Schwarzhumoriger Abgrund südafrikanischer Geschichte
Damon Galgut ist der dritte südafrikanische Autor, der den Booker Prize gewann (nach J. M. Coetzee und Nadine Gordimer). Der in 2021 frisch gekürte Roman „Das Versprechen“ (im O-Ton gleichlautend `The ...
Damon Galgut ist der dritte südafrikanische Autor, der den Booker Prize gewann (nach J. M. Coetzee und Nadine Gordimer). Der in 2021 frisch gekürte Roman „Das Versprechen“ (im O-Ton gleichlautend `The Promise`) wurde von Thomas Mohr umsichtig im Affenzahn übersetzt und liegt seit einem Tag vor Weihnachten in deutscher Übersetzung vor! Was für ein Roman, er wird natürlich momentan Land auf Land ab rezensiert und ist aus meiner Sicht zu Recht so hochgelobt, auch wenn er nicht ganz trivial zu lesen ist.
Es geht um eine weiße südafrikanische Farmerfamilie, die einen großen Landbesitz außerhalb von Pretoria hat. Wir starten im Jahr 1986 und die Mutter ringt auf dem Sterbebett ihrem Mann das Versprechen ab, dass er ein Haus auf ihrem Grundstück der schwarzen Haushälterin Salome überschreibt. Die jüngste Tochter Amor wohnt dieser Versprechung bei und bringt diese Erwartung der verstorbenen Mutter fortwährend in den kommenden 31 Jahren immer wieder zur Sprache.
Es werden zeitliche Sprünge gemacht (9-10 Jahre) und wir landen immer wieder bei einer Beerdigung, veränderter politischer Gegebenheiten, aber immer noch verharrte Gedanken und keine Einlösung des Versprechens.
Was dem Autor wahnsinnig gut gelingt ist die Verzahnung der südafrikanischen Geschichte in jüngerer Vergangenheit von der Apartheid in eine Demokratie. Lässt dabei aber die Sichtweisen der Weißen und der Schwarzen nie außer Acht und toppt das Ganze noch mit Galgenhumor. Es ist ein schweres Thema, aber Damon Galgut hat es wirklich sarkastisch gut auf den Punkt gebracht.
Aber keine reine Lobeshymne. Es kostet schon eine gewisse Konzentration diese knapp 360 Seiten zu lesen, denn der Autor nutzt einen besonderen Schreibstil einen „Stream of Consciousness“, wobei er ständig und immer wieder von einem Kopf in den nächsten springt und wir Leser:innen sind dabei. Manches Mal springt er mitten im Satz, oft im Absatz und auch so immer wieder. Dazu kommt ein allwissender Erzähler, der uns auch ab und an direkt anspricht. Großer Vorteil dieser Erzählweise ist ein so umfassendes Bild der Gegebenheiten, dass kein Blickwinkel, kein Gefühl und keine Meinung verborgen bleibt.
Titelgebend ist zwar der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte „Das Versprechen“, für mich liegt der Fokus auf dem daraus resultierenden Generationenkonflikt und die verqueren Ansichten der älteren weißen Familienmitglieder.
Fazit: Wenn das mal nicht in Zukunft im Englisch LK im Vergleich zu Ulysses von James Joyce als moderne Variante des „Stream of Consciousness“ behandelt wird.