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kathieder

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Veröffentlicht am 13.01.2024

KRIEG IST FRIEDEN. FREIHEIT IST SKLAVEREI. UNWISSEN IST STÄRKE.

Julia
1

JULIA – eine bekannte Geschichte, die durch neue Augen erzählt wird, und dabei kein bisschen von seiner erschreckenden Brutalität und Aktualität verloren hat.

„Julia, was würdest du von denjenigen halten, ...

JULIA – eine bekannte Geschichte, die durch neue Augen erzählt wird, und dabei kein bisschen von seiner erschreckenden Brutalität und Aktualität verloren hat.

„Julia, was würdest du von denjenigen halten, die dich für diene Taten hassten?“ […]„Die wissen nicht, wie es ist. Es ist immer einfach, über etwas zu urteilen, was man nicht versteht. Sie halten sich für überlegen, aber sie haben keine Ahnung.“
„Sie wurden noch nie vor eine so schwierige Wahl gestellt“
„Ja. Sie wissen nicht, wie sie sich in einer ähnlichen Situation verhalten würden.“


Mit 1984 hat George Orwell ein Werk geschaffen, das zu einem Klassiker in der Weltliteratur aufgestiegen ist. Mit Julia wirft Sandra Newman erneut einen Blick in diese düstere Welt , die auch nach all den Jahren nicht an ihrer drohenden Aktualität eingebüßt hat.

Anders als Winston, der Antiheld aus Orwells‘ Vorlage, versucht Julia nicht, zwingen aus dem System auszubrechen sondern sucht einen Weg, in dieser menschenunwürdigen Welt bestmöglich zu überleben. Sie bewegt sich innerhalb der engen Grenzen, die gesetzlich auferlegt werden und findet die Möglichkeit, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Ihr vermehrter Kontakt mit Winson ist der Beginn vom Ende.

Du glaubst, dass es möglich ist, eine geheime Welt zu erschaffen, in der du leben kannst, wie du willst – alles, was du brauchst, ist Glück, List und Kühnheit, solange bist du in Sicherheit. Aber das Individuum wird immer unterliegen. Du musst selbst erkennen, dass du de Untergang geweiht bist ja, tief in deinem Herzen weißt du das schon ganz genau. […] Wir sind die Toten.

Sandra Newman verfügt über die Gabe, schreckliche Geschichten mit wunderschönen Worten zu erzählen. Die Melodie ihrer Sprache scheint vom Paradies zu kommen, während sie in Wahrheit von der Hölle berichtet.

Ihr wurde bewusst, dass Luxus ebenso sehr aus der Abwesenheit von gewissen Dingen bestand wie aus dem Überfluss anderer.

Immer wieder klammern sich die Gedanken an ein positives, hoffnungsvolles Ende. Doch mit jeder Seite wird die Dunkelheit und Grausamkeit der Welt intensiver und unerträglicher. Es ist, als folge man Dantes Weg durch die Kreise der Hölle: ein jeder scheint an Grausamkeit nicht zu überbieten zu sein, doch folgt im nächsten ein noch viel schlimmeres Schicksal. So war es bei Orwell, und so ist es auch bei Julia.

In diesem Spiel, das wir da spielen, können wir nicht gewinnen. Manche Arten des Scheiterns sind besser als andere. Ganz einfach.

Fazit

Julia ist ein fesselndes Buch. Grausam und irgendwie so nah dran an der Wahrheit der menschlichen Natur. Der Urinstinkt des Menschen gilt dem Überleben. Am Ende zählt jeder für sich. Was Orwell begonnen hat, hat Sandra Newman vollendet. Sie hat ein Werk geschaffen, dass trotz allem schwer aus der Hand zu legen ist. Ein Buch, in dem so viel mehr steckt, als es zunächst den Anschein hat. Eine Heldin, die keine ist. Die man versteht, oder auch nicht. Eine Protagonistin, die ihr eigenes Überleben über die moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft stellt, die gemütlich mit einer Tasse Tee vor dem warmen Kamin sitzen und in die düsteren Seiten des Buches hinableiten.

Julia ist ein beklemmendes, düsteres Werk. Aber eines, dass gelesen werden sollte. Ebenso wie der Klassiker, auf dem dieses Buch aufbaut. Es ist spannend geschrieben, wunderschön erzählt und hält dabei der Welt einen Spiegel vor.

Die kursiv geschriebenen Stellen sind direkt aus dem Buch entnommen

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Veröffentlicht am 29.01.2022

Kampf dem Staub

The Maid
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Ein Tag wie jeder andere. Mollys Dienstmädchenuniform hängt frisch gebügelt und gewaschen an ihrem Spind, der Putzwagen ist neu aufgefüllt und motiviert wie immer startet sie in ihren Arbeitstag. Selbst ...

Ein Tag wie jeder andere. Mollys Dienstmädchenuniform hängt frisch gebügelt und gewaschen an ihrem Spind, der Putzwagen ist neu aufgefüllt und motiviert wie immer startet sie in ihren Arbeitstag. Selbst die Unordnung in der Suite von Mr. und Mrs. Black ist nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch, dass Mr. Black am Fußboden herumliegt. Und das, ohne zu atmen.
Schlagartig ändert sich Mollys geregeltes Leben. Die Spurensicherung versperrt ihren Arbeitsbereich, die Polizei stellt unangenehme Fragen und schließlich wird sie auch noch gebeten, von der Arbeit fernzubleiben. Dabei hat sie nichts falsch gemacht. Hat sich an die Belehrungen von Mr. Snow, dem Hoteldirektor gehalten und stets die Etikette des Anstands bewahrt. Und dafür gesorgt, ihrer Arbeit gewissenhaft nachzugehen – trotz der schrecklichen Umstände. Die Polizei findet Mollys Arbeitswillen höchst verdächtig und findet auch genügend Gründe, um das Zimmermädchen ganz oben auf die Liste der Verdächtigen zu setzen.
Molly Maid
Ein klingender Name, der nicht besser passen könnte. Schon als Kind träumt Molly davon, Zimmermädchen zu werden. Nichts schöner als eine Suite in den Zustand der Perfektion zurückzuversetzen. Sauberkeit und Regeln beherrscht sie zur Perfektion. Zwischenmenschliche Beziehungen oder die Tiefe menschlicher Verschlagenheit weniger. Mit ihrer ungewöhnlichen Art zu Sprechen und etwas weltfremden Art dauert es nicht lange bis sie ins Fadenkreuz der Ermittler gerät und schnell lernt Molly den wahren Unterschied zwischen einem echten Freund und einem falschen Fuffziger.
Fazit
Witzig, erfrischend und mit einer Priese Ehrlichkeit, die einen aufrüttelt und über Vorurteile und voreilige Schlüsse nachdenken lässt. Eine neue Sichtweise im Genre des Krimis, die ich so noch nicht kannte und sehr genossen habe. Ein Gute-Nacht-Krimi zum Genießen.

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Veröffentlicht am 11.05.2021

Ein gutes Buch für zwischendurch

Die Walfängerin von Borkum
1

Die Geschichte spielt 1653 auf der kleinen Insel Borkum in der Nordsee.
Schon als kleiner Junge hegt Joris den Traum, einmal als Walfänger die Meere zu besegeln. Sein Wunsch geht in Erfüllung und er wird ...

Die Geschichte spielt 1653 auf der kleinen Insel Borkum in der Nordsee.
Schon als kleiner Junge hegt Joris den Traum, einmal als Walfänger die Meere zu besegeln. Sein Wunsch geht in Erfüllung und er wird Commandeur eines Schiffes. Die Insel feiert ihn stolz, doch sein Bruder Nils und seine Verlobte Fenja sehen seinem Aufbruch mit gemischten Gefühlen entgegen. Während Fenja vor Sorge fast umkommt, nagt an Nils die Eifersucht, dass sein Bruder den Traum leben darf, der ihm verwehrt bleibt. Joris stellt bald fest, dass man es als junger Commandeur nicht immer leicht hat. Auf Borkum schlittert Fenja in eine unangenehme Lage, doch dieses Mal ist Joris nicht an ihrer Seite, um sie dabei zu unterstützen.

Bereits von Anfang an wird man von den bildhaften Beschreibungen von Borkum und dem raschen Erzählstil in die Geschichte hineingezogen. Der Autorin ist es gelungen, bis zum Schluss die Spannung aufrecht zu erhalten. Durch ihren angenehmen und simplen Schreibstil entstehen keine langweiligen Passagen oder Verständnisprobleme. Durch Kapitelweise Cliffhanger verstärkt sich der Drang, weiterzulesen. Besonders die Passagen auf dem Walfänger habe ich sehr genossen. Den Verlauf der Geschichte kann man am besten mit einem Stein beschreiben, der den Hügel hinunterrollt. Anfangs kommt sie erst langsam ins Rollen. Das gibt einem die Möglichkeit, Borkum und die unterschiedlichsten Charaktere in Ruhe kennen zu lernen. Später jagt dann ein Ereignis das andere. Die Geschichte wird immer schneller, die Geschichte teilt sich in zwei Handlungssträng, die zum Schluss wieder zusammengeführt werden und sich dabei fast überschlagen. Das Ende ist wieder idyllisch und fast schon kitschig. Ein Happy End für (fast) jeden, der sich für die richtige Seite entschieden hat. Wie im Märchen.

Zu Beginn wirken alle eingeführten Charaktere sehr vielversprechend, aber leider kommt es im Laufe der Geschichte kaum zu Entwicklungsschritten. Nicht nur die von Fenja, die erst in den letzten Kapiteln einsetzt, auch die anderen Figuren scheinen sich kaum zu ändern. Nils wird verbitterter und Joris reifer, aber nur sehr geringfügig. Das ist ein bisschen schade, weil da mehr möglich gewesen wäre. Diese geringen Änderungen der Persönlichkeit machen es auch schwierig, gewisse Handlungen der Figuren nachzuvollziehen. Auf der anderen Seite gibt es einige Nebencharaktere, die man sofort ins Herz schließt und versteht: sei es die starköpfige Neele, der kleine Georg, Joris Freund Ove und Grete, die gute Seele der Insel.

Die Thematik des Walfangs ist wunderbar ausgearbeitet. Wie wertvoll ein Wal war, der die Menschen monatelang ernähren konnte und die vielen Gefahren der Jagd, sei es das Wetter, Krankheiten oder eine Meuterei geben diesem Handwerk einen ganz besonderen Stellenwert, den man heute kaum noch verstehen kann. Solche Bücher sind wichtig, um Menschen von heute die damalige Sicht der Dinge näher zu bringen.

Der flüssige Sprachverlauf und der spannende Handlungsaufbau geben dem Buch einen guten Unterhaltungswert. Auch nach längeren Pausen findet man sofort wieder zurück in die Handlung und versinkt erneut darin. Das Cover ist ansprechend und spiegelt die Geschichte wider, besser als der Titel, der nicht ideal gewählt wurde. Die Figuren haben meiner Meinung nach zu wenig Entwicklung, was die Geschichte gegen Ende hin etwas seicht werden lässt.

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