Profilbild von PMelittaM

PMelittaM

Lesejury Star
offline

PMelittaM ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit PMelittaM über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2017

Spannend und voller Überraschungen

Das Seehaus
0

Cornwall 1933: Während einer Feier verschwindet der 11 Monate alte Theo Edevane spurlos. 70 Jahre später stolpert Sadie Sparrow zufällig über den alten, bisher ungelösten Fall und beginnt zu ermitteln. ...

Cornwall 1933: Während einer Feier verschwindet der 11 Monate alte Theo Edevane spurlos. 70 Jahre später stolpert Sadie Sparrow zufällig über den alten, bisher ungelösten Fall und beginnt zu ermitteln.

Ich bin angenehm überrascht von dem Roman, die Autorin scheint ein Händchen dafür zu haben, komplexe Geschichten zu erzählen und dabei nicht den Faden zu verlieren. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen, die eine ganz neue Sicht auf das Geschehen eröffnen und dennoch nicht konstruiert wirken.

Erzählt wird sehr ausführlich und aus vielen verschiedenen Perspektiven, jeder wesentliche Charakter wird dabei berücksichtigt, neben den Perspektivewechseln gibt es fast ebenso viele Zeitenwechsel, so erlebt der Leser nicht nur das Geschehen der Jahre 1933 und 2003 mit, sondern erhält auch Einblick in Geschehnisse aus weiteren Jahren. Das könnte auf den Leser ziemlich verwirrend wirken, jedoch hatte ich jederzeit den Überblick darüber, wo, wann und bei wem ich mich gerade befand. Ein bisschen aufmerksam sollte der Leser dabei natürlich schon sein, auch, weil ihm sonst Nebensätze entgehen könnten, die seine eigenen Überlegungen weitertreiben könnten, denn natürlich macht es auch großen Spaß, mit zu rätseln und über Theos Schicksal nachzudenken.

Die Charaktere sind der Autorin durchgehend gut gelungen und lassen den Leser nicht kalt. Aber auch hier gibt es manche Überraschungen und die Charaktere stellen sich womöglich im Velauf der Geschichte ganz anders dar, als zunächst gedacht. Das liegt zum einen daran, dass sie Entwicklungen durchlaufen, die man auf Grund der Zeitsprünge nicht immer direkt erkennt, das liegt aber auch daran, dass man sich vorschnell eine Meinung gebildet hat, die man später revidieren muss. Das gibt der Geschichte zusätzliche Spannung und wirkt sich auf die Gefühle des Lesers aus.

Gut gefallen hat mir, dass auch Zeitgeschichtliches einfließt, sei es der Untergang der Titanic, sei es der erste Weltkrieg oder das Leben des Landadels, auch wenn manches nur gestreift wird, trägt es doch zur Atmosphäre bei.

Die Erklärung, was mit Theo geschehen ist, ist gut hergeleitet, dennoch bin ich mit dem Ende nicht ganz zufrieden, es geht über die genannte Erklärung hinaus und zwar in einer Form, die mir zu konstruiert erscheint – da wäre weniger in meinen Augen mehr gewesen. Immerhin hat die Autorin aber alle offenen Fragen beantwortet und alle losen Fäden verbunden, so dass ich unter dem Strich ganz zufrieden bin.

Abgerundet wird der Roman mit farbigen Fotos aus Cornwall auf den Buchdeckelinnenseiten, einem Bericht der Autorin über Cornwall und ein Interview mit der Autorin.

Der Roman hat mir spannende und unterhaltsame Lesestunden beschert und mich emotional mehr als einmal berührt. Ich vergebe daher 4,5 Sterne, die ich, wie gehabt, aufrunde. Ich empfehle den Roman auch gerne weiter, wer gerne kunstvoll verwobene Romane liest, die ein Familiengeheimnis thematisieren, ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 12.05.2017

Gelungener Kriminalroman, der den Leser nach Vietnam entführt

Hanoi Hospital
0

Die Deutsch-Vietnamesin Anne reist wegen eines Praktikums nach Vietnam, nicht ohne auch ihre Verwandten dort zu besuchen. Als sie miterleben muss, wie ihre Großmutter im Krankenhaus stirbt und erfährt, ...

Die Deutsch-Vietnamesin Anne reist wegen eines Praktikums nach Vietnam, nicht ohne auch ihre Verwandten dort zu besuchen. Als sie miterleben muss, wie ihre Großmutter im Krankenhaus stirbt und erfährt, dass es weitere Todesfälle mit ähnlichen Symptomen gibt, macht sie sich mit der Journalistin Linh daran, Klarheit über die Hintergründe zu erhalten.

Ein Kriminalroman der mit „Die Leiche ...“ anfängt, hat direkt meine Aufmerksamkeit, so auch hier, zumal der Autor einen direkt ins Geschehen wirft und von Anfang an spekulieren lässt. Nicht nur der Start in den Roman ist gelungen, er hat mir rundum gut gefallen. Das Setting sprach mich schon im Vorfeld an, einen Kriminalroman aus Vietnam hatte ich noch nicht gelesen, der Autor kennt das Land zudem sehr gut, ich freute mich auf einen spannende Geschichte, die mir zusätzlich Land und Leute nahebringt – und auch das ist dem Autor sehr gut gelungen.

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, neben Anne, die sich sowohl in Deutschland als auch in Vietnam fremd fühlt, und Linh, die in Hanoi aufgewachsen ist, lernt man Tuan kennen, der vom Land in die Stadt kam, um sein Glück zu finden und dessen Freundin Yen schwer erkrankt. Eine weitere Perspektive kommt später dazu, über die ich jedoch an dieser Stelle nichts sagen möchte, um nichts vorwegzunehmen. Auch Vietnam selbst kommt gut zum Tragen, wir lernen es von allen möglichen Seiten kennen, sowohl aus Sicht der Einheimischen als auch der Ausländer, erhalten sowohl städtische als auch ländliche Einsichten und auch Geschichte, Sprache und Kultur werden angesprochen. Ich fühlte mich schnell mittendrin in Vietnam.

Die Charaktere sind gut gelungen und wirken authentisch, ihre Handlungen und Emotionen sind nachvollziehbar dargestellt. Mir hat gefallen, dass durch sie verschiedene Bevölkerungsgruppen in den Mittelpunkt gestellt werden. Der Autor erzählt sehr anschaulich, das Kopfkino springt direkt an. Es gibt einige Szenen, die mich emotional berühren, bei anderen sollte man das sehr nützliche, umfangreiche Glossar im Anhang, zu Rate ziehen, auch, um sie richtig einordnen zu können. Neben dem Glossar finde ich auch die Anmerkungen des Autors sehr interessant, das Personenregister hätte ich nicht unbedingt benötigt, wer aber Probleme mit den vielen fremd klingenden Namen hat, wird bestimmt dankbar dafür sein.

Auch den Fall finde ich gelungen, man kann gut miträtseln, er ist ausreichend spannend, bietet Möglichkeiten mit zu zittern, und die Auflösung ist logisch konstruiert und hat mir gut gefallen. Besonders mochte ich, dass der Autor die Geschichte ausklingen lässt, wir erfahren noch, wie es mit den Charakteren weitergeht.

Der Roman hat mich sehr gut unterhalten, ich habe Einiges über Vietnam erfahren und einen interessanten Kriminalroman lesen können, den ich nur ungern wieder aus der Hand gelegt habe. Ich hoffe sehr, dass David Frogier de Ponlevoy weitere (Kriminal)Romane schreiben wird, ich würde sie sehr gerne lesen. Diesen hier empfehle ich gerne weiter, vor allem jenen, die gerne Kriminalromane lesen, die in „fremden“ Ländern spielen, aber auch allen, die gute Krimis mögen.

Veröffentlicht am 12.05.2017

Ein ganz besonderer Roman

Dunkelsprung
0

Julius Birdwell, Flohzirkusdirektor und Goldschmiedemeister gerät unversehens in ein phantastisches Abenteuer, bei dem er nicht nur eine Meerjungfrau retten muss.

Mehr möchte ich über die Geschichte gar ...

Julius Birdwell, Flohzirkusdirektor und Goldschmiedemeister gerät unversehens in ein phantastisches Abenteuer, bei dem er nicht nur eine Meerjungfrau retten muss.

Mehr möchte ich über die Geschichte gar nicht sagen, man muss sie selbst lesen, sie ist verrückt, voller skurriler Charaktere, unerwarteter Wendungen, oft ist nichts so, wie zunächst gedacht.

Ich habe ein paar Seiten gebraucht, um in die Geschichte zu finden, doch dann hatte sie mich gepackt und erst ganz am Ende wieder losgelassen, dazwischen fiel es mir mehr als schwer, den Roman überhaupt aus der Hand zu legen. Man muss sich einlassen auf die Geschichte, dann eröffnet sich ein Feuerwerk bizarrer Ideen und Charaktere. Auch wenn es manchmal scheint, als sei die Logik abhanden gekommen, sie findet sich immer wieder und am Ende macht alles Sinn.

Erzählt wird mit sehr viel Humor, wunderbaren Details und herrlichen Bonmots. Die Figuren sind alle gut durchdacht und sehr gut gezeichnet, sie sind allesamt herrlich skurril, seien es Menschen, Tiere oder andere Wesen. Die Handlung spielt in der heutigen Zeit, auch wenn man sich hin und wieder in ein früheres Jahrhundert versetzt vorkommt, insgesamt trägt das sehr zum Charme der Geschichte bei.

In einem Interview deutet Leonie Swann an, dass es ev. ein Wiedersehen mit den Charakteren geben könnte. Nötig ist das nicht, denn, obwohl die Geschichte durchaus nicht abgeschlossen ist, kann sie für sich stehen, der phantasievolle Leser (der wird sowieso benötigt) ist zufrieden und denkt sich die weitere Entwicklung selbst. Jedoch – schön wäre ein Wiedersehen in Romanform wohl trotzdem.

Sehr gut gefallen hat mir, dass das Buch mit einigen Extras aufwartet, neben einem Lesebändchen gibt es ein Personenverzeichnis, das nicht zu viel verrät, und als Nachwort „Ein Blick hinter den Vorhang“, in dem die Autorin erzählt, wo sich Fakten verbergen.

Insgesamt ein ganz besonderes Buch, für phantasiebegabte Leser, dem ich viele Leser wünsche und das von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung erhält.

Veröffentlicht am 12.05.2017

Perfekt

Bella Clara (Die Jahrhundertwind-Trilogie 3)
0

Berlin 1906: Clara Gropius hält es bei ihrem gewalttätigen Ehemann nicht mehr aus, sie lässt sich scheiden. Dafür muss sie allerdings die Schuld am Scheitern der Ehe auf sich nehmen und verliert so nicht ...

Berlin 1906: Clara Gropius hält es bei ihrem gewalttätigen Ehemann nicht mehr aus, sie lässt sich scheiden. Dafür muss sie allerdings die Schuld am Scheitern der Ehe auf sich nehmen und verliert so nicht nur ihr Erbe an der Apotheke ihrer Eltern sondern auch die Kinder, noch nicht einmal ein Besuchsrecht räumt man ihr ein. Gut, dass sie gute Freundinnen hat, die ihr schließlich auch eine Stellung in Meersburg am Bodensee verschaffen. Dort gelingt es ihr schließlich, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und sich mit viel Kraft, Kreativität und Können eine eigene Existenz aufzubauen.

Dieser Roman ist der Abschluss der Jahrhundertwind-Trilogie, man kann ihn aber sehr gut auch lesen und verstehen, wenn man die beiden Vorgänger, so wie ich, nicht kennt. Allerdings sollte man darauf gefasst sein, dass die Wunschliste um diese beiden Romane wachsen wird.

Schon zu Beginn gelingt es der Autorin perfekt, die Atmosphäre im Gerichtssaal einzufangen und auch im weiteren Verlauf erzählt sie atmosphärisch dicht. Zudem hat sie interessante, authentisch wirkende Charaktere geschaffen, die der Leser gut kennen lernt und die nachvollziehbare Entwicklungen durchlaufen. Die Geschichte ist interessant und spannend, besonders gut gefällt mir, wie sie in den historischen, vor allem gesellschaftlichen und technischen, Kontext eingebettet wurde, hier hat die Autorin gut recherchiert. Sehr interessant finde ich auch die italienischen Haareinkäufer, deren Erwähnung mich auch direkt dazu brachten, selbst zu recherchieren, so etwas liebe ich an historischen Romanen besonders: Wenn ich dazu lernen kann. Auch sehr schön ist die Erwähnung bzw. das Auftreten diverser historischer Persönlichkeiten und das Nachwort, in dem die Autorin, wenn auch nur kurz, auf reale Hintergründe eingeht und z. B. einen Kunstkniff klar stellt, auch das gehört für mich in einen guten historischen Roman.

Der Roman hat eine Botschaft, die Mut macht und zeigt, dass auch manchmal aus Unglück Glück erwachsen kann. Es ist der erste, den ich von Petra Durst-Benning gelesen habe und er hat mich restlos überzeugt. Ich werde auf jeden Fall weitere Romane der Autorin lesen, natürlich auch die beiden anderen Bände der Trilogie und bin gespannt, ob sie mich ähnlich begeistern werden.

Diesen Roman kann ich uneingeschränkt empfehlen, Petra Durst-Benning erzählt die Geschichte einer starken und patenten Frau, die es schafft, auf eigenen Füßen zu stehen ohne Schmalz und Kitsch, nachvollziehbar und gut recherchiert, fängt die Atmosphäre der Zeit ein, erstellt interessante Charaktere und eine spannende Geschichte. Zugreifen!