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Veröffentlicht am 08.02.2022

Mitreißend konstruiert mit durchgehender Spannung

Grabesstern
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Der Thriller „Grabesstern“ der Dänin Anne Mette Hancock ist der dritte Band einer Serie, in der Kommissar Erik Schäfer von der Mordkommission Kopenhagen und die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan ...

Der Thriller „Grabesstern“ der Dänin Anne Mette Hancock ist der dritte Band einer Serie, in der Kommissar Erik Schäfer von der Mordkommission Kopenhagen und die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan ermitteln. Für die Tageszeitung, bei der Heloise angestellt ist, recherchiert sie momentan zu einem Artikel über Sterbebegleitung. Um ihren Bericht authentisch zu gestalten, hat sie sich an eine Gruppe Sterbebegleiter gewendet, die sie im Fall Jan Fischhof nun unterstützt. Schon bald wird er zu den Sternen gehen.
Eines Tages äußert sich der Sterbenskranke ihr gegenüber mit rätselhaften Worten. Er scheint vor etwas Angst zu haben, das in seiner Vergangenheit begründet liegt. Ein Name fällt. Heloise setzt alle Hebel in Bewegung, um die Person zu finden, von der Jan gesprochen hat. Ihre Suche führt sie nach Jütland. Dort findet sie heraus, dass die genannte Person bei dem Brand eines Boots ums Leben gekommen ist.
Außerdem führt ihre Recherche sie zu einem mehr als zwanzig Jahre zurückliegenden Fall eines verschwundenen Mädchens. Doch bei Befragungen im Umfeld des Mädchens trifft Heloise in bestimmten Punkten auf eine Mauer des Schweigens. Lange rätselt sie, welche Rolle Jan im Entführungsfall spielt.
Heloise wendet sich an Erik Schäfer, um an kritische Daten zu kommen. Nur widerwillig folgt er ihrer Anfrage und bittet einen alten Bekannten um Hilfe. Der bevorstehende Tod von Jan Fischhof lässt Heloise unter Zeitdruck stehen. Die Aufklärung der Taten, denen die Journalistin nachgeht, eilt daher nur in Bezug darauf, ob Jan zu den Ermittlungen beitragen kann, denn sie liegen schon sehr lange zurück. Zwar erinnern die in Jütland Befragten sich noch ganz gut an die damaligen Geschehnisse, die betroffenen Familien haben auch weiterhin ein Interesse an der Aufklärung, aber allgemein hat man sich mit der Lage abgefunden. Heloise trifft auf Erstaunen darüber, dass jemand Erkundungen zu dem alten Fall anstellt.
Es gelingt Anne Mette Hancock wieder ein spannender Aufbau mit unterschwelliger Spannung von Beginn an. Auch diesmal konnte ich am Privatleben der beiden Protagonisten, bei dem Heloise eine frühere Liebe wiedertrifft, teilhaben. Die Autorin deutet immer wieder gefühlsmäßige Verletzungen an, die die Journalistin früher erfahren hat und über die ich in den ersten beiden Teilen lesen konnte. Es ist angenehm von der vertrauensvollen, von Respekt geprägten Zusammenarbeit des Ermittlergespanns zu lesen.
Anne Mette Hancock führt die Ermittlungen zu einer unverhofften Wende am Schluss, die mich zwar überrascht, aber auch verwundert hat. Heloise hat anscheinend aus einem alten Foto nicht das jetzige Aussehen der Person ableiten können. Ich finde es außerdem eher unwahrscheinlich, dass der tiefe Biss eines aggressiven Hunds nach der erfolgten Schilderung mit schwerem Schaden keine weiteren Auswirkungen auf die Bewegungsfähigkeit des Angegriffenen haben soll, was ich schon aufgrund einer Attacke auf eine Bekannte in der Folge anders erlebt habe.
„Grabesstern“ von Anne Mette Hancock ist mitreißend konstruiert und hält die Spannung durchgehend durch unvorhersehbare Wendungen und der Klärung der über allem stehenden Frage nach der Verwicklung in die lange zurückliegenden Verbrechen eines durch die Protagonistin beim Sterben Begleiteten, was mich aber nicht ganz überzeugen konnte. Gerne empfehle ich das Buch an alle Fans der Serie rund um Heloise Kaldan und Erik Schäfer und jeden Leser und jede Leserin von Thrillern weiter.

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Veröffentlicht am 03.02.2022

Authentisches Coming-of-Age dreier Mädchen in einer hessischen Kleinstadt in den 1970/80ern

Unser kostbares Leben
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Der Roman „Unser kostbares Leben“ von Katharina Fuchs spielt in den 1970er und 1980er Jahren in Hessen in Mainheim. Der Name ist fiktiv, entspricht aber in der Realität einer ähnlichen Kleinstadt in der ...

Der Roman „Unser kostbares Leben“ von Katharina Fuchs spielt in den 1970er und 1980er Jahren in Hessen in Mainheim. Der Name ist fiktiv, entspricht aber in der Realität einer ähnlichen Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt am Main. Im Titel spiegelt sich wider wie wertvoll unsere Existenz ist und wie wichtig es daher ist, alles dafür zu tun, damit Menschen, Flora und Fauna so geringen Schaden wie möglich nehmen. Die drei jungen Frauen auf dem Cover versinnbildlichen die drei Protagonistinnen der Geschichte.

Caro und Minka sind zwei der Hauptfiguren. Im Jahr 1972 sind beide zehn Jahre alt und beste Freundinnen. Caro ist die Tochter des Direktors der Schokoladenfabrik vor Ort, während Minkas Vater Bürgermeister von Mainheim ist. Als einer ihrer Klassenkameraden im nahegelegenen Schwimmbad verunglückt wird das Geschehen zu einer gesellschaftspolitischen Angelegenheit, die weitreichende Auswirkungen auf die führenden Kräfte der Kleinstadt und den von ihnen geleiteten Institutionen und Unternehmen hat. Zur gleichen Zeit trifft das vietnamesische Flüchtlingskind Claire im städtischen Kinderheim ein. Sie ist die dritte Protagonistin, genauso alt wie Caro und Minka und wird zu einem späteren Zeitpunkt von Caros Eltern adoptiert.

Die Erzählung trägt autobiographische Züge, denn das Leben der Autorin hat Ähnlichkeiten mit dem von Caro. Dadurch wirkten die Schilderungen auf mich besonders realistisch und ich konnte spüren, wie sehr Katharina Fuchs die von ihr für den Roman gewählten Themen am Herzen liegen, die sie teilweise seit ihrer Jugend beschäftigen wie beispielsweise Umweltverschmutzung und Tierversuche. Des Weiteren thematisiert sie in der Geschichte auch Arzneimittelstudien am Menschen. Was uns heute als verwerflich vorkommt, wurde damals nicht angezweifelt und oft als notwendig für den Fortschritt angesehen. Während die Beschreibungen auf Fakten beruhen, nimmt die Autorin sich die Freiheit einige Ereignisse zeitlich anzupassen, was den Roman noch bewegender gestaltet.

In ihren Beschreibungen vermittelte die Autorin mir als Leserin ein umfassendes Bild der Landschaft im Umfeld von Mainheim sowie als Gegenpol dazu die zunehmende Versiegelung der Kleinstadt durch die Ansiedlung weiterer Industrie und dem durch die steigende Arbeitnehmerzahl bedingten Bau von Wohngebieten. Ohne den technischen Standards von heute konnte man die Windrichtung am wechselnden Geruch erkennen, der in der Luft hing. Der Roman ist geschickt so konstruiert, dass sie im weiteren Verlauf immer dringlicher den Handlungsbedarf der Verantwortlichen aufzeigt. Dazu benötigt die Geschichte eine Anlaufzeit mit einigen Längen bis sie sich entfaltet und sich letztlich die Begebenheiten verschärfen.

In den Kapiteln des Romans stellt Katharina Fuchs unterschiedliche Figuren in den Fokus. Dadurch entsteht ein größeres Meinungsbild zu den verschiedenen Themen als bei einer Beschränkung auf die drei Protagonistinnen möglich wäre, von denen vor allem Minka sich schon früh beginnt politisch zu engagieren. Den Auffassungen der jungen Frauen gegenüber stellt die Autorin althergebrachte Ansichten der älteren Generation. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich die Darstellung als realistisch bestätigen.

Katharina Fuchs hat mit „Unser kostbares Leben“ einen Coming-Of-Age-Roman geschrieben, der authentisch die Jugend und Adoleszenzzeit von drei Mädchen beschreibt, die in einem Umfeld in den 1970er und 1980er Jahren aufwachsen, das geprägt ist von Seilschaften, die im Rahmen des Goodwill für Umweltzerstörung, Tierleid und menschenverachtendes Verhalten sorgen. Gleichzeitig stellt sie das wachsende Aufbegehren in der Bevölkerung gegen die Mangelzustände mit Zusammenschlüssen in Aktionsgruppen und entsprechenden Handlungen dar. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 27.01.2022

Ein "Muss" für jeden Jussi Adler Olsen-Fan und spannende Unterhaltung

NATRIUM CHLORID
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Der neunte Fall für Carl Morck und dem Sonderdezernat Q aus der Feder des dänischen Autors Jussi Adler-Olsen heißt „Natriumchlorid“. Der Titel nimmt Bezug auf eine Serie von Fällen, die Morck und sein ...

Der neunte Fall für Carl Morck und dem Sonderdezernat Q aus der Feder des dänischen Autors Jussi Adler-Olsen heißt „Natriumchlorid“. Der Titel nimmt Bezug auf eine Serie von Fällen, die Morck und sein Team aufzuklären haben und bei denen am jeweiligen Tatort Kochsalz gefunden wurde. Die auf dem Cover ebenfalls abgebildete Spritze spielt darauf an, dass ein Injektionsinstrument in einigen dieser Verbrechen eine Rolle spielt.
Wie so oft innerhalb der Serie stellte Jussi Adler-Olsen mich als Leserin von Beginn an vor ein Rätsel. Im Prolog begegnete ich im wahrsten Sinne des Wortes einer Überlebenden. Im Laufe der Geschichte konnte ich mehr über die Figur erfahren und auch über ihre Rolle im Rahmen der Taten.
Das Sonderdezernat Q arbeitet in neuen Räumlichkeiten, was Carl, Rose, Gordon und Assad als Mitglieder des Teams vor neue Herausforderungen stellt. Jeder von ihnen hat nicht nur besondere Interessen und Fähigkeiten, um einen eigenen Anteil zu den Ermittlungen beizutragen, sondern auch Angewohnheiten, die anderen vielleicht seltsam erscheinen. Manchmal diskutieren sie lauter als in anderen Büros üblich, gelegentlich bereiten sie geruchsintensive Getränke oder Mahlzeiten zu und Carl kann sich das Rauchen nicht immer verkneifen. Im Keller des Polizeipräsidiums fielen die Gepflogenheiten nicht weiter auf, aber jetzt arbeiten Kollegen und Kolleginnen in Zimmern unweit denen des Teams.
Der Thriller spielt im Dezember 2020. Daher bleiben auch die Mitarbeitenden der Polizeibehörde von den Auswirkungen von Corona nicht verschont. Das Sonderdezernat Q wird aufgrund von Erkrankungen in anderen Teams mit einem aktuellen Fall betraut, während sie wie gewöhnlich in Sachen eines Cold Case ermitteln. Dabei scheint es so, dass nach ersten Erkenntnissen die gesuchte Person in Serie gemordet hat. Stück für Stück arbeiten Carl, Rose, Gordon und Assad Details der Fälle heraus und suchen nach Zusammenhängen. Sie sind erstaunt darüber, dass eines der Verbrechen sie zurück bis ins Jahr 1988 führt. Immer mehr schiebt sich der dem Team anvertraute gegenwärtige Fall ins Rampenlicht und schließlich steigert der Autor die Spannung nochmals zum Ende hin durch eine Deadline.
Das durchgehende Thema des Thrillers ist die subjektive Bewertung moralischer Ansichten. Dazu zeigt Jussi Adler Olsen verwerfliche Möglichkeiten der Selbstjustiz auf, betrachtet Arbeitgeber, die die geltenden Arbeitsrechte nicht einhalten und schaut auf Reality-Shows, die die Teilnehmenden grenzwertig behandeln. Der Autor versteht es durch immer neue Wendungen die Spannungskurve von Beginn an hoch zu halten. Dabei greift er auf ungewöhnliche Tötungsarten zurück. Zwar konnte er mein Interesse dadurch binden, aber die Konstruktion wirkt an einigen Stellen etwas bemüht, vor allem in Bezug auf die Kompetenzen der Teammitglieder.
Der Thriller „Natriumchlorid“ ist ein Muss für alle Jussi Adler Olsen-Fans und bietet auch allen anderen Lesenden spannende Unterhaltung. Aufgrund der dargestellten grausamen Morde ist das Buch nicht für empfindsame Personen geeignet. Auch diesmal thematisiert der Autor den sogenannten Druckluftnagler-Fall, an dem Carl Morck vor etlichen Jahren beteiligt war und der damit eine Klammer über alle neun Bände der Reihe zieht. Daher freue ich mich schon auf den vermutlich abschließenden zehnten Teil von dem ich hoffe, dass darin die damaligen Ereignisse aufgeklärt und zu einem guten Ende für den Leiter des Sonderdezernats geführt werden. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 24.01.2022

Geschickte Konstruktion mit einigen überraschenden Handlungsabläufen

Das Therapiezimmer
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„Das Therapiezimmer“ im gleichnamigen Thriller der US-Amerikanerin Aimee Molloy ist anders als nach dem Cover zu vermuten wäre, mit hochwertigen Möbeln eingerichtet. Weil der Psychotherapeut Dr. Sam Statler ...

„Das Therapiezimmer“ im gleichnamigen Thriller der US-Amerikanerin Aimee Molloy ist anders als nach dem Cover zu vermuten wäre, mit hochwertigen Möbeln eingerichtet. Weil der Psychotherapeut Dr. Sam Statler eine höhere Geldsumme erwartet, investiert er schon vorab in schöne, aber auch teure Dinge zu denen auch ein Sessel für seine Praxis gehört, die er vor kurzem erst neu angemietet hat. Er ahnt nicht, dass die Therapiestunden mit seinen Patienten von Jemandem belauscht werden, der nicht dazu berechtigt ist.

Um die Spannung von Beginn an aufzubauen, erzählt die Autorin im Prolog, dass Sam in einer Unwetternacht verschwunden ist. Danach folgt der erste von drei Buchabschnitten. Im Wechsel wird die Geschichte von einem allwissenden Erzählenden geschildert und einer unbenannten Figur, die aus der Ich-Perspektive heraus vom Geschehen berichtet.

Sam ist erst seit kurzem verheiratet und gemeinsam mit seiner Frau Annie in seine Heimat gezogen, die einige Kilometer entfernt von New York, wo die beiden bisher lebten, liegt. Dadurch ist er auch in der Nähe seiner dementen Mutter, die er dort im Pflegeheim untergebracht hat. In dem kleinen Ort hat er Praxisräume nach seiner Vorstellung gefunden. Die Anzahl seiner Patienten wächst und es bleibt dem jungen Glück genügend Zeit ihrem ganz persönlichen Spiel nachzukommen, bei der Annie sich eine Rolle mit amouröser Umsetzung ausdenkt. Dazu gibt Aimee Molloy im ersten Teil einige Beispiele.

Der Ich-Erzählende findet durch Zufall eine Möglichkeit, die Therapiegespräche zu belauschen. Während er zuhört bildet sich in seinen Gedanken jeweils ein Bild vom Patienten, den er nicht sehen kann. Bei mir bildete sich dagegen beim Lesen des ersten Buchabschnitts eine Vorstellung dieser Hauptfigur, was von der Autorin beabsichtigt ist, denn dadurch entsteht ein Katz- und Maus-Spiel mit dem Lesenden in Bezug auf die Identität der Person. Erst im zweiten und dritten Teil konnte ich mehr zu diesem Charakter erfahren und allmählich fügten sich wie bei einem Puzzle die erhaltenen Informationen zu einem Ganzen.

Obwohl der Einstieg in den Thriller verwirrend war, hat er mich doch bestens unterhalten. Die Spannungskurve blieb durch unerwartete Wendungen hoch, zunächst durch das Aufdecken der Persönlichkeit des Ich-Erzählenden und später aufgrund der Suche nach Sam, dessen Aufenthaltsort ich als Leserin früh erfuhr und daher mitfiebern konnte, ob er gefunden wird. Das Motiv für seine Entführung konnte mich allerdings nicht ganz überzeugen.

Aimee Molloy legt in ihrem Thriller „Das Therapiezimmer“ falsche Fährten aus, um den Lesenden in mehrfacher Sicht zu täuschen. Dank ihrer geschickten Konstruktion mit einigen überraschenden Handlungsabläufen blieb die Geschichte durchgehend auf einem hohen Spannungsniveau. Es war fesselnd der Entwicklung zu folgen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 19.01.2022

Beste Unterhaltung für alle, die Politthriller mögen

Never - Die letzte Entscheidung
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Der Roman „Never – Die letzte Entscheidung“ von Ken Follett ist ein Thriller rund um Geheimdienste und die Erhaltung des Weltfriedens mit einem dystopischen Hintergrund. Wie die Steinchen auf dem Cover ...

Der Roman „Never – Die letzte Entscheidung“ von Ken Follett ist ein Thriller rund um Geheimdienste und die Erhaltung des Weltfriedens mit einem dystopischen Hintergrund. Wie die Steinchen auf dem Cover können kleine Störungen im Weltgeschehen die Eintracht wie im Dominoeffekt zum Umkippen bringen. Es würde dazu führen, dass die US-amerikanische Präsidentin Green die schwierigste Entscheidung in ihrer beruflichen Laufbahn eventuell zu treffen hätte. „Never“ hat sie damit gerechnet, niemals rechnet irgendjemand damit, dass es dazu kommen kann. Ken Follett beschreibt spannend eine Möglichkeit, die Steine zum Umfallen zu bringen.

Die Geschichte spielt an mehreren Handlungsschauplätzen in einer nahen Zukunft. Während Präsidentin Pauline Green ihren täglichen Geschäften zur Lenkung des Staates nachkommt, bahnt sich in ihrer Familie eine Krise an die damit beginnt, dass die Klassenlehrerin ihrer 14-jährigen Tochter sie zu einem Gespräch über deren Betragen in die Schule gebeten hat.

Im gleichen Zeitraum ist die US-amerikanische Geheimdienstagentin Tamara Levit im Tschad damit beauftragt, einen Terroristen zu finden. Sie arbeitet eng mit dem im Libanon geborenen und ebenfalls für die CIA arbeitenden Abdul John Haddad zusammen, der sich im Rahmen seines Auftrags auf eine gefährliche Reise bis zur Nordküste Afrikas begibt, bei der Drogen geschmuggelt werden.

Im fernen China sind die Aktivitäten der CIA nicht unerkannt geblieben. Chang Kai ist der Vizeminister für Internationale Information und dem Sicherheitsminister unterstellt. Er ist für die Lösung von Problemen zwischen China und anderen Staaten zuständig. Das Land gerät aufgrund seiner Waffengeschäfte mit einem afrikanischen Land in das Visier der Spionageabwehr der USA.

Ken Follett beginnt den Roman mit der Erzählung über einen gewöhnlichen Alltag im Leben der Präsidentin der USA und diversen Geheimdienstlern. Er vermittelte mir damit ein Gefühl, dass es zwar viel Unrecht und Leid auf der Erde gibt, aber aufrichtige Menschen damit beschäftigt sind, alles ins Lot zu bringen und dabei nach einer vorrangig friedlichen Lösung suchen. Weiter führt der Autor aber die Möglichkeit an, dass sich aus dem Kleinen heraus nach und nach eine ständig steigende Gefahr entwickelt.

Detailliert vermittelt der Autor ein Bild von den einzelnen Tätigkeiten im Beruf der Protagonisten. Er bindet jedoch auch das Privatleben von Pauline, Tamara, Abdul und Kai während der Zunahme der politischen Gefahr mit ein und lässt mich als Leserin daran teilhaben. Dadurch bringt er den Lesenden sehr nah an seine Figuren ran. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Handlungsplätze und ausführlicher Beschreibungen konnte ich mehr über die verschiedenen Kulturen erfahren.

Soweit sie für das Verständnis des Romans benötigt werden, erklärt Ken Follett die Strukturen der einzelnen Länder und den Machtaufbau der Geheimdienste. Dabei stellte ich fest, dass man auf einer unteren Ebene zwar einiges bewirken kann, aber der Verdienst oft einer oberen Position zugeordnet wird.

Der Autor gestaltet Szenen lebendig und lässt seine Figuren glaubhaft handeln. In seinen historischen Romanen hat er häufig über Ränke und Intrigen an Königshöfen geschrieben und zeigt nun, dass auch die Gegenwart voller Machenschaften und Hinterhältigkeit in der Gesellschaft ist. Die Politik muss darauf reagieren, damit der Staat einerseits nicht als leicht einnehmbar gilt und andererseits die eigene Bevölkerung nicht in Gefahr gebracht wird.

Zu Beginn war die Spannungskurve noch ansteigend, flachte dann aber aufgrund der kleinteiligen Darstellung des Taktierens der Staaten und der ausführlichen Darstellung des Tags der Protagonisten im Mittelteil ab um dann in einem furiosen Finale zu enden. Neben der großen Weltpolitik bindet der Autor auch mehrere Liebesgeschichten ein, mal im Verborgenen blühend, mal kräftig und innig.

Der Roman „Never – Die letzte Entscheidung“ von Ken Follett bietet Lesenden, die Politthriller mögen, beste Unterhaltung. Der Autor verdeutlicht in einem realistisch vorstellbaren und beunruhigenden Szenario wie kleine Probleme, die irgendwo auf der Welt von der dort herrschenden Regierung als störend angesehen werden zu einem international bedeutenden Affront führen können, der den Frieden in Frage stellt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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