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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2022

Einer wie keiner

Kochen am offenen Herzen
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Denn Max Strohe hat ein entsprechendes Vorbild: Und zwar seinen Vater, den (Klein-)Stadneurotiker - als nicht mehr und nicht weniger verdient dieser bezeichnet zu werden. Und der Autor folgt ...

Denn Max Strohe hat ein entsprechendes Vorbild: Und zwar seinen Vater, den (Klein-)Stadneurotiker - als nicht mehr und nicht weniger verdient dieser bezeichnet zu werden. Und der Autor folgt ihm geradewegs in diese eigenwilligen Fussstapfen. Wenn auch auf seine ganz besondere, individuelle Art.

Beruflich wirft er sich den ein oder anderen Stein selbst in den Weg, was er selbst nicht macht, das erledigen andere für ihn. Was sich dann manchmal bzw. immer öfter auch auf andere Lebensbereiche ausdehnt.

Insbesondere auf Genuss der unterschiedlichsten Art und Weise. Dabei kristallisieren sich schnell zwei zentrale Bereiche heraus: Drogen unterschiedlicher Art ... und Frauen. In dieser Zeit waren sie gewissenmaßen auch eine Droge für Max Strohe.

Ehrlich und schonungslos breitet er seine Geschichte vor seinen Leserinnen und Lesern aus - mir ist er oftmals zu offen. Denn es wird oft ungemütlich, unästhetisch und manchmal sogar ganz abscheulich.

Jedenfalls erfährt man wenig darüber, wie aus ihm der Sternekoch wurde, der er heute ist. Was gewissermaßen auch für ihn spricht, denn er gibt definitiv nicht an oder versucht sich, von seiner besten Seite zu zeigen.

Nein, in diesem Fall spricht es ganz klar gegen mich als Lesende, die nicht bereit ist, sich das alles so reinzuziehen. Habe ich zwar gemacht, aber es war mir über weite Strecken alles andere als ein Vergnügen.

Ich kann es also wirklich nur denen empfehlen, die bereit sind, den Autor bis in die tiefsten Niederungen seines Lebens zu begleiten.

Veröffentlicht am 17.07.2022

Weltfremde Sicht auf Gott (und die Welt)

...und plötzlich Pilger
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Seit langem liebäugele ich damit, mir einen Teil des spanischen Jakobsweges zu erwandern. Aufgrund meiner körperlichen Konstitution ein recht gewagtes Unterfangen, aber man darf ja träumen...

Um den Träumen ...

Seit langem liebäugele ich damit, mir einen Teil des spanischen Jakobsweges zu erwandern. Aufgrund meiner körperlichen Konstitution ein recht gewagtes Unterfangen, aber man darf ja träumen...

Um den Träumen Nahrung zu geben, lese ich zu gerne die Erlebnisse anderer auf diesem Weg. Wenn sie gut geschrieben sind und Tiefe haben. Was mir bei Johannes Zenker beides fehlte. Eigentlich erstaunlich, weil er als Journalist ja durchaus wissen sollte.

Was es mir ein wenig schmackhafter machte, waren die Schilderungen des Autors zu Begegnungen mit anderen Pilgern, nicht selten von ihm als eigenartig beschrieben. Hier wurde vieles erläutert, was manch einer - ich eingeschlossen - nicht als erwähnenswert betrachtet hätte. Andererseits hatte ich desöfteren den Eindruck, dass der Autor von nicht gerade wenigen Pilgern wie auch Herbergseltern am Rand des Weges selbst gewissermaßen als Original betrachtet wurde, ohne dass ihm dies bewusst war.

Nun, eine Bereicherung war diese Lektüre allemal - sie gab mir viel zu denken und mehr noch zu staunen - darüber, was unsere Mitmenschen so machen und tun. Und nicht zuletzt, was ihnen so durch den Kopf geht.

Veröffentlicht am 30.05.2022

In der Fremde

Russischer Sommer
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Eine Menge Russen hatte es nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin verschlagen und zwar aus verschiedenen Schichten. Entsprechend verteilten sie sich auch in der damals schon großen Stadt. In diesem Krimi ...

Eine Menge Russen hatte es nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin verschlagen und zwar aus verschiedenen Schichten. Entsprechend verteilten sie sich auch in der damals schon großen Stadt. In diesem Krimi wird vor allem die gehobene Mittelschicht, bzw. Menschen, die vorgeben, zu dieser oder gar zum Adel zu gehören, thematisiert.

Doch mischt sich alles deutlich mehr, das frühere Klassenbewusstsein lässt deutlich nach. Der "Russische Sommer", den Autorin Irene Fritsch hier behandelt, ist vor allem in Charlottenburg angesiedelt, irgendwann in den frühen 1920ern.

Fürst Popow, der quasi alles verloren hat und zudem noch verraten wurde, versucht, sich ein neues Leben aufzubauen und geht dazu nicht nur legale Wege. Dabei trifft er den einen oder anderen früheren Weggefährten und stößt sogar auf eine Tochter, vor der er nichts ahnte!

Doch verzettelt er sich auch in diverse Machenschaften und wird gar als Mordopfer verhaftet.

Ich habe sehr lange für diese Lektüre gebraucht, da die Handlung aus meiner Sicht in einem sehr umständlichen Stil dargestellt wurde. Ich habe auch immer Figuren verwechselt bzw. nicht mehr einordnen können - da wäre ein Personenverzeichnis hilfreich gewesen. Zudem war diese Form der Darstellung nicht selten der Spannung abträglich.

Ein Krimi, den ich nur Lesern empfehle, die sich konkret für diese Epoche interessieren.

Veröffentlicht am 18.12.2021

Der Winter danach

Der schwarze Winter
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Nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg, als alles so chaotisch und noch weitgehend ungeklärt war mit dem Territorium von Deutschland. Die Schwestern Silke und Rosemarie begeben sich zu Fuß aus ihrer ...

Nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg, als alles so chaotisch und noch weitgehend ungeklärt war mit dem Territorium von Deutschland. Die Schwestern Silke und Rosemarie begeben sich zu Fuß aus ihrer Heimatstadt, die nun - so viel ist bereits klar - polnisch ist - gen Westen. Hamburg ist ihr Ziel, doch zunächst befinden sie sich in einem kleinen Dorf auf einem Bauernhof, auf dem sie quasi Zwangsarbeit erledigen müssen. Als der Bauer der jungen Rosemarie an die Wäsche will, wehrt sie sich und es gibt einen Grund zur Flucht. Und natürlich dazu, nach Hamburg weiterzuziehen. Sie begegnen Egon, der sie mitnimmt und beim Friseur Hans zurücklässt. Bei ihm und seinem Mitbewohner Gustav fassen die jungen Frauen neuen Lebensmut und auch Egon verschwindet nicht ganz aus ihrem Leben.

Ein Roman mit einem spannenden Plot, in dem sich aber so viele angedachte Geschichten, so viele Handlungsstränge finden, dass sie in einem Roman gar nicht zu Ende gedacht werden können. Das hier scheint eher ein Folgeband einer Reihe zu sein, allerdings längst nicht der Erste. So viele Figuren, so viele Wege werden erwähnt, aber nicht richtig in die Erzählung eingebaut.

Zudem entwickelt sich die Handlung stellenweise zu einer rechten Räuberpistole ohne jeglichen literarischen Anspruch, was ich sehr schade finde: gute Idee, aber die Durchführung ist nicht ganz gelungen. Daher empfehle ich den Roman nur sehr eingeschränkt als lesenswert.

Veröffentlicht am 12.11.2021

Die Kraft der Landschaft - aber nicht die der Figuren

Das Glück des Wolfes
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Wie im Vorgängerroman des Autors "Acht Berge" geht es auch hier hoch hinaus. Das Paar Fausto und Silvia - wenn man es denn als solches bezeichnen kann - begegnet sich in schwindelerregender Höhe in der ...

Wie im Vorgängerroman des Autors "Acht Berge" geht es auch hier hoch hinaus. Das Paar Fausto und Silvia - wenn man es denn als solches bezeichnen kann - begegnet sich in schwindelerregender Höhe in der Gaststätte eines Bergdorfes, das als Wintersportort in der kalten Jahreszeit auflebt, in der sie beide als Saisonkräfte jobben. Mitten in einer ergreifenden, mächtigen Landschaft, die auch als solche ausführlich - und aus meiner Sicht eindringlich - geschildert wird.

Doch im Gegensatz zu den "Acht Bergen" kann hier die Kraft der Figuren nicht mit derjenigen der Natur mithalten - bei weitem nicht. Deren Charakter und mehr noch deren Geschichte - sowohl die gemeinsame als auch die jeweilige eigene - bleibt blass. So richtig konnte ich die tiefere Botschaft der Handlung nicht erfassen und bin somit - gerade auch, weil ich mit hoher Erwartung an den Roman heranging - ein wenig enttäuscht. Da konnten mich auch die wirklich lebendigen und machtvollen Naturbilder nicht ganz drüber hinweg trösten.