Recherche führt zu Vermisstenfall
GrabessternJournalisten als Romanfiguren haben irgendwie immer ein deutlich aufregenderes Leben als ihre realen Gegenstücke. Zum Beispiel die Kopenhagener Investigativjournalistin Heloise Kaldan, die in Anne Mette ...
Journalisten als Romanfiguren haben irgendwie immer ein deutlich aufregenderes Leben als ihre realen Gegenstücke. Zum Beispiel die Kopenhagener Investigativjournalistin Heloise Kaldan, die in Anne Mette Hancocks Thriller "Grabesstern" nun schon ihren dritten Fall löst. Eigentlich wollte sie eine Reportage über Sterbebegleitung schreiben, doch de schwer krebskranken alten Mann, den sie in seinen letzten Wochen begleitet, scheint etwas auf der Seele zu liegen. Von Blut spricht er im Delirium und von alttestamentarischer Rache - Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und er stammelt einen Namen, den der befreundete Kommissar Erik Schäfer entgegen aller Datenschutzregeln für sie durch die Abfrage im polizeilichen Auskunftsystem laufen lässt.
Heloise will herausfinden, was dahintersteckt und macht sich auf den Weg in das Küstenstädtchen Sonderburg, in dem der alte Mann einst lebte. Der Mann, von dem sie sich Auskünfte erhofft, ist schon lange tot. In dem Kleinstädtchen will keiner über die Vergangenheit reden, eine Vergangenheit, die auch zwei vermisste junge Frauen enthält. Urplötzlich sieht sich Heloise mit einem cold Case konfrontiert, bei dem es auch um Serienmord gehen kann. Nicht bei allen kommen ihre hartnäckigen Fragen gut an.
Spannend ist dieser Roman auf jeden Fall und die Autorin schafft es, immer neue Wendungen zu schaffen, die das schon sicher geglaubte auf den Kopf stellen. Wer sich gerne überraschen lässt, ist hier auf jeden Fall richtig. das gilt ganz besonders für den Schluss, mit dem ich so nicht gerechnet hätte.
Ausgesprochen sympathische Nebenfiguren sind Erik Schäfer und seine Frau, mit Sterbebegleitung von einsamen Menschen ohne Angehörige wird auch ein eher unbequemes und oft verdrängtes Thema angesprochen.
Die Autorin hat zwar selbst als Journalistin gearbeitet, aber eher im Lifestylebereich - das merkt man. Wenn es um die Polizeiarbeit oder Redaktionsabläufe geht oder gar journalistische Standards bei der Berichterstattung über Verbrechen oder bei der Zusammenarbeit mit der Polizei, ist das bar jeglicher Realität - angefangen von den Datenabfragen, die aus gutem Grund nicht mal eben so möglich sind bis hin zur Anwesenheit bei einer behördlichen Exhumierung. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellebn, dass da die dänischen Polizisten bei allem hygge-Gefühl zugünglicher sind als ihre deutschen Kollegen.
Langweilig wird es mit "Grabesstern" jedenfalls nicht. Das Buch ist flüssig geschrieben und auch wenn die Leser von der Autorin so manches mal an der Nase herumgeführt werden, lohnt sich das für den abschließenden Aha-Effekt.