Wichtiges Thema langatmig dargestellt
NoiseDas Thema, dem sich dieses Buch widmet, ist sicherlich interessant und hat vor allem einen breiten Anwendungsbereich und damit einhergehend einige Relevanz.
Es geht darum, wie Entscheidungen von Personen ...
Das Thema, dem sich dieses Buch widmet, ist sicherlich interessant und hat vor allem einen breiten Anwendungsbereich und damit einhergehend einige Relevanz.
Es geht darum, wie Entscheidungen von Personen sowie Organisationen durch Noise = „Rauschen“ beeinträchtigt werden. Im Gegensatz zu Bias sind hierunter keine systematischen Fehler oder Vorurteile zu verstehen, sondern es handelt sich um den „Faktor Zufall“ bei der Urteils- und Entscheidungsfindung. Dieser kann diverse Ursachen haben, von Unterschieden in der individuellen Grundeinstellung bis hin zur Tagesform des Entscheidenden.
Insgesamt führt dies alles beispielsweise dazu, dass vergleichbare Straftaten von verschiedenen Richtern mit sehr unterschiedlichen Strafen bedacht werden, Ärzte für denselben Patienten unterschiedliche Diagnosen stellen oder sogar die Ergebnisse der Analyse von Fingerabdrücken voneinander abweichen.
Diese und allerlei weitere Beispiele stellen die Autoren in (teilweise zu) großer Ausführlichkeit vor. Immerhin wird so deutlich, dass es sich um ein wichtiges Problem handelt, welches für diverse negative Folgen wie Ungerechtigkeiten, finanzielle Verluste oder sogar Gesundheitsschäden verantwortlich ist. Dennoch war mir die Aufzählung von gefühlt hunderten Studienergebnissen doch etwas zu viel.
Auch sonst sind die Ausführungen oft zu langatmig. Zwar werden zahlreiche interessante Punkte angesprochen: Neben Erklärungen dazu, wie Noise entsteht und wie es gemessen werden kann, geben die Autoren auch Ratschläge, welche Vorgehensweisen es verhindern oder zumindest deutlich reduzieren können, überlegen abschließend aber auch, ob es nicht gute Argumente dafür geben kann, ein gewisses Maß an Noise zu tolerieren. Abgerundet wird das Ganze durch Leitfäden für die praktische Umsetzung.
All dies wird jedoch lang und breit und vor allem sehr technisch dargestellt, sodass die tatsächlich spannenden Passagen beinahe untergehen. Wenn schon Beispiele gegeben werden, hätten diese lebendiger beschrieben werden sollen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass trotz allen Bemühens um wissenschaftliche Strenge Bias und Noise nicht immer klar voneinander getrennt, sondern bisweilen alle möglichen Formen von Abweichungen und Fehlern in einen Topf geworfen werden. Ebenfalls störend fand ich, dass sich manche Aussagen ständig wiederholen.
Dennoch kann die Lektüre dieses Werkes lohnend sein, insbesondere für Personen, welche die Qualität der in ihren Organisationen getroffenen Entscheidungen verbessern möchten. Es regt an, bisherige Vorgehensweisen zu hinterfragen und gibt Tipps für Verbesserungsmöglichkeiten– auch wenn sicher nicht jeder davon in jedem Umfeld umgesetzt werden kann. Man muss sich aber eben auch durch langweiligere Passagen quälen und darf keinen großen Unterhaltungswert erwarten.