Minenfelder im Gedächtnis
Said Al-Wahid ist auf dem Rückweg von einer Lesung, als ihn die Nachricht erreicht, dass seine Mutter im Sterben liegt. Er hat sie lange nicht gesehen, da sie immer noch im Irak lebt, von wo Said vor der ...
Said Al-Wahid ist auf dem Rückweg von einer Lesung, als ihn die Nachricht erreicht, dass seine Mutter im Sterben liegt. Er hat sie lange nicht gesehen, da sie immer noch im Irak lebt, von wo Said vor der Diktatur geflohen ist und nun schon viele Jahre in Deutschland lebt. Er lebt in Berlin, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Monica und dem kleinen Sohn Ilias.
Said beschließt, sofort nach Bagdad zu fliegen, um keine Zeit zu versäumen, denn er möchte seine Mutter noch einmal sehen. Den deutschen Reisepass hat er immer dabei, er ist für ihn das wichtigste Dokument, denn es erleichtert sein Leben. Unterwegs hat er nun viel Zeit, sich emotional auf seine alte Heimat einzulassen, und damit kommen auch zahlreiche Erinnerungen auf.
Viele seiner Erinnerungen sind negativ besetzt, denn in seiner Heimat sind schlimme Dinge passiert, auch innerhalb seiner Familie, ebenso auf der Flucht. Dies sind die Minenfelder in seinem Gedächtnis, die er nicht gern betreten möchte. Dazu gehört z.B. der sinnlose Tod seiner Schwester und ihrer Familie.
Er bezeichnet sich selbst als Erinnerungsfälscher, denn er füllt leere Erinnerungsrahmen mit fiktiven Inhalten aus, bzw. weiß er nicht, ob sie Realität sind oder nicht, denn es gibt mehr als eine Variante dieser Erinnerungen, aber was ist authentisch? Ich denke, die erlittenen Traumata bringen ihn dazu, die Vergangenheit in einigen Bereichen zu verdrängen.
Irgendwie scheint mir Said ein einsamer Mensch zu sein, der auf sich allein gestellt ist. Er hat zwar Kontakte, sogar eine eigene Familie, aber wichtige Entscheidungen trifft er allein. Und er ist auch oft allein, allein mit seinen Erinnerungen. Daher ist die Atmosphäre oft niederdrückend, was zum Inhalt des Buches passt.
Der Schreibstil das Autors ist flüssig und gut verständlich. Er benutzt eine einfache Sprache, ohne Verschnörkelungen, was meiner Meinung nach aber gut zum Inhalt passt, denn auch das geschilderte Leben ist bescheiden und schmucklos. Teilweise hat man das Gefühl, biographische Züge zu erkennen, vielleicht auch nur auf der Gefühlsebene.
Nach dem 'Palast der Miserablen' hat mich auch dieses Buch von Abbas Khider wieder sehr beeindruckt, und ich spreche eine eindeutige Leseempfehlung aus.