Beginnt stark, kann aber die Leser:innen nicht bis zum Schluss begeistern
Inkeri möchte mit ihren Fotos den Wiederaufbau Finnlands nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentieren und so aufzeigen, welche Spuren für immer bleiben und welche Narben bereits am abheilen sind. Doch nicht ...
Inkeri möchte mit ihren Fotos den Wiederaufbau Finnlands nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentieren und so aufzeigen, welche Spuren für immer bleiben und welche Narben bereits am abheilen sind. Doch nicht nur der Auftrag führt sie in das Land im hohen Norden, sondern auch ein ganz persönliches Anliegen. Inkeris Mann war während des Krieges in Lappland und ist urplötzlich spurlos verschwunden. Kann ein Tagebuch der richtungsweisende Schlüssel sein, um mehr über den Verbleib ihres Mannes zu erfahren ? Inkeri wird mit Wahrheiten konfrontiert, die erschüttern....
"Land aus Schnee und Asche" fasziniert die Leser:innen gleich zu Beginn mit unglaublichen Landschaftsbildern, die hier das Zusammenspiel von klirrender Kälte, Schnee und Eis und dem menschlichen Bestreben nach Überleben widerspiegeln. Die Autorin weiß ihren sehr einnehmenden Schreibstil geschickt einzusetzen, der nicht nur die Kälte der Witterung offenbart, sondern auch die innere Kälte, die sich in den Menschen im Lager breit macht.
Die Geschichte liest sich bis etwa zur Mitte des Buches recht gut, kann mit der Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit und immer noch herrschenden falschen Idealen (auch drei Jahre nach Kriegsende wird "Rassenhygiene" betrieben und mit einem ungeahnten Eifer wird das Katalogisieren der indigenen Bewohner vorangetrieben) die Leser:innen an die Seiten fesseln. Aber danach kippt der Roman und wird durch einen extrem künstlich aufgebauschten Spannungsbogen in die Länge gezogen, der an und für sich auf eine dramatische Entwicklung hinzielt, aber diese Erwartung leider nicht erfüllt.
Es gibt eine absurd grausame Szene, die die Schreibende ihren Leser:innen zumutet und die nichts für Zartbesaitete ist. Hier geht die Schilderung der Autorin sehr ins Detail und ruft ein absolut verstörendes und schockierendes Bild hervor, das sich regelrecht auf die Netzhaut ätzt.
Dann wiederum gibt es Abschnitte, die regelrecht poetisch sind und mit fast schon lyrisch anmutenden Worten für wundervolle Momente sorgt (das Pflanzen der Alpenrose gehört für mich zu den schönsten Augenblicken, die in Erinnerung bleiben und auf Seite 239 die folgenden Sätze "Schließlich rieselten die in der Luft gefrorenen Wörter nach und nach zu Boden. Beim Auftreffen gab es ein hell klirrendes Geräusch. Die Dorfbewohner nannten es das Flüstern der Sterne").
Auch wenn ich in Inkeri eine Menschenfängerin sehe, die im positiven Sinne ihre Mitmenschen von sich begeistern und motivieren kann, bleibt der Rest der Figuren doch eher undurchsichtig und das färbt auch auf den Verlauf des Buches ab. Manchmal zu viel Getöse für eine Wendung, die am Ende doch noch zu viele Fragen offen lässt....