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Veröffentlicht am 10.05.2017

Spannend!

Das Bündnis
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Am Weihnachtstag 1454 erwacht König Henry VI aus seiner tranceartigen Krankheit, die ihn monatelang in ihrem Bann hielt. Doch Henrys Krankheit ist nicht besiegt und die Karten der Macht müssen neu gemischt ...

Am Weihnachtstag 1454 erwacht König Henry VI aus seiner tranceartigen Krankheit, die ihn monatelang in ihrem Bann hielt. Doch Henrys Krankheit ist nicht besiegt und die Karten der Macht müssen neu gemischt werden. Henrys Ehefrau, Margaret von Anjou, befürchtet, Richard Plantagenet, der Duke of York, könnte nach der Krone greifen wollen und setzt alles daran, diesen auszuschalten. Doch so leicht ist York nicht unterzukriegen.

Dies ist der zweite Band der Rosenkriege-Reihe Conn Igguldens. Bereits der erste konnte mich überzeugen und ich war sehr gespannt auf die Fortsetzung, die ich nun endlich gelesen habe. Um es vorwegzunehmen: Ich war gefesselt und habe mir nach der Lektüre sofort Band 3 bestellt.

Erzählt werden in zwei Teilen die Geschehnisse der Jahre 1454 – 1455 und 1459 – 1461, aus wechselnden Perspektiven, sowohl auf York- als auch auf Lancaster-Seite. Conn Iggulden hat einen lebendigen, bildhaften Erzählstil und zieht den Leser mitten hinein ins Geschehen, ich mochte den Roman kaum aus der Hand legen, und das, obwohl er sehr schlachtenlastig ist, das Privatleben der Protagonisten tritt dahinter zurück. Mit Kämpfen und Schlachten kann man mich normalerweise nicht unbedingt locken, es sei denn, sie seien spannend und interessant erzählt – und das schafft der Autor hier allemal. Das liegt zum Teil auch am tatsächlichen Geschehen, denn den historischen Persönlichkeiten, von denen hier erzählt wird, sind so manche Bravourstücke gelungen. Doch auch Verwundung und Tod vieler vieler Menschen wird nicht vergessen, Krieg nicht glorifiziert. Thematisiert wird auch das Drumherum, wie Ausheben von Truppen und Versorgungsschwierigkeiten.

Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und ihre Motivationen verständlich. Meine Sym- und Antipathie war bei manchen Charakteren schnell vergeben, jedoch ist nicht jeder Charakter ist so schnell zu kategorisieren.

Besonders angetan haben mir bei diesem Roman die Zusatzinhalte, es gibt mehrere Karten, Stammbäume, ein Personenregister, in dem aber leider die historischen Personen nicht kenntlich gemacht wurden, und sehr umfangreiche und interessante historische Anmerkungen, die ich direkt nach Lektüre des entsprechenden Abschnittes gelesen habe. Neugierig gemacht hat mich außerdem die schöne Widmung.

Mich hat dieser zweite Band restlos überzeugt, ich empfehle ihn gerne allen Fans historischer Romane und vergebe volle Punktzahl.

Veröffentlicht am 06.05.2017

Eine Geschichte, auf die man sich einlassen sollte - es lohnt sich!

Der Mann, der mit Schlangen sprach
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Früher lebten alle Esten im Wald und konnten die Sprache der Schlangen sprechen. Doch dann kamen Fremde und brachten neben einer neuen Religion auch neue Gepflogenheiten und fortschrittliche Möglichkeiten. ...

Früher lebten alle Esten im Wald und konnten die Sprache der Schlangen sprechen. Doch dann kamen Fremde und brachten neben einer neuen Religion auch neue Gepflogenheiten und fortschrittliche Möglichkeiten. Jetzt leben viele Esten im Dorf und säen und nutzen moderne Gerätschaften. Die Waldbewohner sterben aus und schließlich ist Leemet der Letzte, der das alte Wissen besitzt.

Bereits optisch gefällt mir das Buch sehr, die Farbe, das Motiv, der Titel haben mich sofort angesprochen und nach dem Lesen der Leseprobe wollte ich einfach nur weiterlesen. Bereits nach wenigen Seiten fragte ich mich, inwieweit der Roman einen realen historischen Hintergrund hat – und tatsächlich, Estlands Geschichte kann man hier wiederfinden. Es handelt sich aber nicht um einen historischen Roman, sondern um eine phantastische Erzählung, Vieles wird überspitzt dargestellt, es gibt eine Reihe phantastischer Elemente. Der Roman wird zwar Genre Fantasy zugeordnet, ist aber keinem Subgenre direkt zurechenbar, sondern ist etwas Einzigartiges, Besonderes. Das führt dazu, dass man sich auf den Roman auch einlassen muss, um ihn verstehen und mögen zu können.

Der Autor lässt Leemet selbst seine Geschichte rückblickend erzählen, und zwar sehr anschaulich. Charaktere, Tiere und Landschaft kann ich mir sehr gut vorstellen, ebenso kann ich mich gut in Leemet hineinversetzen, der nach und nach alles verliert und nicht verstehen kann, wieso seine bisherigen Werte nichts mehr wert sein sollen, ja sogar seine Art zu leben als schlecht dargestellt wird. Das „neue“ Leben erscheint ihm so gar nicht reizvoll, und doch ziehen immer mehr Waldbewohner ins Dorf. Dieser Konflikt zwischen Althergebrachtem und Neuem ist gut herausgearbeitet und zwar so, dass keine Seite nur Vor- oder Nachteile aufweist.

Der Autor erzählt in einfacher Sprache, eben so, wie Leemet erzählen würde. Die Geschichte ist bei aller Tragik auch voller, nicht nur schwarzem, Humor. Neben Leemet entwirft der Autor eine ganze Reihe weiterer, mehr oder weniger liebenswürdiger, teilweise sehr skurriler Charaktere, mit teilweise fast absurden Hintergründen, so gibt es z. B. liebestolle Bären, die nichts lieber tun als menschliche Frauen zu verführen, Urmenschen, die möglichst große Läuse züchten möchten, und einen Waldweisen, der gerne blutige Rituale vollzieht. Das Geschehen selbst ist zum Teil ähnlich absurd, wobei sich die Absurdität im Laufe des Geschehens immer mehr steigert. Das Ende hat mir gut gefallen, mich aber auch überrascht – und sämtliche Fäden sind verknüpft.

Wenn man den Autor goggelt, sieht man, dass er auf skurrile Charaktere und absurde Geschichten abonniert ist. Andrus Kivirähk ist ein bekannter estnischer Autor, der bereits viele Preise in seiner Heimat bekommen haben und dessen Bücher auch in anderen Länder veröffentlicht werden. „Der Mann, der mit Schlangen sprach“ erschien im Original bereits 2007, wie schön, dass wir ihn nun auch auf Deutsch lesen können.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen und Lust auf weitere Werke des Autors gemacht. Wer sich auf den Roman einlässt, erhält eine ganz besondere, einzigartige Geschichte, die womöglich lange nachwirkt.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Wieder ein überzeugender Gablé-Roman

Die fremde Königin
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951: Die italienische Königin Adelheid wird nach dem Tod ihres Ehemannes von Berengar von Ivrea gefangen gehalten, sie soll dessen Sohn Adalbert heiraten und Berengar so die Macht in Italien sichern. Gaidemar, ...

951: Die italienische Königin Adelheid wird nach dem Tod ihres Ehemannes von Berengar von Ivrea gefangen gehalten, sie soll dessen Sohn Adalbert heiraten und Berengar so die Macht in Italien sichern. Gaidemar, ein Panzerreiter Ottos I., erhält den Auftrag Adelheid zu befreien. Das führt zu einer tiefen Verbundenheit zwischen den beiden, die anhält, auch nachdem Adelheid sich wieder verheiratet hat. Adelheid ist allerdings klar, dass an erster Stelle ihr Gemahl, ihre Kinder und ihr Land kommen.

Gaidemar, illegitimer Sohn von königlichem Blut, hat es nicht einfach: Keinen Namen, keinen Titel, die Frau, die er liebt ist unerreichbar und nicht jeder schätzt ihn. Zudem trägt die politische Situation mehr als einmal dazu bei, dass er um Leib und Leben fürchten muss, nicht nur auf dem Schlachtfeld.

Über 11 Jahre erzählt Rebecca Gablé ein weiteres Stück deutscher Geschichte. Im Mittelpunkt steht dieses Mal Gaidemar, ein typischer gabléscher Held, sympathisch aber problembeladen, mit unerreichbarer Liebe, mehreren, zum Teil mächtigen Gegenspielern, und ein bisschen stört mich das schon, Gaidemars Geschichte kommt mir oft altbekannt vor und hat deshalb nur wenige Überraschungen zu bieten, neben dem Protagonisten aus dem Vorgängerband („Das Haupt der Welt“), Tugomir, wirkt er zudem ziemlich 08/15. Dennoch gewinnt man Gaidemar schnell lieb und bangt und hofft mit ihm, so dass mich seine Geschichte trotzdem schnell packt und nur an manchen Stellen wirkt sie für mich etwas aufgesetzt, z. B., als er Gefühle für Adelheid entwickelt. Gaidemar passt zudem gut in die geschichtlichen Hintergründe.

Als zweite, nahezu gleichwertige Protagonistin tritt Adelheid auf. Im Gegensatz zu Gaidemar hat sie tatsächlich gelebt. Auch bei ihr gelingt es der Autorin sehr gut, sie lebendig und authentisch wirken zu lassen, ihr Denken und Fühlen könnte genau so gewesen sein.

Weitere historische und fiktive Persönlichkeiten bevölkern den Roman, wobei die historischen eindeutig überwiegen, wie auch das vorangestellte Personenverzeichnis zeigt. Viele davon kennt man bereits aus dem Vorgängerband, wie Otto I, seine Brüder Brun und Henning und seine Söhne Liudolf und Wilhelm. Auch einige der fiktiven Personen des Vorgängerbandes haben Auftritte, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Obwohl ich den Vorgängerband kenne, brauchte ich doch ein bisschen, mich wieder heimisch zu fühlen, es lag einfach zu viel Zeit dazwischen. Erzählerisch packte der Roman mich jedoch bereits mit dem ersten Satz. Erzählt wird sowohl aus Adelheids als auch aus Gaidemars Perspektive und hin und wieder auch aus anderer. Vieles ist historisch so vorgegeben, aber es bleibt ausreichend Platz für überraschende Wendungen und eine spannende Erzählung.

Im Nachwort erfährt man etwas über Fiktion und Fakten und tatsächlich ist einiges, was ich im Bereich Fiktion erwartet hatte, historisch verbürgt. Leider lässt das Nachwort auch vermuten, dass es keine Fortsetzung, jedenfalls keine zeitnahe (bezogen auf die historische Zeit) geben wird, denn man erfährt hier bereits, wie es weiterging. Aber, womöglich überrascht uns die Autorin doch noch und wir treffen Otto I. oder Otto II. und andere Charaktere, oder zumindest deren Nachfahren, noch einmal wieder. Ich würde mich freuen.

Insgesamt hat mich auch dieser Roman der Autorin wieder überzeugt, Geschichte wurde spannend verpackt und mir ein Stück deutscher Geschichte, über das ich noch wenig wusste, nahe gebracht. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wie gehabt, aufrunde. Wer sich gerne in historische Zeiten entführen lässt und spannend und interessant erzählte geschichtliche Lehrstunden verbunden mit authentisch wirkenden Charakteren und einer spannenden Erzählung mag, ist bei Rebecca Gablé immer richtig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Gefühle
  • Recherche
  • Schreibstil
Veröffentlicht am 30.04.2017

Gelungener historischer Roman

Die Festung am Rhein
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Nach der Niederlage der Franzosen bei Waterloo wird das Rheinland preußisch und Koblenz soll in eine Feststadt umgewandelt werden. Über der Stadt entsteht die Festung Ehrenbreitstein, bei ihrem Bau werden ...

Nach der Niederlage der Franzosen bei Waterloo wird das Rheinland preußisch und Koblenz soll in eine Feststadt umgewandelt werden. Über der Stadt entsteht die Festung Ehrenbreitstein, bei ihrem Bau werden modernste Techniken angewendet. Der preußische Ingenieuroffizier Rudolph Harten ist an diesem Bau beteiligt und sehr stolz auf das, was hier geschaffen wird.

Als Baupläne der Festung verschwinden, wird der Halbfranzose Christian Berger verdächtigt. Christians Schwester Franziska tut alles dafür, die Unschuld ihres Bruders zu beweisen, und trifft dabei immer öfter auf Rudolph Harten. Die Ressentiments gegenüber dem jeweils anderen sind groß, Preußen und Rheinländer bzw. Preußen und Franzosen passen wohl einfach nicht zueinander – oder etwa doch?

Maria W. Peter nimmt den Leser mit in eine Zeit, die noch gar nicht so lange her ist, gerade in diesem Jahr ist das 200jährige Jubiläum der Festungsstadt Koblenz. Der Autorin gelingt es gut, dem Leser die Atmosphäre, die in Koblenz (stellvertretend für das Rheinland) geherrscht haben muss, die Rückschritte, die mit den Preußen ins Land kamen, die Einengung, die nicht nur tatsächlich durch den Bau einer Stadtumwallung entstand, sondern auch durch die rückschrittliche Gesetzgebung der Preußen, durch das Aufoktroyieren der preußischen Lebensart. Dem gegenüber die Preußen, die ihre Art zu Leben als richtig und wichtig empfanden, hierarchisch dachten und voller Vorurteil gegenüber den Franzosen waren. Beide Aspekte kommen zum Tragen durch die beiden Protagonisten, durch sie wird außerdem aufgezeigt, dass es durchaus möglich ist, aufeinander zuzugehen. Sehr zur Atmophäre des Romans tragen die verschiedenen Dialekte und Sprachen bei, man hört die rheinischen, französischen, schottischen, aber auch ostdeutschen Klänge regelrecht.

So sind die Charaktere der Autorin sehr gut gelungen, man entwickelt Verständnis und Sympathie sowohl für Franziska als auch für Rudolph. Auch die weiteren Charaktere sind gut ausgearbeitet, wenn auch manchmal etwas klischeebehaftet, wie etwa der unsympathische Feldwebel Bäske oder der Onkel der Geschwister. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir Alasdair McBaird, ein schottischer Rheinreisender und Künstler, der dem Leser schnell sehr sympathisch wird, der aber auch eine eher düstere Seite hat. Ein weiterer erinnerungswürdiger Charakter ist Rudolphs Bursche Fritz, der Frische und Lebensmut versprüht.

Die Begegnungen zwischen Rudolph und Franziska sind, vor allem zu Beginn, immer wieder recht amüsant, der Roman hat aber auch düsterere Szenen, die manchmal regelrecht traurig machen. Manche Wendung sorgt für Überraschungen und der fast krimiartige Plot für einiges an Spannung. Natürlich fehlt auch eine Liebesgeschichte nicht, diese passt aber sehr gut in das Geschehen und fühlt sich richtig an. Die Auflösung schließlich hat mich ein bisschen geschockt, aber sie ist letztlich nachvollziehbar. Trotzdem hätte ich mir hier ein etwas anderes Ende gewünscht.

Als Leser erfährt man viel über das damalige Leben und ist mit Franziska und Rudolph nicht nur in Koblenz sondern auch in Köln unterwegs. Letzteres ist vor allem für jene faszinierend, die die beiden Orte näher kennen. Der Roman ist nicht nur unterhaltsam sondern auch lehrreich, dabei aber nie trocken oder gar langatmig.

In einem historischen Roman erwarte ich grundsätzlich eine gewisse Zusatzausstattung, wie etwa Karten oder ein Personenregister. Beides ist hier vorhanden, außerdem ein umfangreiches und nützliches Glossar, Zusatzinformationen zu den historischen Personen, Reise- und Stöbertipps (nicht nur) zu Köln und Koblenz und ein sehr ausführliches und informatives Nachwort der Autorin. Auch anhand der Danksagung kann man erkennen, wie umfassend Maria W. Peter recherchiert haben muss. Insgesamt eine absolut perfekte Zusatzausstattung!

Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich wie gehabt aufrunde. Freunde historischer Romane bekommen eine spannende, interessante und gefühlvolle Geschichte, die gekonnt historische Hintergrundinformationen vermittelt – sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 22.04.2017

Sehr spannend!

Des Teufels Gebetbuch
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Tadeus Boch, ein ehemaliger Spieler, gerät in den Sog um ein rätselhaftes Kartenspiel, dessen Ursprung in Leipzig des Jahres 1768 liegt.

Ohne den Namen Markus Heitz hätte mich ein Roman zum Thema Kartenspiel ...

Tadeus Boch, ein ehemaliger Spieler, gerät in den Sog um ein rätselhaftes Kartenspiel, dessen Ursprung in Leipzig des Jahres 1768 liegt.

Ohne den Namen Markus Heitz hätte mich ein Roman zum Thema Kartenspiel kaum interessiert. Ich bin ein großer Fan des Autors, auch wenn mir nicht alle seine Romane uneingeschränkt gefallen haben. Mit „Des Teufels Gebetbuch“ hat er es wieder einmal geschafft, mein Leserherz zu erfreuen. Bereits der Prolog ist spannend und eröffnet einige Fragen – und bis zum Ende lässt die Spannung nicht nach, im Gegenteil.

Bereits der erste Blick auf den Roman ist positiv, das Cover gefällt und das Buch hat eine auffällige aber angenehme Haptik. Auf den Buchdeckelinnenseiten wird das Kartenspiel „Supérieur“, das im Roman eine besondere Rolle spielt, erklärt, wer will und ein Kartenspiel zur Hand hat, kann direkt losspielen, allerdings besser ohne die „historischen Regeln“. Im umfangreichen Anhang findet man u. a. Informationen, welche Romanfiguren reale historische Persönlichkeiten waren und über die historischen Hintergründe des Kartenspiels an sich – sehr informativ und lesenswert!

Sehr gut gefallen haben mir die Charaktere, egal ob Pro- oder Antagonist, sie sind sehr gut charakterisiert und nicht bei jedem ist direkt klar, welchem Lager er zuzuordnen ist. Durchgehend sympathisch ist keiner, dafür aber mehr als einer sehr interessant. Mein Lieblingscharakter ist Tadeus, ich finde es bewundernswert, wie er sich seiner Sucht stellt, um ihn habe ich am meisten gebangt, denn er schlägt einen Weg ein, der ins Unglück führen kann. Hyun, die neben Tadeus die zweite Hauptrolle spielt, kam ich nicht wirklich nahe, interessant ist sie dennoch, denn sie hat besondere Fähigkeiten. Der interessanteste Charakter des Romans ist sicher Odette, die greise Restauratorin, die für mehr als eine Überraschung gut ist.

Ein Teil des Romans spielt in der Vergangenheit, im Leipzig des Jahres 1768. Neben dem Kartenmacher Bastian Kirchner tritt hier kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe auf – und wer seinen Faust kennt, wird hier eine Menge Anspielungen finden, die sehr dazu betragen, dass dieser Part unterhält, zumal es auch einige Zitate zu entdecken gibt. In diesen Abschnitten hat mir außerdem sehr gut gefallen, wie sich die Sprache der Zeit anpasst.

Markus Heitz erzählt, wie von ihm gewohnt, sehr ausführlich, aber auch sehr spannend, und ies gelingt es ihm, den Spannungsbogen durchgehend hoch zu halten und den Leser immer wieder zu überraschen. Das Ende allerdings kommt etwas zu plötzlich und ist eher unglaubwürdig, vor allem, weil Charaktere immer mehr zu unsterblichen Superhelden mutieren – schade. Der Roman ist nichts für zarte Gemüter, aber das erwartet man vom Autor auch nicht. Gestorben wird reichlich und auch sonst gibt es viele blutige und grausame Szenen, die aber immer in den Kontext passen und nicht nur dem Effekt dienen.

Sehr gut gefallen mir die kapiteleinleitenden Zitate, die alle etwas mit dem Thema (Karten)Spiel zu tun haben und von ganz unterschiedlichen Menschen stammen, so haben u. a. Platon, Arthur Schopenhauer, Jack London und Oscar Wilde etwas beizusteuern. Auch historische Hintergrundinformationen verstecken sich zwischen dem spannenden Geschehen, wie etwa über das Farbholzraspelprivileg des Armenhauses in Leipzig oder den Bunkertunnel in Arras.

Dem Autor ist wieder einmal ein hochspannender Pageturner gelungen, der nur am Ende nicht mehr ganz überzeugen kann, weswegen ich „nur“ 4,5 Sterne vergeben, die ich aber, wie gewohnt, aufrunde. Genrefans sollten unbedingt zu diesem Roman greifen!