Platzhalter für Profilbild

meriberisuperlight

Lesejury Profi
offline

meriberisuperlight ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit meriberisuperlight über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2017

absolut lesenswert

Die Gierigen
0

Und plötzlich ist sie da ... die Chance ... ist es wirklich die Chance - soll sie ergriffen werden?! Konsequenz - los!

Nina, Samir und Samuel sind unzertrennliche Jugendfreunde und verbringen eine aufregende ...

Und plötzlich ist sie da ... die Chance ... ist es wirklich die Chance - soll sie ergriffen werden?! Konsequenz - los!

Nina, Samir und Samuel sind unzertrennliche Jugendfreunde und verbringen eine aufregende Zeit miteinander, bis die Liebe sie vor eine Entscheidung stellt! Ihr gemeinsamer Weg entzweit sich. Ninas unbeschreibliche Schönheit bringt ihr Gelegenheitsaufträge als Mannequin, Samir wird einer der gefragtesten Anwälte an der Ostküste der USA und Samuel hilft Sozialschwachen. Waren das ihre Visionen und Träume? Zwanzig Jahre später kreuzt sich ihr Weg zufällig. Ein Treffen - das alles verändert ...

Karin Tuil präsentiert in "Die Gierigen" unerbittlich in schneidigem Tempo authentische Personen. Konfrontiert mit leidenschaftlicher Liebe, unkorrigierter (Not)Lüge, unbarmherzigem Ruhm, bedingungsloser Macht, arrogantem Hochmut, blinder Loyalität, aufbegehrendem Neid, nacktem Sturz und hartem Verfall. Erbarmungslos werden die Charaktere in die Situationen hineingeschmissen. Bestehen, wachsen, fallen! Ihre Leben erfinden sich. Keiner der Protagonisten ist Held oder Antiheld.

Nicht nur der Schreibstil begeistert, auch der besondere Aufbau des Romans. Auftauchende Nebenpersonen bleiben keine Namen, sie bekommen in Marginalien ein Umfeld skizziert. Den Hauptpersonen werden vereinzelt eine Variation dreier Auswahlmöglichkeiten ihrer Lebensgestaltung zugedacht. Wie verliefe es wohl? Das bleibt dem Leser vorbehalten ...

"Die Gierigen" ist gesellschaftskritisch, komplex und aktuell! Eine Entwicklung ungleicher Leben, die Sprunghaftigkeit der Chancen, das Resultat einzelner Handlungen!

Absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 16.05.2017

ein wahrer leseschmaus

Altes Land
0

Vera - lakonisch, verschlossen, altbacken. Anne - unstet, offen, modern. Zwei Frauen. Im "Alten Land".

Das "Alte Land" befindet sich bei Stade. An der Elbe. In Platt. Vera gelangt im Zweiten Weltkrieg ...

Vera - lakonisch, verschlossen, altbacken. Anne - unstet, offen, modern. Zwei Frauen. Im "Alten Land".

Das "Alte Land" befindet sich bei Stade. An der Elbe. In Platt. Vera gelangt im Zweiten Weltkrieg dorthin, Anne sechzig Jahre später. Was die beiden jeweilig dort erleben, beschreibt Dörte Hansen in eindrucksvollen bukolischen Szenarien. Ihre Charaktere sind rau, bäuerlich, hart, eigen ... gezeichnet.

Während Vera ein Flüchtling der Folgen des Krieges wegen ist, ist Anne einer ihrer Beziehung. Beide desgleichen ihrer Mütter. Und vor allem ihrer Leben - verlassen. Flucht ist das zentrale Thema und wird in jeder Figur im Roman "Altes Land" andersartig widergespiegelt. Nüchtern und klar sind die Umstände gestaltet.

Die verwendete Sprache ist vorzüglich und bildreich! Sie bettet die wuchtige Geschichte beider Frauen sanft und gebührend. Ein glanzvolles Lesevergnügen!

Veröffentlicht am 15.05.2017

eine unglaubliche biografie

Vom Saulus zum Paulus
0

Ich bin durch eine Beckmann-Talkshow auf dieses Buch aufmerksam geworden, in der Johannes Kneifel zu Gast war. Leider ging es in der Runde vor allem darum, das Böse zu definieren, anstatt nach Lösungen ...

Ich bin durch eine Beckmann-Talkshow auf dieses Buch aufmerksam geworden, in der Johannes Kneifel zu Gast war. Leider ging es in der Runde vor allem darum, das Böse zu definieren, anstatt nach Lösungen zu suchen. Außer einem weiteren anwesenden Christen (Präses Nikolaus Schneider) schien tatsächlich niemand den Wandel des Buchautors für echt, ja überhaupt für möglich zu halten. Ich habe mir umgehend dieses Buch besorgt. Durch die Lektüre bin ich zu folgenden Schlüssen gelangt:
1. Der Wandel ist echt. Das Buch ist dermaßen intensiv, erschütternd und gleichzeitig hoffnungsfroh - so etwas kann keiner erfinden. Schon gar nicht, wer mehrere Jahre als Neonazi im Knast gesessen hat.
2. Es ist tatsächlich möglich, dass sich ein so hoffnungslos in eine Abwärtsspirale geratener Mensch ändert und wieder in die Gesellschaft eingliedert.
3. Das Buch hat mich in der Meinung bestärkt, dass nur eine radikale christliche Umwandlung dieses Wunder vollbringen kann.
Ich kann nur sagen: Lesen!

Veröffentlicht am 09.05.2017

einfach nur toll geschrieben

Die Herrin von Wildfell Hall
0

Augenblicklich bin ich viel zu ehrfürchtig, um eine angemessene Rezension dieses Buches zu schreiben. Anne Bronte ist genial! "Die Herrin von Wildfell Hall" deckt dermaßen ungeschminkt die krasse Ungleichbehandlung ...

Augenblicklich bin ich viel zu ehrfürchtig, um eine angemessene Rezension dieses Buches zu schreiben. Anne Bronte ist genial! "Die Herrin von Wildfell Hall" deckt dermaßen ungeschminkt die krasse Ungleichbehandlung der Geschlechter im 19. Jahrhundert auf, dass der damaligen Veröffentlichung ein Aufschrei der Empörung von Seiten der etablierten Kritik folgte.

Während Anne Bronte in ihrem ersten Roman "Agnes Grey" die Verhältnisse der gehobenen Gesellschaftsschicht noch aus Sicht der untergebenen Hauslehrerin schildert, versetzt sie den Leser in ihrem zweiten Roman in die Gefühlswelt der "Herrin". Den Kunstgriff, den Roman ausschließlich aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen der beiden Protagonisten zusammenzusetzten, beherrscht sie gekonnt.

Es gelingt mir nicht wirklich, mehr Stichhaltiges über den Inhalt zu schreiben, ohne zu viel zu verraten (genausowenig wie es mir gelingt, die Pünktchen auf dem "e" von "Bronte" zu erzeugen); daher lasse ich es. Der unvoreingenommene Leser lässt sich am besten selber vom Verlauf überraschen, so wie es mir auch ergangen ist.

Selbstverständlich handelt es sich um Literatur des 19. Jahrhunderts, für die man eine gewisse Offenheit mitbringen muss, da das Zeitgefühl von Lesern und Autoren damals noch nicht von Filmschnitten und Flashbacks geprägt war, sondern von Kutschenfahrten und Spaziergängen. Und noch eine weitere Warnung sei ausgesprochen: während einige Zeitgenossen einst den Roman als unverblümt und unmoralisch empfanden, wird der heutige Leser einiges möglicherweise moralisierend finden oder gewisse Empfindlichkeiten oder Umständlichkeiten des Denkens vielleicht aus heutiger Sicht nicht genügend nachvollziehen können. Wer sich hier aber ein Minimum an Toleranz zutraut, dem empfehle ich wärmstens, sich an diese spannende, revolutionäre und immer wieder überraschende Lektüre zu wagen.

Es sei noch angemerkt, dass sich in der leider vergriffenen Manesse-Ausgabe ein sehr lesenswertes Nachwort von David Wells befindet.

Veröffentlicht am 09.05.2017

gut recherchiert

Das Licht der Welt
0

"Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben." (Matthäusevangelium, zitiert nach der NeuenLutherBibel)

Eine solche Stadt scheint Varennes-Saint-Jaques ...

"Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben." (Matthäusevangelium, zitiert nach der NeuenLutherBibel)

Eine solche Stadt scheint Varennes-Saint-Jaques zu sein. Sie strebt nach Wohlstand und Bildung. Dies bleibt tatsächlich anderen mächtigen Institutionen und Emporkömmlingen nicht verborgen, und es liegt auf der Hand, dass man versucht, der Stadt Steine in den Weg zu legen.
Wichtiger Repräsentant des "Lichtes" ist der junge Bürgermeistersohn Rémy Fleury, der nicht nur mit seiner ersten weltlichen Buchmalerwerkstatt die kirchliche Obrigkeit aufschreckt, sondern auch an der Vision arbeitet, eine Schulbildung für Bürgersöhne zu ermöglichen.

Das Buch ist die Fortsetzung des Romans "Das Salz der Erde", das ich nicht gelesen habe. Dennoch kam ich hervorragend in die Geschichte herein, weil alles gut erklärt ist (ohne jemals zu weitschweifig zu werden). Als völlig unerfahrener Leser historischer Romane ging ich mit gewissen Vorurteilen an die Lektüre heran - so dachte ich zum Beispiel, dass mit der kirchlichen Obrigkeit auch gleich das ganze Christentum sehr schlecht wegkommen würde. Dies hat sich aber überhaupt nicht bestätigt.

Die Dialoge wirken echt, schlicht und treffend und haben ein gutes Timing. Die Einteilung in Kapitel nach Zeitabschnitten und untergeordnet nach Städtenamen ergibt für den Leser eine angenehme Strukturierung; bei so einem umfangreichen Werk hat das eine gute Wirkung auf die Lesemotivation.

Daniel Wolf ist ein spannendes, hervorragend recherchiertes und lehrreiches Epos gelungen. Nebenbei begreift man am Beispiel der Stadt Varennes sehr plastisch politische und wirtschaftliche Mechanismen (ohne dass das auch nur einen Augenblick langweilig wird), erkennt frappierende Parallelen zur Jetzt-Zeit - so zum Beispiel damals "Fürkauf" genannte skrupellose Spekulationsgeschäfte, die Hungersnöte auslösen konnten.
Selten fand ich Geschichte so spannend. Absolute Leseempfehlung!