Pointierter Rundumschlag
„Es kann nur eine geben“ – das klingt erstmal vertraut. Schließlich bläut Heidi Klum ihren „Meedchen“ seit Jahren ein, dass nur eine Germany’s Next Topmodel werden kann. Carolin Kebekus zeigt gleich auf ...
„Es kann nur eine geben“ – das klingt erstmal vertraut. Schließlich bläut Heidi Klum ihren „Meedchen“ seit Jahren ein, dass nur eine Germany’s Next Topmodel werden kann. Carolin Kebekus zeigt gleich auf den ersten Seiten ihres Buches auf, dass der Gedanke der einsamen Frau an der Spitze schon viel älter ist: Schneewittchen oder die Stiefmutter – nur eine kann die Schönste im ganzen Land sein. Aschenbrödel oder eine ihrer Stiefschwestern – nur eine wird den Prinzen heiraten. Und selbst beim weihnachtlichen Krippenspiel gibt es nur eine explizite Frauenrolle.
Scharfzüngig und pointiert macht Kebekus deutlich, dass Frauen die Konkurrenz zueinander fast schon in die Wiege gelegt wird – und nimmt sich selbst dabei nicht aus. Wenn man mit der Erkenntnis sozialisiert wird, dass nur eine die Schöne oder die Schlaue oder die Lustige sein kann, sind alle anderen Frauen eine Gefahr. Als Comedienne, der oft genug abgesagt wurde, weil man schon eine Frau in der Show hätte (und somit keine weitere bräuchte), wurde ihr bereits zu Beginn ihrer Karriere verdeutlich, dass es nur eine geben kann. Das Perfide: Wenn man mit dieser seltsamen Argumentation von Beginn an konfrontiert wird, neigt man auch noch dazu, sie hinzunehmen. Kebekus arbeitet diese Denkfalle in ihrem Buch auf und schildert, wie sie da wieder rausgekommen ist. Unterbrochen werden die Kapitel von Illustrationen, die ich nicht besonders lustig fand, und einer Liste mit allen deutschsprachigen Kolleginnen, die sich sehr beeindruckend liest. In der Comedyszene gibt es nicht nur eine Frau, es sind sehr, sehr viele, und Kebekus bereitet ihnen in ihrem Buch eine Bühne und plädiert dafür, andere Frauen zu würdigen, zu feiern und zu unterstützen. Nebenbei gewährt sie ihren Leser*innen einen Blick hinter die Kulissen des meist männlichen Unterhaltungsbetriebs – auch ganz spannend.
Doch es geht nicht nur um die eigenen Erfahrungen der Autorin. Carolin Kebekus setzt sich mit der katholischen Kirche auseinander, dem Abtreibungsparagrafen, dem Gender Pay Gap und noch vielen anderen Themen. „Es kann nur eine geben“ ist ein feministischer Rundumschlag voller treffsicherer Beobachtungen und beißendem Sarkasmus. Manchmal war mir die Schlagzahl etwas zu hoch – Kebekus steigt immer gleich voll ins jeweilige Thema ein und feuert pausenlos Pointen und Appelle ab. Wenn man ihre Sendungen kennt, kann man ihre Plädoyers beim Lesen fast hören. In Buchform sind es sehr viele auf einmal, das hat mich stellenweise etwas erschlagen. Aber ich habe aus dem Buch auch viele Denkanstöße mitgenommen. „Es kann nur eine geben“ ist definitiv lesenswert und steigert die Vorfreude auf die nächste Staffel der Carolin Kebekus Show.