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Veröffentlicht am 20.04.2022

Ein verzwickter neuer Fall für den rüstigen Donnerstagsmordclub

Der Mann, der zweimal starb (Die Mordclub-Serie 2)
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MEINE MEINUNG
Nach seinem Weltbestseller und unterhaltsamen Auftaktband „Der Donnerstagsmordclub“ hat der britische Autor Richard Osman mit „Der Mann, der zweimal starb" nun den überaus gelungenen zweiten ...

MEINE MEINUNG
Nach seinem Weltbestseller und unterhaltsamen Auftaktband „Der Donnerstagsmordclub“ hat der britische Autor Richard Osman mit „Der Mann, der zweimal starb" nun den überaus gelungenen zweiten Teil seiner humorvollen Cosy Crime-Reihe herausgebracht, in deren Mittelpunkt das rüstige Möchtegern-Ermittlerquartett Elisabeth, Joyce, Ibrahim und Ron aus der Seniorenresidenz Coopers Chase steht.
Dank des mitreißenden, äußerst humorvollen Erzählstils und der spritzigen, amüsanten Dialoge konnte mich Osman mich bestens unterhalten. Rasch kann man in die temporeiche Geschichte eintauchen, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, darunter die aufschlussreichen Tagebucheintragungen von Joyce. Es macht großen Spaß, sich an Seite der gewitzten rüstigen Rentnertruppe und dem ungleichen Polizisten-Duo Chris und Donna an den verschiedenen Ermittlungen zu beteiligen. Der neue rätselhafte Kriminalfall für die vier agilen Senioren des Donnerstagsmordclubs rund um die verschwundenen Diamanten ist wirklich spannend und höchst verzwickt angelegt, so dass es eine Menge Rätsel zu lösen gibt und man viel Stoff zum Spekulieren über die Hintergründe und Mitraten hat. Für viel Abwechslung sorgt auch die große Zahl an weiteren beteiligten Akteuren, denn auch eine raffinierte Drogenhändlerin, die Mafia, diverse Kleinkriminelle sowie der MI5 spielen in dem wendungsreichen Fall eine wesentliche Rolle. Für einen Wohlfühlkrimi geht es hier bisweilen erstaunlich blutrünstig zur Sache – wobei mich die beschwingte, humorvolle Grundstimmung und die nicht immer ganz realistischen Entwicklungen immer wieder zum Schmunzeln brachten.
Der Krimi lebt vor allem von seinen lebendigen und vielschichtig gezeichneten Hauptfiguren, die man nach und nach immer besser kennenlernt. Sehr spannend ist es, ihre Charakterentwicklung mitzuerleben. Mit all ihren liebenswerten Eigenarten, interessanten Geheimnissen und unorthodoxen Ermittlungsmethoden haben sie mir allesamt hervorragend gefallen. Allen voran die abgeklärte Elizabeth, die als frühere Geheimagentin mit ihren Fähigkeiten und Kontakten für so manche Überraschung sorgt, es mit ihrem dementen Mann Stephen aber nicht gerade leicht hat. Auch die auf den ersten Blick etwas naiv wirkende, unauffällige Joyce ist äußerst faszinierend und bringt die Ermittlungen mit ihrer genialen Beobachtungs- und Kombinationsgabe immer wieder wesentlich voran. Schließlich besitzen ebenfalls Ron und Ibrahim trotz ihrer Schrullen gewisse Stärken, die sich bei Bedarf als sehr nützlich erweisen.
Auch die zahlreichen Nebenfiguren mit ihren Hintergrundgeschichten sind sehr lebendige, interessante Charaktere, die mit ihren Handlungen für viel Spannung und beste Unterhaltung.
Nach einigen überraschenden Wendungen überschlagen sich die Ereignisse schließlich regelrecht und gipfeln in einem fesselnden Finale. Osman ist es hervorragend gelungen, eine schlüssige und nachvollziehbare Auflösung für den kniffeligen Kriminalfall zu liefern.
Ich bin schon sehr gespannt auf eine Fortsetzung dieser humorvollen Krimi-Reihe und freue mich auf ein Wiedersehen mit dem liebgewonnenen Senioren-Team des Donnerstagsmordclubs.
ZUM HÖRBUCH:
Die Tagebuchpassagen von Joyce werden von Beate Himmelstoß gelesen, die mit ihrer angenehmen Stimme, Joyce Charakter äußerst einfühlsam und überzeugend einfängt. Der routinierte Sprecher Johannes Steck konnte mich mit seiner Leistung ebenfalls begeistern. Er versteht es hervorragend, jeder handelnden Figur eine unterscheidbare, prägnante Stimme zu geben und auch die raschen Wechsel zwischen den Charakteren in Dialogen stimmlich unterscheidbar umzusetzen. Hierbei ist auch die Darstellung der Frauenstimmen sehr überzeugend gelungen. Durch Variationen in Lautstärke und Tempo, aber auch dem Einbringen von Akzenten sorgt er für viel Dynamik und Abwechslung. Herr Steck versteht es zudem sehr gut, den speziellen Humor des Autors einzufangen und höchst vergnüglich wiederzugeben.
Eine insgesamt ausgesprochen versierte und gelungene Einlesung dieses humorvollen Cosy Crime und eine grandiose Hörbuch-Version!

FAZIT
Eine überaus gelungene Fortsetzung dieser humorvollen Cosy Crime-Reihe – mitreißend erzählt, mit tollen Figuren und einem recht kniffelig Kriminalfall!
Für alle Fans von Cosy Crime und die es noch werden wollen!
Vor allem auch als Hörbuch-Version sehr empfehlenswert und höchst unterhaltsam!

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Veröffentlicht am 09.04.2022

Wistings allererster Cold Case

Wisting und die Stunde der Wahrheit
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Bei dem Kriminalroman „Wisting und die Stunde der Wahrheit" des norwegischen Krimi-Autoren Jørn Lier Horst handelt es sich um ein Prequel zu seiner bekannten Cold-Case-Reihe rund um den sympathischen Ermittler ...

Bei dem Kriminalroman „Wisting und die Stunde der Wahrheit" des norwegischen Krimi-Autoren Jørn Lier Horst handelt es sich um ein Prequel zu seiner bekannten Cold-Case-Reihe rund um den sympathischen Ermittler William Wisting. Dieser beschäftigte der sich in den vier vorangegangenen Bänden mit unaufgeklärten, kniffligen Fällen aus der Vergangenheit. Es hat mich jedes Mal sehr gefesselt, wie er dank seiner genialen beharrlichen Ermittlungsarbeit immer mehr Details zusammentragen und es ihm gelingt, diese schließlich aufzuklären.
Da man in diesem nun erschienen Krimi mehr über Wistings Anfänge als junger Streifenpolizist zu Anfang der 1980er Jahre und seine Ambitionen als zukünftiger Ermittler bei der Kripo erfährt, ist dieser Vorgängerband sowohl für Einsteiger ohne Vorkenntnisse bestens geeignet als auch für eingefleischte „Wisting-Fans“ sehr interessant.
Obwohl Wisting als einfacher Streifenpolizist nicht in die Ermittlungen zum spektakulären Bankraub involviert ist, gelingt es ihm dennoch sich immer wieder durch eigene Nachforschungen in den aktuellen Fall einzubringen. Durch Zufall kommt er einem mysteriösen, vor langer Zeit verübten Verbrechen auf die Spur und beginnt mit Rückendeckung seines Chefs auf eigene Faust in dem höchst verwickelten Fall zu ermitteln.
„Wisting und die Stunde der Wahrheit“ ist ein klassischer Ermittlungskrimi mit einer eher ruhigen Handlung, der durch Authentizität, seine psychologische Dichte und aufschlussreiche Einblicke in die Ermittlungsarbeit der Polizei zu fesseln weiß.
Der Autor konnte mich mit seinen interessanten und lebensnah ausgearbeiteten Charakteren wieder sehr überzeugen. Vor allem ist die differenzierte, glaubwürdige Charakterisierung seiner sympathischen Hauptfigur William Wisting als junger aufstrebender Polizist äußerst gelungen.
Mich hat es sehr fasziniert, mitzuerleben, wie beim jungen Wisting bereits der gewissenhafte, umsichtige Ermittlungsstil zu erkennen ist, und er sich von Intuition und Einfühlungsvermögen bei seiner Arbeit leiten lässt, aber auch vor einigen fatalen Anfängerfehlern nicht gefeit ist. Sehr gut gefallen haben mir auch die geschickt eingefügten Einblicke in sein Privatleben und seine Rolle als frisch gebackener, verantwortungsvoller Familienvater mit seiner Frau Ingrid und den Zwillingen Line und Thomas.
Mit seinem lebendigen, unaufgeregten Schreibstil, geschickten Szenenwechseln und unerwarteten Wendungen sorgt der Autor in seiner vielschichtig angelegten Handlung für viel Abwechslung. Er lässt uns an den unterschiedlichen Entwicklungen bei den Ermittlungen teilhaben und enthüllt nach und nach immer mehr Details und Hintergründe zu den Fällen, so dass man sehr gut selbst miträtseln und eigene Spekulationen zu Täter und Motiven kann. Geschickt zieht er den Spannungsbogen immer weiter an, lässt uns an der die Aufklärung des aktuellen Falls teilhaben und präsentiert uns schließlich auch die komplette, schlüssige Auflösung von Wistings ersten Cold Case.
Schade nur, dass dieses Prequel recht kurz gehalten ist und so schnell zu Ende war – gerne hätte ich den jungen Ermittler noch ein wenig länger auf seiner spannenden Spurensuche begleitet.

FAZIT
Ein eher ruhiger, aber sehr vielschichtig angelegter und fesselnder Cold case mit interessanten Einblicken in die Anfänge des sympathischen Ermittlers!
Eine nicht nur für „Wisting-Fans“ lesenswerte Vorgeschichte der gelungenen Cold-Case-Reihe rund um norwegischen Kommissar!

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Faszinierende Sicht auf das etwas "andere" Sylt

Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem sehr unterhaltsamen Roman „Ozelot und Friesennerz“ nimmt uns die deutsche Journalistin und Autorin Susanne Matthiessen in ihrem neuen Werk „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem sehr unterhaltsamen Roman „Ozelot und Friesennerz“ nimmt uns die deutsche Journalistin und Autorin Susanne Matthiessen in ihrem neuen Werk „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ erneut mit auf ihre Heimatinsel Sylt. Wie der Untertitel „Roman einer Sylter Jugend“ andeutet, lässt uns Matthiessen diesmal an ihren facettenreichen Jugenderinnerungen teilhaben, die allesamt auf wahren Begebenheiten beruhen.
Authentisch und anschaulich erzählt sie über so manche Katastrophen und private Krisen und lässt die Erlebnisse vor unserem inneren Auge lebendig werden, so dass wir an ihrer Seite mühelos ins Sylt der 1980ger Jahre eintauchen können. Es ist eine überaus kontrastreiche und faszinierende Zeitreise auf Deutschlands beliebteste Ferieninsel, die mich wieder bestens unterhalten konnte.
Der Schreibstil der Autorin ist angenehm leicht, humorvoll und lebendig, und besticht darüber hinaus durch ihren unsentimentalen, äußerst kritischen Blick auf gesellschaftspolitische Geschehnisse und allgemeine Entwicklungen.
„Ich bin hier geboren und aufgewachsen, ich kenne jeden Halm und jedes Sandkorn, doch das ist ein Trugschluss. Diese Insel ist für mich neu und unbekannt.“
Als Einstieg hat sie die fast unwirkliche Realität des Lockdowns gewählt, der zu einem Abbruch der Touristenströme und einem abrupten Stillstand des Sylter Lebens führte. Erfasst von einer plötzlichen Ruhe und Stille setzt eine Art „Innehalten“ ein und unwillkürlich auch eine Rückbesinnung auf die vergangenen Zeiten. In den unterschiedlichen Kapiteln, die jeweils von einem nachdenklich stimmenden Zitat eingeleitet werden, gewährt die Autorin uns aufschlussreiche Einblicke in nachhaltig prägende Erlebnisse und teilweise sehr witzige Anekdoten aus ihrer außergewöhnlichen Sylter Jugend. Äußerst gelungen bringt die Autorin uns das einzigartige Insel-Flair, das ausnahmslos auf den Tourismus ausgerichtete Alltagsleben und die besondere Mentalität der Insulaner näher.
Ob nun die Geschichte über die Invasion der deutschen Punkerszene auf Sylt, die interessanten Ereignisse rund um die Große Sturmflut oder die familiären Aufregungen um Omas Hochzeitspläne - die geschilderten Episoden eröffnen einen humorvollen, tiefgründigen und bisweilen ernüchternden Blick auf das quirlige unbeschwerte Inselleben und hinter die glanzvolle Fassade dieses oftmals so verklärten Inselmythos. Gekonnt zeichnet Susanne Matthiessen das schillernde Portrait einer Insel, die für viele als der Sehnsuchtsort schlechthin gilt – ein idyllisches Natur- und Ferienparadies an der Nordsee, ein angesagter Treff für die Haute-Volée, Politiker sowie den dekadenten Jetset aber auch eine nach wie vor florierende Hochburg für geschäftstüchtige Investoren. Zugleich arbeitet sie sehr anschaulich die Schattenseiten der besonderen „Sylter Zustände“, die unaufhaltsamen Veränderungen durch den Tourismus, die Kehrseiten von grenzenlosem Reichtum und Profitgier aber auch die Folgen diverser Extremwetterereignisse für die angeschlagene Inselwelt heraus. Gekonnt wirft die Autorin immer wieder einen sehr kritischen und melancholischen Blick auf die verschiedenen (Fehl-)Entwicklungen auf ihrer geliebten Insel. Nicht für alle hat diese ein Leben auf der Sonnenseite bereitgehalten. Eingeflochten in die eher unterhaltsamen Sylter-Erzählungen ist zudem die sehr beklemmende und nachdenklich stimmende Geschichte über ihre Freundin Pfuschi, in der schrittweise Einblicke in deren persönliches Schicksal und eine erschütternde Familientragödie enthüllt und unfassbare Abgründe menschlichen Verhaltens aufgezeigt werden.
In den unterschiedlichen Episoden begegnet uns ein Panoptikum bemerkenswerter Menschen – neben vielen Prominenten lernen wir auch Sylter Unikate, Weggefährten und etliche Vertreter des „ganz persönlichen Sylt-Vereins“ der Autorin kennen. So erfahren wir natürlich auch mehr über das Schicksal des einstmals so renommierten elterlichen Pelzgeschäfts in Westerland und können uns über weitere Begegnungen mit ihrem künstlerisch veranlagten Vater Peida als leidenschaftlichem Kürschner, ihrer geschäftstüchtigen Mutter Telse als geniale Strategin und der etwas widerspenstigen Oma Ally freuen.
Man spürt deutlich, wie sehr die Autorin mit ihrem wundervollen Sylt verwurzelt und mit den urigen Insulanern verbunden ist, und wie schmerzhaft der gnadenlose Ausverkauf und schrittweise Verlust der geliebten Heimat für sie sind.
FAZIT
Eine gelungene Zusammenstellung von humorvoll und kurzweilig erzählten, aber auch sehr nachdenklich stimmenden Geschichten über die spannende Sylter Jugendzeit der Autorin.
Eine lesenswerte, vielschichtige Hommage an ein Sylt im Wandel der Zeiten - mit sehr scharfsichtigen Einblicken hinter die Kulissen und kritischen Betrachtungen zur aktuellen, prekären Lage dieser „Sehnsuchtsinsel“.

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Veröffentlicht am 05.01.2022

Außergewöhnlicher Münchner Kriminalroman

Betongold
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MEINE MEINUNG
Mit „Betongold“ hat die deutsche Autorin Tanja Weber einen anspruchsvollen Kriminalroman geschrieben, der mich vor allem mit seinem lebendigen Münchner Lokalkolorit, seinen faszinierenden ...

MEINE MEINUNG
Mit „Betongold“ hat die deutsche Autorin Tanja Weber einen anspruchsvollen Kriminalroman geschrieben, der mich vor allem mit seinem lebendigen Münchner Lokalkolorit, seinen faszinierenden Milieustudien und den bemerkenswert lebensechten Charakteren fesseln konnte.
Die Autorin hat einen ungewöhnlichen Krimiplot erschaffen, auf den man sich erst ein wenig einlassen muss. Die Handlung entwickelt sich zunächst sehr beiläufig und unaufgeregt. Die Geschichte gewinnt dann aber immer mehr an Kontur und Tiefgang, und so gelingt es ihr schließlich, uns mit ihrer dichten Atmosphäre und dem leicht melancholischen Touch völlig gefangen zu nehmen. Auch der etwas spezielle, lakonische und leicht sperrige Erzählstil der Autorin konnte mich begeistern, spiegelt er doch hervorragend die Befindlichkeiten ihrer Protagonisten wider.
Zudem greift die Autorin mit der zunehmenden Gentrifizierung der Stadtteile, dem absurdem Mietwucher in der bayerischen Landeshauptstadt und skrupellosen Immobiliengeschäften einige brandaktuelle gesellschaftspolitische Konflikt-Themen auf.
Im Mittelpunkt des Romans stehen die drei Kindheitsfreunde, die sich zwar im Laufe der Zeit in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben, sich aber nie völlig aus den Augen verloren haben: Der frühpensionierte Kommissar der Münchner Mordkommission Sepp, auch Smokey genannt, der mit seinem schmerzhaften Morbus Bechterew zu kämpfen hat, Hias, der Ex-Weltenbummler und Kneipenwirt von Moni‘s Eck sowie sein alter Freund, der Immobilienhai Schani mit seinen silbernen Schlangenlederstiefeln, dessen Leiche eines Tags in einer Baugrube aufgefunden wird. Natürlich begibt sich Ex-Kommissar Smokey auf die Suche nach den Hintergründen zu dem rätselhaften Tod seines Freundes, der ein unglücklicher Sturz, Totschlag oder sogar Mord gewesen sein könnte.
Angesiedelt ist der Krimi im ehemaligen Arbeiterviertel Obergiesing, das mit seinem günstigen Wohnraum nicht von den Immobilienspekulationen verschont geblieben ist. In spannenden Rückblenden lässt uns die Autorin in die gemeinsame Vergangenheit der 3 Kindheitsfreunde blicken und beleuchtet behutsam ihre enge Freundschaft und ihr besonderes Verhältnis zueinander. Insbesondere die einfühlsame, detaillierte Figurenzeichnung der so unterschiedlichen Charaktere bis hin zu den Nebenfiguren ist hervorragend gelungen. Sie sind durchweg sehr lebendig und authentisch beschrieben, so dass ich mich gut in sie hineinversetzen konnte. Mit großem Fingerspitzengefühl lässt die Autorin die unterschiedlichen Handlungsstränge mit seinen verschiedenen Charakteren ineinanderfließen, wodurch die Geschichte trotz des sehr ruhigen Tempos eine besondere Dynamik entwickelt. Nach und nach erfahren wir immer neue Details und Hintergründe zu den verschiedenen Charakteren, so dass sich allmählich die vielen kleinen Puzzlesteinchen zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammenfügen bis hin zur überraschenden, sehr stimmigen Auflösung des Todesfalls.
Herausragend ist zudem die feine Milieustudie gelungen, die mich zunehmend sehr fesseln und in den Strudel der Geschehnisse hineinziehen konnte.

FAZIT
Ein anspruchsvoller Kriminalroman auf den man sich erst ein wenig einlassen muss – mit faszinierender Milieustudie, lebendigem Lokalkolorit und bemerkenswerten Charakteren!

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Außergewöhnliches Leseabenteuer

Der Tod und das dunkle Meer
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MEINE MEINUNG
Nach seinem sehr originellen Debütroman »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« hat der britische Autor Stuart Turton erneut einen ungewöhnlichen, sehr packenden Roman vorgelegt, dessen Genre ...

MEINE MEINUNG
Nach seinem sehr originellen Debütroman »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« hat der britische Autor Stuart Turton erneut einen ungewöhnlichen, sehr packenden Roman vorgelegt, dessen Genre – wie der Autor in seinem Nachwort anmerkt – nur schwer greifbar ist. So findet man hier eine faszinierende Mischung aus historischem Abenteuerroman, fesselndem Whodunit und mystischem Thrill gewürzt mit ein wenig Fantastik, Grusel und einer dezenten Prise romantische Liebesgeschichte.
Turton ist erneut ein unterhaltsames und zugleich herausforderndes Leseerlebnis gelungen, das mit einem sehr raffiniert angelegten Plot, einer Vielzahl von Intrigen, Verschwörungen, Täuschungen, (selbstverständlich) etlichen Todesfällen und einem einzigartigen Histo-Flair aufwartet.
Im Prolog ist zum leichteren Einstieg ein Verzeichnis mit der Auflistung aller wichtigen Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord zu finden, so dass man stets einen Überblick über die zahlreichen Figuren und ihre Stellung behält.
Zur Einstimmung auf das geniale Setting der Geschichte und besseren Orientierung findet sich zudem auf den Buchinnenseiten eine hübsche Zeichenskizze des mit einem mysteriösen Fluch belegten Schiffs Saardam, von dem es für die beteiligten Charaktere kein Entkommen gibt.
Turton ist es hervorragend gelungen, mich rasch in seine mitreißende Geschichte hineinzuziehen und mit den verwirrenden und höchst rätselhaften Ereignissen an Bord des Schiffs zu fesseln. Ein höchst fantasievolles Seemannsgarn hat er diesmal gesponnen, das einen mit seinem besonderen Gruselfaktor zunehmend gefangen nimmt! So sind es vor allem die mystisch-düstere, geheimnisumwitterte und unheilvolle Atmosphäre, die zahlreichen undurchsichtigen Charaktere unter der buntgewürfelten Mannschaft und den illustren Passagieren sowie deren finstere Geheimnisse, die mich rasch in ihren Bann gezogen haben. Dank des lebendigen Schreibstils sieht man alles bildlich vor sich und wähnt sich selbst inmitten der rätselhaften wie fatalen Geschehnisse auf der Saardam.
Sehr gut gefallen hat mir auch, wie anschaulich Turton den historischen Flair, die rauen Sitten an Bord und damals weitverbreiteten Aberglauben eingefangen hat. Wie er in seinem Nachwort anmerkt, hat er bewusst zahlreiche historische Ungenauigkeiten zugunsten seiner außergewöhnlichen Story modifiziert und bittet uns daher um Nachsicht.
Geschickt hat Turton viele kleine Puzzleteilchen in seinen vielschichtigen, sehr undurchsichtigen Plot eingebaut, die zusammen mit überraschenden Wendungen für viel Abwechslung beim Miträtseln sorgen. Meisterhaft gelingt es dem Autor, uns im Laufe der turbulenten Handlung auf falsche Fährten zu locken, die uns die bislang schlüssigen Theorien wieder verwerfen lassen. Trotz manchmal etwas ausufernder Passagen entwickelt sich die Geschichte zu einem Pageturner, den man kaum noch aus der Hand legen kann.
Es ist sehr faszinierend, mit welcher Leichtigkeit der Autor die Vielzahl der Haupt- und Nebencharaktere als lebendige, unverwechselbare Figuren mit all ihren Ecken und Kanten ausgearbeitet hat. Ob nun die vielen zwielichtigen Figuren wie die skrupellosen Matrosen und Musketiere, die arroganten Offiziere oder die machthungrigen Honoratioren an Bord auch unter den vermeintlich „Guten“, die sich dem Bösen an Bord entgegenstellen und mehr als einmal beweisen müssen, was in ihnen steckt– sie alle sind hochinteressante, vielschichtige Charaktere, die einen manchmal mit ihrem Verhalten zu überraschen wissen. Turton macht es insbesondere seinen Hauptfiguren bei ihren Nachforschungen an Bord wirklich nicht leicht und zwingt sie dazu, im Kampf gegen das Böse immer wieder über sich hinaus zu wachsen.
Zum Ende hin fügt Turton seine leichthin gestreuten Hinweise gekonnt zu einer plausiblen, aber dennoch sehr überraschenden Auflösung der fesselnden, hochkomplexen Geschichte zusammen.

FAZIT
Ein fesselnder Abenteuerroman mit tollem historischen Flair, wundervollem Gruselfaktor, mystischem Thrill und einem sehr raffiniert angelegten Plot. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis!

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