Schon der Prolog hat mich sehr neugierig gemacht. Hier erfährt man, dass die junge Kaufmannstochter Henrike alles verloren hat, doch der Weg, der sie ins Hurenhaus der Stadt Lübeck führt, soll dieses Schicksal ...
Schon der Prolog hat mich sehr neugierig gemacht. Hier erfährt man, dass die junge Kaufmannstochter Henrike alles verloren hat, doch der Weg, der sie ins Hurenhaus der Stadt Lübeck führt, soll dieses Schicksal wenden.
Der bildhafte Erzählstil liest sich flüssig und man bekommt einen anschaulichen Eindruck der Zeit um 1375. Die vielen Ränkeschmiede und Intrigen sind oft vorauszusehen, dennoch konnte mich die Handlung fesseln. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, sodass man die Gedanken und Hintergründe zu den Charakteren gut nachempfinden kann.
Die Figuren sind nach einem stereotypen Muster gestrickt, trotzdem haben sie viele Facetten und wirken glaubwürdig.
Henrikes Mutter starb, als sie im Krieg flüchten mussten, doch die junge Kaufmannstochter hat viel von ihrem Vater gelernt. Sie ist ein gutmütiger Mensch, sehr aufmerksam, was um sie herum geschieht und lernt schnell dazu. Ihre Naivität rührt von ihrem behüteten Leben her, trotzdem hätte ich mir manchmal gewünscht, dass sie logischer schlussfolgert. Aber sie entwickelt aus ihrer Notlage eine Stärke, ohne die sie ihren Weg nicht hätte gehen können.
Adrian Vanderen, der Kaufmann aus Brügge, ist ein sehr mutiger, aufrichtiger junger Mann, der auch schnell Gefallen an Henrike findet. Die Umstände allerdings, die sich durch den Tod ihres Vaters ergeben, halten ihn von ihr fern.
Asta war mir sehr sympathisch. Sie ist eine entfernte Verwandte von Henrike und führt alleine einen Hof etwas außerhalb der Stadt. Durch ihre robuste, herzliche Art habe ich sie gleich ins Herz geschlossen.
Manche Szenen wirkten etwas ungeschickt und umständlich beschrieben. Im ersten Drittel verliert sich die Autorin etwas in die detailreichen Beschreibungen über das Leben und den Handel – die zwar zu einem illustren Eindruck der Hanse verhelfen, die Handlung dadurch aber etwas in die Länge ziehen. Danach allerdings nehmen die Ereignisse zusehend an Fahrt auf und viele Wendungen geben dem ganzen wieder Schwung.
Einige gesellschaftliche Gepflogenheiten haben mich überrascht, da ich die Stellung der Frau in diesem Jahrhundert noch nicht als so gehoben angesehen hatte. Aber da kann ich mich natürlich täuschen.
Fazit
Eine schöne Geschichte, um in die Zeit der damaligen Handelsmetropole einzutauchen und ein unterhaltsames Abenteuer einer mutigen, jungen Frau, die sich gegen die Bevormundung einer strengen Gesellschaftsordnung behaupten muss. Die Entwicklungen sind meist vorhersehbar, trotzdem hat es nicht an abwechslungsreicher und kurzweiliger Spannung gefehlt.