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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.03.2022

Fiktion und Realität gemischt

Mrs Agatha Christie
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Im Buch spekuliert die Autorin Marie Benedict über den Grund für das elftägige Verschwinden von Agatha Christie. Sie stand noch am Anfang ihrer Karriere, als ihr Mann Archie ihr eröffnete, dass ...

Im Buch spekuliert die Autorin Marie Benedict über den Grund für das elftägige Verschwinden von Agatha Christie. Sie stand noch am Anfang ihrer Karriere, als ihr Mann Archie ihr eröffnete, dass er eine Liebe hatte und sich scheiden lassen wollte. Trotz all ihrer Versuche, ihn zurückzugewinnen, bestand er auf der Scheidung. Als Agatha plötzlich verschwand, war er fast überfordert damit, der Öffentlichkeit den besorgten Ehemann vorzuspielen.

Bisher hatte ich keine Ahnung davon, dass Agatha Christie eine Zeit lang verschwunden war und so aufwändig gesucht wurde. Deshalb hat mich dieses Buch sehr interessiert. Das an sich sehr interessante Thema hätte meiner Meinung nach aber mehr hergegeben, ich finde die Umsetzung nicht so geglückt. Die Idee, warum Agatha Christie verschwunden sein könnte, ist aber gut.

Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin die Geschichte der Christie-Ehe. Die Kapitel sind kurz, die Wechsel schnell, was den Lesefluss ebenso unterbricht wie zahlreiche Wiederholungen. So wird z.B. sehr oft wiederholt, dass Agatha bewusst die Beziehung zu ihrem Kind gefährdet hat, damit Archie sich nicht zurückgesetzt fühlt. Der Schreibstil ist eher distanziert, ich bin an die Figuren nicht so recht herangekommen. Dazu hat auch beigetragen, dass die Handelnden starr in Schwarz und Weiß eingeteilt sind, die Schattierungen dazwischen fehlen völlig. Das ist mir zu einseitig.

Das Cover mit einer Frau, die von einer Reise zurückzukehren scheint, passt gut, ist aber nicht außergewöhnlich.

Insgesamt war das Buch zwar unterhaltsam, das Thema hätte aber mehr hergegeben. Deshalb bekommt es von mir 3 Sterne.


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Veröffentlicht am 10.02.2022

Ein deutsch-deutscher Krimi

Im Schatten der Wende
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Vor dem historischen Hintergrund der Wende erzählt Frank Goldammer die Geschichte des jungen Volkspolizisten Tobias Falck. Nach einer Zusatzausbildung wird er zum Dresdner Kriminaldauerdienst ...

Vor dem historischen Hintergrund der Wende erzählt Frank Goldammer die Geschichte des jungen Volkspolizisten Tobias Falck. Nach einer Zusatzausbildung wird er zum Dresdner Kriminaldauerdienst versetzt und ermittelt mit seiner Kollegin Steffi Bach und dem Vorgesetzten Schmidt in verschiedenen Kriminalfällen. Nach der Maueröffnung schwappt eine Vielfalt von für die ostdeutsche Polizei neuer Kriminalität ins Land. Zudem taucht plötzlich eine westdeutsche Polizistin auf und bittet um Amtshilfe, was das Zusammenwachsen des neu gebildeten Teams nicht einfacher macht.
Das Cover finde ich passend, nicht zu reißerisch und ein wenig geheimnisvoll, wie es sich für einen Krimi gehört. Frank Goldammers Schreibstil ist sachlich und leicht verständlich, für meine Begriffe aber ein wenig zu distanziert.
Dem Autoren ist es perfekt gelungen, Stimmung und Atmosphäre der Wendezeit zu vermitteln. Die historischen Hintergründe erzählt er authentisch und nachvollziehbar. Die handelnden Personen schildert er sehr detailliert, jedoch fehlt mir an manchen Stellen so ein bisschen das Gefühl, die Empathie.

Nicht so gut gefallen hat mir der „Krimiteil“, denn die Polizisten ermitteln parallel in mehreren Fällen, was bei mir zeitweise für große Verwirrung gesorgt hat. Es ist nicht Raum genug, um die Ermittlungen nachvollziehbar zu schildern. Irgendwann hat Falck ohne erkennbaren Anlass eine Idee, setzt sie um und tada - Fall gelöst. Mir fehlt da komplett die Herleitung, die Indizien, die Beweise.
Die Beziehung zwischen Ost- und West-Polizei wurde mit allen Klischees bepackt, die zu finden waren. Die Ossis komplexbeladen, unsicher und rückständig, die Wessi-Frau arrogant, überheblich und besserwisserisch. Das ist mir ehrlich gesagt ein bisschen zu platt und zu einfach. Da hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht. Schade, denn aus diesem Thema hätte man mehr machen können. So kann ich nur eine eingeschränkte Leseempfehlung geben.

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Veröffentlicht am 28.01.2022

Da war mehr drin

Der Erinnerungsfälscher
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Wir lesen die Geschichte des Irakers Said, der aus Bagdad flüchtet und in München eine neue Heimat findet. Nach einigen Jahren, er ist inzwischen deutscher Staatsbürger und hat Frau und Kind, ...

Wir lesen die Geschichte des Irakers Said, der aus Bagdad flüchtet und in München eine neue Heimat findet. Nach einigen Jahren, er ist inzwischen deutscher Staatsbürger und hat Frau und Kind, ruft ihn sein Bruder ans Sterbebett der Mutter nach Bagdad. Sofort macht sich Said auf die Reise in seine Vergangenheit.

Ich habe mich für dieses Buch interessiert, weil ich es interessant fand, die Flüchtlings-Problematik mal aus der Sicht eines direkt Betroffenen anzuschauen. Das ist hier leider nur bedingt gelungen, denn die Gründe für die Flucht und die Flucht selbst wurden nur in wenigen kurzen Episoden behandelt und sind hier definitiv zu kurz gekommen. Gut gelungen ist die Beschreibung des deutschen Behördendschungels, der für einen Fremden ohne Hilfe nicht zu überwinden ist.
Der Schreibstil hat mich nicht wirklich abgeholt, zu emotionslos und sachlich wurde Saids Geschichte erzählt. So ist Said mir bis zum Ende leider fremd geblieben.
Ich hatte auf eine Geschichte gehofft, die uns Deutsche besser verstehen lässt, warum Menschen ihre Heimat verlassen und unter oft unabsehbaren Gefahren auf den Weg machen, um hier bei uns eine neue Perspektive zu finden. Diese Hoffnung hat Abbas Khider leider nicht erfüllt. Schade, denn grundsätzlich wäre das Potential dagewesen. Deshalb kann ich keine uneingeschränkte Leseempfehlung geben.

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Veröffentlicht am 28.12.2021

Ein heißes Thema

Strahlentod
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Im Verlauf einer Widerstandsaktion gegen die Castor-Transporte wird im Knüllwald ein Polizist von einem Steinewerfer getötet, ein Fall in dem Ralph Angersbach ermittelt. Neun Jahre später - ...

Im Verlauf einer Widerstandsaktion gegen die Castor-Transporte wird im Knüllwald ein Polizist von einem Steinewerfer getötet, ein Fall in dem Ralph Angersbach ermittelt. Neun Jahre später - der Castor rollt immer noch durch Hessen - wird am Rand der Demonstrationen ein Sprengstoffanschlag auf einen VW-Bus verübt, der Ralphs Vater gehören könnte. Trotz familiärer Verstrickung, auch wenn das Opfer nicht sein Vater ist, übernimmt Ralph gemeinsam mit seiner ehemaligen Kollegin Sabine, die jetzt für das LKA arbeitet, den Fall. Die Spuren im familiären Umfeld des Toten verlaufen ebenso im Sand wie die Ermittlungen im Umfeld der Castor-Gegner. Erst als zwei weitere Leichen auftauchen, gelingt den Ermittlern ein Durchbruch.

Den beiden Autoren ist es brillant gelungen, diesen Kriminalfall in das leider immer noch brandaktuelle Geschehen rund um die Atommüll-Endlagerung einzubinden. Der Schreibstil ist modern und schnörkellos und hat mich direkt mitgenommen ins Geschehen. Die Entwicklung der Geschichte ist schlüssig und nachvollziehbar, die Auflösung für mich trotzdem überraschend.

Obwohl ich die vorhergehenden Fälle rund um das Ermittler-Team Angersbach/Kauffmann nicht gelesen habe, konnte ich der Geschichte von Anfang an gut folgen. Dieser sechste Band kann also gut für sich alleine stehen.

Trotz zahlreicher Wiederholungen z.B. bei den Personenbeschreibungen (die Schönheit und Eleganz der Bürgermeistersgattin wurde z.B. mehrfach sehr ausschweifend erwähnt) blieb die Spannung weitgehend erhalten. Gestört hat allerdings die ausführliche, ebenfalls mit zahlreichen Wiederholungen geschilderte verkorkste Liebesgeschichte zwischen Ralph und Sabine. Zeitweise habe ich mich gefragt, ob ich einen Krimi oder einen Liebesroman lese. Es ist zwar schön, wenn auch die menschliche Seite der Ermittler zur Geltung kommt, aber das war entschieden zu viel.

Mein Fazit: Ein solider Regionalkrimi mit einer schlüssigen Story und trotz einiger Schwächen durchaus lesenswert.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Mädchenhandel

Die letzte Tochter von Versailles
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Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in ...

Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in den Straßen von Paris nach jungen Mädchen für das Bett des Königs sucht, wird ihr verschwiegen. Für Veronique beginnt ein Leben voller Heimlichkeiten. Was dann passiert, ist vorhersehbar - sie wird schwanger, der König verliert das Interesse an ihr, das Kind wird ihr weg genommen.

Grundsätzlich ist das der Stoff für einen spannenden historischen Roman. Die langatmige Erzählweise lässt allerdings wenig Spannung aufkommen. Auch schildert die Autorin die Ereignisse so emotionslos, fast schon lapidar, dass ich keinen rechten Zugang zu den Personen bekommen konnte. Am sympathischsten ist mir da noch Köchin Hortense, sie zeigt wenigstens menschliche Regungen. Die Geschichte fühlt sich an wie eine chronologische Aneinanderreihung von Ereignissen die gekonnt mit historischem Bezug versehen wurden. Schade, aus diesem Stoff hätte man mehr machen können.

Das Cover hat mich sehr angesprochen, es passt auch perfekt zum Thema. Leider hält das Buch nicht, was das Cover verspricht. Ich liebe historische Romane sehr, sie dürfen aber gerne ein bisschen opulenter und emotionaler daher kommen. Dieser wirkt ein bisschen wie ein mit Handlung unterlegtes Sachbuch, denn die Fakten zur Revolution und die Schilderung des täglichen Lebens in dieser Zeit sind scheinbar sehr gründlich recherchiert und detailgenau geschildert.

Alles in allem kann ich nur eine eingeschränkte Leseempfehlung geben, denn wenn man seinem historischen Roman einen Bildungsauftrag zuordnet, ist man hier goldrichtig. Ich erwarte von einem Buch dieses Genres mehr Unterhaltung auf der emotionalen Ebene.

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