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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.04.2022

Spannung bis zum Schluss

Verweigerung
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Das Cover ist ansprechend gestaltet. Die Palmen passen gut zum Setting, die dunklen, geheimnisvollen Farben zum Krimigenre und der Titel springt definitiv ins Auge.
Inhalt: Es war ein Fall im Fokus der ...

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Die Palmen passen gut zum Setting, die dunklen, geheimnisvollen Farben zum Krimigenre und der Titel springt definitiv ins Auge.
Inhalt: Es war ein Fall im Fokus der Öffentlichkeit: Der Afroamerikaner Bobby Nock stand für den Mord an seiner Schülerin, Jessica Silver, mit der er eine Affäre gehabt haben soll, vor Gericht. Eine Jury sprach ihn jedoch frei. Zehn Jahre später wird der Fall erneut aufgegriffen und fordert im Tod eines Geschworenen ein neues Opfer. Sofort wird Maya Seale, eine der Geschworenen und Verfechterin für Bobbys Unschuld, verdächtigt.
Der Schreibstil überzeugt. Ich musste erst mit der Zahl der Charaktere und den Zeitsprüngen zwischen Vergangenheit und Gegenwart warm werden, konnte das Buch ab dem zweiten Drittel jedoch kaum noch aus der Hand legen. Die Zeitsprünge sind ein clever gewähltes Stilmittel, denn so lernt man jeden Geschworenen kennen, während gleichzeitig gelungen Spannung aufgebaut wird. Besonders gut gefallen hat mir die düstere Atmosphäre, die stets über allem schwebt und damit ein Gefühl der Bedrohung und der Ausweglosigkeit erschafft.
Zu den Charakteren: Den Hauptteil der Perspektive, die in der Gegenwart spielt, begleiten wir Maya. Der Fokus liegt hier eindeutig auf dem vorankommen der fesselnden Handlung und nicht auf der Gefühlswelt der Protagonistin, was ich bei ihren dramatischen Erlebnissen etwas schade finde. Hier möchte ich auch gleich meinen größten Kritikpunkt ansetzen: Mir hat zum völligen Mitfiebern ein nahbarer Charakter mit nachvollziehbaren Emotionen gefehlt. Insgesamt hat der Autor einen multikulturellen, diversen Cast geschaffen, der sehr gut nach Los Angeles, dem Ort des Geschehens, passt. Jeder Charakter hat seine Schwächen und geheimen Laster, wodurch die handelnden Personen absolut lebensecht wirken.
Ich habe lange keinen Krimi mehr gelesen, bei dem ich von Anfang bis Ende nicht den Täter bzw. die Lösung des Falles vorhersagen konnte und der dank überraschender Enthüllungen so gelungen mit dem Leser spielt. Daneben besticht die Handlung durch ihre Aktualität, die sich mit Rassismus und der Ungerechtigkeit des amerikanischen Rechtssystems sowie der Gesellschaft befasst. Das lässt die Geschichte gemeinsam mit dem Fokus auf Egoismus und menschliche Abgründe glaubhaft und realistisch wirken.
Fazit: Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen. Wer mit ernsten Themen gespickte, lange Zeit undurchsichtige, wendungsreiche Justizkrimis mit moralisch grauen Protagonisten mag, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Fesselnde Unterhaltung

Der Holländer
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Das Cover passt perfekt zum Setting, gerade die scheinbar schlichte Nähe zur Realität verkörpert dessen Anziehungskraft und macht neugierig auf den Inhalt.
Darum geht es: Ein Patrouillenboot des niederländischen ...

Das Cover passt perfekt zum Setting, gerade die scheinbar schlichte Nähe zur Realität verkörpert dessen Anziehungskraft und macht neugierig auf den Inhalt.
Darum geht es: Ein Patrouillenboot des niederländischen Grenzschutzes findet einen verunglückten Wattwanderer. Dieser entpuppt sich als Deutscher, was einen Zuständigkeitskonflikt auszulösen droht. Da noch weitere Fragen zum Tod des Mannes bestehen, wird der Holländer, ein Ermittler der Bundespolizei mit reichlich Kontaktpunkten zu beiden Ländern, hinzugezogen. Kann er das Rätsel lösen?
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Mir ist es lange nicht mehr so schwergefallen, ein Buch aus der Hand zu legen. Dazu haben vor allem die kurzen, schnell zu lesenden Kapitel mit den anfangs etwas verwirrenden raschen Perspektivwechseln beigetragen, die gekonnt einen fesselnden Spannungsbogen aufbauen und selbst bürokratische Streitigkeiten durch bissigen Humor unterhaltsam erscheinen lassen. Obwohl einige Teile der Auflösung nicht wirklich überraschend waren, hat der Autor es dennoch geschafft, dass ich ständig wissen wollte, wie es weitergeht.
Richtig gut haben mir auch die gelungen eingestreuten Zeitungsartikel und Twittermeldungen gefallen, die die Handlung abrunden und zeitgemäß wirken lassen. Dazu kommt das grandios ausgearbeitete Setting rund um die Schönheit und die Gefahren des Wattenmeers sowie das überzeugend eingebaute Lokalkolorit, beispielsweise verdeutlicht durch die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den Niederlanden.
Der Fokus der Handlung liegt auf Action. Dadurch und wohl auch der allgemeinen Kürze der Geschichte geschuldet kamen mir die Charaktere etwas zu kurz. Soll heißen: Mir hat der Zugang zu ihnen gefehlt. Dabei hat Liewe Cupido als cleverer, eigenwilliger Ermittler durchaus Unterhaltungspotenzial.
Mir hat die Geschichte insgesamt gut gefallen. Wer eine spannende, kurzweilige Krimihandlung mit außergewöhnlichen Ermittlern und maritimem Setting sucht, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 09.02.2022

Außergewöhnliche und eigenwillige Krimiunterhaltung

The Maid
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Die Covergestaltung ist schlichtweg genial. Es passt hervorragend zum Setting sowie zum Krimigenre und springt durch die auffällige Farbgebung sofort ins Auge.
Zum Inhalt: Molly Gray ist Dienstmädchen ...

Die Covergestaltung ist schlichtweg genial. Es passt hervorragend zum Setting sowie zum Krimigenre und springt durch die auffällige Farbgebung sofort ins Auge.
Zum Inhalt: Molly Gray ist Dienstmädchen aus Leidenschaft in einem Londoner Nobelhotel. Als sie dort einen einflussreichen Geschäftsmann und Stammgast tot auffindet, gerät ihre Welt völlig aus den Fugen. Die Polizei nimmt sie als Hauptverdächtige ins Visier und somit bleibt ihr nichts anderes übrig, als im Stil der Krimiserien, die sie so liebt, ihre Unschuld zu beweisen.
Die Sprecherin macht einen sehr guten Job. Ihre Stimme passt wunderbar zu den eigenwilligen Charakteren, denen sie gelungen und äußerst abwechslungsreich Leben einhaucht. So macht das Hören Spaß! Der Anfang der Geschichte ist allerdings ziemlich eintönig und zäh, weil hier lediglich anhand detailreich erzählender Passagen die Grundlage für das Kommende geschaffen wird. Wenn man sich dort allerdings hindurchbeißt, wird das eigene Durchhaltevermögen belohnt, da die Handlung etwa ab der Hälfte deutlich an Spannung und Fahrt aufnimmt.
Molly ist eine außergewöhnliche Protagonistin, die nicht so recht in einfache schwarz-weiß-Kategorien passen will und gerade dadurch sehr menschlich wirkt. Ihre Oma war lange Zeit ihre einzige Bezugsperson. Ihre dadurch altmodische anmutende Sprechweise im Zusammenhang mit ihren Problemen bei sozialen Interaktionen lassen sie stellenweise etwas skurril erscheinen und sorgen für humorvolle Einlagen. Nachdem ich die Geschichte beendet habe, bin ich mir allerdings nicht mehr ganz sicher, ob ich sie wirklich sympathisch finde. Ihre Motivationen und Gedankengänge waren jedoch durchweg nachvollziehbar dargestellt.
Die Geschichte nahm einen ganz anderen Weg, als ich erwartet hatte. Ich wurde überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes an der Nase herumgeführt, was ich als sehr gutes Zeichen werte. Durch Mollys besonderes und leicht schräges Verhalten neigt man wohl dazu, sie leicht zu unterschätzen. Da die Handlung durchweg durch ihre sehr subjektive Sichtweise erzählt wird, spielt der Krimi gekonnt mit den Erwartungen und Wahrnehmungen des oder der Hörenden und stellt den eigenen Gerechtigkeitssinn infrage. Um es mit Mollys Vorliebe für Sprichwörter und Lebensweisheiten aller Art auszudrücken: Der Schein trügt. Ermittlungen im klassischen whodunnit-Stil sollte man allerdings nicht erwarten, um Enttäuschungen zu vermeiden.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten. Wer Cosy-Krimis mit eigenwilligen Ermittlern sucht und Geschichten mag, die das eigene Urteilsvermögen herausfordern, sollte hier unbedingt einmal reinhören.

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Starke Frauen auf der Suche nach ihrem Weg fürs Leben

Der Friesenhof
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Das Cover ist ansprechend gestaltet. Die Windmühle im Hintergrund verweist ebenso wie die an Porzellan erinnernden feinen blauen Ranken gelungen auf das norddeutsche Setting und den Saga-Titel.
Zum Inhalt: ...

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Die Windmühle im Hintergrund verweist ebenso wie die an Porzellan erinnernden feinen blauen Ranken gelungen auf das norddeutsche Setting und den Saga-Titel.
Zum Inhalt: Im Jahr 1948 versuchen die Schwestern Hanna und Gesa nach dem Tod ihres Vaters den Erhalt des familieneigenen Hofs zu erkämpfen. Wird es ihnen gelingen, sich wirtschaftlich über Wasser zu halten und gegen die gesellschaftlichen Konventionen und Rollenbilder der Zeit anzukommen?
Der Schreibstil ist einfach großartig. Man fliegt nur so durch die Seiten. Eine äußerst atmosphärische Beschreibung der Emotionen wie Trauer und Verlust macht den Schmerz der Charaktere beinahe mit den Händen greifbar. Auch der sorgfältig eingeflossene historische Hintergrund kommt gut zur Geltung. Die zwischen den beiden Schwestern wechselnden Erzählperspektiven ermöglichen die Identifikation mit beiden Charakteren und steigern den Unterhaltungswert. Allerdings finde ich es schade, dass das Ende des ersten Bands sich dann fast ausschließlich auf Gesas Sicht konzentriert.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet. Gesa und Hanna wirken furchtbar sympathisch und nahbar. Sie verkörpern zwei völlig unterschiedliche, aber von dem Wunsch nach Selbstbestimmtheit und Selbstverwirklichung angetriebene starke Frauenfiguren. Die Familiendynamiken und Verbindungen zwischen den Schwestern erscheinen realistisch und haben mich auf ganzer Linie überzeugt.
Nun noch zu einigen kleineren Kritikpunkten: Der Einstieg in die Geschichte war mir zu zäh, insgesamt passiert relativ wenig und die vorhandenen Überraschungen waren durchweg leicht vorhersehbar. Das Buch schneidet verschiedene Traumata - unter anderem sexuelle Gewalt - an, die für meinen Geschmack zwar in aller sprachlichen Deutlichkeit erzählt, aber dann zu schnell fallengelassen und nicht aufgearbeitet werden. Auch das Ende wirkte leider sehr gehetzt.
Insgesamt stellt die Geschichte einen soliden ersten Band mit Luft nach oben dar. Wer Familiensagas vor historischem Hintergrund mag und vielleicht wenig Zeit zum Lesen hat beziehungsweise ein Buch sucht, in das man auch nach einer längeren Lesepause rasch wieder einsteigen kann, sollte sich diese Geschichte einmal ansehen.

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Facettenreicher Roman vor historischem Hintergrund

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen (Hafenärztin 1)
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Obwohl ich üblicherweise eher weniger von fotoähnlichen Portraits echter Menschen auf Covern halte, hat mich dieses Cover sofort angesprochen. Die Frau im Vordergrund strahlt so viel Selbstbewusstsein ...

Obwohl ich üblicherweise eher weniger von fotoähnlichen Portraits echter Menschen auf Covern halte, hat mich dieses Cover sofort angesprochen. Die Frau im Vordergrund strahlt so viel Selbstbewusstsein und Souveränität aus, dass man sie nur bewundern kann und damit passt sie hervorragend zu den Protagonistinnen der Geschichte.
Zum Inhalt: Anne Fitzpatrick setzt sich als Ärztin im Hamburg des Jahres 1910 für Frauen der unteren Gesellschaftsschichten ein. Die Pastorentochter Helene kämpft um ein selbstbestimmtes Leben und möchte sich ebenfalls für das Wohl der Frauen engagieren. Doch dann werden die Opfer von Gewaltverbrechen gefunden und alles deutet auf Verbindungen zur Frauenbewegung hin. Können die jungen Frauen ihr Engagement aufrechterhalten und die Suche nach dem Täter unterstützen?
Was den Schreibstil angeht, bin ich etwas zwiegespalten. Manche Abschnitte flogen nur so dahin, enthielten packende Gruselelemente, andere, vor allem im Mittelteil des Buchs, hatten Längen. Wir verfolgen drei verschiedene Erzählperspektiven: Annes, Helenes und die des ermittelnden Kommissars Berthold Rheydt. Das erhöht die Spannung und ermöglicht dem Leser emotionalen Zugang zu den Protagonisten, macht das ganze jedoch auch sehr umfangreich. Den Faden darf man hier nicht verlieren. Hin und wieder sorgt eine Prise Humor für Auflockerung der doch recht düsteren Ereignisse.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet. Dem Leser wird eine ganze Bandbreite an diversen, verschiedenartigen Persönlichkeiten geboten. Die bereits angesprochen drei Protagonisten wirken durch ihre jeweils ganz eigenen Motivationen, Leidenschaften und Dämonen authentisch und glaubwürdig. Die Frauenfiguren erscheinen stark im Kampf um die eigene Unabhängigkeit. Meine Lieblingsperspektive und die für mich überzeugendste Charakterentwicklung stellt eindeutig die der jungen, kämpferischen, frechen Helene dar. Die anderen beiden Charaktere sind zwar auch durchaus sympathisch, blieben aber über große Teile sehr mysteriös und unnahbar.
Dieser Roman enthält Elemente verschiedener Genres, was ihn unglaublich interessant macht. Da ist die solide Krimihandlung mit fesselnden Einblicken in die zeitgenössische Kriminalistik, bei der mir jedoch Überraschungsmomente gefehlt haben - der Täter lag für mich auf der Hand. Dann sind da feministische Einschläge und im Fall von Helene Spuren einer Coming of Age-Geschichte. Mich hat aber auch insbesondere der Input rund um die Entwicklung der Frauenbewegung begeistern können.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten. Wer starke Frauenfiguren sucht, sich für die historische Entwicklung der Frauenrechtsbewegung interessiert und möglicherweise auch noch Krimi-Fan ist, sollte sich diesen Roman unbedingt einmal ansehen.

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