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Veröffentlicht am 02.02.2022

Packender und atmosphärisch dichter historischer Roman um den Bau der Karlsbrücke in Prag

Die Brücke der Ewigkeit
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Mit diesem Buch legt der Autor Wolf Hector, hinter dem Thomas Ziebula verbirgt und der auch bereits unter einigen anderen Pseudonymen, wie z. B. Ruben Laurin, veröffentlicht hat, einen packenden und atmosphärisch ...

Mit diesem Buch legt der Autor Wolf Hector, hinter dem Thomas Ziebula verbirgt und der auch bereits unter einigen anderen Pseudonymen, wie z. B. Ruben Laurin, veröffentlicht hat, einen packenden und atmosphärisch dichten historischen Roman vor, der mich auf ganzer Linie überzeugen und begeistern konnte.

Der halbwüchsige Jan Otlin muss im Jahr 1342 mitansehen, wie die Judithbrücke in Prag einstürzt und auch seine Mutter mit in die Tiefe reißt. In seiner Verzweiflung stößt er den Schwur aus, dass, wenn Gott sie zu retten vermag, er ihm zu Ehren eine neue Brücke über die Moldau bauen würde, eine Brücke für die Ewigkeit. Und tatsächlich überlebt seine Mutter das Unglück. Knapp 25 Jahre später ergibt sich für Jan dann tatsächlich die Gelegenheit, seinen Schwur zu erfüllen. Kaiser Karl IV. will eine neue Brücke an der Stelle der alten Brücke errichten lassen und ruft einen Wettbewerb aus, dessen Gewinner zum neuen Brückenbaumeister von Prag ernannt werden soll. In Rudolph von Straßburg hat Jan dabei allerdings einen Konkurrenten, der vor nichts zurückschreckt, um ihm das Amt streitig zu machen.

Mit einem packenden Schreibstil und viel Liebe zum Detail konnte mich der Autor mit jeder Seite immer tiefer in den Bann der gut aufgebauten Geschichte ziehen. Getragen wird diese durch fein gezeichnete und vielschichtig angelegte Charaktere in Haupt- und vermeintlichen Nebenrollen, mit denen man beim Lesen gerne mitfiebert. Dabei hält sich der Autor eng an die historischen Fakten, wie eine Zeittafel zu Beginn des Buches belegt, versteht es aber auch meisterhaft, die durchaus vorhandenen Lücken dazwischen mit viel Phantasie zu füllen, ohne das Gesamtbild zu verfälschen.

Neben der Zeittafel sind auch das Personenregister mit der Zusatzinformation, welche der Protagonisten historisch belegt sind, und eine Karte der Stadt Prag sehr hilfreich, um sich in der komplexen Geschichte mit seinem doch recht hohen Personenaufgebot zurechtzufinden. Ein Nachwort, das Auskunft über Dichtung und Wahrheit gibt, und ein Glossar runden das Buch am Ende hervorragend ab und lassen endgültig keine Fragen mehr offen.

Da ich selber seit vielen Jahren im Brückenbau tätig bin, haben mich die Beschreibungen der Bauabläufe an dem später unter dem Namen Karlsbrücke bekannt gewordenen Bauwerk natürlich besonders interessiert und fasziniert. Dabei gab es auch durchaus einiges Neues zu entdecken. Quark und Eier als Zuschlagstoffe für Zement bzw. Beton waren mir bislang zumindest nicht geläufig. Dem Autoren geling es dabei auf hervorragende Art und Weise, die Bauabläufe so zu beschreiben, das sie auch für Laien auf dem Gebiet des Brückenbaues problemlos zu verstehen sind. Zumal hier die Geschichte um den Brückenbau sowieso klar im Vordergrund steht.

Liebhaber von prallen historischen Romane mit einer ordentlichen Portion Mittelalter werden hier somit bestens bedient und unterhalten.

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Veröffentlicht am 27.01.2022

Packende Chronik, die weit über den Tellerrand des Fußballs hinausblickt

71/72
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Mit diesem Buch gelingt dem Autoren Bernd-M. Beyer nicht nur eine wunderbare Chronik einer außergewöhnlichen Bundesligasaison, sondern er schaut dabei auch weit über den Tellerrand des Fußballs hinaus ...

Mit diesem Buch gelingt dem Autoren Bernd-M. Beyer nicht nur eine wunderbare Chronik einer außergewöhnlichen Bundesligasaison, sondern er schaut dabei auch weit über den Tellerrand des Fußballs hinaus und liefert so das sehr facettenreiche Portrait einer gespaltenen Gesellschaft. Die Auszeichnung als Fußballbuch des Jahres 2021 hat sich dieses Werk auf jeden Fall mehr als verdient.

Die Bundesligasaison 1971/1972 ist nicht nur in sportlicher Hinsicht mehr als außergewöhnlich. Es gibt einen spannenden Kampf um die Meisterschaft, an dem lange Zeit drei Mannschaften beteiligt sind und in dem die Entscheidung erst am allerletzten Spieltag im direkten Duell zwischen dem FC Bayern München und dem FC Schalke 04 fällt. Zudem ist die Saison auch für die deutsche Fußballnationalmannschaft sehr erfolgreich, da sie im Sommer 1972 den Titel des Europameisters gewinnen kann und auf dem Weg dahin mit tollem und spektakulärem Fußball begeistert. Es gibt aber auch eine ganze Reihe kleinerer Ereignisse, die diese Saison zu einer besonderen machen, z. B. das Abschiedsspiel der HSV-Legende Uwe Seeler. Doch es liegt auch ein ziemlich dunkler Schatten über der Saison. Im Sommer 1971 hat der Präsident von Kickers Offenbach in einer spektakulären Aktion einen Bestechungsskandal enthüllt und die nachfolgende Saison steht ganz im Zeichen der Aufarbeitung dieser Ereignisse, an der der DFB zunächst erstaunlich wenig Interesse zeigt, da kein Schatten auf die bevorstehenden olympischen Spiele 1972 und die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 fallen soll.

Doch nicht nur im Fußball hat das aufregende Jahr zwischen Sommer 1971 und Sommer 1972 eine Menge zu bieten. Die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt muss ein Misstrauensvotum überstehen, bei dem es ähnlich wie beim Fußball zu seltsamen Geldflüssen kommt, diesmal aber, um Stimmen und keine Spiele zu kaufen. Die Rote-Armee-Fraktion hält das Land weiterhin in Atem und als im Sommer 1972 ihre führenden Köpfe verhaftet werden, ist der Spuk noch lange nicht vorbei. Durch die fortwährenden Demonstrationen der 68er-Bewegung liegt zudem ein Hauch von Protest und Aufbruch in der Luft, zu dem die Band Ton Steine Scherben mit ihrem Frontmann Rio Reiser den passenden Sound liefert.

All dies arbeitet der Autor chronologisch auf und lässt einen mit seinem packenden Schreibstil tief in die Zeit eintauchen und den damaligen Zeitgeist spüren. Der Untertitel „Die Saison der Träumer“ ist zudem passend gewählt und spiegelt sich vor allem in den beiden Protagonisten Rio Reiser und Reinhard „Stan“ Libuda vom FC Schalke 04 wider, die hier besonders im Fokus stehen.

Ein tolles und äußerst kurzweiliges Buch, das durch viel Liebe zum Detail überzeugt und durch seine lebendige Erzählweise sicherlich nicht nur Fußballfans und/oder Nostalgiker anspricht.

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Bewegende Berichte von ehemaligen Kindersoldaten aus dem zweiten Weltkrieg

Die verlorene Generation
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Nachdem der Autor und Historiker Christian Hardinghaus in den Büchern "Die verdammte Generation" und „Die verratene Generation“ bereits den ehemaligen Wehrmachtssoldaten und den Frauen der Kriegsgeneration ...

Nachdem der Autor und Historiker Christian Hardinghaus in den Büchern "Die verdammte Generation" und „Die verratene Generation“ bereits den ehemaligen Wehrmachtssoldaten und den Frauen der Kriegsgeneration eine Stimme gegeben hat, sind in diesem Buch nun die Kinder bzw. Jugendlichen an der Reihe, die als Kindersoldaten an die Front geschickt wurden, als eigentlich bereits alles verloren war. Hier dürfen einige von ihnen nun endlich ihre Geschichte erzählen.

Als Ergebnis von zahlreichen Gesprächen, die der Autor mit den Männern geführt hat und so an ihren Erlebnissen teilhaben durfte, sind die hier abgedruckten Berichte von insgesamt 13 Zeitzeugen entstanden, die mehr als eindringlich ihre Erlebnisse während der letzten Kriegsjahre und zum Teil auch der anschließenden Kriegsgefangenschaft schildern.

Nach drei einleitenden Kapiteln, die sich mit unserer Erinnerungskultur und der grundsätzlichen Situation bzw. Rolle der Kinder im zweiten Weltkrieg auseinandersetzen, dürfen die Männer ihre subjektiven Erinnerungen ungefiltert wiedergeben, dabei sorgt der Autor aber immer wieder für eine historische Einordnung, die auch mit entsprechenden Fakten untermauert wird.

Diesen ehemaligen Kindersoldaten nicht viel früher zugehört zu haben, gehört sicherlich zu den größten Versäumnissen diverser Nachkriegsgenerationen. Aufgrund des hohen Alters der Beteiligten ist dieses Buch nun wohl die letzte Gelegenheit, diesen Fehler doch noch zu korrigieren.

Mit viel Empathie und Sachverstand ist dieser Versuch hier auf ganz wunderbare Art und Weise gelungen. Herausgekommen ist dabei das schonungslose und jederzeit packende Portrait einer verlorenen Generation, die es verdient hat, dass wir ihr endlich zuhören, ihre Rolle während des Krieges richtig einordnen und aus ihren bewegenden Berichten etwas lernen.

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Veröffentlicht am 17.01.2022

Packender und atmosphärisch dichter Roman um den spanischen Nationalhelden

Sie nannten ihn Cid. Eine spanische Legende
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In diesem packenden historischen Roman erzählt der Autor Mac P. Lorne die Geschichte des spanischen Nationalhelden Rodrigo Diaz de Vivar, besser bekannt unter den Namen „El Cid“. Dabei umfasst das Buch ...

In diesem packenden historischen Roman erzählt der Autor Mac P. Lorne die Geschichte des spanischen Nationalhelden Rodrigo Diaz de Vivar, besser bekannt unter den Namen „El Cid“. Dabei umfasst das Buch den Zeitraum von 1058 bis 1099 und liefert neben einer spannenden Grundstory auch noch einen Abriss der spanischen Geschichte in dieser Zeit.

Schon früh verdient sich Rodrigo Diaz de Vivar den Beinamen „Der Kämpfer“, da ihn niemand im ritterlichen Kampf bezwingen kann. Und so ist er über viele Jahre zunächst König Ferdinand I. und danach dessen Sohn Sancho eine wichtige Stütze. Als nach Sanchos Tod mit Alfonso, der zweitgeborene Sohn von Ferdinand, das Zepter übernimmt, brechen für Rodrigo deutlich härtere Zeiten an, in denen er für seine Freiheit und sein Glück mit Jimena kämpfen muss.

Mac P. Lorne legt hier wieder eine atmosphärisch dichte und ausgesprochen gut recherchierte Geschichte vor, die er mit einem packenden Schreibstil und einem hohen Erzähltempo vorantreibt. Mit einer ausgefeilten Mischung aus fiktiven und historisch verbürgten Protagonisten, die durchgehend sehr vielschichtig angelegt sind, hält er sich dabei zwar eng an die tatsächlichen Begebenheiten der damaligen Zeit, nutzt die durchaus vorhandenen Lücken aber auch geschickt aus, füllt sie mit zahlreichen Spannungsmomenten und lässt dabei seiner schriftstellerischen Freiheit ziemlich freien Lauf, ohne dabei das Gesamtbild zu verfälschen.

Ein Personenregister, eine Karte sowie eine Zeittafel und ein Glossar am Ende des Buches runden das Ganze überzeugend ab und sind auch äußerst hilfreich, um sich im ab und an doch etwas unübersichtlichen Geschehen zurechtzufinden.

Wer auf spannende und atmosphärisch dichte historische Romane mit einer satten Portion Mittelalter steht, wird hier bestens bedient und unterhalten.

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Veröffentlicht am 13.01.2022

Packender Thriller um einen Ausbruch von 606 Häftlingen und die dramatischen Folgen

606
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Mit diesem Buch legt die australische Autorin Candice Fox einen packenden Thriller vor, der mich mit seiner ungewöhnlichen Geschichte auf ganzer Linie überzeugen und begeistern konnte.

Alles beginnt ...

Mit diesem Buch legt die australische Autorin Candice Fox einen packenden Thriller vor, der mich mit seiner ungewöhnlichen Geschichte auf ganzer Linie überzeugen und begeistern konnte.

Alles beginnt mit einer spektakulären Gefangenenbefreiung in der Wüste von Nevada, bei der 606 Häftlinge aus einem Hochsicherheitsgefängnis entkommen können. Während die Polizei und die Sicherheitskräfte verzweifelt versuchen, die Entflohenen wieder einzufangen, bevor sie neue Verbrechen begehen, und zudem nach den Hintergründen der Befreiung suchen, ergreift der wegen Mordes an seiner Frau und seinem Sohn zum Tode verurteilte John Kradle die letzte Chance, doch noch den wahren Täter zu finden. Celine Osbourne, eine Aufseherin des Todestraktes, setzt sich aus persönlichen Gründen auf seine Fährte und scheint dabei ganz genau zu wissen, wo sie nach ihm suchen muss.

Mit einem packenden Schreibstil und einigen überraschenden Wendungen treibt die Autorin ihre gut aufgebaute Geschichte voran und sorgt durch ständige Perspektivwechsel für ein hohes Erzähltempo, dass einem beim Lesen kaum Zeit zum Luftholen lässt. Dabei bietet sie mehrere Erzählstränge auf, die nicht in jedem Fall ineinandergreifen, sondern ab und an auch einfach für sich stehen. Getragen wird die komplexe Geschichte durch ein gut gezeichnetes und vielschichtig angelegtes Figurenensemble in Haupt- und vermeintlichen Nebenrollen, das sich hervorragend ergänzt und zudem einige ungewöhnliche Charaktere mit reichlich Ecken und Kanten beinhaltet. Das die Zahl der Sympathieträger dabei doch ziemlich überschaubar bleibt, schadet dem hohen Unterhaltungswert des Buches in keinster Weise, ganz im Gegenteil.

In der Summe ergibt dies einen Thriller der Extraklasse, der sich schnell zu einem echten Pageturner entwickelt. Mein zweites Buch der Autorin wird mit Sicherheit nicht mein letztes bleiben.

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