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Veröffentlicht am 24.01.2022

Berührend und warmherzig

Der Club der Lebensmutigen
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Aus der Reisejournalistin aus Leidenschaft ist eine Berichterstatterin in der lokalen Stadtzeitung über alltägliche Nichtigkeiten geworden. Kein Vergleich zu früher. Seit zwei Jahren hat sie ihre Träume ...

Aus der Reisejournalistin aus Leidenschaft ist eine Berichterstatterin in der lokalen Stadtzeitung über alltägliche Nichtigkeiten geworden. Kein Vergleich zu früher. Seit zwei Jahren hat sie ihre Träume verloren, seit damals in Norwegen. Von der munteren, dem Leben zugewandten Maleen ist nichts mehr übrig. Ihre Therapeutin schickt sie zu dem Haus mit dem roten Tor. Ein rotes Tor, das sie einlädt, hindurchzugehen - sie steht nach einigem Suchen in einem Hof, mitten im Grünen. Richtig verwunschen sieht es hier aus, Blumen und Efeu überranken sich um die Wette. Etwas ungeordnet, beileibe nicht perfekt. Und doch strahlt der Ort sehr viel Wärme und Geborgenheit aus.

Als ich das Buch angefangen habe zu lesen, dachte ich …naja, ab und zu eine Liebesgeschichte, schadet ja nicht. Weit gefehlt! „Der Club der Lebensmutigen“ ist so viel mehr. Mutig sind sie alle, obwohl oder gerade weil sie wissen, dass ihre Zeit begrenzt ist. Sie stützen sich, lachen viel und weinen ab und zu, sie necken sich, lassen das Leben an sich heran. Schon das Cover strahlt diesen Zusammenhalt aus, das Miteinander, füreinander da sein.

Es sind ganz unterschiedliche Charaktere, denen ich hier begegne und jeder hat seine Geschichte. Josefine Weiss lädt ihre Leser ein, sich auf das Leben einzulassen. Und Leben bedeutet auch, den Tod nicht auszusperren. Mit ganz viel Herzenswärme gelingt es ihr, das Tabuthema nicht außen vor zu lassen und ihm doch seine bittere Seite zu nehmen.

Maleen trifft in Hannes eine verwandte Seele. Sie verbietet es sich geradezu, glücklich zu sein, alles in ihr sträubt sich dagegen. Die Geschichte der beiden ist anfangs geprägt von Zweifeln – darf man das? In so einer Situation? Glücklich sein? Behutsam und sehr ehrlich findet die Autorin die richtigen Worte, so gar nicht bedrückend.

„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen. Albert Schweitzer.“ Und sie haben Spuren hinterlassen. Sie alle. Wir alle hinterlassen Spuren und leben in den Herzen derer weiter, die uns lieben, die wir lieben.

„Der Club der Lebensmutigen“ - ihre Gemeinschaft ist voller Lebensfreude, Rückschläge schweißen sie noch mehr zusammen. Eine ganz besondere Geschichte, die Mut macht, sich nicht abzukapseln, nicht Trübsal zu blasen, sondern sich einzulassen auf die Unzulänglichkeiten des Lebens.

Zum Schluss ein ganz besonderer Satz aus dem Buch, der mich sehr berührt hat: „Nichts, was aus dem Herzen kommt, kann man wirklich besitzen. Aber man kann es teilen.“

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Veröffentlicht am 21.01.2022

Eine Woche im Juni 1945

Heul doch nicht, du lebst ja noch
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Eine Woche im Juni des Jahres 1945 zwischen den Ruinen Hamburgs und mittendrin drei Jugendliche – Jakob, Hermann und Traute. Keiner kommt ungeschoren aus den Wirren des Krieges, der familiäre Hintergrund ...

Eine Woche im Juni des Jahres 1945 zwischen den Ruinen Hamburgs und mittendrin drei Jugendliche – Jakob, Hermann und Traute. Keiner kommt ungeschoren aus den Wirren des Krieges, der familiäre Hintergrund mag zwar für jeden anders sein und doch müssen sie nach vorne schauen, der Krieg ist endgültig vorbei. Für den 14jährigen Jakob stellt sich dieses Ende ganz anders dar, ist er doch Jude und als solcher musste er lange im Verborgenen leben.

Aus Sicht von Jakob, Hermann und Traute erfahre ich von deren Lebensweise und all den Entbehrungen. Sie mussten zurechtkommen – irgendwie. Der Hunger war ein zentrales Thema, die Wohnsituation brachte Einquartierungen mit sich. Viele Straßenzüge waren zerbombt, die einstigen Wohnungen nur noch Schutt und Asche. Die Kriegsversehrten waren auf Hilfe angewiesen, so manche Lebensträume zerplatzten wie Seifenblasen. War es für die Deutschen schon schwer genug, musste ein Jude erst recht auf der Hut sein.

Kirsten Boie hat gut recherchiert, Jakobs Geschichte lag ihr dabei besonders am Herzen. Sein Vater galt als Deutscher als jüdisch versippt und Jakob war ob seiner jüdischen Mutter ein jüdischer Mischling. Als dieser bleibt er verschont von Deportation und doch ist er in seinen jungen Jahren ganz auf sich alleine gestellt, muss sich verstecken. Die letzte Verbindung, die ihn am Leben hielt, ist weg. Er weiß nicht, dass der Krieg vorbei ist aber eines weiß er ganz genau – er hat Hunger, muss irgendwie überleben.

Hermanns Schicksal ist so ganz anders angelegt, er scheint der harte Bursche zu sein inmitten des Elends, das auch seine Familie heimsucht. Er ist ein starker Charakter, hat Wünsche und Träume wie jeder – endlich in Frieden leben können, vorwärts schauen. Ist es so einfach?

Die Autorin verrät am Ende des Buches, dass diese Trümmerfelder ihr Spielplatz waren. Als Nachkriegskind war das zerbombte Hamburg ihre gewohnte Umgebung. Ihr Ton ist warmherzig, die Kinder nehmen der Trostlosigkeit seine allzu bittere Seite. Sie bringt die damaligen Lebensumstände wie die Rationierungen und die Lebensmittelkarten oder den blühenden Schwarzmarkt gut ins Geschehen ein.

Das stimmige Cover sei noch erwähnt. Das Trümmerfeld, davor der Schatten des Jungen, in sich zusammengesunken. Die Worte „Heul doch nicht, du lebst ja noch“. Alleingelassen. Nur noch schemenhaft nimmt er sich wahr. Schon vor der Lektüre fand ich dieses Titelbild passend und danach ist es perfekt gewählt für diese Geschichte.

Drei Jugendliche erleben ihr Hamburg in Trümmern – ein Buch, das mich berührt hat, mich nachdenklich zurücklässt. Ein Buch für Jung und Alt, das ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 21.01.2022

Die Hitze eines Sommers

Der letzte Sommer in der Stadt
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1973 erschien „Der letzte Sommer in der Stadt“ zum ersten Mal und nun, fast ein halbes Jahrhundert später, wird er in zwanzig Sprachen übersetzt, Karin Krieger hat ihn für den Paul Zsolnay Verlag ins Deutsche ...

1973 erschien „Der letzte Sommer in der Stadt“ zum ersten Mal und nun, fast ein halbes Jahrhundert später, wird er in zwanzig Sprachen übersetzt, Karin Krieger hat ihn für den Paul Zsolnay Verlag ins Deutsche übertragen.

Als Korrespondent einer medizinisch-literarischen Zeitschrift geht er nach Rom und einige Jobs später landet er beim Corriere dello Sport. Er, Leo Gazzarra, nimmt das Leben so, wie es sich ihm gerade anbietet mit allem, was dazu gehört. In Arianna begegnet er einer jungen Schönheit, Langzeitstudentin der Architektur ist sie. Sie pfeift auf Konventionen, ihr so exaltierter Stil kommt ihm sehr gelegen, die beiden verstehen sich – meistens zumindest.

Unaufgeregt, ja im Plauderton, erzählt der Autor von Leo und Arianna und mehr. Es ist Sommer, es ist unerträglich heiß in der Ewigen Stadt. Sie glüht geradezu, verlassen von all denen, die es sich leisten können. La Dolce Vita mit all seinen Facetten – wer möchte da nicht dem süßen Leben nachspüren. Keiner hat es eilig, die absolute Leichtigkeit des Daseins wird geradezu dekadent zelebriert, nichts wird ausgelassen, das italienische Lebensgefühl ist direkt spürbar.

Gianfranco Calligarich hat mich ganz schnell abgeholt, mich an das sommerliche Rom erinnert. Ein altmodisches Wort drängt sich auf beim Lesen: Leo, der Lebenskünstler. Der auch aus vermeintlich ausweglosen Situationen für sich das Beste herauspickt, auch wenn sich später dann so manches als Seifenblase erweist – auch dann ist es nicht schlimm. Auf ein Neues eben!

„Im Nu überrollte mich eine Lawine vergessener Gefühle und Erinnerungen an mein Leben mit ihr im letzen Sommer…“ Ein Sommer mit Leo, der all diese Empfindungen freisetzt. Das Leben eben, so wie es ist, so wie es war. Mit allen Sinnen genießen.

Mir hat dieser letzte Sommer als bekennender Italienfan vergnügliche Lesestunden bereitet und eine tiefe Sehnsucht nach dem Land, nach Rom entstehen lassen. Das gelungene Cover spiegelt das damalige Lebensgefühl wider, der rauchende Protagonist, dahinter seine Stadt. Wohin treibt es ihn?

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Tempo- und wendungsreich

COLD CASE - Das gebrannte Kind
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Zehn Fälle mit Tess - als Dauergast sollte sie live über die Fälle berichten, die sie am meisten bewegt hatten. Das Zimmer – es steht in Flammen und eine junge Frau mittendrin. Dieser bis dato ungelöste ...

Zehn Fälle mit Tess - als Dauergast sollte sie live über die Fälle berichten, die sie am meisten bewegt hatten. Das Zimmer – es steht in Flammen und eine junge Frau mittendrin. Dieser bis dato ungelöste Brand mit Todesfolge lässt Ähnlichkeiten mit der Brandserie erkennen, die Tess nun in Atem hält: Drei Brände, vier Tote – das ist die Bilanz in weniger als einem Monat. Überall wurden Brandbeschleuniger sichergestellt, alle Rauchmelder waren deaktiviert. Bald stellt sich heraus, dass es Parallelen zu diesem lange zurückliegenden, ungeklärten Fall gibt. Das Cold Case Team um Kommissarin Tess Hjalmarsson ist alarmiert. Erste Hinweise deuten auf Doktor Feuerteufel, der seit einem halben Jahr wieder in Freiheit ist.

Der mittlerweile Dritte Fall um Tess ist angesiedelt in Südschweden in der Region Österlen mit Abstecher nach Malmö. Meine erste Begegnung mit ihr und doch hatte ich nie das Gefühl, dass mir Infos zu den beiden Vorgängerbänden fehlen.

Tess ist nicht nur Ermittlern, auch ihre private Seite fließt wohldosiert mit ein. Sie ist die Polizistin, die auch mal wie blind durch die Gegend läuft, letztendlich aber nie ihr Ziel aus den Augen verliert. Und ja, ich hatte bald einen Verdächtigen. Aber kann dieser es wirklich gewesen sein? Was treibt den oder die Täter an, die Brandopfer hatten so gar keine sichtbaren Feinde, lebten ein ganz normales Leben.

Die Autorin lockt ihre Leser auf so manch falsche Fährte und es kristallisiert sich immer mehr heraus, wer dahinter stecken könnte. Um dann doch wieder zu zweifeln, andere sind mindestens genauso verdächtig. Ich mag dieses Für und Wider, hege viel Sympathie den einen gegenüber, mag andere so gar nicht, bin parteiisch. Die Charaktere sind allesamt glaubhaft dargestellt, die Handlung tempo- und wendungsreich, spannend von Anfang an. Zum Schluss wurde es nochmal dramatisch, da konnte ich nicht schnell genug lesen, musste unbedingt Gewissheit haben.

Es wurde vieles in die Story gepackt, vielleicht etwas zu viel, es gab so manchen Nebenschauplatz, den es so gar nicht gebraucht hätte. Abgesehen davon bin ich Tess gerne gefolgt, sie hat mir kurzweilige Lesestunden beschert.

Man merkt, dass die Autorin weiß, wovon sie schreibt. Als Kriminalreporterin ist sie Expertin für unaufgeklärte Mordfälle, die akribische Ermittlungsarbeit liegt ihr sozusagen im Blut und ihren Spürsinn überträgt sie auf ihre Protagonistin. Ein gelungener Dritter Fall für das Cold Case Team mit kleinen Schwächen.

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Veröffentlicht am 10.01.2022

Niemand ist perfekt

Thirteen
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Bobby Solomon, der junge, attraktive und allseits vergötterte Hollywood-Schauspieler wird beschuldigt, seine Frau und deren angeblichen Liebhaber grausam ermordet zu haben. Eine renommierte New Yorker ...

Bobby Solomon, der junge, attraktive und allseits vergötterte Hollywood-Schauspieler wird beschuldigt, seine Frau und deren angeblichen Liebhaber grausam ermordet zu haben. Eine renommierte New Yorker Anwaltskanzlei will seine Unschuld beweisen, was jedoch aussichtslos scheint. Alle Indizien sprechen für ihn als Täter. Der Strafverteidiger Eddie Flynn wird hinzugezogen, er ist erfolgreich, hat seine seit Jahrzehnten erprobten, ganz eigenen Methoden.

Der spektakuläre Mordprozess hält den Fokus auf die Jury, zunächst auf den langwierigen Prozess des Auswählens der zwölf Geschworenen. Die Leser wissen, dass der wahre Killer hier sitzt und bald ist klar, wie er sich diesen Platz eiskalt gesichert hat. Es wird sichtbar, welch perfides Spiel er spielt, welch abartiges Wesen hier heimtückisch am Werke ist.

Es ist schon der vierte Band um Eddie Flynn, den geläuterten Trickbetrüger. So eine Hintergrundstory hat was, auch um sein Privatleben steht es nicht zum Besten, sein Beruf lässt einen geruhsamen Lebenswandel nicht zu. Ich habe Eddie erst jetzt getroffen und sehe ihn schon als alten Bekannten. Mir gefällt, wenn man auch später in eine Reihe einsteigt und doch das Gefühl hat, nichts von Belang versäumt zu haben.

So manches Klischee wird hier bedient. Es handelt von all den korrupten Cops oder dem eitlen Staatsanwalt, so manch halsstarrigem Zeugen bis hin zu dem abartigen, so andersartigen bösen Buben. Eddie hatte im Gegensatz zu vielen anderen von Anfang an meine uneingeschränkte Sympathie, genauso Bobby. An seine Unschuld mochte ich glauben, habe mitgezittert und mich unsäglich aufgeregt über fiese Verhörmethoden.

Ein Gerichtsthriller, der einen in Atem hält. Schon der Einstieg verspricht nervenaufreibende Lesestunden, ich war bald drin und nichts konnte mich davon abhalten, das Buch zur Seite zu legen. Dann jedoch zog sich die Story, das Tempo war raus, es gab Todesfälle, die wenig Beachtung fanden. Auch wenn nicht alles realistisch sein muss, so wäre ein klitzeklein wenig Polizeiarbeit hier von Vorteil gewesen. Das ist Jammern auf hohem Niveau, der rasante Thriller zog bis zum Ende hin wieder an.

Das Cover versetzt einen direkt in den Gerichtssaal. Der rote Stuhl – für den Angeklagten? Dahinter alles düster, schwarz-grau. „TH1Rt3EN“ – schon der Schriftzug setzt Emotionen frei. Super gemacht.

Steve Cavanagh lässt seine Leser an Mordphantasien teilhaben, gewährt tiefe Einblicke in die menschlichen Abgründe. Spannend und aufregend, direkt am Abgrund und unfassbar böse zuweilen. Ein lesenswerter Thriller mit kleinen Abstrichen.

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