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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2022

Einfach weg

Unsre verschwundenen Herzen
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Ein Roman darüber, wie es zu Ausgrenzung kommen kann.

Nein! Eigentlich ist es ein Roman über Ausgrenzung, wie sie bereits auf der Welt geschehen ist, geschieht und weiter geschehen wird, wenn ...

Ein Roman darüber, wie es zu Ausgrenzung kommen kann.

Nein! Eigentlich ist es ein Roman über Ausgrenzung, wie sie bereits auf der Welt geschehen ist, geschieht und weiter geschehen wird, wenn sich nichts ändert.

Hier zeichnet Autorin Celeste Ng die Vereinigten Staaten von Amerika als Land, in dem vor allem Menschen asiatischer Herkunft ausgegrenzt werden und zwar auf die brutalste denkbare Art und Weise: durch eine vermeintliche "Unterstützung".

Ihnen werden ihre Kinder weggenommen, damit sie in ein besseres, ein leichteres Leben überführt werden können. So wird es ihnen übermittelt. Und es folgt die Aktion, sie folgt unabdinglich, egal, ob die Familien dem zustimmen (was sie natürlich nie tun) oder nicht. Die Kinder sind weg, man weiß nicht, wohin sie gebracht werden.

Gleichzeitig erfolgt eine Entfernung des asiatischen Einflusses aus den verschiedenen Bereichen der Öffentlichkeit - über mehrere Jahre hinweg.

Bei Noah, von seiner Mutter Bird genannt, läuft es anders. Da verlässt die Mutter, asiatischer Abstammung ist, die Familie. Er hat in seinem 12jährigen Leben bereits drei Jahre ohne sie gelebt - bis ihm der Gedanke kommt, seine Mutter zu suchen. Und endlich zu erfahren, warum sein Vater nicht mehr über sie spricht; sie waren doch einst eine glückliche Familie.

Ein heftiger Roman, den die Autorin unter dem Eindruck der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen zu schreiben begann, wie sie in den USA ab Herbst 2016 mit aller Macht einsetzten. Und natürlich auch vorher bereits spürbar waren.

Celeste Ng zeichnet ein fremdes Bild. Und zugleich ein sehr vertrautes - auch mir, die ich seit meiner Geburt als Nichtdeutsche in Deutschland lebe. Ja, seit einigen Jahren ticken die Uhren anders, auch hier. Manches wird gestoppt, aber hält das auf Dauer?

Ein Roman, der aufgrund seiner von mir empfundenen teilweisen Nähe zu bestimmten Aspekten der Realität sehr gruslig war. Aber auch zeigt, dass Zusammenhalt etwas bewirken kann, auch in Zeiten, in denen es gar keine Möglichkeiten zu geben scheint. Was wird es für ein Ende nehmen?

Im Buch bleibt so einiges offen, eine aus meiner Sicht ausgesprochen passende Wahl. Ich empfehle dieses Buch kritischen Menschen, aber auch solchen mit Diskussionsbedarf - ich finde, es eignet sich ganz hervorragend für Lesekreise und Ähnliches.

Veröffentlicht am 04.07.2022

Eine neue Familiensituation mit Ende vierzig

Was ich nie gesagt habe
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Der Leser trifft auf den Moderator Tim Monderath, einen Endvierziger, bei dem sich seit "Stay away from Gretchen", dem ersten Teil seiner Familiengeschichte, so einiges geändert hat.

Eigentlich ...

Der Leser trifft auf den Moderator Tim Monderath, einen Endvierziger, bei dem sich seit "Stay away from Gretchen", dem ersten Teil seiner Familiengeschichte, so einiges geändert hat.

Eigentlich zum Besseren: er lebt nun in einer glücklichen Beziehung mit Kind, seine demente Mutter Greta wird durch die langjährige Nachbarin Helga gut getreut und kann dadurch weiterhin allein in der ehemaligen Familienwohnung in Köln-Porz, direkt am Rhein, wohnen bleiben.

Doch auf der Arbeit hatte er sich aufgrund der privaten Entwicklungen eine Auszeit genommen und es ist nicht sicher, ob der Wiedereinstieg so glatt wie erwartet über die Bühne geht. Denn die Konkurrenz schläft nicht und er selbst ist sich nicht sicher, wie flexibel er denn eigentlich ist.
Zudem ergibt sich wieder privat manches Überraschende, wobei diesmal sein Vater und dessen aus Köln stammende Familie im Fokus stehen. Mit ihm hatte Tom bis zu dessen Tod ein sehr gespanntes Erlebnis und erfährt nun, dass er noch einen
älteren Halbbruder hat und zwar in Amsterdam. Hat sein Vater, der eine gynäkologische Praxis in der Kölner Innenstadt betrieb, etwa ein Parallelleben geführt?

Sein Halbbruder Henk ist jedenfalls eine Bereicherung - nicht nur für Tom, sondern auch für dessen große Liebe Jenny und das Verhältnis entwickelt sich rasch zu einer engen Bindung - etwas ganz Neues für Tom, der bisher gar keine Geschwister kannte. Aber das ist nicht das Einzige, das sich hier entwickelt,

Ein spannender Roman, der sich für meinen Geschmack manchmal etwas zu wild zu galoppieren begann, bei der Entwicklung ihrer Figuren hingegen konnte ich Autorin Susanne Abel in diesem zweiten Teil der Geschichte deutlich besser folgen und empfand diese insgesamt als stimmig.

Aber was mich wieder vor allem fesselte und bewegte, war die Einbindung historischer Themen in die Handlung. Diesmal ging es vor allem um die medizinischen Aspkete des Nationalsozialismus. Sowohl den Umgang mit "unwertem Leben" als auch Fragestellungen der Familienplanung, in denen die Politik kräftig mitmischte. Hier traf die Autorin mit Darstellung genau ins Schwarze und bewegten mich tief. Auf jeden Fall widmet sich dieser Roman auch einigen Aspekten, die im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen nicht ganz so häufig in der Literatur eine Rolle spielen! Wer sich gern mit diesem Thema beschäftigt, wird hier so manche neuen Impulse und Eindrücke mitnehmen können!

Zudem zeigt mir Susanne Abel sowohl Neues als auch Altbekanntes in meiner eigenen Heimatstadt Köln auf. Nur konnte ich der Liebsten des Protagonisten so gar nicht in der Entscheidung, lieber in Porz als in Lindenthal wohnen zu wollen, folgen - ich habe meine Kindheit und Jugend damals auf der "schäl Sick" verbracht und mich zumindest in älteren Jahren nicht mehr in Porz zu Hause gelebt und und genieße jetzt schon seit einigen Jahren das entspanntere Leben in Lindenthal, der "grünen Lunge" der Stadt!

Veröffentlicht am 27.06.2022

Ein spannendes Israel-Buch

Mein Israel und ich - entlang der Road 90
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ist der ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht hier gelungen, in dem sie den Focus auf den Alltag der Menschen richtet, auf das, was sie bewegt, aber auch auf das, was ihr und ihren Lieben in der Zeit, die ...

ist der ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht hier gelungen, in dem sie den Focus auf den Alltag der Menschen richtet, auf das, was sie bewegt, aber auch auf das, was ihr und ihren Lieben in der Zeit, die sie dort in dem Land gelebt haben, wichtig geworden, ans Herz gewachsen ist.

So gibt es auch ein Lieblingsrezept ihres Sohnes, das echt ganz einfach zu bereiten ist als warme, bekömmliche Alltagsmahlzeit und mit Rezept enthalten ist.

Ich bin eingefleischte Tagesschau und insgesamt ARD-Guckerin und konvertiere zwischendurch nur mal für einen Film oder eine Serie. Das wird sich auch jetzt nicht ändern, obwohl mir Nicola Albrecht ans Herz gewachsen ist - aber vielleicht hat sie ja mal Lust, zum Ersten zu wechseln!

Veröffentlicht am 28.03.2022

Wieder daheim - so gut wie

Nordwestnacht
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So fühle ich mich nach der Lektüre dieses Krimis - auch wenn Dienststellenleiter Hendrik Norberg und seine Mitarbeiterin Anna Wagner vor nicht gerade leichten Aufgaben stehen und es auch privat ...

So fühle ich mich nach der Lektüre dieses Krimis - auch wenn Dienststellenleiter Hendrik Norberg und seine Mitarbeiterin Anna Wagner vor nicht gerade leichten Aufgaben stehen und es auch privat bei beiden nicht geradlinig läuft, ist es für mich ein Treffen mit alten Freunden in vertrauter Umgebung. Also wie ein kleines Zuhause - fast jedenfalls. Auch wenn der junge Mitarbeiter Nils sich noch ganz gehörig die Hörner abstoßen muss, um eine vollwertige Unterstützung für die beiden erfahrenen Kollegen zu bieten.

Vor allem, weil ihm die in Fall Verwickelten nicht gerade unbekannt sind. Denn es ist ein Filmteam, das eine neue Staffel einer beliebten Krimiserie fürs Fernsehen dreht. Ein Toter, eine Vermisste - und die ist der große Schwarm von Nils, weswegen er alles andere als neutral agiert.

Dazu kommt, dass auch die anderen Mitarbeiter der Dienststelle - Hendrik und Anna eingeschlossen - nicht gerade einfache Charaktere sind. Autorin Svea Jansen gelingen besonders die Personendarstellungen sehr gut, was bei einem Krimi, der vor allem durch seine Figuren getragen wird, ebenso wichtig wie lobenswert ist.

Es kommt auch ordentlich Spannung auf, denn es gibt zahlreiche potentielle Lösungsansätze für dieses Verbrechen, wie Anna und Hendrik - und allmählich auch Nils - nach und nach herausfinden. Ein schöner Krimi und mittlerweile der dritte Fall des Teams von Schleswig Holsteins Nordseeküste, den ich sehr genossen habe. Ich freue mich schon auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 13.01.2022

Ungewöhnlich und atmosphärisch

Gefrorenes Herz
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Eine Polizeihistorikerin im Mittelpunkt - wie vielversprechend. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es ja auch solche Personen geben muss, die die geschichtliche Entwicklung der Polizei eines Landes, ...

Eine Polizeihistorikerin im Mittelpunkt - wie vielversprechend. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es ja auch solche Personen geben muss, die die geschichtliche Entwicklung der Polizei eines Landes, Bereiches oder Themas begleiten. Als Historikerin, die schon lange nicht mehr in ihrem eigentlichen Berufsfeld arbeitet, wurde ich richtiggehend neidisch auf Maria Just, denn das wäre definitiv auch was für mich! Obwohl ich nicht glaube, dass ich so viel zu einem aktuellen Fall beitragen könnte, wie sie es tut - meine Gehirnzellen funktionieren deutlich weniger flott und übergreifend!

Neben Maria Just wirken zwei Experten mit, die mit der Auflösung des aktuellen Falles - der Generalsekretär des dänischen Roten Kreuzes wurde auf überaus brutale Weise ermordet - betraut sind. Nämlich Mikael Dirk - ein erfahrener Ermittler, den seine Frau verlassen hat und der junge Kollege Frederik Dahlin, dessen Frau gerade versucht, schwanger zu werden - und zwar auf Gedeih und Verderb.

Maria nimmt Kontakt zu ihnen auf, da sie Parallelen zu einem Fall entdeckt hat, der vor rund fünfzig Jahren geschah. Es werden erschütternde Aspekte der neuesten Geschichte Dänemarks zutage gefördert, die wirklich starker Tobak sind. Also thematisch, denn sonderlich blutig ist dieser Krimi nicht. Was mir sehr zugesagt hat.

Eine der Stärken ist definitiv die Darstellung der Charaktere, alle, auch die größeren Nebenfiguren, haben Wiedererkennungswerte, die man sich sofort merken kann. Ein kleines Manko dagegen - allerdings eines, das ich gern in Kauf nehme, während ich auf den versprochenen zweiten Fall warte - sind die immer wieder auftauchenden Längen. Mir hätte der Krimi noch besser gefallen, wäre er um etwa hundert Seiten gekürzt worden.

Insgesamt kann ich diesen Start in eine neue dänische Krimiserie aber von ganzem Herzen empfehlen und zwar vor allem an Leser*innen, die auch an Spannungsliteratur einen gewissen Qualitätsanspruch haben!