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Nilchen

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Veröffentlicht am 31.01.2022

Zwei Monologe sind kein Gespräch!

Sokrates in Sneakern
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Dieses Buch trifft genau den Nerv der Zeit aus meiner Sicht, denn viele begeben sich gar nicht mehr in den offenen Austausch mit anderen. Die eigene Meinung wird als unumstößliche Wahrheit vor sich hergetragen. ...

Dieses Buch trifft genau den Nerv der Zeit aus meiner Sicht, denn viele begeben sich gar nicht mehr in den offenen Austausch mit anderen. Die eigene Meinung wird als unumstößliche Wahrheit vor sich hergetragen. Das führt zu verhärteten Fronten, ein verständnisloses Miteinander und weniger Empathie.
Hier in „Sokrates in Sneakern“ von der Niederländerin Elke Wiss bekommen wir auf sehr kurzweilige Art mit auf den Weg was einen guten Dialog ausmacht: Im Kern die Kompetenz die richtigen Fragen zu stellen! Oder besser die Art richtige Fragen zu stellen. Das gepaart mit der Haltung Sokrates zu Mut, Neugierde, Staunen, Urteilen und einigen weiteren Themenblöcken macht die Sache recht einfach konsumierbar ohne schwer zu werden. Daher passt auch der Titel so super.
Aufgelockert wird der Text mit Übungen, die unregelmäßig immer wieder auftauchen. Es lohnt sich hier wirklich aktiv zu werden. Wie die Aufforderung „Trainieren Sie ihre emphatische Nullstellung“, mal nur Fragen stellen, ohne empathische Zwischenbemerkungen. Diese Übungen schärfen die eigene Kommunikationsweise und hilft sich bewusst zu machen wie wir selbst Gespräche führen.
Der Wissensanteil des Buches wird anhand von anschauliche Dialog-Beispiele und Kommunikationen erläutert, aber natürlich auch durch reine Wissensvermittlung.
Diese drei Komponenten (Wissen, Beispiele, Übungen) machten es mir leicht dieses Buch zu lesen und ich werde es in greifbarer Nähe lassen um das eine oder andere noch mal zu vertiefen. Regt es doch enorm an, an sich selbst zu feilen.
In der Bibliografie wird auf viele holländische Texte referiert, aber das ist aus meiner Sicht zu vernachlässigen, da das Buch eine runde Sache ist!

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Mütter und Töchter

Ein Ort, der sich Zuhause nennt
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Die Beziehungen von Müttern zu Töchtern sind so alt wie Menschen selbst und es sind immer wiederkehrende Motive: Es gibt Reibungen, es gibt Konflikte und es birgt ein inniges Verhältnis zumeist durch viel ...

Die Beziehungen von Müttern zu Töchtern sind so alt wie Menschen selbst und es sind immer wiederkehrende Motive: Es gibt Reibungen, es gibt Konflikte und es birgt ein inniges Verhältnis zumeist durch viel Liebe angereichert- wir alle kennen es.
Nun hat nach 4jähriger Mammutarbeit Astrid Ruppert ihre Trilogie abgeschlossen, die genau diese Beziehung unter die Lupe nimmt. Immer wieder in wechselnden Zeiten, in verschiedenen Konstellationen, aber die grundlegende Analyse gilt: Mutter und Tochter. Ist dabei natürlich auch noch rasant unterhaltsam!
Es beginnt mit Band 1 der „Leuchtende Tage“ heißt und in der wilhelminischen Zeit beginnt. Kaiserzeiten mit klaren Regeln für bürgerliche Töchter und einer ganz klaren Erwartungshaltung von Mutter an Tochter. Und hier begegnen wir Lisette Winter in Wiesbaden. Sie will frei sein und alles andere als eine gute Partie finden und das brave Mädchen sein. Also nimmt sie 1906 Reiß aus und bringt sehr viel Mut auf sich mit der Liebe ihres Lebens, Schneider Emil, in das Abenteuer Selbstständigkeit zu stürzen und neuste Mode zu entwerfen. Und der 1. Weltkrieg naht! Auch hier wird schon der Bogen zu ihrer Urenkelin Maya gespannt und wie die Tücken des Lebens ihr 100 Jahre später auflauern. Sie lebt in Frankfurt und ist eher weniger erfolgreich als Übersetzerin. Ihre Mutter Paula hingegen hat auch ein angespanntes Verhältnis zur eigenen Mutter Charlotte. Alle Frauen sind durch die verknüpften Jahrhunderte nun bekannt.
Dann folgt Band 2 mit „Wilde Jahre“ in dem Tochter wie Mutter Paula im Rampenlicht steht in den wilden 70er Jahren. Auch wieder das Sujet des Brechens mit alten Werten und Konversionen, den Paula wird in einem hessischen Dorf groß, wo man ihren Traum Sängerin zu werden nicht hören mag in der Nachkriegszeit. Ihre Mutter Charlotte, die mit ihrem Mann einen Bauernhof nach dem Krieg bewirtschaften, sind die Träume der Tochter Luftnummern. Paula zieht es nach London, raus aus dem Kaff und wir erleben mit wie Maya geboren wird und auch ohne Vater ist es modern ein Kind großzuziehen. Maya begegnen wir auch als Erwachsene und sie ist immer mehr die Klammer der Winterfrauen, die mehr wissen will und hinterfragt.
Das Finale ist Band 3 „Ein Ort, der sich zu Hause nennt“. Der Abschluss der Trilogie der das Geheimnis um Charlotte aufdeckt. Wir begeben uns vor allem in die 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts und fokussieren uns auf Charlotte. Sie folgt beruflich ihrer alleinerziehenden Mutter Lisette und wird Schneiderin und hat eine schicksalshafte Begegnung zu Nazizeiten. Sie beweist Mut und nach all den vielen Jahren bricht sie das Schweigen in der Gegenwart gegenüber Tochter Paula und Enkelin Maya.
In der Trilogie leben und leiden wir mit den Müttern und Töchter der Familie Winder durch das letzte Jahrhundert. Nun habe ich alle 3 Bände gelesen, fühle mich bereichert, denn es war nicht nur ein Ritt durch die Zeit sondern auch durch multiple Perspektivwechsel, die es so spannend machten. Es sind rundum gelungene charakterstarke Frauen, die hier im Zentrum der Geschichte(n) stehen.

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Mütter und Töchter

Leuchtende Tage
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Die Beziehungen von Müttern zu Töchtern sind so alt wie Menschen selbst und es sind immer wiederkehrende Motive: Es gibt Reibungen, es gibt Konflikte und es birgt ein inniges Verhältnis zumeist durch viel ...

Die Beziehungen von Müttern zu Töchtern sind so alt wie Menschen selbst und es sind immer wiederkehrende Motive: Es gibt Reibungen, es gibt Konflikte und es birgt ein inniges Verhältnis zumeist durch viel Liebe angereichert- wir alle kennen es.
Nun hat nach 4jähriger Mammutarbeit Astrid Ruppert ihre Trilogie abgeschlossen, die genau diese Beziehung unter die Lupe nimmt. Immer wieder in wechselnden Zeiten, in verschiedenen Konstellationen, aber die grundlegende Analyse gilt: Mutter und Tochter. Ist dabei natürlich auch noch rasant unterhaltsam!
Es beginnt mit Band 1 der „Leuchtende Tage“ heißt und in der wilhelminischen Zeit beginnt. Kaiserzeiten mit klaren Regeln für bürgerliche Töchter und einer ganz klaren Erwartungshaltung von Mutter an Tochter. Und hier begegnen wir Lisette Winter in Wiesbaden. Sie will frei sein und alles andere als eine gute Partie finden und das brave Mädchen sein. Also nimmt sie 1906 Reiß aus und bringt sehr viel Mut auf sich mit der Liebe ihres Lebens, Schneider Emil, in das Abenteuer Selbstständigkeit zu stürzen und neuste Mode zu entwerfen. Und der 1. Weltkrieg naht! Auch hier wird schon der Bogen zu ihrer Urenkelin Maya gespannt und wie die Tücken des Lebens ihr 100 Jahre später auflauern. Sie lebt in Frankfurt und ist eher weniger erfolgreich als Übersetzerin. Ihre Mutter Paula hingegen hat auch ein angespanntes Verhältnis zur eigenen Mutter Charlotte. Alle Frauen sind durch die verknüpften Jahrhunderte nun bekannt.
Dann folgt Band 2 mit „Wilde Jahre“ in dem Tochter wie Mutter Paula im Rampenlicht steht in den wilden 70er Jahren. Auch wieder das Sujet des Brechens mit alten Werten und Konversionen, den Paula wird in einem hessischen Dorf groß, wo man ihren Traum Sängerin zu werden nicht hören mag. Ihre Mutter Charlotte, die mit ihrem Mann einen Bauernhof nach dem Krieg bewirtschaften, sind die Träume der Tochter Luftnummern. Paula zieht es nach London, raus aus dem Kaff und wir erleben mit wie Maya geboren wird und auch ohne Vater ist es modern ein Kind großzuziehen. Maya begegnen wir auch als Erwachsene und sie ist immer mehr die Klammer der Winterfrauen, die mehr wissen will und hinterfragt.
Das Finale ist Band 3 „Ein Ort, der sich zu Hause nennt“. Der Abschluss der Trilogie der das Geheimnis um Charlotte aufdeckt. Wir begeben uns vor allem in die 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts und fokussieren uns auf Charlotte. Sie folgt beruflich ihrer alleinerziehenden Mutter Lisette und wird Schneiderin und hat eine schicksalshafte Begegnung zu Nazizeiten. Sie beweist Mut und nach all den vielen Jahren bricht sie das Schweigen in der Gegenwart gegenüber Tochter Paula und Enkelin Maya.
In der Trilogie leben und leiden wir mit den Müttern und Töchter durch das letzte Jahrhundert. Nun habe ich alle 3 Bände gelesen, fühle mich bereichert und trauere den Damen etwas hinterher, denn es war nicht nur ein Ritt durch die Zeit sondern auch durch multiple Perspektivwechsel, die es so spannend machten. Es sind rundum gelungene charakterstarke Frauen, die hier im Zentrum der Geschichte(n) stehen.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Zwischen den Stühlen

Dschinns
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Fatma Aydemir war eine der drei ausgezeichneten mit dem Robert Gernhardt Preis in 2020 für das Buchprojekt „Dschinns“ und nun erscheint es endlich. Es hat sich gelohnt, der Roman ist aus meiner Sicht großartig ...

Fatma Aydemir war eine der drei ausgezeichneten mit dem Robert Gernhardt Preis in 2020 für das Buchprojekt „Dschinns“ und nun erscheint es endlich. Es hat sich gelohnt, der Roman ist aus meiner Sicht großartig geworden.
Es ist ein Familienroman genauso wie ein Gesellschaftsroman. Wir begegnen der Familie Yilmaz in einem Ausnahmezustand, aber erfahren auch sehr viel über die Einzelnen. Es wird ein Bogen gespannt von der schicksalhaften Situation über ihr gesamtes Leben. Hervorragend von der Autorin orchestriert.
Wir treffen zunächst auf Hüseyin und seinem inneren Dialog. Just hat er eine Istanbuler Wohnung erworben mit dem hart erarbeiteten Geld aus Deutschland. Nach 30 Jahren im Ausland will er im Ruhestand hier seine letzten Jahre verbringen zusammen mit seiner Frau. Leider bleibt es ihm nicht vergönnt und er stirbt dort in der Wohnung nach einem Herzinfarkt.
Danach folgen Kapitel in denen alle anderen Familienmitglieder zu Wort kommen, zum einen natürlich seine Frau Emine und die vier Kinder. Wir wechseln immer mal wieder die Perspektive auf das Leben der Familie Yilmaz und der eigenen Sorgen und Nöte. Nicht selten kommt der Aspekt der elterlichen Auswanderung zur Sprache, das Gastarbeiterstatus der Familie in Deutschland und die damit verbundene innere Suche nach Heimat. Zum Schluss kommt erneut als Klammer Vater Hüseyin zu Wort.
Mir gefällt der Sprachstil von Fatma Aydemir extrem gut. Sie nutzt das fiktive Geschehen einer Familie und zeigt die feinen Nuancen im großen gesellschaftlichen Panorama. Äußerst gut!

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Entbunden von der Ukraine

Eine Formalie in Kiew
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„Wenn man diesen Ort in Flaschen abfüllen könnte, hätte man die Hoffnungslosigkeit konserviert.“ (S.118)
Dmitrij Kapitelman jongliert mit der deutschen Sprache und erfindet sie neu, wenn er Hunde als Kleffkrümel ...

„Wenn man diesen Ort in Flaschen abfüllen könnte, hätte man die Hoffnungslosigkeit konserviert.“ (S.118)
Dmitrij Kapitelman jongliert mit der deutschen Sprache und erfindet sie neu, wenn er Hunde als Kleffkrümel betitelt oder er „fragfürchtet“ sowie über sein zweites „Staatsfamilienleben“ sinniert und dann irgendwann „gegenwartsgierig“ ist. Oder auch wenn er sich ständig entdanken muss in Kiew – nichts anderes als bestechen bloß charmanter! Zugleich lässt er uns auch über unsere deutsche Sprache nachdenken, wenn er sich über die Konstellation von „sich auf jemanden verlassen“ wundert, was da zum Teufel das verlassen zu suchen hat. Auf jeden Fall ein sprachsensibler Roman. Nicht nur Deutsch wird hier seziert, ich lerne auch was ein Golownjak ist im Russischen. Überhaupt setzt sich der Roman mit dem Nutzen der Sprache auseinander.Er, der als Kind der Sowjetunion die Ukraine verlies als dort noch Russisch gesprochen wurde, kommt heute wenig klar, wenn es ist heute verpönt.
„Hier in der heimischen Fremde wirkt alles doppelt bedrohlich“. (S. 99)
‚Eine Formalie in Kiew‘ nimmt uns im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Protagonisten mit auf eine Reise nach Kiew. Er will nach 25 Jahren BRD doch nun deutscher Staatsbürger werden und es braucht eine erneute beglaubigte Geburtsurkunde (Apostille) aus Kiew. Es begegnet ihm allerlei Wahnsinn und ist doch oft auch positiv überrascht über sein Herkunftsland und seine Erinnerungen. Er überdenkt die Beziehung zu seinen Eltern, analysiert die Entwicklung von Damals-Mama zur Heute-Mutter sowie den veränderten Vater.
„Ihre Fähigkeit, koordiniert den Koller zu kriegen, ist einzigartig.“ (S. 26)
Herrlich lakonisch, zum Teil bitterböse in der Abrechnung und zugleich liebevoll und voller Witz. Mich hat dieser schmale Roman (176 Seiten) überzeugt und ich fand ihn großartig. Ach und ich stimme dem Klappentext zu: Keiner kann schriftlich so schön sächseln wie Kapitelman!
„…aus Staub lässt sich kein Schwert schmieden“ (S. 144)
Fazit: Was ist eine Nationalität wert, wenn man eine innere Heimat hat?

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