Anfänge der Klinik Waldfriede
SternstundeNachdem ich die letzte Reihe von Corina Bomann noch nicht gelesen habe, freute ich mich sehr auf ihre neue Tetralogie rund um die Waldfriede Klinik in Berlin. Inspiriert von ihrem eigenem Aufenthalt und ...
Nachdem ich die letzte Reihe von Corina Bomann noch nicht gelesen habe, freute ich mich sehr auf ihre neue Tetralogie rund um die Waldfriede Klinik in Berlin. Inspiriert von ihrem eigenem Aufenthalt und den teilweise sehr gut erhaltenen und großzügigen Niederschriften über die Anfänge der Klinik, hat Carina Bomann sich das Waldfriede als Setting für ihre Reihe vorgenommen.
Die junge Adventistin Hanna arbeitet als Krankenschwester im Sanatorium Friedensau. Erst vor kurzem hat sie ihren Verlobten Martin an den Krieg verloren und leidet seitdem an einem Trauma. Bei jedem schwerverletzten Mann bekommt sie Panikattacken und sieht wieder Martin vor sich, was für eine Krankenschwester nicht wirklich hilfreich ist. Doch dann bekommt Hanna ein Angebot von Doktor Conradi, der in Zehlendorf eine neue Klinik aufbauen möchte. Er bietet ihr einen Platz im Klinikum Waldfriede und einen Kurs zur Röntgenassistentin an. Sie käme nicht mit schwerverletzten Männern zusammen und Doktor Conradi hätte eine fähige Schwester in seiner neuen Klinik. Doch als Hanna nach Waldfriede kommt, ist das ehemalige Kriegslazarett in einem schlimmen Zustand. Schimmel und Dreck, sowie verfallene Gemäuer sind nicht gerade einladend. Es gibt noch jede Menge zu tun bis das Haus überhaupt eröffnen kann. Hanna muss Böden und Schränke schrubben und Betten reparieren. Zusätzlich muss Dr. Conradi gegen so einige Intrigen ankämpfen und der Gemeinde innerhalb von zwei Jahren einen gut laufenden Betrieb prasentieren. Trotz der harten Arbeit und den kärglichen Mahlzeiten, strengen moralischen Regeln und kaum Freizeit fühlt sich Hanna in Waldfriede wie zuhause. Sie wird Sprechstundenhilfe von Doktor Conradi und Röntgenschwester auf den neuen Röntgengeräten, die damals erst in wenigen Kliniken vorhanden sind. Beiden liegt das Wohl der Patienten sehr am Herzen, beide leben für ihre Arbeit und für das Krankenhaus. Hanna genießt das gute Verhältnis und Vertrauen zu ihrem Chef, das ihr allerdings nicht nur Sympathie bei den Kolleginnen einbringt.
Mit der Zeit verblasst das Bild ihres Verlobten immer mehr. Als der sympathische neue Arzt Alexander im Haus Waldfriede anfängt, steht Hanna bald vor der Wahl: Beruf oder Liebe. Als Adventistin gibt es nur die Möglichkeit Oberschwester und unverheiratet zu sein oder durch die Heirat den Beruf aufzugeben. Aber Hannas Herz hängt auch noch am attraktiven, aber verheirateten Dr. Conradi.....
Der erste Band spielt von 1916 bis 1929. Corina Bomann erzählt ihre Geschichte aus zwei Perspektiven und zwar aus der von Hanna und der von Dr. Louis Conradi, den tatsächlichen Gründer der Waldfriede Klinik. Die beiden Erzählperspektiven geben einen guten Einblick auf die Sicht des Arztes und seinen Bestrebungen eine Klinik zu betreiben, die ihresgleichen sucht. Zusätzlich erfahren wir mehr aus der Perspektive von Hanna Richter, die zwar eine fiktive Figur ist, aber an die Krankenschwester Hanna Rinder angelehnt ist. Diese hat in ihren Aufzeichnungen viele Informationen hinterlassen, die den Alltag und den Ablauf in der Klinik beschreiben.
Corina Bomann hat diese schwere Zeit des Aufbaus sehr gut dargestellt. Durch die Inflation verschwand der Wert des Geldes in Rekordtempo und die Adventisten waren oftmals auf die Hilfe ihres "Mutterhauses" angwiesen. Die Schwestern bekamen als Bezahlung Kost und Logis und konnten sich nicht einmal neue Schuhe oder Kleider kaufen. Gegessen und geschlafen wurde ebenfalls in der Klinik. Der medizinische Fortschritt dieser Zeit zeigt sich besonders durch einen Aufenthalt von Dr. Conradi in Amerika.
Der Schreibstil lässt sich wie immer flüssig und angenehm lesen. Man fliegt nur so durch die 600 Seiten. Die Charaktere sind sehr lebendig dargestellt und ich hatte von allen ein richtiges Bild im Kopf. An manchen Stellen hätte ich mir allerdings noch ein bisschen mehr Spannung gewünscht. Der Klappentext erwähnt viele Hindernisse, die Dr. Conradi beim Aufbau der Klinik bewältigen muss. Die gibt es auch, doch lösten sich diese für meine Begriffe zu schnell auf oder verliefen im Sand. Erst direkt durch die Nachfrage bei der Autorin bei der Leserunde habe ich dann erfahren, dass es dazu noch einige weiterführende Handlungen in den kommenden Teilen geben wird. Wenn man das nicht weiß, fehlen einem einige Informationen....
Noch heute ist der Träger der Klinik die evangelische Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Mir war diese Glaubensgemeinschaft bis heute unbekannt, die in Amerika von einer Frau gegründet wurde. Die Mitglieder sind sehr gläubig und halten wie die Juden am Samstag Sabbat ab.
Fazit:
Vier Sterne für diesen interessanten Auftaktband. Das Datum der Veröffentlichung des zweiten Bandes habe ich mir bereits notiert, denn ich möchte natürlich auch über die Kinderschwester Lilly, sowie über die weiteren Jahre im Haus Waldfriede erfahren.