Langweilig und überpolitisiert
Die Buchhandlung in der AmalienstraßeElly und Henni, zwei junge Frauen und beste Freundinnen 1913 in München, arbeiten gemeinsam in einer Buchhandlung in München. Bücher sind ihre Leidenschaft, doch der 1.Weltkrieg wirft bereits seine ersten ...
Elly und Henni, zwei junge Frauen und beste Freundinnen 1913 in München, arbeiten gemeinsam in einer Buchhandlung in München. Bücher sind ihre Leidenschaft, doch der 1.Weltkrieg wirft bereits seine ersten Schatten voraus.
Der Roman „Die Buchhandlung in der Amalienstraße“ stammt aus der Feder von Heidi Rehn, für mich eine bereits bekannte Autorin, auch wenn es schon länger zurück liegt, dass ich ihre Reihe um die Wundärztin Magdalena gelesen habe. Das Cover gefiel mir bei diesem Buch auf Anhieb, sodass ich es gerne lesen wollte. Der Schreibstil ist solide, flüssig und schnell lesbar und die Kapiteleinteilung ist ebenfalls sorgfältig gewählt. Das Eintauchen in die Geschichte von Elly und Henni gelingt gut und ihre Liebe zu Büchern ist sofort spürbar. Ich finde es interessant, dass so viele historischen Autorenpersönlichkeiten sowie ihre Werke im Buch erwähnt werden und worüber man sich in dieser Zeit ausgetauscht hat. Das Weltbild der damaligen Zeit wird somit gut eingefangen und sichtbar und das Setting zu Beginn bzw. dann während des 1.Weltkrieges passt hervorragend dazu.
Doch leider bin ich nun mit den positiven Worten schon am Ende, denn die Geschichte von Elly und Henni ist vor allem eins: langweilig und unausgewogen. Leider muss ich es so deutlich auf den Punkt bringen. Während man am Anfang sich freut, welche Entwicklungen die Charaktere wohl gemeinsam nehmen werden, da beide unzertrennlich sind, merkt man, dass sie sich eigentlich kaum entwickeln bzw. viel später erst getrennt voneinander. Es wird einfach viel drumherum geschrieben und es geschieht nichts, was die Geschichte voranbringt (vom Krieg abgesehen). Wir haben es wieder mit dem typischen Frauenbild der damaligen Zeit zu tun: Die Frauen fordern mehr Selbständigkeit, Emanzipation usw. Alles wichtige Grundvoraussetzungen zur Erlangung der Unabhängigkeit, aber leider nichts neues und ausgeleiert dieses Thema, besonders hier. Denn trotzdem treten Männer auf, die sich alles leisten können und es geschehen eben jene Dinge, über die nicht näher gesprochen wird, sondern geschwiegen wird. Vielleicht passend zur damaligen Zeit aber nicht schön zu lesen, da einfach Lücken in der Logik bleiben und absolutes Unverständnis zurückbleibt. Charaktere tauchen auf, verschwinden wieder. Geheimnisse sind nicht so spannend, dass man sie nun unbedingt aufdecken müsste, und manches hatte ich tatsächlich schon geahnt, ohne jetzt zu spoilern. Ab der Hälfte des Buches fing ich also an, nur noch quer zu lesen. Ebenfalls stieß mir negativ auf, dass das Buch hauptsächlich neben den genannten Buchtiteln und Autoren aus Politik besteht. Es wird sehr viel auf das Ende des Kaiserreichs und den aufkommenden Veränderungen und Streiks seitens der Arbeiterschaft eingegangen, genauso wie auf politische Reden etc. pp. Es ist zwar gut, dass sich die Hauptprotagonisten auch dafür interessieren und natürlich insgesamt über die Stellung der Frau im Deutschen Reich, allerdings passen sie wiederum gar nicht wirklich in das Geschehen solcher Versammlungen. Hinzu kommt, dass mir die Charaktere absolut nicht sympathisch sind. Elly vielleicht noch am ehesten, aber Henni hat mich einfach nur genervt. Trotzdem weiß man wenig über sie, es wird nur angerissen, leider kommt sehr wenig zur Gedanken- und Gefühlswelt. Das macht darüber hinaus die Charaktere absolut unnahbar.
Mein Fazit: Das Buch ist eine absolute Enttäuschung. Der Zeitgeist, der eingefangen wurde, mag noch stimmen, aber alles andere ist blass, langatmig und damit leider langweilig. Ich kann das Buch leider nicht weiterempfehlen.