Gratwanderung zwischen Literatur und Informationstext
Kim Jiyoung, geboren 1982, ist eine mehr als nur durchschnittliche Südkoreanische Frau. Schon ihr ganzes Leben über erlebt sie Sexismus und Benachteiligung ihres weiblichen Geschlechts wegen. Sei es in ...
Kim Jiyoung, geboren 1982, ist eine mehr als nur durchschnittliche Südkoreanische Frau. Schon ihr ganzes Leben über erlebt sie Sexismus und Benachteiligung ihres weiblichen Geschlechts wegen. Sei es in der Schule, in der Erziehung, im Arbeitsleben oder bei der Gründung ihrer eigenen Familie.
Das, so ziemlich, ist alles, was mir hinsichtlich des Inhalts zu diesem viel gelobten und vergötterten Buch einfällt. Meine Erwartungen waren innerhalb der ersten paar Seiten noch einigermaßen hochgesteckt. Allerdings musste ich sehr schnell erkennen, dass ich diese Stück für Stück immer weiter zurückschrauben musste. Inhaltlich ist in diesem Buch nämlich wirklich tote Hose. Zwar waren die Schilderungen von Sexismus einer der gesellschaftlich wohl problematischsten, aber dennoch hochangesehenen Republik unserer Erde ohne Frage spannend zu verfolgen, leider nur nicht in einem spannungs- und unterhaltungstechnischen Umfeld. Die Autorin scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, auf knöcherne Weise die Missstände in ihrem Heimatland anzuprangern - zu Recht meiner Meinung nach, und auch dringend notwendig - allerdings fällt so ziemlich alles, was ich ansonsten an guten Büchern schätze hinter den Vorhang. So bekam ich beim Lesen mehr und mehr das Gefühl, mich in einen Informationstext verirrt zu haben, ähnlich einem Sachbuch. Wo wir dann auch schon beim sprachlichen Aspekt meiner Kritik sind. Kurz und knapp: der Schreibstil war mir viel zu geradlinig und nüchtern, per se nicht das Problem, wenn der Inhalt ansonsten etwas hergeben würde, was leider hier nicht der Fall war. Vor allem die Fußnoten, die sich alle paar Seiten finden, haben mich massiv irritiert und irgendwann zu stören begonnen. die ganzen 200 Seiten über werden nur Fakten hinausgeballert, die insgesamt ein Skelett ergeben, die jede der faden und schlecht gezeichneten weiblichen Personen des Buches tragen hätte können. Die Zeichnung der Charaktere war es nämlich, die mich am meisten schockiert hat. Als Leser:in hat man hier beinahe nichts, das man greifen könnte. Farb- saft- und geschmacklos kommen diese daher, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Kurz gesagt: Ich bin enttäuscht. Nicht von der Idee des Buches, aber von dessen Umsetzung. Cho Nam-Joo hat mit der Umsetzung in meinen Augen das Potential, das in der unterdrückten südkoreanischen Durchschnittsfrau lauert, ziemlich gegen die Wand gefahren. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass die Lektüre dieses Buches durchaus auch seine informativen Seiten hat. Das war es dann leider aber auch schon wieder.