Rosa gehört zwar schon dem älteren Semester an, fühlt sich aber mit ihren mehr als 70 Jahren noch wie eine junge Frau. Sie führt ein Porzellangeschäft in Berlin, hat aber eine wilde Vergangenheit hinter sich, an die sie noch oft denkt. Eines Morgens, während Rosa wieder in ihrem kleinen Laden steht, kracht es auf einmal ganz gewaltig. Ein Auto ist durch die Fensterfront in ihr Geschäft gerauscht und hat dabei alles zerstört. Schuld ist die 21-jährige Paulina, die gern Schauspielerin werden möchte. Während ihres kurzen Krankenhausaufenthalts teilen die beiden Frauen ein Zimmer und lernen sich dabei etwas besser kennen. Kaum ist Rosa wieder zuhause, erfährt sie, dass sie von einem alten Freund ein Haus auf der italienischen Insel Procida vor der neapolitanischen Küste geerbt hat. Rosa überlegt nicht lange und lädt Paulina ein, sie für eine Weile nach Italien zu begleiten. Bereits nach der Ankunft sind die beiden Frauen von dem rosa Haus total begeistert und leben sich schnell ein. Aber dann bekommen sie nach und nach jede Menge Besucher, mit denen sie eigentlich nicht gerechnet haben. Erst der Sanitäter und Halbitaliener Fabio, dann Rosas Tochter Charlotte und am Ende auch noch Knut, ein Freund aus Rosas Vergangenheit. Paulinas Eltern nerven derweil jeden Tag am Telefon. Wie soll man da zur Ruhe kommen? Bei so vielen Menschen in dieser zusammengewürfelten WG auf engstem Raum kommen so einige Dinge ans Tageslicht, mit denen nicht zu rechnen war und die das Leben von jedem einzelnen verändern wird…
Susanne Fülscher hat mit ihrem Buch „Das rosa Haus am Meer“ einen ganz zauberhaften Roman vor der malerischen Kulisse der italienischen Insel Procida vorgelegt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und herzerfrischend, er lässt den Leser sofort gedanklich seine Koffer packen, um in Rosas Schlepptau mit auf die Reise zu gehen. Die Landschaftsbeschreibungen der Insel sind so bildhaft, dass man sich die bunten Häuser, die Fischerboote sowie die malerischen Gassen und den Blick aufs Meer wunderbar vorstellen kann; es ist geradezu ein Kurzurlaub vom Alltag, den man beim Lesen erleben kann. Die Autorin versteht es auf ganz besondere Weise, die verschiedenen Generationen ihrer Protagonisten zu vermischen und miteinander agieren zu lassen. Dabei zeigt sie auch, wie gut solch eine Wohngemeinschaft funktionieren kann und wo es auch Reibungspunkte gibt.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Jeder einzelne von ihnen wirkt sehr lebendig und authentisch, der Leser hat sofort einen Bezug zu ihnen. Rosa ist zwar schon Ü70, aber in ihrem Herzen ist sie jung geblieben, was wohl auch ihrem unkonventionellen Lebensstil geschuldet ist. Früher ist sie mit einer Band durchs Land gezogen und hat jede Menge Dinge ausprobiert. Sie hat eine Tochter allein großgezogen und dieser jahrelang den Vater verheimlicht. Rosa ist eine sehr offene und herzliche Person, die die Dinge des Lebens so nimmt, wie sie kommen und immer etwas Positives darin findet. Sie ist regelrecht eine Perle, die man unbedingt kennenlernen möchte. Paulina ist mit 21 Jahren noch sehr jung, hat die Schule vor dem Abitur abgebrochen und will unbedingt Schauspielerin werden. Die Angebote bleiben jedoch aus und ihre Eltern gehen ihr auf die Nerven. Zu Beginn wirkt Paulina noch wie eine verwöhnte Göre, die keinen Rat annehmen will, sie sieht sich selbst wohl als Rebellin. Doch Paulina macht eine große Entwicklung durch und lernt von Rosa, wie man das Leben liebt. Charlotte ist Rosas Tochter, alleinstehende Konditorin mit eigenem Geschäft. Mit Beziehungen ist es nicht weit her, und die Beziehung zu ihrer Mutter ist ambivalent. Aber auch Charlotte lernt sich zu öffnen und sich zu nehmen, was sie möchte. Fabio war Sanitäter und ist ein ewiger Hypochonder, so ist er gezwungen, seinen Job zu wechseln. Dabei ist er ein sehr hilfsbereiter und liebenswerter Mann, dem seine Einbildung einen Streich spielt und der erst lernen muss, seine Sichtweise zu ändern. Kalle ist ein in die Jahre gekommener Hippie, der schon immer ein Auge auf Rosa geworfen hat. Er hat das Herz am rechten Fleck, ist aber leider zu aufdringlich, als das man ihn gleich auf den ersten Blick mag.
„Das rosa Haus am Meer“ ist ein zauberhafter Unterhaltungsroman über Familiengeheimnisse, Beziehungskisten und eine ungewöhnliche Urlaubs-WG, die dem Leser ans Herz geht und wo er am liebsten selbst einziehen würde, um all diese liebenswerten Gestalten selbst kennenzulernen. Absolute Leseempfehlung für diesen wunderschönen italienischen Kurzurlaub!