Ein wenig träge erzählter aber gar nicht verstaubte Klassiker
Vor Rehen wird gewarntInhalt:
Angelina (Ann) Ambros hat als kleines Kind gelernt, ihre Mitmenschen um den Finger zu wickeln, zu manipulieren und gegeneinander auszuspielen. Durch ihr unschuldiges und zerbrechliches Aussehen ...
Inhalt:
Angelina (Ann) Ambros hat als kleines Kind gelernt, ihre Mitmenschen um den Finger zu wickeln, zu manipulieren und gegeneinander auszuspielen. Durch ihr unschuldiges und zerbrechliches Aussehen kommt sie immer damit davon, bis sie gemeinsam mit ihrer Stieftochter Joy eine Zugreise antritt, deren unvorhergesehener Ausgang sie ihr Leben als Tochter eines aufopfernden Vaters, als jüngere Schwester der liebevollen Schwester Maud, welcher sie schliesslich den Mann - einen damals berühmten Musikers - ausspannt und als Ehefrau und Mutter Revue passieren lässt.
Meine Meinung:
Dieses Buch ist mir von der lieben Jamie vom Blog Librovore geschenkt worden und ich habe mich riesig über die schöne Ausgabe aus der Büchergilde gefreut. Jamie hat sich eher schwer getan mit dem Buch und ich konnte dies sehr gut nachvollziehen, hatte ich selber doch in der Mitte auch einen Durchhänger. Der Beginn hat mich nämlich gepackt und obwohl ich ein paar Seiten gebraucht habe, um mich auf die Sprache einzulassen, war ich ziemlich begeistert. Besonders gut gefallen hat mir auch, dass die Autorin ganz unterschiedliche historische Ereignisse und viele Figuren aber auch einiges an Gesellschaftsstudien und Gesellschaftskritik unterbringt.
In der Mitte war mir die Geschichte dann ein wenig zu langsam und ausschweifend erzählt, aber gegen Ende, als vor allem wieder aus der Perspektive von Angelinas Stieftochter Joy berichtet wird, kommt wieder viel Fahrt auf, was mir sehr gut gefallen hat.
Schreibstil:
Vicki Baum, deren Lebensgeschichte mich tief berührt hat, erzählt in eher gemächlichem Tempo und beleuchtet die mittlere bis höheren Gesellschaftsschichten San Franciscos und Wiens. Ausserdem lässt sie Hinter die Fassaden einer Musikerfamilie und tief in den Musikeralltag der damaligen Zeit blicken (wenn man sich vorstellt, dass eine Stradivari damals um die 5'000 bis vielleicht ca. 30'000 Dollar gekostet hat...), was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
Die verschiedenen Figuren werden sehr ausführlich beschrieben und Anns manipulative Art, die ihr viele Vorteile verschafft, aber auch ganze Leben zerstört, während sie sich natürlich nie einer Schuld bewusst ist, sondern stets noch die scheinbar geschädigte mimt, verbindet alle Ereignisse und Personen miteinander.
Meine Empfehlung:
Dem ein wenig trägen Schreibstil zum Trotz habe ich in "Vor Rehen wird gewarnt" eine unterhaltsame und gesellschaftskritische Geschichte entdecken dürfen, die mich auf Vicki Baums weiteres Werk neugierig gemacht hat. Deshalb empfehle ich das Buch den Geduldigen unter euch weiter, es wird sich am Ende lohnen.