Raffiniert aufgebauter Cosy Crime
The MaidDas Leben hat es mit der 25jährigen Molly nicht sonderlich gut gemeint, aber sie ist mit ihrem Leben und dem Job als Zimmermädchen recht zufrieden. Sie liebt es, die eleganten Suiten in „einen tadellosen ...
Das Leben hat es mit der 25jährigen Molly nicht sonderlich gut gemeint, aber sie ist mit ihrem Leben und dem Job als Zimmermädchen recht zufrieden. Sie liebt es, die eleganten Suiten in „einen tadellosen Zustand“ zu versetzen. Ihre Grandma, bei der sie aufwuchs und die vor einem dreiviertel Jahr starb, fehlt ihr sehr. Ihre Lebensweisheiten helfen Molly dennoch weiter, besonders, als ausgerechnet sie den schwerreichen Mr. Blake tot in seiner Suite auffindet und dadurch in Schwierigkeiten gerät. Aber ohne ihre Freunde könnte Molly den Fall nicht lösen …
Molly ist einfach eine super liebenswerte Figur – man möchte sie ständig beschützen und in den Arm nehmen (selbst ich, die Umarmungen fürchterlich findet!). Nach und nach erfährt man mehr von ihr und wird immer trauriger. Sie scheint endlos naiv zu sein und immer wieder auf falsches Spiel hereinzufallen, sich zu viel gefallen zu lassen und extrem ausnutzbar zu sein. Nicht wenig von der Spannung dieses wunderbaren Cosy Crime entstammt daraus, dass man Angst um Molly hat. Bei ihrer Erzählung ahnt man immer wieder die neue Entwicklung, die zu einer weiteren Benachteiligung für sie führt, voraus. Ihr freundliches und korrektes Verhalten wird für sie immer wieder zur Falle.
Dennoch ist hier nichts langweilig. Auch der Fall entwickelt sich spannend und interessant. Man fängt nun nicht an, vor lauter Aufregung die Fingernägel abzuknabbern, aber man bleibt dran, ist gefesselt, fühlt sich in und mit der Story super wohl, weil man für Molly quasi da sein möchte. Der Krimi kommt ohne übermäßige Gewalt aus. Mag sein, dass ich alt werde und deshalb keine detaillierten Gewaltszenen lesen möchte – hier genügen wenige Worte, um das Drama zu umreißen und damit klarzustellen, was geschehen ist. Für mich ist das perfekt so.
Die anderen Figuren rund um Molly werden nach und nach eingeführt, nie zu viele auf einmal. Sie alle ergeben insgesamt ein wunderbares Grüppchen Menschen. Alle unterschiedlich, alle lebensnah, alle sehr realistisch. Die kleine Hotelwelt wird geradezu lebendig. Immer wieder muss man lachen, aber trotz aller Naivität nicht über Molly, sondern über Situationen – und wenn überhaupt dann MIT Molly. Das liegt auch an ihrer Art, sich auszudrücken. Diese ist very british und hat sicher damit zu tun, dass sie bei der Großmutter aufgewachsen ist. Sie liebt Dinge aus der Vergangenheit, ist Columbo-Fan und so wirkt sie oft, als sei sie aus einer anderen Zeit. Das ist super unterhaltsam, wenn man sich darauf einlässt und es genießen kann.
Ich finde, man merkt dem Buch an, dass die Autorin Nita Prose Cheflektorin ist. Das meine ich ausschließlich positiv. Es passt alles zusammen, es ist mit Können aufgebaut und ausgeführt, es gibt Wendungen, aber keine an den Haaren herbeigezogenen Lösungen. Ich habe die komplette Geschichte unbeschreiblich genossen und nur ungern Abschied vom Regency Hotel genommen. Jetzt hoffe ich, dass sie noch viele weiter so wunderbare Ideen für Bücher hat und ich bald mehr von ihr lesen kann.
Anna Thalbach hat das Buch wunderbar eingelesen. Sie haucht Molly Gray (schon der Name ist ein versteckter Gag – Molly ist das graue Mäuschen) so wunderbar Leben ein, dass man schnell vergisst, dass es nur ein Hörbuch ist. Man nimmt ihr die Figur komplett ab. Alle Gefühlsregungen Mollys transportiert sie absolut authentisch. So gut können das nur wenige Sprecher!
Es ist immer toll, wenn man schon früh im Jahr tolle Bücher entdeckt. Es wird jedoch schwer werden, dieses zu toppen. Ich liebe es und lege es allen ans Herz, die offen für Neues sind und feinsinnigen Humor lieben. Fünf Sterne!