Profilbild von wiechmann8052

wiechmann8052

Lesejury Star
offline

wiechmann8052 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit wiechmann8052 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.01.2022

Der Zweck heiligt nicht die Mittel

Das Archiv des Teufels
0

Auch wenn die Amerikaner das Wissen von ehemaligen Angehörigen der Nationalsozialisten dringend brauchen, ist es nicht legitim sie vor der Strafverfolgung zu schützen. Das Recht der Opfer ist höher zu ...

Auch wenn die Amerikaner das Wissen von ehemaligen Angehörigen der Nationalsozialisten dringend brauchen, ist es nicht legitim sie vor der Strafverfolgung zu schützen. Das Recht der Opfer ist höher zu bewerten als jegliches Nutzen. Dieser Ansicht sind weder die Amerikaner noch die Sowjets. Sie handeln nur danach wie sie die gewonnenen Informationen gegen die andere Seite im Kalten Krieg nutzen können.
Anna,, eine Kommunistin im Dienst der Staatssicherheit jagt sie aus Rache. Robert sucht sie im Auftrag der Amerikaner und stellt ihnen einen Persilschein aus. Damit sie für die deutsche Regierung von Nutzen sein können. Beide geraten zwischen alle Fronten auf der Suche nach wichtigen Informationen. Sie müssen zusammen arbeiten, für das Überleben und für ihre Rache.
Einerseits ist das Buch ungeheuer bedrückend. Die Lebensumstände der Menschen Polen und der Ukraine sind auch sieben Jahre nach Kriegsende teilweise grauenhaft. Angst vor den politischen Gegebenheiten und Sorge um das Alltägliche Auskommen bestimmen den Tagesablauf. In der DDR ist es ähnlich und in der BRD denkt man nur noch an die Zukunft. Der Kalte Krieg ist in jeder Zeile spürbar. Es werden alle Ansichten pauschalisiert. Entweder dafür oder dagegen egal von welcher Seite man es betrachtet.
Diese Atmosphäre hat der Autor sehr detailliert eingefangen. Als Leserin war ich förmlich gefangen. Das Verständnis für die beiden Hauptfiguren ist langsam gewachsen, denn eigentlich ist mein moralischer Kompass etwas anders ausgerichtet. Die Grübeleien der beiden und ihre Schlussfolgerungen daraus sind spannend. Die Entwicklung der Geschichte bleibt es bis zum Schluss.

Veröffentlicht am 15.01.2022

Phantastisch

Tell
0

Wilhelm Tell eigentlich ein Drama von Friedrich von Schiller. 1804 uraufgeführt wird es heute noch auf vielen Bühnen dargestellt. Das ist das Eine, das andere ist eine moderne Buchfassung. Das Thema das ...

Wilhelm Tell eigentlich ein Drama von Friedrich von Schiller. 1804 uraufgeführt wird es heute noch auf vielen Bühnen dargestellt. Das ist das Eine, das andere ist eine moderne Buchfassung. Das Thema das gleiche, der Freiheitskampf der Schweizer Bauern. Die unterdrückt, geknechtet, fast wie Sklaven gehalten wurden.
Während bei Schiller der Tell ein strahlender Held ist und die anderen Figuren entweder ebenfalls heroisch oder nur grausam sind. Sind sie bei diesem Autoren vielschichtiger. Tell, zum Beispiel ist ein harter Mann geworden, durch das Leben in der Schweizer Bergwelt und eben diese Knechtschaft. Der Tyrann Gessler ist ein Mann der nach Anerkennung giert und im Grunde ein Mensch ohne Grundsätze und Halt ist.
Er hält sich wie Schiller an die Schweizer Geschichte. Die Darstellung ist ein spannender Thriller. Als Leserin erlebe ich hautnah die Grausamkeiten der Vögte und ihrer Untergebenen. Die Verzweiflung der Schweizer die in einem Aufstand mündet. Den Mut der Verzweiflung und das Vertrauen in einem einzelnen Mann.
Tell ist und bleibt ob er nun will oder nicht die Leitfigur in einem Überlebenskampf der wenig Aussicht auf Erfolg hat. Denn ein Tyrann hält sich nicht an Versprechen, damals nicht und heute auch nicht.
Wilhelm Tell habe ich damals in der Schule gelesen, wie viele, es gehörte für mich zu den spannenderen Pflichtlektüren. Deshalb hat mich dieses Buch von Anfang an fasziniert. Kann man ein bekanntes, ja berühmtes Werk neu schreiben? Im Fall dieses Autoren ein eindeutiges Ja. Ich kannte ihn schon von einem anderem Buch. Sein Schreibstil geht tief in den einzelnen Menschen. Er beschreibt nicht nur Aussehen, Gedanken und Gefühle sondern auch die Empfindungen die andere in Bezug auf die Figur haben. Es geschieht nicht in der bekannten Art, es geht viel tiefer. Wenn der Junge denkt, der Vater ist hart und zieht den kleineren Bruder vor und gleichzeitig voller Respekt und Vertrauen in ihm ist, dann ist es diese Widersprüchlichkeit die ich als Leserin sofort verstanden und verinnerlicht habe. Tell wurde dadurch ein lebendiger Mensch der neben mir stand.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.01.2022

Ich wär so gern ...

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
0

Michael Hartung ist ein Held wider Willen. Eigentlich ist er ein Mann der immer wenn er auf der Erfolgsspur ist, von der Zukunft überholt wird. Jetzt hat er einen kleinen Videoladen und lebt mehr schlecht ...

Michael Hartung ist ein Held wider Willen. Eigentlich ist er ein Mann der immer wenn er auf der Erfolgsspur ist, von der Zukunft überholt wird. Jetzt hat er einen kleinen Videoladen und lebt mehr schlecht als recht davon. Eines Tages steht der Journalist Landmann vor ihm und nennt ihn einen Helden. Er hat alte Berichte ausgegraben in dem von einer Massenflucht aus der DDR geschrieben wird, mit Hartung als Helden. Der streitet erst alles ab, es sei nicht so gewesen, wird aber von der Überzeugung des Journalisten und dem vielen Geld korrumpiert, auch einmal jemand zu sein zu dem aufgeschaut wird, eben ein Held sein. Alle Welt will den Helden erleben, dreißig Jahre nach der Wende braucht es etwas Neues zum Feiern. Ein neues Gesicht, ein Ostdeutsches mit Bedeutung.
Der Autor beschreibt die Umstände so detailliert, das man das Gefühl hat in der besagten Nacht dabei gewesen zu sein. Dann wieder erzählt er die Lebensumstände der Figuren ganz nebenbei. Die Aktionen des Journalisten bekommen einen noch anderen Touch. Es ist das Spiel mit den Erzählstilen das die Menschen lebendig macht. Niemand beklagt sich über sein Schicksal, es ist eben so, fertig. Aber Träumen ist erlaubt, von einem anderen Leben, von was wäre wenn. Dazu ein feiner Humor der sich vor allem zwischen den Zeilen zeigt, oder wenn man sich die Situation bildlich vorstellt.
Diese Art ein Lachen einzustellen habe ich auch in anderen Büchern des Autors gefunden, es ist besonders, nicht laut sondern verschwörerisch, geheimnisvoll, ein Lächeln wie, wir beide verstehen und wissen mehr als die Protagonisten.
Gleichzeitig fordert der Autor mich und andere Leser auf, seht über euren Tellerrand, geht auf den anderen zu, versucht mal es mit seinen Augen zu sehen, probiert mal seine/ihre Meinung aus. Sagt nicht, die aus dem Osten oder auch, die aus dem Westen. So verschieden sind wir nicht. Die im Osten sind ja nicht aus Papua Neuguinea wir sprechen eine Sprache haben über lange Zeit die gleiche Kultur gehabt. Wir sind ein Volk von Helden und solchen die es gern wären.

Veröffentlicht am 10.01.2022

Wow

Gezeitenmord
0

Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ein Mord auf der Deutsch- Dänischen Grenze. Ein Krimineller wird erschlagen auf gefunden und ein Kind entführt. Die dänische Lykke Teit und der deutsche Rudi ...

Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ein Mord auf der Deutsch- Dänischen Grenze. Ein Krimineller wird erschlagen auf gefunden und ein Kind entführt. Die dänische Lykke Teit und der deutsche Rudi Lehmann aus Flensburg werden gemeinsam auf diesen Fall angesetzt. Beide sind sich auf Anhieb sympathisch und arbeiten sehr gut miteinander, haben eine ähnliche Arbeitsauffassung und auch den gleichen Humor. Andere sind nicht von dieser Art der Zusammenarbeit begeistert, das lässt die beiden aber kalt.
Der Fall zieht Kreise, bis zu einer Kindesentführung die anderthalb Jahre zurück liegt.
Dieser Krimi war für mich so wie ein Krimi sein soll. Gute Ermittler mit ein bisschen Privatleben, ein Fall der viele Wendungen hat, eine Lösung die ich im letzten Drittel vermutet habe, weil es möglich war mit zu raten und die Lösung nicht aus heiteren Himmel kam.
Die Figuren waren detailliert gezeichnet. Das Team war sehr sympathisch und ihre Kollegen hatten kleine aber feine Rollen. Die Täter waren perfekt. Perfide, dumm dreist oder am Boden zerstört von allem etwas.
Die Umgebung der Taten ist ein kleiner Ort in dem jeder jeden kennt und auch jeder über jeden redet. Das ideale Klima für Klatsch und Tratsch. Trotzdem kann es hier Verbrechen geben für die die örtliche Polizei keinen Täter findet. Es ist manchmal nicht gut wenn man sich zu gut kennt.
Ein winziges Detail hat mich gestört, die zeitliche Abfolge war sehr lang gezogen in Bezug auf das Privatleben. Da wäre eine Generation mehr besser gewesen. Es viel nur noch etwas Nachdenken auf und ist für die Handlung unwichtig, Vielleicht ist es für die folgenden Bände relevant.
Auf alle Fälle werden ich auch die folgenden Bücher gerne lesen.

Veröffentlicht am 09.01.2022

Die siebziger Jahre

Unser kostbares Leben
0

Dieses Buch beschreibt den Umbruch der Siebziger Jahre in der Bundesrepublik am Beispiel einer Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt. Drei junge Mädchen entwickeln ein politisches Bewusstsein ...

Dieses Buch beschreibt den Umbruch der Siebziger Jahre in der Bundesrepublik am Beispiel einer Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt. Drei junge Mädchen entwickeln ein politisches Bewusstsein angesichts von Umweltschäden, Fehlverhalten von Verantwortlichen und natürlich durch ihre Familien. Minka die Tochter des Bürgermeisters, Caro die Tochter eines Fabrikdirektors und Claire sie ist ein Vietnamflüchtling und wird von Caros Eltern adoptiert.
Es werden sehr viele Themen besprochen, politische Netzwerke wo eine Hand die andere wäscht, Deals zugunsten der Stadt und einer Firma wo einiges unter dem Teppich gefegt wird, Tierversuche, Atomkraftproteste oder Proteste gegen Startbahnen und Autobahnen. Experimente mit Psychopharmaka kommen genauso darin vor, wie das Retten von Kröten vor dem Überfahren wenn sie zu ihren Laichplätzen ziehen.
Der Grundtenor dieses Buchs ist: Jedes Leben ist kostbar, egal ob Mensch oder Tier und wir alle sind verpflichtet dem den größtmöglichen Respekt entgegen zubringen.
Wir erleben die Entwicklung der jungen Mädchen von Kindern zu erwachsenen Frauen mit, die in der Lage sind für ihre Meinung zu kämpfen und für ihre Überzeugungen eintreten. Sie sehen an ihren Müttern was sie nicht wollen. Die Frau des Politikers oder die Frau des Fabrikdirektors zu sein.
Die einzelnen Stränge greifen ineinander, die Entscheidungen sind leicht nachvollziehbar vor allem weil ich im gleichen Alter bin. An Protesten habe ich teilgenommen, aber ich hatte das Glück nie in unmittelbarer Nähe von einer ernsten Gefahr zu leben. Daher Unterstützung ja aber keine persönliche Beziehung. Um so eindringlicher erscheint dieser Rückblick und Dankbarkeit für die Entwicklung politisch wie gesellschaftlich,
Der Stil der Autorin ist eindringlich auch wenn es schon eine Weile her ist, kommt die Zeit sehr intensiv zurück in Erinnerung.
Spannend wird die Frage immer schnell beantwortet wie reagiert wer auf die Ereignisse, ändert sich etwas an den vorherrschenden Meinungen und wird endlich eine Änderung erreicht.