Mutters Lüge
Ein Buch, das sehr viel Kraft kostet und den Leser noch lange nachdenklich zurücklassen wird. In unserem Umfeld sind so manche Emigranten und erst jetzt wird mir bewußt, wie schwer sie es in einem anderen ...
Ein Buch, das sehr viel Kraft kostet und den Leser noch lange nachdenklich zurücklassen wird. In unserem Umfeld sind so manche Emigranten und erst jetzt wird mir bewußt, wie schwer sie es in einem anderen Land haben, wo sie ja teilweise nicht einmal die Sprache verstehen. Marta und Tomek wachsen mit ihrer alleinerziehenden Mutter in Polen auf. Sie sind sich schon von klein auf sich selsbt überlassen, da die Mutter in einem Internat als Pädagogin tätig ist. Eines Abends macht sie den Zwillingen klar, dass sie morgen illegal aus Polen ausreisen werden und nach Deutschland gehen. In Kiel angekommen, strengt sich Marta unheimlich an, um die Sprache zu erlernen , sie schafft es sogar aufs Gymnasium. Anfangs tut sie sich in dem fremden Land mit den ganz anderen Sitten sehr schwer, da sie zudem von ihrer Mutter keine Unterstützung erhält, denn sie ist voll auf Tomek fokusiert. Später studiert Marta in Berlin Psychologie und findet dann in der Schweiz eine Anstellung. Sie findet auch bald einen Lebenspartner und nimmt zur Kenntnis, dass die Mutter sich nicht oder nur sehr wenig für sie interessiert. Marta baut sich eine eigene Praxis auf und hat noch Kontakt zu ihrer Wahlfamilie in Polen. Die Mutter hatte schon immer ihre Geheimnisse, wollte nie über ihre Kindheit reden, was verständlich war, da sie ja als Kind im Konzentrationslager interniert sein sollte. Nachdem die Mutter aber gestorben ist, wird anhand der Unterlagen bekannt, dass diese eine ganz andere Frau ist als die, als die sie sich ausgegeben hat. Nun beginne Marta zu recherchieren und kann bruchstückhaft das wahre Leben der Mutter zusammen setzen. Das Leben vom Marta war immer hart und schwer, doch sie hat mit Fleiß und Disziplin sich hochgearbeitet, sich den deutschen Gegebenheiten angepaßt und auch Freundschaften geschlossen und war in Vereinen eingetreten. Ein Mädchen, das für alles offen war und sich voll integriert hat, was für ihren Zwillingsbruder nicht der Fall war, wurde er ja von seiner Mutter verhätschelt. Marta hat aber immer wieder kleine Unregelmäßigkeiten im Leben der Mutter gefunden, über die sie aber damals nicht nachgedacht hat. Mich hat das ganze Buch total fasziniert und es hat sich spannender als jeder Krimi gelesen. Die Kapitel sind übersichtlich, die Sprache ist klar und deutlich und es wird nicht mit Fremdwörtern argumentiert. Letztendlich ist es für den Leser beruhigend, dass diese wirklich kompetente und ehrgeizige Frau im Leben ihren Frieden gefunden hat. Das düstere Cover mit den dunklen Wolken und dem Mädchen, das in die Ferne blickt,gibt dem ganzen Buch noch den letzten Schliff. Selten habe ich eine son ergreifende "Biografie" gelesen.