Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.12.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Aufmarsch
0

In ihrem 4. Band rund um den Münchener Kommissar Sebastian Reitmeyer führt uns in das aufgeheizte München von 1923. Die Inflation steuert unaufhaltsam auf ihren Höhepunkt zu und die Wohnungsnot ist schier ...

In ihrem 4. Band rund um den Münchener Kommissar Sebastian Reitmeyer führt uns in das aufgeheizte München von 1923. Die Inflation steuert unaufhaltsam auf ihren Höhepunkt zu und die Wohnungsnot ist schier unerträglich. Rechte und linke Gruppen liefern sich Straßenschlachten. Die Rechten sprechen den Bewohnern Münchens mit ihrem Widerstand gegen die Besetzung des Rheinlandes und der horrenden Reparationszahlungen an Frankreich aus der Seele und rufen, nach dem Vorbild Mussolinis zum „Marsch auf Berlin“.

Doch mitten in diesen politischen Kundgebungen muss sich Sebastian Reitmeyer mit dem Kampf gegen illegales Glücksspiel sowie einem Frauenmord beschäftigen.
Mittendrin sind mit Leni und Rosmirl, zwei kleine Mädchen, die ohne Eltern aufwachsen müssen, und durch die eine oder andere Gaunerei ihr Leben fristen, bis Leni etwas beobachtet hat, das sie ihr junges Leben kostet.

Meine Meinung:

Die Autorin schafft es, die furchtbare Situation der Menschen in München nach dem Ersten Weltkrieg authentisch darzustellen. Jeder ist sich selbst der Nächste und das Verbrechen blüht. Neben den politischen Ereignissen wie den (gescheiterten) Hitler-Putsch erfahren wir über den täglichen Kleinkrieg zwischen Vermietern und ihren Zwangseinquartierten, von der Hetze auf Juden und der Armut der Bevölkerung.

Der Schreibstil ist fesselnd. Ich habe das Buch in einem Zug durchgelesen.

Fazit:

Die Autorin versteht es, historische Ereignisse fesselnd zu erzählen, daher erhält dieses Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2021

Ein gelungenes Ende der Trilogie

Die Stunde der Wölfe
0

Mit diesem Buch endet die Trilogie rund um die Familien Obernosterer, Webern, Holzer und Belohlavek, die gleichsam die verschiedenen politischen Richtungen Österreichs zwischen 1900 und 1945 verkörpern. ...

Mit diesem Buch endet die Trilogie rund um die Familien Obernosterer, Webern, Holzer und Belohlavek, die gleichsam die verschiedenen politischen Richtungen Österreichs zwischen 1900 und 1945 verkörpern.
Wir begegnen historischen Persönlichkeiten wie Leopold Figl, Kurt Schuschnigg oder Fritz Molden.

Deutlich sind die politischen Meinungsverschiedenheiten, die quer durch die Familien dargestellte. So ist Max Webern ein Mitarbeiter von Kurt Schuschnigg und lehnt die Nazis ab, während sein Bruder Werner sich sofort von seiner jüdischen Frau Gaby scheiden lässt, als das für den Fortgang seiner Karriere opportun ist.

Ein wichtiger Bestandteil der Trilogie ist auch der Kampf der Südtiroler um ihre Autonomie. Hier erleben wir die brutale Italianisierung des deutschsprachigen Südtirols ab 1919 sowie die Auseinandersetzung zwischen „Dableibern“ und „Aussiedlern“, denen Hitler im Deutschen Reich große Bauernhöfe versprochen hat. Was daraus geworden ist, ist bekannt.

Fazit:

Ein gelungenes Ende der Trilogie, die am Beispiel von mehreren Familiengeschichten die Geschichte Österreichs vom Ende der Monarchie bis zum Wiedererstehen der Republik nach 1945 darstellt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 19.12.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Die Totenärztin: Goldene Rache
0

In diesem zweiten, sehnsüchtig erwarteten Band rund um Fanny Goldmann, dreht sich (fast) alles um die Machenschaften des Grafen Waidring. Der erste Fall („Wiener Blut“) endet ja mit dem fiesen Cliffhanger, ...

In diesem zweiten, sehnsüchtig erwarteten Band rund um Fanny Goldmann, dreht sich (fast) alles um die Machenschaften des Grafen Waidring. Der erste Fall („Wiener Blut“) endet ja mit dem fiesen Cliffhanger, dass Tilde Fannys Freundin verschwindet.

Dr. Fanny Goldmann ist nun zur Jungassistentin im gerichtsmedizinischen Institut aufgestiegen und darf nun auch offiziell Obduktionen durchführen. Vor allem an jenen Toten, an den Prof. Kuderna oder Clemens Valdery kein Interesse haben.

Doch ihr beruflicher Aufstieg wird von ihrer Sorge um Tilde, die sich in den Fängen des mysteriösen Grafen Waidring befindet, überschattet. Waidring, selbst Drahtzieher von allerlei Verbrechen zieht sich den Unwillen einer anderen kriminellen Gruppe zu. In diesen Machtkampf wird Fanny hineingezogen und gerät abermals in große Gefahr. Dazu kommt, dass sie nach wie vor nicht weiß, ob Polizist Max Meisel Freund oder Feind ist, bis der ihr sein größtes Geheimnis enthüllt.

Meine Meinung:

In diesem zweiten Band liegt, für mein Empfinden, der Fokus zu sehr auf dem Grafen von Waidring.

Die Sektionen, die Fanny durchführt, sind irgendwie nur „Mittel zum Zweck“. Sie dienen zwar dem Fortgang der fesselnden Handlung, aber weniger der Weiterentwicklung von Fanny als Medizinerin. Hier kommt Kollegen Franz eine größere Bedeutung zu, den er weist Fanny auf die Parasiten hin, die in den Körpern der drei Toten vorhanden sind. Das ist sehr geschickt in die Handlung eingeflochten und gefällt mir sehr gut.

Natürlich gibt es ein Wiedersehen mit Schlomo/François, dessen Rolle auch ein wenig ausgeweitet worden ist. Der Auftritt von Gustav Klimt und dem Ehepaar Bauer-Bloch ist nur von kurzer Dauer. Es scheint, als hätte es einen prominenten Aufhänger gebraucht.

Sehr einfühlsam sind die Kriegserlebnisse von Fannys Vater, der an der Schlacht bei Königgrätz im Jahr 1866 teilgenommen hat, eingeflossen. Bis zum nächsten großen Krieg wird es ja nicht mehr lange dauern, und die Befürworter eines bewaffneten Konflikts wetzen schon die Messer. Könnte es diese geheimnisvolle Gruppe sein, mit denen sich Graf von Waidring angelegt hat?

Der Autor hat wieder viel Zeit und Energie in die Recherche gesteckt. Der Schreibstil ist angenehm, humorvoll und sprachlich ausgefeilt. Die Handlung ist gut durchdacht und die Dialoge glaubwürdig.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung der Reihe, auch wenn Fanny Goldberg nicht ganz so im Zentrum steht wie im ersten Band. Dennoch gebe ich, u.a. für die Darstellung des Wiener Flairs, gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 19.12.2021

Hat mir gut gefallen

Erinnerungswürdig
0

Gerade eben ist wieder die Diskussion über die Umbenennung von Straßennamen einiger Bürger der Stadt Salzburg wegen ihrer Zugehörigkeit zum NS-Regime in vollem Gang. Da passt dieses Buch, das sich mit ...

Gerade eben ist wieder die Diskussion über die Umbenennung von Straßennamen einiger Bürger der Stadt Salzburg wegen ihrer Zugehörigkeit zum NS-Regime in vollem Gang. Da passt dieses Buch, das sich mit Persönlichkeiten des Landes Salzburg beschäftigt gut in die Zeit.

Walter Thaler hat einen schönen Querschnitt von interessanten Persönlichkeiten in sein Buch aufgenommen, die mehr oder weniger bekannt sind. Er stellt uns rund 70 Frauen und Männer aus drei Jahrhunderten vor. Er lässt uns an deren Lebensgeschichten teilhaben. So finden hier die protestantische Bauerntochter Elisabeth Oberbüchler, Emilie Kraus oder Christian Doppler ebenso ihre Beachtung wie Schergen des NS-Regimes und deren Opfer.

Ein besonderes Augenmerk richtet der Autor auf Frauen, die im Schatten ihrer Ehemänner (wie Constanze Mozart) oder ihres Bruders (Grete Trakl) gestanden sind.

Meine Meinung:

Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen. Zum einen finde ich das Thema sehr interessant, denn auch weniger bekannte Menschen haben ihren Beitrag zur Geschichte des Landes und der Stadt Salzburg beigetragen, und zum anderen, weil diese Kurzbiografien, die schnörkellos präsentiert werden, auch einen Abriss der Zeitgeschichte darstellen.

Wenn Walter Thaler auch einige Menschen hier in sein Buch aufnimmt, die durch ihr Mitwirken am NS-Regime großes Unrecht begangen haben, dann deswegen, weil manchmal diese Untaten dem Vergessen anheimfallen könnten.

Dieses Buch macht Lust, sich mit der einen oder anderen Person näher zu beschäftigen. Eine sehr interessante Persönlichkeit ist Christian Doppler (1803-1853) ohne dessen wissenschaftliche Erkenntnisse wie Navigationsgeräte oder Sonografie die Welt von heute nicht vorstellbar wäre („Doppler-Effekt“).

Fazit:

Ein gelungenes Buch über prägende Persönlichkeiten der Salzburger Geschichte, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 19.12.2021

Hat mir gut gefallen

Das Zeitalter der Unschärfe
0

Quantenmechanik, Wellenmechanik, Relativitätstheorie, Radioaktivität, Pauli-Effekt, Elektron, Proton, Neutrino, Quantensprung, Matrizen - das sind so die Fachbegriffe, die uns in diesem interessanten Buch ...

Quantenmechanik, Wellenmechanik, Relativitätstheorie, Radioaktivität, Pauli-Effekt, Elektron, Proton, Neutrino, Quantensprung, Matrizen - das sind so die Fachbegriffe, die uns in diesem interessanten Buch über den Weg laufen.

Das Buch umfasst die Entwicklung der Physik in den Jahren 1895-1945. Was mit Henri Becquerel bzw. Marie Curie und der Entdeckung der Radioaktivität beginnt, endet mit den Abwürfen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Dazwischen liegen 50 Jahre, in denen Physiker der ganzen Welt in wilden Streitgesprächen ihre Theorien beweisen wollen.

Jeder von uns hat in der Schule vom Periodensystem und den Atomen gelernt. Hand aufs Herz, wer von uns bringt die Namen der Forscher damit korrekt in Zusammenhang? Nun gut, Marie Curie, Niels Bohr, Albert Einstein, Max Planck und vielleicht noch Erwin Schrödinger (wegen seiner Katze), Werner Heisenberg oder Lise Meitner (als eine der wenigen Frauen) sind noch geläufig. Doch Ernest Rutherford, Wolfgang Pauli, Arnold Sommerfeld, Max Born, Paul Dirac oder Louis de Broglie sind schon weniger deutlich in unserem Wissen verankert. Dabei haben sie großen Anteil an den Entwicklungen.

Die Hochblüte des wissenschaftlichen Streitgespräches endet mit der Machtübernahme der Nazis. Über Nacht werden (wie hinlänglich bekannt) jüdische Forscher und Wissenschafter von den Universitäten vertrieben, verfolgt, des Landes verweisen und auch ermordet. Die wenigen verbliebenen Forscher können die Lücken, die die Kollegen hinterlassen nicht füllen.

Das Buch ist flüssig zu lesen, auch wenn man kein Physiker ist. Herrlich sind die Streitgespräche zwischen den Wissenschaftlern dargestellt. Der Autor bringt seinen Lesern diese Diskurse mit Humor zur Kenntnis. Grinsen musste ich über Aussprüche wie diesen von Erwin Schrödinger:

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Elektron herumspringt wie ein Floh“

Herrlich sind die Ausschnitte aus Max Delbrücks Adaptierung von Goethes „Faust“. Einige dieser Monologe aus „Faust in Kopenhagen“ sind hier abgedruckt.

Faust:
Du wirst mich trotzdem nimmermehr verführen.
Werd’ ich doch zu einer Theorie je sagen:
Verweile doch, du bist so schön,
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!

Das Neutrino tritt selbst als singendes Gretchen auf:

Meine Ladung ist hin,
Statistik ist schwer,
Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr
Wo du mich nicht hast,
Keine Formel passt.
Die ganze Welt
ist dir vergällt.

Anlass dieser Adaptierung des klassischen Faust-Stoffes ist nicht nur das Gedenken zum 100. Todestag von Goethe, sondern der mit harten Bandagen ausgetragene Disput um das „Neutrino“ zwischen Niels Bohr und Wolfgang Pauli.

Manche Forscher verhalten sich ziemlich divenhaft und reagieren durchaus beleidigt, wenn ihre Thesen widerlegt werden. Der eine oder andere hat auch autistische Züge.

Das Buch verfügt im Anhang eine Liste weiterführender Literatur, damit sich der Leser in die eine oder andere Biografie vertiefen kann.

Fazit:

Das Buch bietet einen guten Überblick über die „Zeit der Unschärfe“. Es schließt eine Lücke zwischen der Wissenschaft und den Menschen, die dahinterstecken. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.