Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.01.2022

Wer sie waren, wer sie sind

Schöne Seelen und Komplizen
0

Damals und Heute - in diesem Roman kommen Menschen zu Wort, Menschen gleichen Alters. Zunächst ganz jung, dann - in der Gegenwart - mittelalt. Es sind ehemalige Schüler eines Potsdamer Elitegymnasiums, ...

Damals und Heute - in diesem Roman kommen Menschen zu Wort, Menschen gleichen Alters. Zunächst ganz jung, dann - in der Gegenwart - mittelalt. Es sind ehemalige Schüler eines Potsdamer Elitegymnasiums, die gemeinsam die Wende erlebt haben. Eine Wende, die vielfach von Privatem überlagert wurde - denn als junger Mensch hat man doch so viel mehr im Kopf als den Lauf der Welt. Was mit einem selbst passiert, ist doch so viel spannender! Nicht immer, aber doch sehr, sehr oft.

Julia Schoch schildert diese Zeit aus vielerlei Perspektiven: es sind eine Menge junger Menschen, die hier zu Wort kommen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre, so viele, dass sie mich verwirrt haben. Wofür stand nochmal Lydia, wofür Ellen oder Britta, war jetzt Alexander oder Tomas oder gar Martin der Mädchenschwarm oder habe ich es sogar verwechselt? Und vor allem: was bedeutete die Wende für sie alle, die damaligen (teilweise noch heutigen) Potsdamer, die die Wege der Zeit, des Lebens vielfach auseinander gebracht, teilweise jedoch auch zusammengehalten haben.

Julia Schoch hat einen aus Blitzlichtern, Momentaufnahmen verschiedener Protagonisten zusammengefügten Roman auf zwei Zeitebenen geschaffen, der durchaus interessant ist, mich jedoch äußerst verwirrt zurückgelassen hat. Die Einzelschicksale und die jeweils damit verbundenen Charaktere waren zu wenig akzentuiert, setzten sich zu wenig voneinander ab, verschwammen teilweise aus meiner Sicht sogar ineinander und vermischten sich. Ein gutes, spannendes Potential, das nicht ganz ausgeschöpft wurde aus meiner Sicht, das teilweise sogar im Sande verlief. Und das, obwohl Julia Schoch wirklich schön schreibt, passende Sätze findet, die bis ins Mark treffen. Zum Beispiel "ich glaube, die Erinnerungen sterben später als die Menschen." (S.122) Das sagt eine der Protagonistinnen, Vivien, zu Alexander - eine Verbindung, die über Jahrzehnte erhalten bleibt.

Doch das Problem der Autorin (kenne ich auch), also auch "Mein Fehler ist, dass ich davon ausgehe, andere Leute würden die Dinge genauso sehen wie ich." (128) Geht mir auch oft so und gerade dies ist mit ein Grund, dass ich ihr und ihrem - insgesamt duchaus sympathischen - Buch stellenweise leider nur Unverständnis entgegenbringe.

Veröffentlicht am 20.01.2022

In weiter Ferne der Tod

Ende in Sicht
0

Juli ist 15 und sie will sterben - ausgerechnet die Autobahn im östlichen Nordrhein-Westfalen hat sie sich für den Todessprung ausgesucht und zwar eine darüberführende Grünbrücke - für Wild gedacht und ...

Juli ist 15 und sie will sterben - ausgerechnet die Autobahn im östlichen Nordrhein-Westfalen hat sie sich für den Todessprung ausgesucht und zwar eine darüberführende Grünbrücke - für Wild gedacht und nicht sonderlich hoch. Die neue Nachhaltigkeit wird ihr dann auch zum Verhängnis: sie verletzt sich nur geringfügig, erregt aber die Aufmerksamkeit einer Autofahrerin: Hella ist Ende 60 und ein ehemaliges Schlagersternchen, das es auch nicht mehr lange machen will. Sie beabsichtigt allerdings in einer Schweizer-Sterbehilfe-Organisation aus dem Leben zu scheiden, zu der sie gerade unterwegs ist.

Doch zunächst fühlt sie sich genötigt, sich um Juli zu kümmern und die beiden so gegensätzlichen weiblichen Wesen finden sich einander ausgesetzt. Es kommt, wie es kommen muss, zu einer gemeinsamen Weiterfahrr - ob Kamikaze-Trip oder oder Reise ins Glück, sei dahingestellt. Bzw. soll die Lektüre ja eine Überraschung zu sein.

Wie auch immer, Ronja Rönne schreibt sehr süffig - ihr Stil lädt ein zum Weiterlesen und zwar nicht zuletzt durch immer wieder eingestreute originelle, zeitweilig gar humorvolle Darstellungen.

Doch bleibt von Rönne in einem unglaublichen Abstand zu ihren Figuren. Im Hinblick auf das Thema hätte ich das so nicht erwartet und eben das erschwerte mein Eintauchen in den Roman ganz enorm. Es blieb ein Geschehen in weiter Ferne.

Veröffentlicht am 19.12.2021

Annabel stirbt

Sein Name war Annabel
0

Ja, Annabel stirbt: sie ertrinkt zusammen mit ihrem Vater. Und zwar gleich zu Beginn des Buches. Annabels Mutter Thomasina nennt nun Wayne, bei dessen Geburt sie zugegen war, beim Namen ihrer verstorbenen ...

Ja, Annabel stirbt: sie ertrinkt zusammen mit ihrem Vater. Und zwar gleich zu Beginn des Buches. Annabels Mutter Thomasina nennt nun Wayne, bei dessen Geburt sie zugegen war, beim Namen ihrer verstorbenen Tochter: Annabel.

Dabei legt vor allem Waynes Vater großen Wert darauf, dass dies ein Junge ist, er also einen Sohn hat. Der auch entsprechend erzogen wird. Aber Wayne ist nicht nur Wayne, er ist auch Annabel. Auch wenn diese Seite seines Ichs so gut wie möglich unterbunden wird - sogar operativ im Krankenhaus.

Doch die weibliche Seite in Wayne will heraus und dabei hat er nur eine Verbündete: Thomasina nämlich, die zudem längst nicht immer zugegen ist.

Ja, Sie werden es erraten haben: Wayne ist ein Hermaphrodit. Geboren 1969 in der kanadischen Wildnis, also in einer Umgebung, die einem solchen Phänomen nicht wohlgesonnen war. Es sollte möglichst unterbunden werden.

Wie Wayne und seine Umgebung damit zurecht kommen, das ist Thema dieses Romans, eines Romans, aus dem ich über lange Strecken hinweg nicht so recht schlau wurde. Ich habe einfach nicht begriffen, was genau die Botschaft dieses Romans sein sollte.

Was ich sehr schade fand, aber wenn Sie einen wirklich packenden Roman zu diesem Thema lesen möchten, dann greifen sie zu "Middlesex" von Jefferey Eugenides.

Veröffentlicht am 14.12.2021

Die Bilder sind schön, aber der Geschichte fehlt der Drive

Fanny und die Liebe
0

Es war schnell gelesen, aber wenn ich jetzt eine kleine Erstleserin wäre, die sich durch ihr erstes Buch gekämpft hat, dann wäre ich enttäuscht. Nicht von den Bildern - Zeichnungen von Jutta Bauer können ...

Es war schnell gelesen, aber wenn ich jetzt eine kleine Erstleserin wäre, die sich durch ihr erstes Buch gekämpft hat, dann wäre ich enttäuscht. Nicht von den Bildern - Zeichnungen von Jutta Bauer können nur toll sein. Aber der Geschichte fehlt die Fahrt. Und es wiederholt sich zu vieles, bspw. ist für Fanny fast alles lustig. Es gibt doch auch noch andere leichte Wörter für kleine Buchfreunde! Und die Geschichte um Fanny und Ester - der fehlt ein bisschen der Drive, finde ich.

So etwa nach einem Drittel begann ich mich zu langweilen und meine kleine Mitleserin startete damit noch viel früher, sie war nur zu höflich und gab es nur auf Nachfrage zu - dabei freut sie sich eigentlich über jedes Buch.

Ein bisschen mehr Ideen hätte man hier haben können - im Endeffekt fanden wir beide sowohl Fanny als auch Ester ziemlich anstrengend und waren mehr als froh, als wir uns wieder von ihnen verabschieden konnten!

Veröffentlicht am 28.11.2021

Alles beginnt mit einer Teekanne

Die Winterkönigin und andere Träume
0

Was mich als begeisterte Teetrinkerin dazu bringt, weiterzublättern , denn diese Kanne ist "nur" eine Zeichnung unter der Widmung und verrät noch nichts von den Atmosphäre des Buches.

Dieses ist voll ...

Was mich als begeisterte Teetrinkerin dazu bringt, weiterzublättern , denn diese Kanne ist "nur" eine Zeichnung unter der Widmung und verrät noch nichts von den Atmosphäre des Buches.

Dieses ist voll von Geschichten und voll von Tieren. Ich komme mit dem gedichteten Format nicht so ganz klar, es hält mich eher auf Abstand, als dass es mir Nähe suggerieren würde.

Und ich muss leider sagen, dass dieses Gefühl der Entfremdung im Verlauf der Lektüre eher zu- als abnimmt. auch die Bilder sagen mir nur teilweise zu.

Die Winterkönigin in enger Umarmung mit den unterschiedlichsten Tieren bringt in mir keine Wärme, sondern eher Entfremdung hervor, auch die Texte neigen dazu, mehr und mehr zu verschlüsseln als dass sie das Buch dem Leser öffnen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dieses Buch nichts für mich ist - andere mögen sich dafür begeistern, ich hingegen finde keinen Zugang. Mir kommt es düster, schwermütig und kalt vor - kein Buch, das ich gerne verschenken oder mit anderen teilen möchte, so detailverliebt die Zeichnungen auch gefertigt sind.