jedoch ohne ihren Ehemann Chris von dem Vorfall in Kenntnis zu setzen. Jetzt hat Zoe den Jugendarrest hinter sich und gibt zusammen mit ihrem Stiefbruder Lucas ein Klavierkonzert, welches durch einen Opfervater rüde unterbrochen wird. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und am nächsten Morgen wird Zoes Mutter tot aufgefunden, und die Umstände lassen auf Mord schließen.

Mein Eindruck:
Für mich ist dieses Buch kein Thriller, denn Spannung kommt nicht auf. Es ist ein Familiendrama in einer sehr schönen, bildhaften Sprache über unangenehme Menschen.

Aus verschiedenen Blickwinkeln werden die Vorkommnisse des Konzertabends und des Tages danach geschildert, außerdem gibt es über Erinnerungen und ein autobiographisches Drehbuch Einblicke in die Vergangenheit der handelnden Personen. Aber obwohl die Kapitel alle jeweils in der ersten Person geschildert werden, bleiben einem die erzählenden Menschen fremd, ihre Gefühle wirken eher aufgesetzt denn echt, jeder belügt bzw. betrügt mindestens eine andere Person – mancher auch sich selbst. So vermag man schwer Sympathien aufzubringen für das „perfekte Mädchen“, welches kaum Gedanken an die toten Jugendlichen verschwendet, sondern sich selbst als Opfer sieht und kühl ihren Verstand einsetzt, um das gewünschte Resultat zu erlangen. Aber auch der Rest handelt selbstherrlich und egozentrisch, Tode und Krankheiten – ach egal, Hauptsache uns geht’s gut und wir machen, was uns Spaß bringt. Schließlich muss man noch vorne schauen, was kümmert uns die Vergangenheit.
Diese Einstellung der Figuren zu ihren Taten und den Geschehnissen hat mir den Lesegenuss geschmälert, da ich sie abstoßend und unverständlich finde und befürchte, dass die Autorin das noch nicht einmal beabsichtigt hat.

Mein Fazit:
Guter Stil, fragwürdige Einstellung zum Miteinander

3 Sterne

Veröffentlicht am 02.04.2017

Spannend, aber zu schwarz und weiß

Schlaflied
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Zum Inhalt:
In einem schwedischen Wald wird das Skelett eines Kindes gefunden, - daneben ein Doch mit rumänischer Aufschrift. Ein Team von Polizisten - geleitet von Mette - beginnt zu ermitteln und taucht ...

Zum Inhalt:
In einem schwedischen Wald wird das Skelett eines Kindes gefunden, - daneben ein Doch mit rumänischer Aufschrift. Ein Team von Polizisten - geleitet von Mette - beginnt zu ermitteln und taucht tief ein in eine Geschichte um Flüchtlingskinder, Organhandel und dem Leben auf der Straße.

Mein Eindruck:
Dem Autorenduo ist ein sehr spannender Krimi gelungen, aber die Keule von politischer Korrektheit schlägt einem zu oft mitten ins Gesicht und das Herz. Auf der einen Seite die guten Schweden, die ihre Freizeit, ihr Heim und ihr letztes Geld zur Verfügung stellen, um den Flüchtlingen zu helfen, auf der anderen die Schweden, die nicht nur fremdenfeindlich sind, sondern zusätzlich geldgierig, pädophil, Alkoholiker und/oder geistig minderbemittelt. Von solchen Texten fühle ich mich zu manipuliert, um sie einfach nur zu genießen. Zum Beispiel hätte ein Teilstrang um (im wahrsten Sinne des Wortes) Hinterwäldler einfach weggelassen werden können, - der Grundintention der Geschichte hätte es besser zu Gesicht gestanden.
Denn - bei aller Kritik - die Geschichte an sich ist sehr gut erzählt. Gefühle werden in einer Wucht vermittelt, die einen zum Weinen bringt, Angst und Terror sind einem nah, selbst wenn nur über sie gesprochen wird. Die Selbstzweifel der ermittelnden Beamten sind manchmal überdeutlich und die Auflösung gelungen, - insbesondere der Bogen, der zum Beginn der Geschichte gespannt wird.
Nichtsdestotrotz läuft die Ermittlungsarbeit stellenweise sehr unglaubwürdig. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass 1. Ermittler durch die Gegend fliegen dürfen (bei den knappen Haushalten), um VIELLEICHT die Herkunft eines Mordopfers zu ergründen, 2. so leicht Dienstwaffen verteilt werden und 3. gestandene Beamte so leichtsinnig vorgehen, wie Olivia und Tom in Rumänien.

Mein Fazit:
Guter Stil, packende Story, zu eindimensionale Charaktere