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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2022

Krisengebiet vor der Haustür

Der Ausflug
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Vier Freunde, die sich aus ihrer Heimatstadt kennen und sich regelmäßig treffen und Zeit miteinander verbringen verschlägt es in eine Flusslandschaft irgendwo im Nirgendwo um eine Kanutour mit Zeltübernachtung ...

Vier Freunde, die sich aus ihrer Heimatstadt kennen und sich regelmäßig treffen und Zeit miteinander verbringen verschlägt es in eine Flusslandschaft irgendwo im Nirgendwo um eine Kanutour mit Zeltübernachtung zu machen. Ich hatte beim Lesen allerdings den Spreewald vor Augen.
Unter den Vier sind die verschiedensten Charaktere. Zum einen Amalia, Historikerin, sehr offen und die ungekrönte Anführerin der Clique. Aus ihrer Sicht wird der Roman erzählt. Dann ist da Joseph, ihr Ex-Freund, sowie Bodo, Amalias ungestümer Bruder und zu guter Letzt noch der Normalo Gero, ein gediegener Familienvater.
Nun landen die 4 in einem Wirtshaus, wo die Kanus abzuholen sind und werden rassistisch angefeindet, denn Joseph ist schwarz. Hier beginnt sich das Drama zu entspinnen.
Mir ist sehr wichtig klar zu stellen, dass es sich um einen Roman handelt, der zwar einen Thriller-Plot, gar mit Horrorelementen hat, aber kein Thriller ist. Es ist ein Roman der sich kritisch mit dem Angefeindet werden auseinandersetzt, der das Nicht-Willkommen sein, den Fremdenhass und das Verfolgt werden in den Mittelpunkt stellt. Und eine Suche in den 4 Charakteren selbst auslöst. Das Miteinander in dieser Extremsituation wird beleuchtet.
Dirk Kurbjuweit nutzt bei diesem schmalen Roman die Nichtbenennung, das Schaffen von einem Vacuum, dass uns mehr sagt als der Text. Aus meiner Sicht ist der Roman gut geschrieben.
Ganz kann Dirk Kurbjuweit seinen „anderen Job“ nicht loslassen, wenn er die Figuren über das Gendern und das Wahlrecht in den USA sprechen lässt, ist er doch auch oder vor allem politischer Journalist.
Fazit: „Der Ausflug“ der uns zu denken geben sollte und den Rassismus in unserem Land in einer fiktiven Extremsituation zeigt – spannend und regt zu Diskussionen an.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

A votre santé!

Kaiserstuhl
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Es stehen die 60er Jahre im Mittelpunkt des neuen Romans von Brigitte Glaser, die wie keine andere vergangene Zeiten mit all ihren grauen Seiten beleuchtet. Es ist nicht immer alles Schwarz oder Weiß, ...

Es stehen die 60er Jahre im Mittelpunkt des neuen Romans von Brigitte Glaser, die wie keine andere vergangene Zeiten mit all ihren grauen Seiten beleuchtet. Es ist nicht immer alles Schwarz oder Weiß, es gibt immer mehr als einen Blickwinkle und mehr als eine Interpretation.
Nun eben 1962/63, die Jahre in denen der Elysée Vertrag unterschrieben wurden von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle. Dieses Bündnis soll mit einer guten Flasche Champagner begossen werden aus dem Jahr 1937 der aber erst nach Bonn gelangen muss. Hier kommt nun Henny, die Weinhändlerin ins Spiel mit ihrer ganzen Sippe. Henny übernahm den väterlichen Weinhandel und baute ihn nach dem Krieg wieder auf, nun muss Champagner ins Sortiment.
Die Geschichte arbeitet die deutsch-französische Freundschaft auf mit all ihren Facetten, das Elsass als ein ständiger Reibungspunkt zwischen den Nationen ist im Blick. Es gibt viele Sprünge in der Zeit, in den Personen und in den Blickwinkeln, das macht es spannend und auch sehr bereichernd.
Wer die beiden bisher erschienen Romane von Brigitte Glaser noch nicht kennt: Bühlerhöhe und Rheinblick sollte sie dringend lesen, genau wie diesen: Kaiserstuhl. Ich mag den Schreibstil und die Art der Erzählung immer sehr wir Brigitte Glaser Familiengeschichten mit politischen Gegebenheiten verknüpft und uns alle erhellt!
Hinten im Roman gibt es einen Stammbaum, der hilft so machens Mal, wenn man den Faden doch verloren hat.
Fazit: A votre santé! Lasst euch den Roman gut schmecken!

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Der Bär ist und bleibt ein Bär

BÄR
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Kein neuer Roman, dieses Buch „Bär“ von Marian Engel. Es ist eines dieser wiederentdeckten Bücher, das zwar in den 70er Jahren erschien, aber zeitlos ist.
„Wenn mir die Erfahrung nicht wieder weggenommen ...

Kein neuer Roman, dieses Buch „Bär“ von Marian Engel. Es ist eines dieser wiederentdeckten Bücher, das zwar in den 70er Jahren erschien, aber zeitlos ist.
„Wenn mir die Erfahrung nicht wieder weggenommen werden soll, dachte sie, muss ich sofort damit anfangen, sie zu machen.“ (S. 51)
Es geht um Lou, die an einem historischen Institut in Toronto arbeitet. Eine Frau im mittleren Alter, die bisher nur mittelmäßige Erfahrungen gemacht hat, langweilige Männer leid ist und ihre Arbeit liebt: das archivieren. Nun darf sie sich auf machen in den Norden, denn das Institut hat ein Haus geerbt in dem eine staatliche Bibliothek untergebracht ist und Lou soll dort hin in den wilden hohen Norden auf die Insel, in das Fowler-Oktagon und die Bibliothek sichten und katalogisieren. Es ist nicht nur ein Haus fern ab der Zivilisation, es ist ein Haus mit Bär, der auch dort lebt. Sie nähern sich an und durch Lous Einsamkeit und neuergründeten Autonomie wird mehr aus ihr und dem Bären als es sein dürfte.
„Ist ein Leben, dass sich plötzlich als Abwesenheit entpuppt, überhaupt ein Leben?“ (S. 18)
Ein Roman der sachlich darlegt; weder kitschig noch verklärt daherkommt. Ein Roman der eine Frau in der Wildnis porträtiert, die auf einen domestizierten Bären trifft, der natürlich weiterhin ein wildes Tier ist und bleibt.
Die Autorin schrieb in klarer Prosa, aber abgewandt vom blühenden nature writing. Die Ambivalenz der Protagonistin, wenn sie die Veränderungen an sich selbst wahrnimmt, eine neugewonnenen Selbstbestimmtheit. Sie nimmt gar eine Rolle der Unterdrückerin gegenüber dem Bären ein, aber entronnen der eigenen Unterdrückung.
„Dir fehlt der Stolz, dir fehlt das Gespür für dich selbst.“ (S. 166)
Ein starker Roman, der viele Elemente hat, die noch heute diskussionswürdig sind und hier angerissen werden im Jahr 1976: Wenn es um die first nations geht, um Kolonialisierung, um die Rolle der Frau und das alles kondensiert in einem Sommer im wilden Kanadischen Norden, denn Lou mit dem Bär verbringt und sich selbst entsteigt.
Ja, ein starker Roman, aber ob es der beste kanadische Roman aller Zeiten ist wie es auf unter dem Titel der Neuauflage des btb Verlages heißt, sei mal dahingestellt. Aber ich kann diese Neuauflage sehr empfehlen, denn das Nachwort zum Roman der Schriftstellerin Kristine Bilkau ist sehr erhellend und komplementiert den Roman erheblich.

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Veröffentlicht am 29.01.2022

Wenn die Eltern einen verkaufen…

Das verlorene Paradies
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Als im vergangene Jahr 2021 der Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah verkündet wurde, war hierzulande erst einmal keine große Resonanz, da ja, oh Schreck!, der Roman „out of print“ war. Es gab zwar 1998 ...

Als im vergangene Jahr 2021 der Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah verkündet wurde, war hierzulande erst einmal keine große Resonanz, da ja, oh Schreck!, der Roman „out of print“ war. Es gab zwar 1998 eine deutsche Übersetzung von Inge Leipold, aber das Buch war vergriffen und keine neue Auflage in Planung, obwohl der Roman auch schon mal auf der Shortlist des Booker Preises (90er Jahre) stand. Zum Glück gibt es nun eine neu gesichtete Version des Romans um ein sehr hilfreiches Glossar am Ende erweitert.
‚Das verlorene Paradies‘ spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts auf Sansibar und zieht sich im Laufe der Geschichte bis hinunter nach Mosambik. Hier auf Sansibar, wo auch der Autor 1948 geboren wurde, beginnt die Geschichte. Dem Paradies?
Im Mittelpunkt steht der Junge Yusuf, der aus der Armut heraus von seinem Vater an den fliegenden Händler Aziz verkauft wird. Die Familie, die ein 4-Bett Hotel betreibt kann seine Schulden nicht mehr begleichen und gibt den Jungen fort. Dem 12jährigen wird das erst nach geraumer Zeit deutlich. Er wird zum Diener, zur Aushilfe und befreundet sich mit Kalil, einem anderen Junge.
Der Roman strotz nur so von rassistischer Übergriffigkeit, ist allseits überzeichnet und deckt auf, dass es egal ist wer, wenn nieder macht, es ist immer ein Angriff. Hier im Roman wird das anhand der historischen Situation schön demonstriert durch die Gemengelage an kolonialen Eroberern (vor allem im Roman die Deutschen), sowie indische Händler und die arabischen Sultane aus dem Oman, die zuvor die Vorherrschaft innen hatten.
Der Roman lebt von dieser multikulturellen, multiperspektivischen Verschachtelung. Gelungen ist aus meiner Sicht, dass hier zwar eine Geschichte erzählt wird, aber zugleich auch ein historischer Blick auf die Gemengelage an Kindersklaverei, an Kolonialismus, an Rassismus. Sehr gelungen und das noch mit Figuren, die trotz der ständigen Ausbeutung und Unterdrückung den Lebensmut und den humorvollen Sarkasmus nicht verlieren.
Die Deutung über den Roman und die Parallelen zur Bibel hätte ich ohne einen Hinweis nicht erkannt. Hier wird wohl die Geschichte Genesis parallel stark erzählt, obwohl der Roman durch die arabische Vorherrschaft Suren des Korans vorherrschen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf liest es sich noch einmal etwas anders und der Titel rückt stärker in den Fokus: Paradies!
Fazit: Egalitäre Sehnsüchte und Wünsche, darin sind wir Erdenbürger uns zu jeder Zeit gleich – eine zeitlose Feststellung.

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Veröffentlicht am 24.01.2022

Schönes Material für die Kleinsten

Wieso? Weshalb? Warum? junior AKTIV: Unsere Natur
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Wieso? Weshalb? Warum? ist eine Marke aus dem Haus Ravensburger, die alle Eltern kennen und schätzen. Meine Kinder hatten viele der Junior-Bücher und dann die großen regulären Bände. Außerdem schätzen ...

Wieso? Weshalb? Warum? ist eine Marke aus dem Haus Ravensburger, die alle Eltern kennen und schätzen. Meine Kinder hatten viele der Junior-Bücher und dann die großen regulären Bände. Außerdem schätzen wir die tollen Hefte zur Bearbeitung als Erweiterung zu den Büchern. Immer ein großer Spaß.
Und nun gibt es praktisch die Vorstufe zu dem existierenden Material. Die neue Junior Aktiv Reihe für 2-4 Jahre. Es sind Verbrauchsmaterial-Hefte in denen die Kleinsten Malen, Basteln und Rätseln. Hört sich schwierig an, ist aber großartig einfach umgesetzt. Denn das Heft hat immer den gleichen Aufbau. Linke Seite schauen und rechte Seite Malen, Ausschneiden usw… Hier ist mir persönlich nur aufgefallen, dass haptisch hier klar auf Kinder fokussiert ist, die eine Affinität der rechten Hand haben.
Hier im Heft: „Unsere Natur“ werden spielerisch wirklich nur sehr wenige Inhalte vermittelt. Der Fokus liegt aus meiner Sicht auf dem spielerischen Entdecken und Ausprobieren von Schere und anfängliches Ausmalen. Hier mal ein Eichhörnchen, dort mal ein Wald, aber genau richtig. Hier findet thematisch keine Überfrachtung statt.

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