Töchter einer neuen Zeit
Zum Inhalt:
VIER FRAUEN. ZWEI WELTKRIEGE. HUNDERT JAHRE DEUTSCHLAND.
Jahrgang 1900. Eine Generation, die zwei Weltkriege durchleben wird - Henny Godhusen ist eine von ihnen. 1918 stürzt sie sich voller ...
Zum Inhalt:
VIER FRAUEN. ZWEI WELTKRIEGE. HUNDERT JAHRE DEUTSCHLAND.
Jahrgang 1900. Eine Generation, die zwei Weltkriege durchleben wird - Henny Godhusen ist eine von ihnen. 1918 stürzt sie sich voller Lebensfreude in die Hebammenausbildung in Hamburg-Uhlenhorst. Henny liebt das Viertel an der Alster, hier kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen und sie findet Freundinnen: Ida wohnt in einem der herrschaftlichen Häuser und weiß nicht viel vom Leben jenseits der Beletage. Käthe hingegen stammt aus einfachen Verhältnissen und unterstützt die Kommunisten. Und Lina führt als alleinstehende Lehrerin ein unabhängiges Leben. So verschieden die Frauen sind, so eng wird ihre Freundschaft über die Jahrzehnte ...
Authentisch und einfühlsam gelesen von der Autorin.
Über die Autorin:
Carmen Korn, Jahrgang 1952, ist die Tochter des Komponisten Heinz Korn. Nach ihrer Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule arbeitete sie als Redakteurin für den Stern. Carmen Korn lebt seit vierzig Jahren auf der Uhlenhorst. Sie ist in dem Viertel tief verwurzelt und beschäftigt sich schon seit langem mit dessen Geschichte. Carmen Korn ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder
Mein Fazit und meine Rezension:
In der Geschichte treffen wir auf vier Frauen und deren jeweiligen Lebensgeschichten in der Zeit vom März 1919 bis zum Dezember 1948.
Zunächst treffen wir auf die 19jährige Henny, die gemeinsam mit ihrer Freundin Käthe eine Hebammenlehre beginnt und in der Hamburger Frauenklinik Finkenau landet. Dabei erleben Henny und Käthe nicht nur das alltägliche Wunder der Geburt und die Pflege der Patientin und des Neugeborenen, sondern müssen auch inmitten der schwierigen Zeit von zwei Weltkriegen erfahren, dass Liebe, Freundschaft und Familie auch große Werte sind. Und vor allen Dingen Käthe strebt vielleicht doch ein anderes, ein politisches Ziel an - für eine Frau in der damaligen Zeit kein leichtes Unterfangen.
Als nächstes lernt man die 17jährige Ida kennen. Reich und verwöhnt, das beschreibt sie am besten. Wenn sie etwas möchte, dann erhält sie es auch. Doch nicht immer läuft im Leben alles so, wie man es sich wünscht und Freiheit ist bekanntlich nicht käuflich.
Zu guter Letzt läuft uns auch noch die 20jährige Lehrerin Lina über den Weg, die vom Aufbruch in eine neue Zeit gezeichnet ist und sich nicht mit dem Alten abgeben kann und will. Sie unterrichtet in einer Versuchsschule und lehrt dort nach den Ideen der Reformpädagogik.
Die vier Geschichten sind nicht immer einfach zu verarbeiten, insbesondere dann nicht, wenn man sich auch den historischen Hintergrund genauer anschaut und sieht, wie dieser die Protagonistinnen beeinflusst. Natürlich handelt es sich hierbei um junge Mädchen, die im Grunde genommen alle dasselbe wollen: Liebe, eine Familie, aber auch ihre Freiheit selbst zu entscheiden. Doch wie soll man so etwas zwischen zwei Weltkriegen erreichen?
Der Charakter, der mir am meisten imponiert und somit am besten gefallen hat, war die junge Lehrerin Lina. Sie lässt sich nicht in enge Fesseln zwängen und probiert etwas Neues aus. Sie interessiert sich für Kulturen, ist weltoffen und möchte ihren Horizont erweitern. Und genauso wie sie kann ich auch ihre Skepsis gegenüber ihrere Schwägerin Henny teilen, die bereits in jungen Jahren eine Familie gründet und so von ihren Träumen abkommt. Bei Lina merkt man als Leser/Zuhörer am meisten den Umbruch und ihren Wandel hin zu ehrgeizigen Zielen.
Von Ida hätte ich - ich gebe es ehrlich zu - manchmal mehr erwartet. Gerade sie, die reich und einflussreich war, lässt sich mit einem ebenso reichen Mann verheiraten und verliert dadurch ihre Freiheit. Im Haushalt hat sie dank der Haushälterin nichts zu tun und beginnt eine Affäre, die wohl immer nur eine solche bleiben wird. Gerade ihr hätte ich mehr Zielstrebigkeit und auch Mut zugetraut. Doch dann habe ich mich gefragt, wie es wohl mir ergangen wäre? Wie hätte ich reagiert und hätte ich überhaupt reagieren können oder wäre ich - aufgrund der Zeit - doch eher zurückgewichen und hätte nur funktioniert oder nur das getan, was mir gesagt wurde?
Ich habe, während ich den Geschichten gelauscht habe, viel darüber nachgedacht und bin bis jetzt noch zu keinem Ergebnis gekommen. So viele Emotionen und Probleme - auch alltägliche, die wir heute noch haben - sind auf mich eingestürzt, dass ich manches Mal einfach nur meinen Hut vor den Damen gezogen hätte.
Ein besonderes Augenmerk der Autorin liegt aber nicht nur auf den Figuren und deren emotionalen Befinden bzw. Bedürfnisse, sondern eben auch auf der damaligen Zeit. Die Schauplätze werden anschaulich wiedergegeben. Ich selbst war erst vor einigen Tagen in Hamburg gewesen und mir ist, als sei ich dort auch schon in anderen Zeiten gewandelt. Carmen Korn möchte nicht nur ihre Geschichte erzählen, sondern den Hörer/Leser auch in die damalige Zeit entführen und ihn dort selbst erleben lassen.
Und obwohl eine Hörzeit von über 10 Stunden (bei 8 CDs) nicht gerade wenig ist und man schon darauf sehr viel Information verpackt hat, hat mich das Ende doch abrupt getroffen und hinterlässt mich natürlich mit dem Gedanken an Band 2. Ich muss ihn unbedingt lesen/hören!