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Veröffentlicht am 04.01.2022

Beängstigend!

Shelter
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Allgemeines:

Das Hörbuch „Shelter“ zum gleichnamigen Roman der Autorin Ursula Poznanski ist am 18.10.21 im Hörverlag erschienen. Es handelt sich um eine ungekürzte Lesung des renommierten Hörbuchsprechers ...

Allgemeines:

Das Hörbuch „Shelter“ zum gleichnamigen Roman der Autorin Ursula Poznanski ist am 18.10.21 im Hörverlag erschienen. Es handelt sich um eine ungekürzte Lesung des renommierten Hörbuchsprechers Jens Wawrczeck. Wawrczeck hat eine angenehme Leserstimme, die passend zur Geschichte eine mitreißende Atmosphäre kreiert. Schön ist es, dass es sich um eine ungekürzte Version handelt, da sonst mit Sicherheit nicht die Stimmung und rasante Entwicklung der Geschichte deutlich geworden wäre.

Inhalt:

„Die Idee war völlig verrückt und sie wären niemals darauf gekommen, wenn die Party nicht so aus dem Ruder gelaufen wäre. Aus einer Katerlaune heraus erfinden Benny und seine Freunde eine irre Geschichte über außerirdische Besucher und verbreiten sie im Internet. Gespannt wartet die Clique ab, was passiert. Zu ihrer eigenen Überraschung nehmen immer mehr Menschen die Sache für bare Münze und Bennys Versuche, alles aufzuklären, bringen ihn schon bald in Lebensgefahr.

Was, wenn du dir eine völlig absurde Geschichte ausdenkst, sie zum Spaß in die Welt setzt und plötzlich glauben alle daran? Ursula Poznanskis neuer Bestseller ist eine wache Analyse der Mechanismen moderner Verschwörungsmythen und ein schockierender Thriller über einen Streich, der zur verwirrenden Realität wird.“ (Quelle: Bloggerportal)

Meine Meinung:

Wie so oft gelingt es Poznanski ihre Leserinnen oder in diesem Fall Hörerinnen direkt in ihren Bann zu ziehen. Sie kreiert eine Geschichte voller Spannung, die so mitreißend und überraschend ist, dass man manchmal beinahe selbst Paranoia hat.

Ihr neuer Roman ist so realitätsnah, das man an so mancher Stelle den Kopf schütteln muss. Man fühlt sich an viele Ereignisse erinnert, die gerade so oder ähnlich passieren. Poznanski führt uns vor Augen, wie wenig wahrer Kern vorhanden sein muss, um Menschen zu finden, die einer Verschwörungstheorie Glauben schenken, diese verbreiten und beginnen, andere Menschen auszugrenzen, zu hassen, zu jagen.

Sowohl in ihrem Buch als auch in der Realität können Anhängerinnen solcher Theorien häufig nicht mehr zwischen Recht und Unrecht und Wahrheit und ausgedachten Details unterscheiden. Sie glauben alles, hinterfragen nichts und sehen in kleinsten medialen Veröffentlichungen Bestätigungen ihrer Gedanken. Das führt zu Ereignissen, die Ausmaße annehmen, die wir uns teilweise nicht vorstellen können.

Die von Poznanski gewählte Basis für die Verschwörungstheorie ist so abstrus, das man sich nicht erklären kann, dass Menschen an ebendiese glauben könnten. Selbst die WG-Mitglieder, die sich die Theorie an einem lustigen Abend ausdenken, rechnen nicht wirklich damit, dass ihre Theorie weitergesponnen wird. Mit Sicherheit hat die Autorin mit Absicht zu solch an den Haaren herbeigezogenen Elementen gegriffen, um deutlich zu machen, dass Menschen auch in der echten Welt an Dinge glauben, die jederzeit widerlegt und wissenschaftlich fundiert als nichtig beschrieben werden könnten. Ich weiß nicht, was an dieser Stelle erschreckender ist: Die (momentane) Realität oder die Aktualität der Fiktion?

Nun aber zurück zur Geschichte. Shelter ist wie ein Sog. Poznanski entwickelte ihre Charaktere so passend und realistisch, dass man sie vermutlich in jeder größeren Stadt so finden könnte. Man kann sich mit ihnen identifizieren und erlebt das Gefühl der Entstehung der Theorie als Euphorie innerhalb der WG mit. Nach und nach schlägt dieses Gefühl um, man ist betroffen, möchte nicht, dass sich die Theorie weiterentwickelt. Zu dem Zeitpunkt als die WG keine Kontrolle mehr über die Verbreitung der Theorie hat, entsteht eine solche Bedrohlichkeit, dass man am liebsten nur noch wissen möchte, wie alles ein Ende nehmen wird. Und auch dort überrascht uns Poznanski wieder einmal. Hinter alldem steckt etwas so Unerwartetes. Poznanski kann es einfach: Ihr gelingt es erneut, einen völlig anderen Jugendroman zu schreiben. Ihre Bücher sind nicht nach Schema-F konstruiert oder aufgebaut. Sie sucht sich ein aktuelles Thema und bringt es als realitätsnahe Geschichte aufs Papier. Sowohl bei Cryptos als auch hier ist ihr das fulminant gelungen.

Fazit:

Eine dringende Hör- oder Leseempfehlung für alle jugendlichen und älteren Leser
innen der heutigen Zeit. Und besonders für alle, die mal wieder in den alternativen Medien nach der Wahrheit gesucht haben…

Veröffentlicht am 04.01.2022

"Gott schuf, Linné ordnete."

Der Mann, der die Welt ordnete
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Allgemeines:

Axel Meyer ist den Leserinnen und Lesern als Autor historischer Romane bekannt. Mit seiner Hakon-Reihe, die die Christianisierung des Nordens thematisiert, war er sehr erfolgreich und hatte ...

Allgemeines:

Axel Meyer ist den Leserinnen und Lesern als Autor historischer Romane bekannt. Mit seiner Hakon-Reihe, die die Christianisierung des Nordens thematisiert, war er sehr erfolgreich und hatte seinen Durchbruch als Schriftsteller. Meyer lebt heute in Rostock, wo er als Journalist und Redakteur für die Ostseezeitung tätig ist.

Der Mann, der die Welt ordnete erschien am 14.12.2021 als Hardcover bei Rowohlt und umfasst 414 Seiten.

Inhalt:

„«Gott schuf, Linné ordnete»: ein faszinierender Roman über den schwedischen Botaniker Carl von Linné


Von Leidenschaft, Ehrgeiz und Besessenheit getrieben, ringen zwei Forscher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts um Anerkennung. Carl von Linné will Gottes Schöpfung, die Flora und Fauna, nach einem von ihm entwickelten System ordnen und zum berühmtesten Botaniker aller Zeiten werden. Zunächst wird der Schwede verkannt, publiziert aber schließlich bahnbrechende Schriften und unternimmt abenteuerliche Forschungsreisen. Erbittert bekämpft wird er dabei von dem deutschen Arzt Johann Georg Siegesbeck. Der Wissenschaftler hat sich einen bescheidenen Namen gemacht und verfasst selbst botanische Schriften. Schriften, die hinfällig werden, sollte sich Linnés Sexualsystem zur Pflanzenbestimmung durchsetzen – in Siegesbecks Augen nichts als Ketzerei …“ (Quelle: Verlagsseite des Rowohlt Verlags)

Meine Meinung:

Axel Meyer hat mit seinem Roman Der Mann, der die Welt ordnete ein Buch über den Botaniker Carl von Linné geschrieben.

Es ist bemerkenswert, wie gut es ihm gelingt, das Leben Linnés in diese romanhafte Form zu gießen. Historische Romane sind oft entweder langatmig und mit Fakten überladen, so dass eher ein Sachbuch dabei herauskommt, als wirklich spannend geschrieben. Genau dieses ist Meyer aber gelungen. Bereits die ersten Seiten lassen einen nicht los, da sie unmittelbar in das Geschehen einsteigen lassen und so die Aufmerksamkeit des Lesers sofort fesseln.

Es ist nicht klar, zumindest für mich nicht, welche Fakten zutreffen und was Fiktion ist. Das finde ich persönlich nicht schlimm, da ich mir bewusst bin, dass, wenn es sich um einen Roman handelt, niemals alle Fakten stimmen können und sollen. Die Geschichte ist einfach gut erzählt und man kann sich vorstellen, dass alles genauso passiert ist. Erinnerungen werden an Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt geweckt. In seinem Buch geht es auch um zwei Männer aus der Wissenschaft, die miteinander nicht gerade im Guten konkurrieren -wie so oft, wenn es um Entdeckungen oder Erfindungen geht.

Die Handlung beginnt im Jahr 1753, Linnés 46stem Geburtstag. Meyer lässt ihn aus der Ich-Perspektive erzählen und man merkt schnell, dass Linné auf der einen Seite überheblich ist, auf der anderen Seite aber auch als Vater von sechs Kindern durchaus bemerkt, dass er seine Frau mit der Erziehung vollkommen allein lässt. (Was natürlich für die damalige Zeit völlig normal war.) Daher ist es bemerkenswert, dass er darüber überhaupt nachdenkt. Zudem erfährt man schnell, dass seine Frau Sara mit seiner Arbeit nichts

anfangen kann beziehungsweise über diese genervt ist. Sie bezeichnet ihn als Unkrautsammler. So viel zum Prolog, an dessen Ende man allerdings nicht weiß, ob Linné das alles nur geträumt hat oder ob das Erlebte der Wahrheit entspricht. Auf jeden Fall endet dieser mit einem großen Schrecken. Der Leser fragt sich, ob bereits ein Ausblick auf die Handlung stattfindet…

Es geht zurück ins Jahr 1736. Carl von Linné ist in einem Dauerstreit mit dem deutschen Botaniker Johann Georg Siegesberg, der in Russland lehrt und auch dort lebt. Als dieser von dem jungen Linné einen Brief erhält, fühlt er sich zunächst geschmeichelt, weil er ihn sehr lobt. Als er dann aber dessen Abhandlung über einen biologischen Prozess liest, ist er tief erschüttert, warum wird man später erfahren. Siegesberg ist es auch, der im Prolog des Buches eine Rolle spielt, die Linné zutiefst erschüttert zurücklässt.

Die Charaktere in diesem Buch sind gut ausgestaltet, sie passen zu fanatischen und verschrobenen Wissenschaftlern. Der Stil ist oft ironisch humorvoll, das passt gut zu Handlung und Figuren. Das Nachwort sollte man unbedingt lesen. Es enthält sehr interessante Fakten, beispielsweise, dass Goethe ein großer Bewunderer Linnés war. Außerdem erfährt man, wie bedeutsam Carl von Linnés Klassifizierung der Pflanzen für die Botanik war und ist.

Fazit:

Ein Buch, das man richtig gut weglesen kann. Man sollte sich allerdings für die Thematik interessieren, sonst ist die Lesefreude nur halb so groß.

Veröffentlicht am 06.10.2021

Sankta!

Die Leben der Heiligen
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Allgemeines:

Am 01.09.21 ist ein besonderes Büchlein bei Knaur Hardcover erschienen. Die Leben der Heiligen von Leigh Bardugo. Auf 144 aufwändig illustrierten Seiten erzählt die Autorin Geschichten zu ...

Allgemeines:

Am 01.09.21 ist ein besonderes Büchlein bei Knaur Hardcover erschienen. Die Leben der Heiligen von Leigh Bardugo. Auf 144 aufwändig illustrierten Seiten erzählt die Autorin Geschichten zu der Entstehung der in ihren Büchern häufig erwähnten Heiligen, die so manches Detail des Grishaverse aufnehmen oder vertiefen.

Inhalt:

„Die Geschichten in »Die Leben der Heiligen« bieten Alina Starkov, Nina Zenik oder Nikolai Lantsov immer wieder Trost und Rat in schwierigen Situationen, gerne wird in den »Grisha«-Romanen aus dem mythischen Buch zitiert.
Jetzt können alle Fans der Grisha die Legenden von bekannten Heiligen wie Sankta Lizabeta der Rosen und Sankt Ilya in Ketten oder die eher düsteren Sagen von Sankta Maradi und dem Sternenlosen Heiligen selbst nachlesen – in einer wunderschön illustrierten Ausgabe, die an mittelalterliche Stundenbücher erinnert.“ (Quelle: Verlagsseite Droemer Knaur)

Meine Meinung:

Wer Lust hat, noch tiefer in das Grishaverse einzutauchen, sollte dringend zu Die Leben der Heiligen greifen und sich von den kleinen Geschichten in die Welt Alina Starkovs hineinziehen lassen. Obwohl die Bücher rund um Alina für mich schon eine Weile her sind, steht sie mir noch immer vor Augen als sei es gestern gewesen. Eventuell hat eine gewisse Netflix-Serie daran einen kleinen Anteil gehabt.

So war es für mich beinahe, als könnte ich Alina erneut auf ihrer Suche nach dem Licht, den heiligen Tieren und bei der Entdeckung der Welt der Grisha begleiten. In vielen Geschichten wurden sowohl Figuren, die wir durch Erwähnungen kennen, aber auch Figuren, die wir noch nicht kennen, beleuchtet. All diese Geschichten waren kurz, aber dabei sehr prägnant. Bardugo gelingt es, auf wenigen Seiten die Quintessenz der jeweiligen Heiligen genau zu treffen und ihre Entstehungsgeschichte so geschickt zu erzählen, dass man nach der Lektüre viele neue Eindrücke im Kopf hat, die erst einmal sacken müssen.

Bitte bedenkt, dass Menschen, die heilig gesprochen werden, oft Märtyrer sind, deren Schicksal ein gar Grausames war. So geschieht es auch in der Welt der Heiligen von Ravka. So manch eine Erzählung hat ein fürchterliches Ende, das man als Leserin aber beinahe genau so erwartet oder vielmehr befürchtet.

An manchen Stellen denkt man an die Trilogie zurück, aber auch an die weiteren Reihen, in denen so oft Sankta oder Sankt … erwähnt werden. Ich kann mir vorstellen, dass es schön wäre, immer direkt nachzuschauen, um welchen Heiligen es geht, während man innerhalb des Grishaverse voranschreitet. An manchen Stellen hat man das Gefühl, dass auch Alina einen Blick in dieses Buch geworfen hat. So wird dieser Eindruck beispielsweise durch die sehr gelungene Gestaltung des Buches verstärkt. Der Einband wirkt wie ein Ledereinband, insgesamt entsteht dadurch das Gefühl, ein deutlich älteres Buch in Händen zu halten. Optisch ist es an das Buch, das Alina in der Netflix-Serie in Händen hält, angepasst.

Natürlich findet man auch die Geschichte, die man eigentlich gar nicht finden möchte. Ebendiese ist aber nicht so geschrieben, wie man es erwartet. Ganz anders und nicht vorhersehbar gelingt es Bardugo eine kleine, aber feine Erzählung über die bei ihren Leser
innen wohl beliebteste Sankta zu schreiben.

Ein Blick nach innen lohnt sich nicht nur der Texte wegen. Wie bereits von Die Sprache der Dornen (Rezi hier) gewohnt, ist das Büchlein aufwändig illustriert. Passend zum Einband wird die Farbe Gold aufgenommen. Zu jeder Erzählung gibt es ein stimmiges Titelbild, das grauenvoll, aber auch wunderschön sein kann. Ich kann mir vorstellen, dass einige der Bilder auch als Inspiration für kreatives Schreiben oder freies Erzählen dienen könnten.

Ihr wisst, dass ich für immer ein Fan der Bücher sein werde. Ich habe die Serie zwar gerne geschaut, für mich sind aber nur die Bücher das Medium, das Bardugos Universum so darstellt, wie es wirklich ist. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist für mich daher, dass das Buch als ideale Begleitung der Netflixserie beworben wird. Ich empfinde die Serie nicht als tiefgründig und glaube, dass man dem „Nutzen“ des Buches mit einer solchen Werbung leider nicht gerecht wird.

Fazit:

Alles in allem ist Die Leben der Heiligen eine gelungene Ergänzung zum Grishaverse, die ich mit Sicherheit heute nicht zum letzten Mal in Händen gehalten habe. Durch solche kleinen Bücher und Erzählungen macht Bardugo ihr Werk noch einzigartiger und lesenswerter als es ohnehin schon ist. Bitte in angemessenen Abständen mehr davon.

Veröffentlicht am 21.07.2021

Eindeutige Leseempfehlung!

Nachttod
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Allgemeines:

Nachttod ist der Auftakt einer Trilogie um die Polizistin Hanna Duncker.

Johanna Mo wurde zum Schreiben dieser Krimireihe animiert, da in ihrer Heimatstadt Kalmar ein ähnliches Unglück geschah. ...

Allgemeines:

Nachttod ist der Auftakt einer Trilogie um die Polizistin Hanna Duncker.

Johanna Mo wurde zum Schreiben dieser Krimireihe animiert, da in ihrer Heimatstadt Kalmar ein ähnliches Unglück geschah.

Nachttod erschien am 05. Juli 2021 bei Heyne als Paperback und umfasst 496 Seiten.

Inhalt:

„Ein toter Junge weckt die Geister der Vergangenheit – Der erste Fall für Hanna Duncker.

Hanna Duncker ist zurück auf Öland. Hier in ihrer Heimat kennt man sie nur als die Tochter von Lars Duncker, dem Mann, der vor sechzehn Jahren einen grausamen Mord beging. Inzwischen ist Hanna diejenige, die Verbrecher jagt. Ihr erster Fall auf Öland: Ein toter Teenager, mitten in der Nacht erstochen an einem beliebten Ausflugsziel. Und niemand kennt seine Mutter besser als Hanna. Die Ermittlungen werden für Hanna zu einer Abrechnung mit ihrer eigenen Jugend, und Nachforschungen im Fall ihres Vaters reißen alte Wunden auf. Nicht alle sind froh darüber, dass die Tochter von Lars Duncker zurückgekehrt ist.“ (Quelle: Verlagsseite Random House)

Meine Meinung:

Mit dem ersten Band ihrer Trilogie Nachttod, legt Johanna Mo einen sehr spannenden Krimi vor. Schauplatz der Handlung ist ein kleines Dorf in Schweden, in das die Protagonisten Hanna nach vielen Jahren zurückkehrt. Wir haben verschiedene Schauplätze und auch Rückblenden. Durch die Kapitelüberschriften hat der Leser aber eine sehr gute Orientierung und weiß jederzeit, an welchem Handlungsort er sich gerade befindet. Johanna Mo versteht es sehr gut, Spannung zu erzeugen, indem Sie zunächst wichtige Informationen zurückhält. So kann der Leser selbst kombinieren und bekommt nicht alle Fakten auf dem silbernen Tablett serviert. Das ist positiv für den Lesegenuss und macht einfach Lust, das Buch weiter zu lesen, um zu überprüfen, ob die eigene Kombinationsfähigkeit zu dem passt, was Johanna Mo sich für ihren Plot überlegt hat.

Die Protagonistin Hanna Duncker, bislang Polizistin in Stockholm, kehrt nach vielen Jahren in ihr Heimatdorf zurück und kauft sich dort ein Haus. Die Großstadt ist nicht wirklich etwas für sie, die Insel Öland, auf der sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hat, ist ihr in den ganzen Jahren, in denen sie auf dem Festland gelebt hat, nicht aus dem Kopf gegangen. Sie möchte sich ihrer Vergangenheit stellen, weiß aber noch nicht so recht, wie sie das genau anfangen soll. Ihr ist klar, dass ihre neuen Kollegen neugierig sind, da sie alle um ihre Vergangenheit wissen. Zudem ist ihr direkter Vorgesetzter in Hannas Vorgeschichte involviert. Das ist nicht einfach für sie und wird ihr erst bewusst, als sie ihren Dienst antritt. Hanna fällt es aber schwer, zu dem zu stehen, was vor 16 Jahren geschehen ist. Sie ist ausgesprochen misstrauisch und vermutet hinter jeder Bemerkung versteckte Botschaften und Kritik an ihrem Vorleben und ihrer Entscheidung, wieder in ihrem Heimatort zu leben. Nach und nach öffnet sie sich und lässt ihre Erinnerungen und Gespräche mit anderen zu. Aus dem Klappentext des Buches weiß man, dass Hannas Vater vor 16 Jahren als Mörder verurteilt wurde, was für sie ein Grund war, Polizistin zu werden. Als sie nun wieder in ihrer alten Heimat lebt, kommen ihr Zweifel an dem, was vor 16 Jahren geschehen ist. Vieles wird angedeutet, nichts ist klar. Alte Freunde und die eigene Familie werden von ihr zunehmend hinterfragt. Ein zusätzlicher Spannungsmoment dieses Buches.

Hannas erster Fall auf Öland katapultiert sie direkt in ihre Vergangenheit, denn die Menschen, die dort leben, sind geblieben und sie muss sich ihre Rolle als Polizistin erst einmal erarbeiten. Distanz zu halten und Professionalität zu wahren fällt ihr nicht immer leicht.

In diesem Buch gibt es unterschiedliche Beziehungsgeflechte. Zum einen Hanna und ihre Kolleginnen und Kollegen, die es nicht alle gut mit ihr meinen, zum anderen Hanna und ihren früheren Freundeskreis und außerdem Hanna und diverse Familiengeschichten. Es gibt viele Wendungen in der Handlung, man muss oft das, was man vermutet hat, revidieren und sich wieder auf eine neue Spur begeben. Das macht diesen Krimi so interessant.

Viele Figuren haben hohes Identifikationspotential. Man soll sich selber ein Bild machen und entscheiden, wie glaubwürdig, sympathisch oder abstoßend sie sind. Zudem gibt Nachttod einen realistischen Einblick in das gesellschaftliche Gefüge des Dorflebens. Jeder kennt irgendwie jeden, meint man zumindest… Alltägliche Probleme, die dort auftreten sind allen jedem bekannt und man kann sich als Leser gut mit ihnen identifizieren.

Fazit:

Man darf sich auf die Fortsetzung freuen. Ich gebe eine eindeutige Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.07.2021

Führst du ein gutes Leben?

Die Mitternachtsbibliothek
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Allgemeines:

Matt Haig ist vielen von euch vermutlich als Bestsellerautor ein Begriff. Im Februar 2021 ist in meinen Augen eines seiner bisher bemerkenswertesten Bücher bei Droemer Knaur erschienen: ...

Allgemeines:

Matt Haig ist vielen von euch vermutlich als Bestsellerautor ein Begriff. Im Februar 2021 ist in meinen Augen eines seiner bisher bemerkenswertesten Bücher bei Droemer Knaur erschienen: Die Mitternachtsbibliothek. Das gebundene Buch hat 320 Seiten und richtet sich an erwachsene Leserinnen. Im Laden ist es ein Hingucker, man möchte direkt wissen, was sich wohl hinter der spannenden Kombination aus Titel und Cover verbirgt.

Inhalt:

„Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.

Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?“ (Quelle: Droemer Knaur)



Meine Meinung:

Matt Haig ist ein Bestsellerautor mit einer großen Fanbase. Ich muss sagen, dass ich mich nicht zu ebendieser zähle. Ab und zu lese ich eines seiner Bücher, aber vielfach wurden sie mir durch riesige Werbekampagnen oder zu viel Medienpräsenz auf Instagram und anderen Portalen beinahe angepriesen, sodass meine Erwartungen an sie häufig zu hoch waren oder ich mich erschlagen fühlte. Mit Die Mitternachtsbibliothek ging es mir tatsächlich ganz anders. Sobald ich das Buch in der Vorschau entdeckt hatte, war mir klar, dass ich es gerne lesen wollte. Irgendwie strahlte es etwas Magisches, Besonderes, einen Zauber aus, über den ich mehr erfahren wollte.

Hätte ich mich dich für ein anderes Studium entscheiden sollen? Wäre ein Besuch bei XY heute nicht sinnvoller gewesen? Blau oder Grün? Die „Was wäre wenn-Frage“ begleitet uns täglich. Je nachdem, wie viel Raum wir ihr persönlich geben, hat sie größeren oder geringeren Einfluss auf unser Leben. So auch in Haigs Geschichte. Protagonistin Nora führt ein wenig erstrebenswertes Dasein. Sie ist der Meinung, dass sie zu viele falsche Entscheidungen getroffen hat, die sie schlussendlich an den Punkt unerträglicher Einsamkeit geführt haben. Durch eine selbst herbeigeführte Notsituation gelangt sie leider nicht ins erwünschte Jenseits, sondern (im Geiste) in die Mitternachtsbibliothek und steht nun wirklich vor der Wahl.. Unter Anleitung einer Bibliothekarin darf sie in mögliche Leben hineinschauen, Entscheidungen anders oder erneut treffen und erleben, welche Konsequenzen diese für sie hätten. Sobald sie jedoch in einem Leben unglücklich wäre, würde sie zurück in die Mitternachtsbibliothek gelangen. Klingt eigentlich wie eine Traumvorstellung, oder?

Nora probiert im Laufe der Handlung verschiedenste Szenarien aus, erkennt sich selbst kaum wieder und muss schnell einsehen, dass viele Entscheidungen sie unglücklich gemacht hätten. Stets fehlte ihr Etwas, war anders als vorgestellt oder erträumt. Auch ihr Umfeld und ihr Beruf unterscheiden sich immer. Sowohl ihre Beziehungen zu einem möglichen Partner als auch die zu ihrer Familie fallen davon abhängig, wie Nora in ihrem Leben entschieden hat, aus.

Persönlich wollte ich während des Lesens auf keinen Fall mit ihr tauschen. Sie lernt Facetten ihrer Selbst kennen, die für sie unvorstellbar waren. Natürlich sind das auf der einen Seite positive Eigenschaften, auf der anderen Seite aber auch negative, mit denen sie nicht leben möchte. Vielleicht stellt man sich vor, dass man einen kleinen Fehler beheben kann und das Leben ganz anders verlaufen wäre. Nora muss die Erfahrung machen, dass sie zwar ebendiesen Fehler beheben kann, gleich darauf aber wieder einen macht, der die gleiche Auswirkung auf ihr Leben hat. Ich glaube, dass es auch mit unseren persönlichen Entscheidungen so ist. Vielleicht mag man sich in einer Situation minimal anders entscheiden, der Ausgang ist trotzdem ähnlich oder führt zu ähnlichen Ergebnissen.

Obwohl man erahnen kann, wie dieses Buch ausgeht, ist man vom Ende der Geschichte nicht enttäuscht. Es passt zu der schlussendlich lebensbejahenden Stimmung, der Gedankenwelt, die Haig erschaffen hat. Vielleicht sollte der ein oder andere von uns mal ein bisschen darüber nachdenken, dass schon kleine Entscheidungen unser Lebensglück positiv beeinflussen und dass wir einen nicht zu unterschätzenden (positiven) Einfluss auf das Leben anderer haben, den wir manchmal nicht ansatzweise erahnen können oder wollen.

Fazit:

Ein Buch für Träumer
innen und Menschen, die gerne in Geschichten über das Leben versinken.