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Veröffentlicht am 06.01.2022

Die Hexen im Sarntal

Bei den Tannen
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Der Tod einer gefürchteten Gourmetkritikerin führt Commissario Grauner ins dunkle Sarntal in Südtirol. Dort, in einem der besten Restaurants der Welt, ist Carla Manfredi plötzlich zusammengebrochen. Hartnäckigen ...

Der Tod einer gefürchteten Gourmetkritikerin führt Commissario Grauner ins dunkle Sarntal in Südtirol. Dort, in einem der besten Restaurants der Welt, ist Carla Manfredi plötzlich zusammengebrochen. Hartnäckigen Gerüchten zufolge sind die Jöchlerinnen seit Generationen Hexen, und so steht die Köchin Hedwig Jöchler alsbald unter Mordverdacht.

Obgleich der Beginn des Buches mit Verweisen auf Marche und Saltapepe ein wenig verwirrend ist für Neueinsteiger – Grauner ermittelt immerhin bereits zum siebenten Mal und durchläuft natürlich auch eine persönliche Entwicklung – findet man rasch ins aktuelle und auch wenig ins bisherige Geschehen. Koppelstätter fesselt den Leser durch markante Figuren und ein mystisches Tal nahe Bozen, dessen Bewohner allem Fremden mit Ablehnung und Misstrauen begegnen. Auf diese Weise entwickelt sich ein spannendes Zusammenspiel zwischen dem vermuteten Mord und einer beeindruckenden Bergkulisse. Detailreich präsentiert der Autor sämtliche Ermittlungen in verschiedene Richtungen, zeigt auf, welche Probleme entstehen, wenn ein eingespieltes Team nicht mehr gemeinsam vorgehen kann, spiegelt die Trauer Grauners wider und würdigt Tappeiners hervorragende Leistung, wiewohl diese erst Assistentin ist und keineswegs über die Routine und Erfahrung der anderen verfügt. Kräuter, die gleichsam als Heilmittel und auch Gift eingesetzt werden können, wilde Latschen und tiefe Schluchten begleiten das beklemmende Szenario, das sich alsbald aufbaut und den Spannungsbogen durchwegs hoch hält.

Seite um Seite fliegt dahin, neue Erkenntnisse lösen bisherige ab, interessante Wendungen mit vom Schicksal gezeichneten Figuren lassen den Leser fieberhaft miträtseln. Der flüssige, schnörkellose Schreibstil tut sein Übriges, dass man diesen lebendigen Fall kaum aus der Hand legen mag.

Fazit: ein hervorragend konzipierter Krimi mit perfekter Südtiroler Bergwelt im Hintergrund.



Titel Bei den Tannen

Autor Lenz Koppelstätter

ISBN 978-3-462-00152-5

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 336 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Reihe Commissario Grauner ermittelt 7

Erscheinungsdatum 13. Jänner 2022 (ebook 1. Dezember 2021)

Verlag Kiepenheuer & Witsch

Veröffentlicht am 02.01.2022

Hier und Jetzt

Der kleine Buddha auf der Reise nach Hause
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Einige Reisen hat er schon unternommen, der kleine Buddha. Nun überlegt er unter seinem Bodhi-Baum, was denn eigentlich sein Zuhause sei. Ist es der Bodhi-Baum, sind es seine Freunde? Ist Zuhause ein geographischer ...

Einige Reisen hat er schon unternommen, der kleine Buddha. Nun überlegt er unter seinem Bodhi-Baum, was denn eigentlich sein Zuhause sei. Ist es der Bodhi-Baum, sind es seine Freunde? Ist Zuhause ein geographischer Ort oder etwas ganz anderes? Um auch diese Frage zu beantworten, unternimmt der gut gelaunte Buddha neuerlich einen größeren Ausflug.

In kurzen, übersichtlichen Kapiteln schildert Mikosch, was der kleine Buddha erlebt, wem er begegnet, welche Erfahrungen er sammelt. Und so reihen sich etliche interessante Geschichten aneinander, die uns förmlich mitnehmen in den Süden, über das Meer und auf eine einsame Insel, zu fremden Menschen und Abenteuern, die uns nachdenken lassen und innehalten, um unserem eigenen Ich nachzuspüren.

Die Stimmung im Buch ist so überaus positiv und inspirierend, dass man einfach weiterliest und im Nu durch das schmale Bändchen mit seinen etwa 140 Seiten durch ist. Dennoch hallt der angenehme Klang des kleinen Buddha noch weiter nach und hoffentlich vermag sich der werte Leser noch Tage, Wochen und Monate später in diese ganz besondere Atmosphäre zurückzuversetzen, sein Hier und Jetzt zu schätzen und sein Zuhause überall zu spüren.

Die sehr ansprechende Schreibweise und die Erlebnisse des kleinen Buddha sind so berührend, dass ich dieses Buch sehr gerne als Geschenk und natürlich zum selber Lesen weiterempfehle!



Titel Der kleine Buddha auf der Reise nach Hause

Autor Claus Mikosch

ISBN 978-3-451-03317-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Fester Einband, 144 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Reihe Der kleine Buddha

Erscheinungsdatum 14. September 2021

Verlag Herder

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.01.2022

Charmantes rotes Wien

Mord auf dem Eis
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Neben Umbauarbeiten im ehemaligen Kutscherhäuschen verbringen Ernestine Kirsch und Anton Böck viel Zeit beim Eislaufen. Antons Enkelin Rosa erhält Unterricht im Eislaufverein und im Buffet gibt es legendäre ...

Neben Umbauarbeiten im ehemaligen Kutscherhäuschen verbringen Ernestine Kirsch und Anton Böck viel Zeit beim Eislaufen. Antons Enkelin Rosa erhält Unterricht im Eislaufverein und im Buffet gibt es legendäre Frankfurter und köstliche Cremeschnitten. Und schon gibt es eine tote Eiskunstläuferin, womit Ernestines Neugier und detektivischer Spürsinn, gepaart mit Logik und ein wenig Phantasie auf Hochtouren zu laufen beginnen. Der Winter 1924 im roten Wien bietet eine ebenso vorweihnachtliche wie spannende Kulisse für einen weiteren Mordfall, in dem die gewitzte pensionierte Lateinlehrerin und ihr Freund und früherer Apotheker vielversprechenden Spuren folgen.

Einen gut durchdachten Kriminalfall verknüpft Beate Maly geschickt mit der privaten Geschichte von Ernestine und Anton, die man bereits durch einige andere Fälle begleiten durfte. Diesmal fällt die Handlung ins winterliche Wien der Zwischenkriegszeit. Der geneigte Leser wird mit hervorragend recherchierten Details konfrontiert, erlebt das flotte Treiben am Heumarkt ebenso wie eine Fahrt mit der offenen Tram von der Esslinggasse im ersten Bezirk über Augartenbrücke (oder Maria-Theresienbrücke) durch die Leopoldstadt und Brigittenau in den großen Arbeiterbezirk Floridsdorf. Gemeindebauten und Gaswerk, das mittlerweile - knapp hundert Jahre später - schon wieder einer modernen Wohnsiedlung gewichen ist, prägen das historische Bild, welches die Autorin in anschaulichen Beschreibungen vor unserem geistigen Auge entstehen lässt. Das rote Wien wird hervorragend dargestellt und ebenso detailreich beschrieben wie die charmanten Personen, welche hier Haupt- und Nebenfiguren abgeben. Die spiegelglatte Eisfläche nimmt man beim Lesen ebenso wahr wie den verführerischen Duft von Kakao, Zimt und gefülltem Nusslebkuchen, Holzofen gegen Einbauküche ist ein genauso wichtiges Thema wie der modische Kurzhaarschnitt der Frau. So verwoben in den damaligen Alltag präsentiert sich mit ruhigen, aber dennoch mitnehmenden Worten die Aufklärung des kalten „Mordes auf dem Eis“.

Flüssig und leicht, da und dort mit ein wenig Dialekt, liest sich dieser wunderbare sechste Fall, in dem die neugierige Ernestine und ihr Süßspeisen liebender Freund Anton den tatsächlichen Ermittlern auf die Sprünge helfen. Auch wenn der Band in sich abgeschlossen ist, so finde ich es doch sehr interessant, die Vorgängerbände (zumindest teilweise) zu kennen, um die privaten Entwicklungen noch besser zu verstehen.

In diesem Sinne: Bitte gerne weitere Morde oder Tode in und rund um Wien mit Ernestine Kirsch und Anton Böck. Ich empfehle jedenfalls die gesamte Reihe, von der jeder Teil für sich ein ganz besonderes Lesevergnügen darstellt.



Titel Mord auf dem Eis

Autor Beate Maly

ISBN 978-3-7408-1202-7

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 272 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 15. Oktober 2021

Verlag emons

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Veröffentlicht am 26.12.2021

Gänsehaut garantiert - es ist klirrend kalt und gefährlich noch dazu

Eisflut 1784
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Hartung und Hornung 1784 (Jänner und Februar 1784): im tiefverschneiten Mühlheim am Rhein und im benachbarten Cöln ist Henrik Freiherr van Venray, Amtmann für policeyliche Wohlfahrterei im Dienste des ...

Hartung und Hornung 1784 (Jänner und Februar 1784): im tiefverschneiten Mühlheim am Rhein und im benachbarten Cöln ist Henrik Freiherr van Venray, Amtmann für policeyliche Wohlfahrterei im Dienste des bergischen Herzogs unterwegs, um einen Mörder zu stellen. Ein treuer Trupp an Männern trotzt der Eiseskälte, die nicht weichen will, die sich durch Felle und Decken, durch Redingote und Wollunterwäsche bis in Mark und Knochen durchfrisst. So heißt es also, nicht nur gegen Unrecht, sondern auch gegen Kälte und Hunger anzukämpfen. Zu allem Übel droht noch eine Schmelzwasserflut ungeahnten Ausmaßes über Cöln und Mühlheim hereinzubrechen, denn insbesondere die Katholiken in Cöln sind zu Gebet und Buße aufgerufen, anstatt einen schützenden Deich aufzuschütten.

Nach einem etwas gewöhnungsbedürftigen Brief als Einstieg schwenkt die Handlung kurz nach Island im Jahre 1783, um das schreckliche Wetterphänomen zu erklären, das nur wenige Monate später über das Land am Rhein hereinbrechen soll. Und schon ist man in einer düsteren und beklemmenden Zeit angekommen, die Kälte hat alles und jeden fest im Griff, Hunger herrscht in fast allen Bevölkerungsschichten, nur die Reichsten und Vornehmsten haben noch zähes Pferdefleisch am Teller. Das einfache Volk findet nur noch schrumpelige und faulige Äpfel in den klammen Vorratskammern. Mit jedem Wintertag verschiebt sich zudem der Beginn des Frühlings und die Zeit der Aussaat, womit auch wieder die Hoffnung auf eine reiche Ernte von Tag zu Tag geringer wird. Ein Teufelskreis, den die Natur vorgibt.

Vor der hervorragend beschriebenen Kulisse dieses historischen Ereignisses ist also Venray auf Mörderjagd. Der Zufall will es, dass ihm die willensstarke und durchsetzungsfähige Apothekerwitwe Anna-Maria Scheidt dabei zu Hilfe kommt. Durch die realen Vorbilder (siehe Nachwort) bekommen die Figuren größtmögliche Authentizität und Glaubwürdigkeit, die detaillierte Recherche von Autor Marco Hasenkopf ergibt eine optimale Verquickung von Historie und Romangeschehen. Aufgrund der bildhaften Beschreibungen vieler Kleinigkeiten - Kleidung, Behausung, Speisen und Handwerksberufe - setzen sich ganz viele Einzelheiten zu einem phantastischen Zeitbericht zusammen. Man spürt in jedem Satz die Kälte, den Hunger, die Not nicht nur der Bettler in ihren Lumpen und gleichzeitig die Entschlossenheit Venrays und Scheidts, wie sie gegen Unrecht und dessen Vertuschung mutig und unbeirrbar vorgehen. Der vorherrschende Zeitgeist, die religiösen und politischen Konflikte vereinfachen dies aber nicht gerade.

Interessante geschichtliche Begebenheiten und eine frei erfundene Handlung ergeben eine überaus lesenswerte Fact-Fiction, wie Hasenkopf sehr treffend formuliert, umrahmt von einem sehr ansprechenden Titelbild als Blickfang zu Beginn und einem informativen Nachwort am Schluss. Wer akribische Recherche, historische Feinheiten und dazu eine spannende Geschichte schätzt, der ist hier genau richtig. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung gebe ich für eine zutiefst beeindruckende Eisflut 1784.



Titel Eisflut 1784

Autor Marco Hasenkopf

ISBN 978-3-7408-1169-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 368 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 18. November 2021

Verlag emons

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Veröffentlicht am 02.12.2021

Naturgewalten

Rue de Paradis
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Die Häuser am Cap Ferret liegen in einer malerischen Umgebung zwischen dem Bassin d’Arcachon und dem Atlantischen Ozean. Sturm und Wetter gewohnt, überrascht die Bewohner der Rue de Paradis dennoch eine ...

Die Häuser am Cap Ferret liegen in einer malerischen Umgebung zwischen dem Bassin d’Arcachon und dem Atlantischen Ozean. Sturm und Wetter gewohnt, überrascht die Bewohner der Rue de Paradis dennoch eine gewaltige Flut und fordert sogar ein Todesopfer. Um eine Wiederholung zu vermeiden, sollen die schmucken alten Häuschen abgerissen werden. Luc Verlain soll vermitteln, da nicht alle bereit sind, in einen langweiligen Vorort von Bordeaux zu übersiedeln und schon steckt er in einem kniffligen Fall an diesem idyllischen „Ende der Welt“.

Die Natur samt ihren gewaltigen Kräften begleitet diesen Krimi und bietet eine hervorragende Kulisse für Luc Verlains Ermittlungen. Auch wer ihn noch nicht kennt, findet sofort in die Handlung und verfolgt das Geschehen mit Spannung, sind doch die Figuren interessant und lebendig geschildert. Ungeahnte Geheimnisse und Intrigen treten ans Tageslicht, gar so friedlich dürfte es auf der Halbinsel gar nicht zugehen, wie es den Anschein hat. So spiegeln einander Natur und halsstarrige Franzosen gekonnt wider, lebt der ganze Krimi von einer besonderen Atmosphäre. Alexander Oetker versteht es, einen mitreißenden Sog aufzubauen, dem man sich nicht entziehen kann. Dazu kommt noch, dass das ganze Naturschauspiel inspiriert ist von einer wahren Sturmflut im Jahre 2010.

Zusammenfassend kann ich diesen gut durchdachten und sehr atmosphärischen Krimi nur weiter empfehlen.



Titel Rue de Paradis

Autor Alexander Oetker

ISBN 978-3-455-01212-5

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 288 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Reihe Luc Verlain

Erscheinungsdatum 1. November 2021

Verlag Hoffmann und Campe

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