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Veröffentlicht am 19.02.2022

Stolz ist sein eigner Spiegel, seine eigne Trompete, seine eigne Chronik. (Shakespeare)

Die wundervolle Miss Winthrop
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1816 England. Catherine Winthrops Leben ändert sich schlagartig, als ihr spielsüchtiger Vater Lord Winthrop stirbt. Mit ihrer verbitterten Mutter Elvira muss sie aus dem herrschaftlichen Anwesen in ein ...

1816 England. Catherine Winthrops Leben ändert sich schlagartig, als ihr spielsüchtiger Vater Lord Winthrop stirbt. Mit ihrer verbitterten Mutter Elvira muss sie aus dem herrschaftlichen Anwesen in ein renovierungsbedürftiges Landhaus ziehen. Doch noch schlimmer allerdings wiegt die Tatsache, dass der neue Lord auf Winthrop Manor mit Jonathan Carlew der Mann ist, der Catherine einst hat sitzenlassen. Obwohl Catherine alles daran setzt, Jonathan bloß nicht über den Weg zu laufen, begegnen sich die beiden trotzdem. Erst nach und nach kommen sich die beiden wieder näher und endlich kommt auch heraus, was sie beide damals getrennt hat...

Carolyn Miller hat mit „Die wundervolle Miss Winthrop“ den vierten Teil ihrer Regency-Reihe vorgelegt, der wie seine Vorgänger erneut mit einer romantischen Liebesgeschichte zu überzeugen weiß. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert ein, um das Schicksal von Catherine hautnah mitzuerleben. Der Tod des Vaters beendet Catherines wohlbehütetes Leben, denn der Titel geht an einen entfernten Verwandten und Catherine muss mit ihrer Mutter das geliebte Zuhause verlassen, um nun in einem heruntergekommenen Landhaus heimisch zu werden. Der neue Erbe ist für Catherine kein Unbekannter, sondern ihre bisher größte Enttäuschung. Das Missverständnis zwischen den beiden bleibt dem Leser lange verborgen, denn die Autorin versteht es wunderbar, hier die Spannung hochzuhalten und zu allerlei Spekulationen zu animieren. Die damaligen Lebensumstände, aber auch die gesellschaftlichen Unterschiede sowie die zeitgemäße Etikette werden wunderbar in die Handlung mit eingeflochten, so dass der Leser das Gefühl hat, die alte Zeit und die Menschen genau vor Augen zu haben. Catherine durchlebt zwar eine harte Zeit, vor allem, da ihre Mutter äußerst schwierig ist, doch ist Freundin Lavinia ihr eine große Stütze und willkommene Abwechslung. Der christliche Glaube wurde unaufdringlich mit der Geschichte verbunden, Themen wie Hoffnung und Gottvertrauen begleiten die Protagonisten auf ihren Wegen, aber auch bei der Lösung des Missverständnisses zwischen Catherine und Jonathan.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren Eigenschaften wirken sie glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser gern ihren Spuren folgt und an ihrem Leben Anteil nimmt. Catherine wirkt zu Beginn wie eine unscheinbare alte Jungfer, die sich um ihre verbitterte Mutter kümmern muss. Doch zeigt sie schon bald ihre Stärke, denn sie wehrt sich recht selbstsicher gegen den örtlichen Klatsch und Tratsch und beweist zudem ihre Unabhängigkeit. Mutter Elvira ist eine Herausforderung, denn sie grämt sich und trauert der alten Zeit nach. Lavinia ist liebenswert, hilfsbereit und verlässlich. Jonathan ist ein Mann mit Zielen und Prinzipien. Er besitzt Durchsetzungsvermögen und Kampfgeist, ist offen und ehrlich. Aber auch Drusilla, Whitby, Clothilde und Peter bringen etwas Schwung in die Handlung.

Die wundervolle Miss Winthrop“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman mit einem gelungenen Mix aus Familienschicksal, Dramatik und Liebesgeschichte, in dem sich auch ein großes Missverständnis verbirgt, das zu klären ist. Schöner Schmöker mit Botschaft, der eine Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 06.02.2022

Selbst unter den Amish scheinen andere Amish seltsam zu sein. (Ira Wagler)

Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung
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1861. Wohlbehütet durch ihre Familie ist Rebekkas Enkelin Esther in einer Amish-Gemeinde in Pennsylvania aufgewachsen. Der herrschende Sezessionskrieg verbreitet Angst und Schrecken, zieht auch in die ...

1861. Wohlbehütet durch ihre Familie ist Rebekkas Enkelin Esther in einer Amish-Gemeinde in Pennsylvania aufgewachsen. Der herrschende Sezessionskrieg verbreitet Angst und Schrecken, zieht auch in die Gemeinde ein und hinterlässt seine Spuren ebenso wie Banditen und Rebellen, die eine Schneise aus Raub und Plünderungen mit sich bringen und kaum jemanden verschont. Als Esther einen schwer verwundeten feindlichen Soldaten auf dem Grundstück ihrer Familie findet, pflegt sie ihn unter dem Dach ihrer Eltern gesund. Doch schon bald verbindet Esther viel mehr mit dem Soldaten Jack, was für Esther zum Dilemma wird. Einerseits liebt sie Jack, aber andererseits setzt sie mit dieser Liebe ihr Leben in der Gemeinde aufs Spiel. Wie wird Esther sich entscheiden?
Karin Seemayer hat mit „Esthers Entscheidung“ den zweiten Band ihrer historischen Amish-Trilogie vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung, Romantik und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert nach Amerika ein, um sich dort auf dem Mühlenhof von Rebekka und Daniel einzunisten und das Leben der Amish-Gemeinde sowie das von Rebekkas Enkelin Esther im Besonderen mitzuverfolgen. Esther lebt nach den strengen Regeln ihrer Glaubensgemeinschaft, die recht abgeschottet von der Außenwelt leben und sich auch nicht auf Kriegshandlungen einlassen. Obwohl im heiratsfähigen Alter möchte Esther keinen der Männer aus ihrer Gemeinde heiraten, auch ihr Bruder Ben steht vor einigen Herausforderungen und muss Entscheidungen treffen, die nicht immer im Einklang mit den Vorgaben der Glaubensgemeinschaft einhergehen. Als Esther sich ausgerechnet in den feindlichen Soldaten verliebt, den sie gesund gepflegt hat, ist der Konflikt gut spürbar, denn die Gemeinde erlaubt keine Verbindung mit Außenstehenden und würde Esther aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, womit sie auch den Kontakt zu ihrer Familie verlieren würde. Großvater Daniel und auch Ben haben sich der Underground Railroad angeschlossen und versuchen gemäß ihren Glaubensvorstellungen, flüchtigen Sklaven zu helfen, ohne ihrer Gemeinde zu schaden. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund sowie das damalige Leben der Amish-People wieder lebendig werden lassen. Noch heute sind die Amish in Pennsylvania verwurzelt und leben dort wie vor über 100 Jahren, wobei sie sich mehr und mehr als geschäftstüchtig und mit dem Zeitgeist gehend bewiesen haben.
Die Charaktere sind authentisch und glaubwürdig herausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Der Leser wird zum Teil ihrer Gemeinschaft und kann hautnah die Gewissenskonflikte und Entscheidungen miterleben. Rebekka und Daniel sind immer noch die Stützen ihrer großen Familie. Enkelin Esther stellt die Regeln ihrer Gemeinschaft zwar nicht in Frage, jedoch hat sie ihren eigenen Kopf, hinterfragt die Dinge und stellt sich dem Leben. Bruder Ben setzt sich ebenso mit dem Glauben seiner Gemeinde auseinander und trifft für sich eigene Entscheidungen im Einklang mit seinem Gewissen. Jack war das Leben der Amish bisher unbekannt, doch gefallen ihm die Werte und die Gemeinschaft sehr gut. Doch als Außenstehender ist ihm der Eintritt in ihre Welt bisher verschlossen.
„Esthers Entscheidung ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der Seemayers wunderbare Trilogie über die Amish-People fortsetzt. Der sehr gelungene Mix aus Familiengeschichte, Romantik, Spannung und historischen Fakten lässt den Leser das Buch kaum aus der Hand legen. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.02.2022

Ich habe immer für und durch meine Männer gelebt. (Jacqueline Kennedy-Onassis)

Die Mutige
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Jacqueline Bouvier stammt aus einer privilegierten wohlhabenden Bankiersfamilie, die von ihr eine standesgemäße Eheschließung erwartete und ihre Verlobung mit einem Börsenmakler forcierte. Doch Jackie ...

Jacqueline Bouvier stammt aus einer privilegierten wohlhabenden Bankiersfamilie, die von ihr eine standesgemäße Eheschließung erwartete und ihre Verlobung mit einem Börsenmakler forcierte. Doch Jackie löste die Verlobung 1951 kurz nach dem ersten Zusammentreffen mit dem künftigen US-Präsidenten John F. Kennedy und heiratete diesen 1952, mit ihm hatte sie ihre große Liebe gefunden. Als ihr Mann die Präsidentenwahl gewinnt, wird sie First Lady und hält ihrem Mann den Rücken frei, der es ihr mit zahlreichen Affären schlecht dankt. Trotzdem verliert sie nie die Contenance, auch als ihr Mann als Folge eines Attentats stirbt. Für die Welt wird sie zur Modeikone, während sie privat viele Schicksalsschläge zu verzeichnen hat…
Stephanie Marie Thornton hat mit „Die Mutige“ ein unterhaltsames und eindringliches Porträt der ehemaligen First Lady der USA vorgelegt, in dem Fiktion und tatsächliche Biografie gut miteinander verwebt sind. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in die Mitte des letzten Jahrhunderts reisen, wo er sich sobald an der Seite der jungen Jacqueline wiederfindet und mit ihr gemeinsam einige spannende Lebensjahre verbringen darf. Dabei lernt er eine Frau kennen, die durch die Scheidung ihrer Eltern 1940 nicht nur schnell erwachsen werden musste, sondern auch recht bald wusste, was sie wollte. Sie folgte ihren eigenen Lebensvorstellungen, studierte und arbeitete als Journalistin und Fotografin, bevor sie mit John F. Kennedy ihre große Liebe heiratete. Politisch bewandert stärkte sie ihrem Mann bei seiner Präsidentschaftskandidatur den Rücken und hielt auch beim Wissen seiner außenehelichen Aktivitäten für die Öffentlichkeit den Anschein einer glücklichen Ehe aufrecht. Während der Leser ganz nah am Leben von Jacqueline beteiligt ist, darf er auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernen. Die Autorin hat auch die politische Entwicklung sehr gut in ihre Handlung eingefügt, so dass man nicht nur die Kuba-Krise und den Kalten Krieg gut miterlebt, sondern auch das Attentat auf John F. Kennedy bei seinem Besuch in Dallas hautnah miterlebt. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Kennedy-Clans sind gut herausgearbeitet und zeigen eine Familie, für deren Ziele kein Opfer zu groß ist.
Der Charakter sowie das öffentliche Bild von Jacqueline Bouvier-Kennedy sind sehr authentisch gezeichnet. Der Leser erlebt eine ehrgeizige, junge Frau mit dem Hang zum Perfektionismus, die die Welt erobern möchte und alles dafür in die Waagschale wirft. Ihre Toleranz gegenüber ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit ist grenzenlos, während sie insgeheim nicht nur einige Fehlgeburten durchleben, sondern auch die Affären ihres Mannes verkraften muss. Nach außen immer unterkühlt und beherrscht, ist sie privat auch ein verletzlicher Mensch, der gezwungen ist, mit Unsicherheit und Fehlschlägen umzugehen. Sie wirkt stark, mutig und beherrscht, doch auch immer irgendwie auf der Suche nach dem Glück.
„Die Mutige“ ist ein unterhaltsamer und gelungener Blick durchs Schlüsselloch, um Jackie Kennedy besser kennenzulernen. Man erlebt eine vielseitige und begabte Frau, die der Welt ihren Stempel aufgedrückt und große Spuren hinterlassen hat. Eine schöne Hommage an eine Stilikone und charismatische Persönlichkeit. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.01.2022

Alles, was die Seele durcheinanderrüttelt, ist Glück. (Arthur Schnitzler)

Libellentage
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1930. Bea betätigt sich lieber als Insektenforscherin, als den Konventionen ihrer adligen Familie zu folgen. Tiere und Wissenschaft bedeuten ihr so viel mehr, als dass sie dafür eine arrangierte Ehe eingehen ...

1930. Bea betätigt sich lieber als Insektenforscherin, als den Konventionen ihrer adligen Familie zu folgen. Tiere und Wissenschaft bedeuten ihr so viel mehr, als dass sie dafür eine arrangierte Ehe eingehen würde. Als sie wieder einmal einen Heiratskandidaten ablehnt, wollen ihre Eltern ihr den Kopf zurechtrücken und schicken sie zur Strafe in die Toskana zu ihrem Onkel. Was als Bestrafung gelten sollte, wird für Bea schon bald zur neuen Erfahrung, denn in Italien bekommt sie nicht nur Zutritt in die dortige Künstlerszene, sondern trifft mit dem Maler Ben jemanden, der ihr Herz zum Schwingen bringt und Gefühle in ihr weckt, die ihr bisher völlig unbekannt waren…
Laura Wood hat mit „Libellentage“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer eindringlichen Geschichte, sondern auch mit einer ausdrucksstarken Protagonistin zu überzeugen weiß. Der flüssige, farbenprächtige und empathische Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert antreten, um sich dort an Beas Seite wiederzufinden, deren Unternehmungen ihn fortan an ihren Fersen kleben lassen. Bea hat ihren eigenen Kopf, der durch und durch mit dem Wissen von Insekten und dem Leben in der Natur gefüllt ist. Sie ist völlig unbedarft, was die Konventionen der damaligen Zeit angeht, denn sie sieht einfach keinen Sinn in ihnen. Bei ihr gilt nur, was sie selbst will. So widersetzt sie sich auch vehement den Wünschen ihrer Familie, eine angemessene Partie zu machen. Vielmehr trägt ihr das eine Strafversetzung ein, die am Ende gar keine Bestrafung darstellt. Ganz im Gegenteil, die malerische italienische Toskana und deren Bewohner öffnen Beas Herz und lassen sie erkennen, dass es auch noch ein Leben abseits von Insekten und Wissenschaft gibt. Die Autorin lässt nicht nur Italien in den herrlichsten Farben erstrahlen, sondern gibt mit ihrer Geschichte auch mediterrane Wärme an den Leser weiter. Gekonnt zeichnet sie die Gefühlsregungen ihrer Protagonistin auf, die neue Erfahrungen macht und ihre eigene Entwicklung dadurch vorantreibt, indem sie erkennt, dass das Leben mehr zu bieten hat, als die Konventionen ihrer Familie es verheißen.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten versehen und nehmen den Leser mit auf ihre persönliche Entwicklungsreise. Bea ist eine junge Frau, die genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat, wobei sie die von der Familie und der Gesellschaft auferlegten Konventionen nur behindern. Sie ist ein Freigeist, der In ihrer eigenwilligen Art schon mal andere vor den Kopf stößt, um sich selbst durchzusetzen. Tiefe Empfindungen wie Liebe sind ihr noch fremd, doch als sie ihr begegnen, verwandelt sie sich von einer Raupe in einen Schmetterling, gewinnt an Selbstbewusstsein und sprengt die ihr auferlegten Ketten ganz.
„Libellentage“ ist ein unterhaltsamer, historischer Roman mit einer Mischung aus Selbstverwirklichung und Romantik. Verdiente Leseempfehlung für diese kurzweilige und ansprechende Lektüre.

Veröffentlicht am 16.01.2022

Das Schicksal nimmt nichts, was es nicht gegeben hat. (Seneca)

Die Frauen von Saffron Hall
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1538. Die 17-jährige Eleanor wird nach dem Tod ihres Vaters von ihrem Cousin mit dem 10 Jahre älteren Greville Lutton verheiratet, der sie und ihre Dienerin Joan mit auf sein Gut Milfleet nach Norfolk ...

1538. Die 17-jährige Eleanor wird nach dem Tod ihres Vaters von ihrem Cousin mit dem 10 Jahre älteren Greville Lutton verheiratet, der sie und ihre Dienerin Joan mit auf sein Gut Milfleet nach Norfolk nimmt. Dort muss Eleanor schnell in die Rolle der Hausherrin hineinwachsen, denn ihr Gatte kehrt schnell an den Hof Heinrich VIII. zurück, wo er sich einen Namen machen möchte. Während Grevilles Abwesenheit beginnt Eleanor, das Gut auf Vordermann zu bringen und widmet sich zudem der Züchtung von Krokussen, aus denen der wertvolle Safran gewonnen wird. Schon bald verleiht ihre immer größer werdende Ernte Greville Wohlstand und Einfluss bei Hofe. Aber auch zwischen Eleanor und Greville entwickelt sich eine innige Beziehung. Doch dann kommt es zu einem Schicksalsschlag, der Eleanor fast alles kostet, was ihr lieb und teuer ist…
2019. Amber hat sich für ein Sabbatjahr auf das Gut Saffron Hall ihres Großvaters zurückgezogen, um dessen Bibliothek zu archivieren und dabei genügend Abstand zu gewinnen. Nach einer Fehlgeburt hadert sie mit dem Leben, worunter auch ihre Ehe zu leiden hat. Als ein Gewitter den Turm des Gutes zerstört, wird bei Aufräumarbeiten ein altes Stundenbuch gefunden, das Amber schon bald fasziniert, denn sie fühlt eine enge Verbindung zu der Frau, die es geschrieben hat und möchte deren in Rätseln verfasstes Geheimnis unbedingt lösen…
Clare Marchant hat mit „Die Frauen von Saffron Hall“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur zwischen zwei Zeitschienen wandeln lässt, sondern ihn auch zwei starke Frauen vorstellt, die vieles gemeinsam haben. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser ein, sowohl Amber in der Gegenwart zu folgen als auch in der Vergangenheit 500 Jahre früher Eleanor zu begegnen, die während der Regentschaft Heinrich VIII lebte. Amber hat sich von der Außenwelt abgeschottet, denn sie leidet sehr unter ihrer Fehlgeburt und auch die Beziehung zu ihrem Ehemann liegt auf Eis. Der Fund des alten Stundenbuchs bringt sie dazu, ihre eigenen Probleme zu vergessen, während sie die Tagebuchzeilen Eleanors übersetzt und dabei nicht nur von den damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten erfährt, sondern auch von Eleanors Geschick, Safran zu gewinnen. Zudem hat Eleanor ein gut gehütetes Geheimnis, dass Amber unbedingt entschlüsseln möchte. Über sich abwechselnde Zeitebenen springt der Leser zwischen den beiden Jahrhunderten hin und her, dabei legt er gemeinsam mit Amber nach und nach das verborgene Geheimnis offen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund schön mit ihrer Geschichte verwebt und lässt die Tudor-Zeit sowie Heinrichs Regentschaft mit einfließen. Sowohl seine wechselnden Ehefrauen als auch der Zwist mit dem Papst werden thematisiert und spielen eine Rolle gerad ein Eleanors Geschichte. Die Landschaftsbeschreibungen sind so bildhaft, dass dem Leser während der Lektüre das Kopfkino anspringt.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und liebevoll in Szene gesetzt. Sie besitzen realistische menschliche Eigenheiten, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen und sie auf Schritt und Tritt verfolgen lassen. Amber ist eine zurückhaltende Frau, die einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften hat. Sie ist gebildet, neugierig und hilfsbereit, aber auch ratlos und unsicher was ihre eigene Situation betrifft. Eleanor ist ebenfalls zuerst eine unsichere und scheue Frau, doch sie wächst an ihren Aufgaben. Greville ist ein warmherziger und geduldiger Mann, der seine Familie über alles liebt, doch er besitzt auch einen großen Ehrgeiz. Butler Hugo ist ein Faktotum, der sich ganz seiner Herrschaft verschrieben hat. Aber auch Tom, Joan und Betty haben wichtige Rollen in diesem Stück.
„Die Frauen von Saffron Hall“ ist eine Geschichte über Schicksalsschläge, Liebe, Geheimnisse und der Gewinnung von Safran, der zu fesseln weiß, vor allem auch wegen seinem historischen Bezug. Kurzweilige, gefühlvolle Lektüre mit verdienter Leseempfehlung!