Das Schicksal und seine miesen Taten
Esthers VerschwindenEli Rosen und sein Sohn Isaak werden von den Amerikanern 1945 im KZ Buchenwald befreit. Anschließend werden sie in ein Lager für sogenannte „DP’s“ – Displaced Persons- verbracht. Diese Auffanglager für ...
Eli Rosen und sein Sohn Isaak werden von den Amerikanern 1945 im KZ Buchenwald befreit. Anschließend werden sie in ein Lager für sogenannte „DP’s“ – Displaced Persons- verbracht. Diese Auffanglager für Juden, die aus den KZ’s befreit worden sind, entstehen nach dem 2.Weltkrieg an verschiedenen Stellen in Deutschland. Von dort aus hoffen sie, wie viele andere Juden, auf eine Ausreise in die USA oder nach Israel. Doch leider wird ihr Überleben getrübt vom Verlust ihrer Frau und Mutter Esther Rosen. 1942 verliert sich jegliche Spur von ihr.
Der Roman beginnt zu 3 unterschiedlichen Zeiten die Geschichte aufzunehmen und somit auch die Spur zur vermissten Esther. Die eigentliche Geschichte beginnt 1939 mit der Besetzung Polens durch die Wehrmacht. Eli Rosen und sein Vater, die eine Baufirma führen, leben in Lublin und können noch lange Zeit gegenüber den Nazis standhalten, da sie für „nützlich“ befunden werden. Esther wird schon zeitig zur Zwangsarbeit als Näherin verpflichtet. Als Eli längere Zeit abwesend ist, um in Lippmannstadt eine Baufirma aufzubauen, verschwindet Esther – und niemand kann ihm sagen wohin. Die 2.Erzählspur beginnt 1946. Mittlerweile leben Eli und Isaak in dem DP-Lager Föhrenwald und warten auf ihre Zukunft und suchen Esther. Der 3. Erzählstrang beginnt 1965 in Chicago. Mittlerweile sind die Rosens in den USA angekommen. Doch ihre Vergangenheit verfolgt sie bis dorthin.
Alle Stränge sind wunderbar zusammen verknüpft worden vom Autor Ronald H. Balson, von dem ich bisher noch nichts gelesen habe. Balson hat eine fiktive Geschichte aufgrund von historischen Gegebenheiten erschaffen. Der schnelle und kurzweilige Wechsel der Kapitel und der Zeit, über welche berichtet wird, ist dabei am auffälligsten und hält die Spannung sehr hoch. Am Anfang neugierig und leicht verwirrt, begab ich mich als Leserin auf eine sehr interessante und facettenreiche Zeitreise und mein Interesse war geweckt, wie alles miteinander zusammenhängt. Ich finde das ist dem Autor großartig gelungen. Auch die detaillierten Beschreibungen der damaligen Zeit sind geglückt und ebenfalls die Stimmung der Protagonisten, die sich stets einfangen lässt. Bedrückend erscheint der Zeitraum 1939 bis 1943, leicht hoffnungsvoll und dennoch völlig desorientiert der Zeitraum 1946-47 und im neuen Leben angekommen und die Schatten der Vergangenheit noch nicht losgeworden der Zeitraum 1965. Sprachlich ist der Roman dabei stets ausgewogen, modern und gut verständlich erzählt. Das Cover des Buches ist für mich „klassisch“ für eine gezeigte jüdische Familie und wie man sich diese eben vorstellt.
Mich als Leserin hat das Buch sehr gefesselt, aber auch berührt. Im Buch wird durch das Aufgreifen des Holocaust natürlich eine der größten Gräueltaten der Nazis aufgezeigt. Ich bin immer wieder fasziniert von solchen Büchern und Geschichten, warum vermag ich nicht zu sagen, vermutlich ist es das Grauen zu welch abscheulichen Handlungen Menschen fähig sein können. Auch der Erzählstrang des Jahres 1965 beweist das eindeutig, wenn auch auf andere Art und Weise. Noch dazu wird eindrücklich geschildert, wie gut Kriegsgewinnler immer wieder durch das Leben kommen bzw. immer wieder auf die Füße fallen – auch zu anderen Zeiten. Die Protagonisten an sich waren mir dabei die ganze Zeit sehr sympathisch und ich habe mit gefiebert.
Mein Fazit: Es ist eine äußerst lesenswerte, großartige Geschichte, bei der man viele Aspekte aus der NS-Zeit lernen kann und auch auf historische Gegebenheiten/Persönlichkeiten trifft. Ich fand das Zusammenspiel aus Roman und historischen Fakten brillant und unterhaltsam. Für mich ein sehr gelungener Roman und damit eine klare Leseempfehlung.