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Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Überlebenskampf einer Unbestimmten

Die Bestimmung - Tödliche Wahrheit
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Der Kampf zwischen den Fraktionen stellt Beatrice Prior, geborene Altruan, gewählte Ferox vor ein großes Problem. Nicht nur die Tatsache, dass sie ihre Eltern verloren hat und ihr Bruder in die feindlichen ...

Der Kampf zwischen den Fraktionen stellt Beatrice Prior, geborene Altruan, gewählte Ferox vor ein großes Problem. Nicht nur die Tatsache, dass sie ihre Eltern verloren hat und ihr Bruder in die feindlichen Reihen wechselte, sondern vor allem ihre Liebe zu Tobias scheint unter den gegebenen Umständen unmöglich zu sein. Ständig steht sie unter Strom, ist gezwungen ihre Mitmenschen zu verraten und zu belügen, um den Gegner auszuschalten. Doch immer wieder scheitern ihre selbstlosen Versuche: Freunde werden zu Feinden und umgekehrt. Als Beatrice erkennt, dass ihr bisheriges Weltbild ein einziger Trugschluss ist, setzt sie alles auf eine Karte, um die Wahrheit herauszufinden und schließt sich gegen den Willen ihres Freundes dem feindlichen Lager an.

Nachdem ich voller Begeisterung und innerhalb weniger Tage den ersten Band der Trilogie gelesen habe, waren meine positiven Erwartungen an Band 2 natürlich ziemlich hoch. Leider schafft es der Folgeroman nicht in die Liste meiner Favoriten, weil einfach viel zu viel fehlt. Zum einen verlagert sich die Handlung unschöner Weise auf ein chaotisches Kriegsfeld, zwischen Schutt und Asche, Menschen die wie Roboter agieren und einer verwüsteten Welt, dort versucht ein junges Mädchen zur Heldin zu werden. Zum anderen stagniert sowohl die begonnene Liebesgeschichte als auch die charakterliche Weiterentwicklung der Protagonistin. Es gibt auf den knapp 500 Seiten des Buches zahlreiche Hänger, langweilige Episoden und ein mühsames Weiterhangeln im Verlauf. Deshalb ist dieses Jugendbuch alles andere als ein Pageturner und hat ganze zwei Wochen Lesezeit in Anspruch genommen.

Dennoch gelingt es der Autorin durch einen munteren, Ursachen erforschenden Schreibstil und einem geschickten Textaufbau den Leser zu erreichen, so dass es durchaus keine Zeitverschwendung ist, bis zum spannenden Finale weiterzulesen. Es bietet sich hier geradezu an, die Bände in chronologischer Reihenfolge aufzunehmen, damit sich die richtigen Verknüpfungen und Rückschlüsse ziehen lassen. Außerdem fehlt es Band 2 an einer eigenständigen Geschichte, die es separat zu erzählen lohnt.

Fazit: Ein eher schwacher Folgeroman, ohne nennenswerte Höhen und Tiefen, den es sich nur zu lesen lohnt, wenn man sich für die Geschichte der Fraktionen interessiert und beabsichtigt auch den Abschlussroman der Trilogie kennenzulernen. Insgesamt vergebe ich 3 Sterne für ein durchschnittliches Werk im Bereich Jugendbuch/ Dystopie.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Freundschaft auf dem Prüfstand

Ein anderes Paradies
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Charlotte Ryder und Julia Buchanan begegnen sich auf dem Internat St. Anne´s und werden beste, unzertrennliche Freundinnen – trotz vollkommen anderer Einstellungen und familiärer Hintergründe. Während ...

Charlotte Ryder und Julia Buchanan begegnen sich auf dem Internat St. Anne´s und werden beste, unzertrennliche Freundinnen – trotz vollkommen anderer Einstellungen und familiärer Hintergründe. Während Charlie die praktische, realitätsbezogene, zuvorkommende Tochter aus einer bodenständigen Patchwork-Familie ist, verkörpert Julia die individuelle, auffallend schöne, weltgewandte mittlere Tochter einer betuchten Unternehmerfamilie mit Hang zu Exzessen. Julia ermöglicht Charlotte den Einblick in eine ganz andere, mondäne Welt, in der Geld keine Rolle spielt und Regeln dazu da sind, um gebrochen zu werden. Als Charlie sich auf dieses Abenteuer einlässt, sich darüber hinaus in den älteren Bruder Sebastian verliebt, scheint ihre Welt für eine kurze, glückliche Weile stillzustehen – solange bis sie das wahre Geheimnis der Familie Buchanan entdeckt und damit die Schattenseiten ihrer oberflächlichen Lebensweise kennenlernt.

Dieser eher stille, unspektakuläre Jugendroman baut eine subtile, geheimnisvolle Atmosphäre auf, die bis zum Schluss erhalten bleibt. Ständig befindet man sich in einer Art Erwartungshaltung, die darauf abzielt, die tiefen, verborgenen Geheimnisse zu entschlüsseln und die dennoch keine Fortschritte macht, selbst dann nicht, als das Familiengefüge nach und nach zerbricht. Im Grunde genommen werden hier tiefgründige, erschreckende Wahrheiten benannt, wie die Alkoholabhängigkeit Jugendlicher, das fehlende Gewissen nach einer Straftat immer gepaart mit Selbstüberschätzung und ausgeglichen durch ein volles Bankkonto.

Im Mittelpunkt steht eine Mädchenfreundschaft die einerseits durch herzliche Zuwendung geprägt ist, andererseits aber im Schatten einer Lebenslüge verkommt. Eine recht unausgeglichene Beziehung, die auf dem Weg zur Selbstfindung ihren Tribut fordert und die mit der Zeit zu dem verblasst, was keiner gedacht hätte.

Der Schreibstil ist abwechslungsreich gestaltet, mit unterschiedlich langen Kapiteln, kleinen Briefauszügen oder Zeitungsausschnitten untermalt und mit wörtlicher Rede aufgelockert. Lediglich die französischen Textpassagen haben für mich, als Unwissende, den Lesefluss behindert, wobei sich alles aus dem Kontext erschließen lässt.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für einen Roman der sich sehr differenziert mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung, Einflussnahme und Gewissenskonflikten auseinandersetzt, dessen Geschichte mich aber emotional nicht fesseln konnte, vor allem weil die Entscheidungsfindung und die Wahl des Lebensweges sehr zäh und nicht immer nachvollziehbar gestaltet war. Kein Entweder/ Oder sondern immer nur ein vielleicht, keine Nägel mit Köpfen sondern nur eine weitere Möglichkeit – Charlie wendet sich zwar ab, hätte aber immer alles wieder ganz genauso gemacht und diese Einstellung war für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Berührungspunkte zweier Lebenswege

Das Meer in Gold und Grau
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Nachdem Katia Werner eine Auszeit von ihrem bisherigen Leben braucht und sich für ein geplantes verlängertes Wochenende zu ihrer bis dato unbekannten Tante an die Ostsee begibt, beginnt für sie ein neuer ...

Nachdem Katia Werner eine Auszeit von ihrem bisherigen Leben braucht und sich für ein geplantes verlängertes Wochenende zu ihrer bis dato unbekannten Tante an die Ostsee begibt, beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt denn aus zwei Tagen werden fast zwei Jahre. An der holsteinischen Ostseeküste betreibt ihre betagte Tante Ruth ein eher altmodisches doch gemütliches kleines Strandhotel. Gemeinsam mit einer bunten Mischung aus Personal, die fast alle im Rentenalter sind, trotzt sie Wind, Wetter und Veränderungen. Katia und Ruth finden Gefallen aneinander und die junge Frau bringt sich immer mehr in den Hotelbetrieb ein, so dass Ruths „Palau“ in neuem Glanz erstrahlt. Doch während die Lebenskräfte der einen nun zur vollen Entfaltung kommen, lassen die der alten Frau immer mehr nach und so entsteht eine spezielle Verbundenheit zwischen den Generationen, die ähnlich wie die Wellen am Strand einem ständigen Auf und Ab unterworfen ist.

Veronica Peters entwirft in diesem Roman, der bereits mein zweiter der Autorin ist, eine wunderschöne, sehr bildliche Sprache. Sie verpackt Gedanken, Lebensweisheiten und Naturbeschreibungen in einem anspruchsvollen Schreibstil, der das Lesen zum Erlebnis werden lässt. Die beiden Hauptprotagonisten aber auch alle anderen auftretenden Charaktere werden umfassend und liebevoll beschrieben, so dass man als Leser definitiv um die Stärken und Schwächen der entsprechenden Person weiß. Man fühlt sich ihnen verbunden und nah, fast so als würde man neben ihnen stehen und eigene Beurteilungen abgeben. Dieser Detailtreue und Aufmerksamkeit ist es auch zu verdanken, dass ich das Buch gerne gelesen habe, obwohl mich die eigentliche Geschichte nicht packen konnte.

Die Thematik von Neubeginn und Abschied, von Bestand und Veränderung, von Lebenssinn und Lebensabend wurde hier relativ emotionslos behandelt. Sowohl Katia als auch Ruth behalten sich ein Hintertürchen offen und gehen nur ein Stück des gemeinsamen Weges zusammen, bevor sich beide wieder oder nicht mehr in ein eigenes Leben verabschieden. Die beiden starken Frauen des Romans sind Einzelgänger, gewesen und geblieben, daran konnte ihre Bekanntschaft leider nichts ändern und ihre ganz individuelle Art von Liebe, die sie sicherlich füreinander empfunden haben, war für mich nur schwer nachvollziehbar.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für einen sprachgewaltigen, sehr speziellen Roman, der meine Liebe zur Literatur ausgesprochen gut widerspiegelt, aber dessen Handlung für meinen Geschmack zu wenig greifbare Liebe, zu wenig Herzlichkeit, zu wenig Emotionalität besaß. Die Bücher von Veronica Peters lesen sich einfach wundervoll und aus diesem Grund freue ich mich darauf ihren aktuellen Roman „ Aller Anfang fällt vom Himmel“ bald kennenzulernen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lebenslügen und ihre Folgen

Du hättest es wissen können
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Grace arbeitet als erfolgreiche Eheberaterin und steht kurz vor der Veröffentlichung ihres ersten Romans. Aber ihr Bilderbuchleben gerät ins Wanken, nachdem ihr über alles geliebter Mann Jonathan förmlich ...

Grace arbeitet als erfolgreiche Eheberaterin und steht kurz vor der Veröffentlichung ihres ersten Romans. Aber ihr Bilderbuchleben gerät ins Wanken, nachdem ihr über alles geliebter Mann Jonathan förmlich über Nacht verschwindet. Dabei handelt es sich keinesfalls- wie gehofft- um ein Missverständnis, sondern um eine alles überschattende Lebenslüge, die für Grace ungeahnte Ausmaße annimmt. Nach und nach gesellt sich ein böses Detail zum anderen und Grace fällt in ein tiefes Loch, von dessen Existenz sie bisher nicht einmal etwas wusste. Als sie schließlich akzeptiert, dass Jonathan ganz und gar nicht der war, der er vorgab zu sein, steht sie selbst vor den Scherben ihres ganz persönlichen Glücks.

„Du hättest es wissen können“ thematisiert die Fehleinschätzung einer liebenden Person innerhalb einer Ehe, einer Frau die ihr ganzes Vertrauen auf ihren Mann gerichtet hat, der es seinerseits nicht verdient hat und die im Gegenzug viele eigenständige Entscheidungen nicht mehr traf, weil keine Notwendigkeit dafür bestand.

Trotz bester Voraussetzungen ist auch sie nicht vor Fehleinschätzungen sicher und belastet sich ähnlich wie ihre hilfesuchenden Klienten mit bitteren Selbstvorwürfen.

Sehr eindringlich beschreibt die Autorin den langsamen aber unaufhaltsamen Verfall einer unausgewogenen Partnerschaft. Sie führt sowohl den Leser als auch die Hauptprotagonistin an den Wendepunkt der Geschichte und bietet die Perspektive auf einen Neuanfang.

Trotzdem fehlt es der Geschichte meines Erachtens an Handlung und daraus resultieren unschöne Längen, die gerade im Mittelteil bereits an Langeweile grenzen. Der Kummer und die seelischen Verletzungen werden ausführlich erörtert, doch der untreue, lügende, mordende Ehemann bleibt eine blasse Randfigur, so dass man sich ernsthaft fragt, warum er überhaupt so großen Schaden anrichten konnte. Wahrscheinlich hätte mir der Roman mit wechselnden Erzählperspektiven (aus Sicht von Mann und Frau) besser gefallen.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für einen beziehungsorientierten Unterhaltungsroman, der sich mit Lebenslügen im Allgemeinen und ihren traurigen Konsequenzen im Besonderen auseinandersetzt, der aber noch wesentlich mehr Entwicklungspotential gehabt hätte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwischen Verachtung, Groll und Fügsamkeit

Was das Meer ihnen vorschlug
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Die beiden Brüder Javier und Mario sind nicht nur Zwillinge sondern auch zwei sehr verschiedene Menschen, der eine sensibel, belesen und phlegmatisch, der andere depressiv, gewalttätig und aktiv. Ihre ...

Die beiden Brüder Javier und Mario sind nicht nur Zwillinge sondern auch zwei sehr verschiedene Menschen, der eine sensibel, belesen und phlegmatisch, der andere depressiv, gewalttätig und aktiv. Ihre größte Bürde ist das gemeinsame Leben und die räumliche Nähe zu ihrem Vater, mit dem sie eine Hotelanlage führen. Ihr Vater ist Sinnbild für einen eigenbrötlerischen, pessimistischen Menschen, der für seine Söhne nichts als Verachtung empfindet. Als die drei auf hoher See in ein Unwetter geraten, ergibt sich die Möglichkeit, den gehassten Vater auf ewig loszuwerden, denn ohne Zeugen wäre ein Verbrechen nur ein Unfall ...

Dieser kleine, feine Roman lebt und atmet regelrecht durch seine ansprechende Sprache. Literatur auf hohem Niveau, ein wunderschöner Satzbau und viele künstlerische Feinheiten, machen das Lesen zum reinsten Vergnügen. Egal ob es sich dabei um Natur- oder Personenbeschreibungen handelt, alles wirkt intensiv, schillernd und besonders. Auch die Handlung an sich birgt ein hohes Unterhaltungspotential, beschäftigt sie sich doch mit der Frage der Schuld, der Verkettung unglücklicher Umstände und der Möglichkeit aus Menschlichkeit zu handeln oder es zu unterlassen. Ein sehr vielschichtiger Plot, der die Unvermeidlichkeit auf eine harte Probe stellt und die Frage aufwirft, an welcher Stelle der Mensch das Schicksal aktiv beeinflussen kann.Mein Hauptkritikpunkt liegt an der Entwicklung des Romans, während im ersten Drittel kontinuierlich eine düstere, endgültige Stimmung erzeugt wird, flacht die Spannung viel zu plötzlich und umfassend ab. Der Leser befindet sich auf der Spitze einer Welle und dann bricht sämtliche Erwartungshaltung in sich zusammen und eine seltsame Leere und Unzufriedenheit bleibt zurück. Beim Leser ganz genauso wie bei den handelnden Personen. Das Ende ist definitiv Geschmacksache, weil es polarisiert und mich nicht wirklich begeistern konnte.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für ein polarisierendes, unterhaltsames literarisches Werk, über das man ausgesprochen gut debattieren kann, weil es viele Empfindungen hervorruft, ohne sie zu werten. Dramatik, Stimmung und Sprache bekommen von mir die volle Punktzahl, schon allein weil sich dieser Roman sehr positiv von der Masse abhebt und eine simple Notsituation zur Prüfung menschlicher Entscheidungen stilisiert.